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  • 16.03.2020 · IWW-Abrufnummer 214759

    Oberlandesgericht Dresden: Urteil vom 12.12.2019 – 10 U 35/18

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Aktenzeichen: 10 U 35/18
    Landgericht Leipzig, 08 O 3949/08

    Verkündet am: 12. Dezember 2019

    IM NAMEN DES VOLKES

    ENDURTEIL

    In dem Rechtsstreit

    R. …  GmbH, …
    vertreten durch den Geschäftsführer …
    - Klägerin, Berufungsklägerin u. Anschlussberufungsbeklagte -

    Prozessbevollmächtigte:
    Rechtsanwälte …

    gegen

    Freistaat Sachsen, …
    vertreten durch das Sächsische Immobilien- und Baumanagement, Niederlassung …

    - Beklagter, Berufungsbeklagter u. Anschlussberufungskläger -

    Prozessbevollmächtigte:
    Rechtsanwälte …

    wegen Schadensersatz

    hat der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden durch Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht K. als Einzelrichter aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 25.11.2019


    für Recht erkannt:

    1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 30. November 2017 - 8 O 3949/08 - wird  

      z u r ü c k g e w i e s e n.

    2. Auf die Anschlussberufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 30. November 2017 - 8 O 3949/08 - abgeändert und die Klage abgewiesen, soweit der Beklagte verurteilt wurde, einen höheren Betrag als 36.816,78 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14. Dezember 2007, beschränkt auf die Höhe des Deckungsanspruchs des Architekten H. gegen seine Berufshaftpflichtversicherung bei der xxx Versicherung AG …, dortige Vorg.-Nr. …, zu zahlen.
    3. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz trägt die Klägerin 94 % und der Beklagte 6 %. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
    4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
      Die Klägerin darf die Vollstreckung aus diesem Urteil durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
    5. Die Revision wird nicht zugelassen.

      und beschlossen:
    Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf   552.892,00 EUR   festgesetzt.
     
    Gründe
    I.
    Die Klägerin, eine Bauträgergesellschaft, verfolgt mit ihrer Berufung - im Wege einer Teilklage - den ihr vom Landgericht nicht zuerkannten Klagebetrag in Höhe von 552.892,00 € weiter, während der Beklagte mit seiner Anschlussberufung seine Verurteilung in Höhe eines Teilbetrages von 4.779,86 € anficht.

    Die Klägerin beauftragte mit Vertrag vom 13. Juni 2001 (Anlage K 1) den Architekten H. mit der „Bauplanung, Bauausschreibung und der Bauüberwachung mit allen Nebenarbeiten, wie z.B.: Beantragen der Baugenehmigung mit Statik, der Abgeschlossenheitsbescheinigung, Abstimmung der Baumaßnahmen mit der Denkmalschutzbehörde etc.“ für ihr Vorhaben der Sanierung des Wohn- und Geschäftsgebäudes …-Straße … in L. und Fertigstellung einer Tiefgarage. Die Vergütung sollte „in Anlehnung an § 15 HOAI (Leistungsphase 1 - 4 und 6 - 8 sowie das Überwachen der Mangelbeseitigung)“ erfolgen und „pro m² Wohnfläche DM 125,00 incl. MwSt.“ betragen. In § 3 des Vertrages vereinbarten die Vertragsparteien, „dass der AN während der Bauzeit und entsprechend des Bauablaufs täglich auf der Baustelle für die Handwerksbetriebe ansprechbar ist, um einen reibungslosen Verlauf sicherzustellen“.

    Der Architekt H. unterhielt eine Haftpflichtversicherung bei der xxx Versicherung AG mit einer Deckungssumme von 500.000,00 DM / 255.646,00 € für Sach- und Vermögensschäden (siehe den nunmehr vom Beklagten als Anlage BB 1 vorgelegten Versicherungsschein vom 18. April 2001).

    Nach Unterbrechung der im Jahre 2001 - von der Firma R. - begonnenen Arbeiten an der Tiefgarage beauftragte die Klägerin mit zwei Generalunternehmerverträgen vom 15. Juli 2003 (Anlagenkonvolut K 21) die Firma H. … GmbH (fortan: Firma H.) mit der „schlüsselfertigen Herstellung der Bauwerke einschließlich der Außenanlagen“. Für die Sanierung des Wohn- und Geschäftsgebäudes wurde ein Pauschalfestpreis in Höhe von brutto 1.049.000,00 € und für die Fertigstellung der Tiefgarage ein solcher in Höhe von brutto 87.000,00 € vereinbart. Die Zusammensetzung des jeweiligen Pauschalfestpreises wurde in einem dem jeweiligen Vertrag beigefügten „Zahlungsplan“ nach Gewerken aufgeschlüsselt (Anlage B 1-4). Nach den Zahlungsplänen sollten „Abschlagszahlungen auf die vereinbarten Preise entsprechend dem jeweils festgestellten Bautenstand zur Rechnungslegung erfolgen“. In beiden Generalunternehmerverträgen wurden - „als Vertragsfristen verbindliche“ - Ausführungsfristen vereinbart (siehe im Einzelnen die jeweilige Ziffer 5 des Vertrages). Hinsichtlich der Sanierung des Wohn- und Geschäftsgebäudes sollten „die Bezugsfertigkeiten der Wohnungen bis zum 31.12.2003 erfolgen“ und „die Gesamtfertigstellung in Abhängigkeit der Witterungsverhältnisse bis zum 28.02.2004“. Die „Fertigstellung der Tiefgarage“ hatte „bis zum 31.12.2003 zu erfolgen“.

    In beiden Verträgen wurde unter der jeweiligen Ziffer 6 eine Vertragsstrafe für den Fall „einer durch den AN schuldhaft verursachten Überschreitung einer Vertragsfrist ... in Höhe von 0,2 % der Brutto-Auftragssumme pro Werktag ... höchstens 5 % der Brutto-Auftragssumme ...“ vereinbart.

    Die Fa. H. hat für die „Sanierung Wohnhaus“ und „Tiefgarage“ insgesamt 10 Abschlagsrechnungen unter Berücksichtigung eines Sicherheitseinbehaltes von 10 % über einen Gesamtbetrag von brutto 965.549,94 € gelegt, die vom Architekten H. geprüft und freigegeben wurden. In dieser Höhe hat die Klägerin auch Zahlungen an die Fa. H. erbracht. Streitig zwischen den Parteien ist eine weitere Zahlung der Klägerin per 16. Januar 2004 über einen Betrag von 75.400,00 € mit dem Buchungstext „...Re. 0101-2004 1. Nachtrag“ (siehe den Kontoauszug Nr. 2 vom 16.01.2004 im Anlagenkonvolut K 20).

    Per 1. April 2004 erstellte der Architekt H. eine an den Abschlagszahlungen der MaBV orientierte Übersicht über den Bautenstand (Anlage K 9), die einen Bautenstand bezogen auf den „Anteil vom Kaufpreis“ von „94,82 %“ auswies.

    Im April 2004 kündigte die Klägerin die Verträge mit der Firma H..

    Auf der Grundlage einer Ortsbegehung am 22. Und 23. April 2004 erstellte der Architekt H. zusammen mit dem Privatsachverständigen Dipl.-Ing. F. eine „Zustandsdokumentation und Ermittlung der Restleistungen“ F. (Anlage K 10 und Anlage B 1-3). Dort heißt es auf Seite 2: „Das Gemeinschaftseigentums war zu diesem Zeitpunkt zu 70 % fertiggestellt und wies auch wie die Sondereigentümer erhebliche Mängel auf“. Die Restleistungen und die vorhandenen Mängel sind in einem „Mangelzustandsbericht“ im Einzelnen beschrieben und fotografisch festgehalten. Bestandteil der Dokumentation ist außerdem eine „Kostenbelegung der noch fertigzustellenden Bauteile bzw. der Mängelbehebung“ bestehend aus einer Übersicht über den Fertigstellungsgrad der einzelnen Gewerke  und der noch zu erledigenden Arbeiten bzw. eines Abzugs für Mängel sowie einer Bewertung der Restleistungen bzw. Mängel. Danach machen die Restleistungen und Mängel einen Gesamtbetrag von brutto 187.746,55 (netto 161.850,48 €) aus. Ferner veranschlagten der Architekt H. und der Privatsachverständige F. „Mehrkosten für Bauzeitverzögerung (Zinsen des Bauträgers, Mehrkosten für Sachverständiger, Mietausfälle von 20 % pro Monat)“ auf pauschal 30.000,00 € netto.

    Am 10./12. Mai 2004 schloss die Klägerin mit der B. …  GmbH (fortan: Firma B.) einen „Vertrag zur Übernahme der Leistung zu den Generalunternehmerverträgen des bisherigen Vertragspartners H. …  GmbH, L., hinsichtlich der Sanierung eines Wohn- und Geschäftsgebäudes inklusive Tiefgarage und Außenanlage in der …-Straße … in L.“ (Anlage K 13). Darin verpflichtete sich die Firma B. „zur vollständigen Erfüllung aller in den Werkverträgen vom 15. Juli 2003 und in den Nachträgen aufgeführten Leistungen“. In diesem Zusammenhang wurde ausdrücklich auf den „bisherigen Leistungsstand“, den „noch geschuldeten Leistungsumfang“ und die „bestehenden Mängel“ Bezug genommen, wie sie sich aus der „ausgiebigen Baubegehung“ des Architekten H. und des Sachverständigen F. ergeben haben. Teil der Vereinbarung war auch die „Übernahme der Gewährleistung für die von der H. … GmbH erbrachten Werkleistungen“. Für die „noch zu erbringenden Leistungen“ wurde ein Pauschalhonorar von brutto 250.450,00 € vereinbart. Abschlagszahlungen sollten „nach folgendem Zahlungsplan“ erbracht werden:

    -    70.000,00 € bei Arbeitsbeginn
    -    70.000,00 € bei Fertigstellung Gemeinschaftseigentum Gebäude innen und außen
    -    30.450,00 € bei Fertigstellung Außenanlagen
    -    80.000,00 € bei Fertigstellung und Abnahme insgesamt sowie Übernahme Gewährleistung.

    Der Architekt H. hat Rechnungen der Firma B. weder geprüft noch zur Zahlung freigegeben.

    Die Klägerin hat an die Firma B. das gesamte Pauschalhonorar in 3 Raten gezahlt, jeweils 70.000,00 € durch Überweisung am 26. Mai 2004 und 11. Juni 2004 sowie 110.450,00 € am 20.09.2004 (siehe die als Anlagen K 36 bis K 38 vorgelegten Kontoauszüge Nr. 15, 18 und 26).

    Über das Vermögen der Firma H. wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Leipzig vom 7. Juni 2004 - Az.: 406 IN 1070/04 - das Insolvenzverfahren eröffnet (siehe den als Anlage K 11 vorgelegten Handelsregisterauszug).

    In einem auf den 1. Juli 2004 datierenden „Abnahmeprotokoll“, das im Kopf des Dokuments den Architekten H. und dessen Anschrift ausweist, wurde die „Restfertigstellung gemäß Vertrag vom 12.05.2004“ unter Feststellung von - noch zu beseitigenden - „Restmängeln“ abgenommen (Anlage K 14). Unstreitig wurde das Protokoll vom Architekten H. nicht unterzeichnet.

    Mit Schreiben an die Klägerin vom 22. Juli 2004 (Anlage K 26) zeigte der Architekt H. die Fertigstellung der Baumaßnahme unter Hinweis auf noch ausstehende Restarbeiten und Beseitigung von kleineren Mängeln an.

    In einem Schreiben an die Klägerin vom 16. August 2004 (Anlage K 28) wies der Architekt H. auf mehrere Mängel und Restarbeiten an dem Bauvorhaben hin, so u.a. auch auf die fehlende „Funktionalität der Balkonentwässerung“. Unter Bezugnahme auf dieses Schreiben machte er in einem weiteren Schreiben an die Klägerin vom 7. Oktober 2004 (Anlage K 22) erneut auf den „katastrophalen Zustand der Balkonentwässerung“ aufmerksam. Die Gesamtkosten für die Sanierung der 8 Balkone veranschlagte er auf brutto 13.308,00 €.  

    Über das Vermögen der Firma B. wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Leipzig vom 26. Mai 2006 - Az.: 401 IN 734/05 - ebenfalls das Insolvenzverfahren eröffnet.

    Im Auftrag der Klägerin gab der Sachverständige Dipl.-Ing. W. am 24. November 2006 eine gutachterliche Stellungnahme zu den von ihm bei einem Ortstermin am 7. Oktober 2006 festgestellten Mängel der Bauarbeiten ab (siehe im Einzelnen die Anlage K 15). Die Kosten für die Beseitigung der von ihm festgestellten Mängel schätzte er überschlägig - ohne Baunebenkosten, wie Architektenhonorar, Gebühren etc. - auf brutto 90.035,00 €.

    In verschiedenen gerichtlichen Verfahren, die jedoch nicht zwischen den Parteien geführt wurden, wurden weitere Gutachten zu Mängeln und Mängelbeseitigungskosten eingeholt. Diesbezüglich wird auf die Darstellung auf S. 6 des landgerichtlichen Urteils (Bl. 687 R dA) Bezug genommen.

    In einem vor dem Landgericht Leipzig geführten Verfahren - Az.: 1 O 4459/08 - wurde die hiesige Klägerin von der „Wohnungseigentümergemeinschaft …-Straße … in L.“ (fortan: WEG), deren Mitglieder von der Klägerin Wohneigentum erworben hatten, wegen der im Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. W. vom 24. November 2006 dokumentierten Mängel zunächst auf Kostenvorschuss und nach Durchführung von Mängelbeseitigungsarbeiten auf Ersatz der Selbstvornahmekosten in Höhe von 90.035,00 € in Anspruch genommen. Mit Urteil vom 25. Januar 2012 (Anlage K 40) gab das Landgericht - gestützt auf die gutachterlichen Feststellungen des Gerichtssachverständigen Dipl.-Ing. S. - der Klage in Höhe eines Betrages in Höhe von 73.498,71 € nebst Zinsen statt. Auf die Berufung der hiesigen Klägerin hob der Senat mit rechtskräftig gewordenem Urteil vom 28. April 2016 - Az.: 10 U 339/12 - das landgerichtliche Urteil auf und wies die Klage der WEG insgesamt ab (Bl. 820a/820j dA).

    Am 14. Januar 2008 erließ das Amtsgericht Uelzen auf den Antrag der Klägerin vom 21. Dezember 2007 einen Mahnbescheid gegen den Architekten H. über eine Hauptforderung von insgesamt 594.488,64 €, die sich aus 10 Einzelforderungen zusammensetzte, und zwar aus 3 Ansprüchen wegen „ungerechtfertigter Bereicherung“ sowie 7 Ansprüchen wegen „Schadensersatz aus Werk-Vertrag gem. Architektenvertrag vom 16.06.01“, darunter ein Anspruch in Höhe von 90.000,00 €.

    Nach Widerspruch begründete die Klägerin ihre Ansprüche mit Schriftsatz vom 12. März 2008. Die Forderung in Höhe von 90.000,00 € stützte sie auf das von der Wohnungseigentümergemeinschaft …-Straße …, L., eingeholte Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. W. vom 24. November 2006 (Anlage K 15), namentlich auf dessen Kostenschätzung für die Mängelbeseitigung. Zugleich verwies sie darauf, dass „der Gesamtschaden bei mindestens 140.000,00 € liegen“ werde, da „nur ein Teil der Wohnungen besichtigt werden konnte und nur die Kosten der sichtbaren Mängel geschätzt wurden, der Mietausfallschaden während der Reparatur sowie die verbleibende Wertminderung der nicht oder nur unwirtschaftlich zu behebenden Mängel nicht berücksichtigt sind“ (Seite 25/26 des Schriftsatzes vom 12. März 2008, Bl. 53/54 dA).

    Im Schriftsatz vom 11. Juli 2008 (dort Seite 34 ff., Bl. 172 ff. dA) hat die Klägerin dann die „Mängel ausweislich des Gutachtens W.“ dargelegt.

    Am 21. September 2008 verstarb der Architekt H.. Das Landgericht hat daraufhin mit Beschluss vom 21. November 2008 das Verfahren gegen den Architekten H. antragsgemäß ausgesetzt. Mit Beschluss vom 3. März 2009 stellte das Amtsgericht Leipzig - Nachlassgericht - das Erbrecht des Fiskus fest (siehe die Mitteilung des Amtsgerichts Leipzig vom 3. März 2009, Anlage K 29). Mit Beschluss vom 18. Juni 2009 (Anlage K 30) wurde wegen Zahlungsunfähigkeit das Nachlassinsolvenzverfahren eröffnet und Rechtsanwalt B. zum Insolvenzverwalter bestellt.

    Die Klägerin meldete am 28. Juli 2009 ihre gemäß Anspruchsbegründung vom 12. März 2008 geltend gemachte Schadensersatzforderung in Höhe von 594.488,64 € zuzüglich Zinsen (309.167,34 €) zur Tabelle an (siehe die Anlagen K 33 und K 34) und verlangte die Aussonderung an dem Freistellungsanspruch des Insolvenzschuldners gegenüber seiner Berufshaftpflichtversicherung. Der Insolvenzverwalter bestritt die Forderung (siehe den Auszug aus der Tabelle, Anlage K 34).

    Mit Schriftsatz vom 8. März 2010 (Bl. 338 ff. dA) nahm die Klägerin das Verfahren, gerichtet gegen den Insolvenzverwalter, auf und machte nunmehr einen Anspruch auf abgesonderte Befriedigung aus der Entschädigungsforderung des Architekten H. gegen dessen Berufshaftpflichtversicherung, die sie auf 255.646,00 € (500.000,00 DM) bezifferte, geltend, von der sie jedoch die Kosten der Feststellung und Verwertung abzog, sodass ein Betrag von 232.637,86 € verblieb. Diesen unterlegte sie mit 3 Schadensersatzansprüchen „wegen Verletzung seiner Pflichten aus dem Architektenvertrag vom 13. Juni 2001“ und berief sich zur Begründung auf ihre „bisherigen Ausführungen zu den genannten Schadensersatzansprüchen“. Sie beantragte dementsprechend die Verurteilung des Insolvenzverwalters zur Zahlung von 232.637,86 € nebst Zinsen (Klagantrag Ziffer 1) sowie die Feststellung der Gesamtforderung von 594.488,64 € nebst Zinsen, abzüglich des an die Klägerin nach Klagantrag Ziffer 1 zu zahlenden Betrages, zur Tabelle (Klagantrag Ziffer 2).

    In einem weiteren Schriftsatz vom 4. Mai 2010 - dort Seite 27, Bl. 379 dA - nahm die Klägerin unter Verweis auf das „Gutachten W.“ „zur Vermeidung von Wiederholungen" Bezug auf die „im klägerischen Schriftsatz vom 11.07.2008 im Detail unter Beweisantritt aufgelisteten Mängel“.

    Mit Schriftsatz vom 24. August 2010 (Bl. 389 ff. dA) ergänzte die Klägerin ihren Antrag Ziffer 1 dahingehend, dass sich die beantragte Verurteilung „auf Leistung aus der Versicherungsforderung gegen die xxx Versicherung AG, …, dortige Vorgangs-Nr. … beschränkt“. An der Begründung änderte sich nichts.

    Diesen modifizierten Klagantrag Ziffer 1 und den unveränderten Klagantrag Ziffer 2 stellte die Klägerin in der anschließenden mündlichen Verhandlung am 27. Oktober 2010.

    Mit Beschluss vom 19. November 2010 (Bl. 417/428 dA) ordnete das Landgericht u.a. die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu der Behauptung der Klägerin an, dass die im Gutachten des Planungsbüros W. vom 24. November 2006 aufgelisteten Mängel vorlägen, diese im Rahmen der Bauüberwachung für den Architekten feststellbar gewesen seien und die Kosten für die Mangelbeseitigung entsprechend der Kostenschätzung des Sachverständigen W. 90.035,00 € betrügen und unter Berücksichtigung, dass nicht alle Wohnungen zugänglich gewesen seien, sogar 140.000,00 €. Zum Sachverständigen wurde Dr.-Ing. habil. B. bestellt.

    In Ihrer Stellungnahme vom 28. November 2012 (Bl. 497/512 dA) zu dem schriftlichen Gutachten des Sachverständigen B. vom 16. August 2012 behauptete die Klägerin erstmals unter Bezugnahme auf eine tabellarische Mängelauflistung (Anlage K 42), in der sie sämtliche Mängelfeststellungen und Kostenermittlungen zusammengefasst hatte, die bis dahin von Privatsachverständigen und in verschiedenen anderweitigen Rechtsstreitigkeiten von Gerichtssachverständigen erstellt worden waren, dass sich insgesamt der vom Architekten H. „durch die Verletzung seiner Bauüberwachungspflicht entstandene Kostenaufwand für die Mängelbeseitigung auf 235.602,25 EUR“ belaufe. Ihrer Ansicht nach könnten die in den anderweitigen - zum einen in dem zwischen ihr und ihrem früheren Geschäftsführer R. (Az.:5 O 606/06 des LG Oldenburg) und zum anderen in dem zwischen der WEG …-Straße … und ihr (Az.: 1 O 4459/08 des Landgerichts Leipzig, 10 U 339/12 des Oberlandesgerichts Dresden) geführten - Gerichtsverfahren eingeholten Gutachten der Sachverständigen Sxx und S. beigezogen und „zur Beweiswürdigung herangezogen werden“, sodass „der Rechtsstreit damit entscheidungsreif“ sei (so auch die Ausführungen der Klägerin im nachfolgenden Schriftsatz vom 23. August 2013, Seite 3, Bl. 523 dA). Mit Schriftsatz vom 20. Februar 2014 (Bl. 537/539 dA) beantragte sie sodann den Erlass eines Teilurteils.

    Mit Schriftsatz vom 5. Dezember 2014 (Bl. 550/551 dA) änderte sie teilweise ihre Klage hinsichtlich des Zinsantrages und einer Versandpauschale.

    Am 12. Dezember 2014 zeigte der Insolvenzverwalter nach Abschluss der Vermögensverwertung die Masseunzulänglichkeit an, worauf das Amtsgericht Leipzig - Nachlassgericht - mit Beschluss vom 1. Juli 2016 (Bl. 641/642) das Insolvenzverfahren gemäß § 211 Abs. 1 InsO einstellte.

    Mit Schriftsatz vom 22. Mai 2015 (Bl. 570 ff. dA) berühmte sich die Klägerin einer Gesamtforderung in Höhe von 704.003,10 €, ohne ihre Klageanträge zu ändern.

    In der mündlichen Verhandlung am 24. Juni 2015 stellte die Klägerin erneut die bereits in der mündlichen Verhandlung am 27. Oktober 2010 gestellten Anträge mit der "Maßgabe des Schriftsatzes vom 5. Dezember 2014".

    In einem weiteren Schriftsatz vom 21. Juli 2015 (Bl. 578 ff. dA) bezifferte sie ihre Gesamtforderung auf 739.609,19 €, wobei sie nunmehr - unter Bezugnahme auf eine neue tabellarische Aufstellung (Anlage K 45, Bl.590/595 dA) - auf einen “durch die Verletzung seiner Bauüberwachungspflicht entstandenen Kostenaufwand für die Mängelbeseitigung“ von 271.208,74 € kam.

    In ihrem Schriftsatz vom 23. August 2016 (Bl. 626 ff. dA) legte die Klägerin einen Gesamtschaden in Höhe von 650.711,27 € dar, in dem ein "Schaden aufgrund nicht mangelfreier Erstellung gemäß Gutachten B., S. und Sxx" in Höhe von 182.310,83 € enthalten war. Ihren Antrag änderte sie nicht.

    Mit Schriftsatz vom 27. März 2017 (Bl. 648 ff. dA) stellte die Klägerin ihre Klage auf den Freistaat Sachsen, den jetzigen Beklagten, um und beantragte dessen Verurteilung zur Zahlung eines Hauptsachebetrages in Höhe von 594.488,64 €, der sich aus den bereits in der Vergangenheit geltend gemachten Einzelforderungen zusammensetzte.

    In ihrem Schriftsatz vom 25. August 2017 wandte der Beklagte zum einen ein, dass die Klage unschlüssig sei, da „die Klägerin in ihren letzten Schriftsätzen Zahlen vorgetragen hat, die über der insgesamt geltend gemachten Forderung liegen“ und sie daher „einen nicht näher dargestellten Teilbetrag von 594.488,64 € geltend macht“, und rügte zum anderen, dass die Klägerin nicht mitteile, „welcher konkrete von ihr vorgetragene Sachverhalt denn nun den aus angeblicher Bauüberwachungspflichtverletzung beanspruchte Betrag von 90.000,00 € tragen soll“. In unverjährter Zeit habe die Klägerin nur die im Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. W. vom 24. November 2006 (Anlage K 15) benannten Sachverhalte geltend gemacht, alle übrigen Sachverhalte seien, da sich das Vertragsverhältnis seit dem Mahnbescheidsantrag vom 21. Dezember 2007 in einem Abwicklungs- und Abrechnungsverhältnis befinde, nach Ablauf der 5-jährigen Verjährung am 21. Dezember 2012 verjährt (siehe im einzelnen die Ausführungen des Beklagten auf Seite 4 und 5 des Schriftsatzes, Bl. 672/673 dA).

    Hierauf stellte sich die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 27. September 2017 auf den Standpunkt, dass sie mit dem nach Abschluss des Insolvenzverfahrens angekündigten Klagantrag nicht mehr geltend mache, als bereits im ersten Verhandlungstermin beantragt; die Klageerhebung unterbreche die Verjährung (siehe Seite 2/3 des Schriftsatzes, Bl. 676/677 dA).

    In der (letzten) mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht Leipzig am 13. Oktober 2017 stellte die Klägerin den im Schriftsatz vom 27. März 2017 angekündigten Klageantrag.

    Durch Urteil vom 30. November 2017 - auf dessen tatsächliche Feststellungen im Übrigen Bezug genommen wird (§ 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO) - sprach das Landgericht Leipzig der Klägerin unter Abweisung der weitergehenden Klage lediglich einen Teilbetrag in Höhe von 41.596,64 € nebst Zinsen zu „beschränkt auf die Höhe des Deckungsanspruchs des Architekten H. gegen seine Berufshaftpflichtversicherung bei der xxx Versicherungs AG …, dortige Vorg.Nr. …“.

    Zur Begründung führte das Landgericht aus:

    Die Haftung des Beklagten als Erbe des Architekten H. beschränke sich auf den - zudem dürftigen - Nachlass, dessen einziger verwertbarer Vermögenswert der Anspruch auf die Leistung aus der Berufungshaftpflichtversicherung des Architekten sei.

    Die Klägerin könne unter keinem Gesichtspunkt die teilweise Rückzahlung von Architektenhonorar verlangen.

    Ein Anspruch der Klägerin wegen der behaupteten Überzahlung der Firma H. bestehe nicht. Der Architekt H. sei in die internen Zahlungsvorgänge der Klägerin nicht involviert gewesen und habe selbst keine Überweisungen veranlasst. Die Klägerin habe darüber hinaus nicht substantiiert vorgetragen, bei welcher von ihm nachweislich freigegebenen Rechnungen der Architekt H. Pflichten, etwa wegen unrichtiger Bautenstandsfeststellung, verletzt habe. Die - wohl fehlerhafte - Bautenstandsbescheinigung vom 1. April 2004 sei nicht Anlass für Zahlungen der Klägerin gewesen. Eine Pflichtverletzung sei dem Architekten H. auch dann nicht vorzuwerfen, wenn man unter Zugrundelegung des von der Klägerin angewandten Prüfungsmaßstabes die Summe der vom Architekten H. freigegebenen Rechnungen dem zum Zeitpunkt der letzten Rechnungsprüfung tatsächlich erreichten Bautenstand gegenüberstelle. In diesem Falle ergebe sich höchstens eine rechnerische Differenz von 17.801,01 € zwischen tatsächlicher Leistungserbringung und Freigabe, was angesichts der Größe des Bauvorhabens und der Art der Abrechnung nur eine geringfügige Abweichung darstelle. Zudem müsse es mindestens einen Nachtrag gegeben haben, so dass die hierauf geleistete Zahlung von 75.400,00 € bei der Ermittlung des Gesamtpreises erhöhend zu berücksichtigen wäre, so dass es auch rechnerisch zu keiner Überzahlung der Firma H. gekommen sei. Eine Pflichtverletzung wegen Nichtberücksichtigung einer verwirkten Vertragsstrafe sei dem Architekten H. nicht vorzuwerfen, da er keine Rechtsberatung geschuldet habe und eine Vertragsstrafe allenfalls im Rahmen einer Schlussrechnungsprüfung, nicht aber bei der Prüfung der letzten Abschlagsrechnung, abzuziehen gewesen wäre.

    Der Beklagte sei der Klägerin auch nicht zum Schadensersatz wegen rechtsgrundlos geleisteter Zahlungen an die Firma B. verpflichtet. Denn der Architekt H. habe unstreitig den zwischen der Klägerin und der Firma B. geschlossenen Vertrag weder entworfen noch ausgehandelt und er habe auch keine Rechnungen der Firma B. zur Zahlung freigegeben. Ebenso wenig habe der Architekt H. die Fälligkeit der einzelnen nach dem Zahlungsplan von der Klägerin zu erbringenden Raten festgestellt. Das Abnahmeprotokoll vom 1. Juli 2004 habe der Architekt H. unstreitig nicht unterzeichnet. In der Fertigstellungsanzeige vom 20. Juli 2004, wie auch in den weiteren Schreiben vom 16. August und 7. Oktober .2004 habe er auf bestehende offene Leistungen und erkannte Mängel hingewiesen.

    Verlangen könne die Klägerin vom Beklagten hingegen die Mangelbeseitigungskosten in dem Umfang, in dem der Architekt H. dafür einzustehen habe und die Ansprüche nicht verjährt seien. Die Bauüberwachungspflicht des Architekten H. sei nicht eingeschränkt gewesen und auch im Hinblick auf die von dem zuletzt tätigen Generalunternehmer, der Firma B., zu erbringenden Leistungen bestanden. Im Ergebnis der Beweisaufnahme stehe fest, dass das Objekt Mängel aufweise, von denen der Architekt H. einen Teil im Rahmen der Bauüberwachung hätte erkennen können. Die Kosten für die Beseitigung dieser erkennbaren Mängel habe der Sachverständige Dr. B. mit ca. 49.500,00 € brutto eingeschätzt. Der Klägerin stehe aber nur den Nettobetrag von 41.596,64 € zu, da sie für ihre Behauptung, nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt zu sein, beweisfällig geblieben sei. Der Sachverständige habe nachvollziehbar in seinen Gutachtenergänzungen erläutert, wie er die einzelnen Kosten ermittelt und sich mit den anderslautenden Kostenschätzungen dezidiert auseinandergesetzt habe. Dessen Zahlen seien bei der Berechnung des Schadensersatzanspruches zugrunde zu legen und nicht die aus den in anderen Verfahren eingeholten Gutachten. Eine fiktive Erhöhung der Kosten wegen etwaiger Mängel der keinem der Sachverständigen zugänglichen Wohnung Nr. 2 komme nicht in Betracht.

    Etwaige weitere Kosten für die Beseitigung von Mängeln, die nicht Gegenstand des Gutachtens W. vom 24. November 2006 gewesen seien, könne die Klägerin nicht geltend machen, da diese zum Zeitpunkt der erstmaligen gerichtlichen Geltendmachung im Jahr 2012 bereits verjährt gewesen seien. Die Leistungen des Architekten H. seien im Juli 2004 beendet und abgenommen gewesen.

    Gegenstand der Anspruchsbegründung vom 12. März 2008 wie auch des Beweisbeschlusses vom 19. November.2010 seien nur die sich aus dem Gutachten W. ergebenden Mängel gewesen. Hinsichtlich aller weiteren Mängelansprüche sei zum Zeitpunkt ihrer erstmaligen Geltendmachung die fünfjährige Verjährungsfrist bereits abgelaufen gewesen. Soweit die Klägerin pauschal behauptet habe, aufgrund der nicht zugänglichen Wohnungen sei mit Mangelbeseitigungskosten von 140.000,00 € zu rechnen, fehle es an einem konkreten Mangelvortrag.

    Die Forderung der Klägerin sei nicht durch eine Hilfsaufrechnung des Beklagten mit einem Anspruch auf eine Sondervergütung des Architekten H. erloschen, da sich die tatsächlichen Baukosten, an denen der Anspruch auf eine Sondervergütung anknüpft, nicht mehr sicher feststellen ließen.

    Der Beklagte hafte als Erbe des Architekten H. nur beschränkt auf den Nachlass, da dieser dürftig sei, nachdem im Nachlassinsolvenzverfahren Masseunzulänglichkeit festgestellt und das Verfahren daraufhin eingestellt worden sei. Der einzig verwertbare Vermögenswert des Nachlasses sei die Leistung, die die Berufshaftpflichtversicherung wegen etwaiger Pflichtverletzungen des Architekten H. aus dem streitgegenständlichen Architektenvertrag zu erbringen hätte, weshalb die der Klägerin zuerkannte Forderung auf diese Leistung zu beschränken sei. Ein Abzug einer etwaigen Selbstbeteiligung des Architekten H. bei Inanspruchnahme seiner Berufshaftpflichtversicherung komme mangels Nachweises einer solchen nicht in Betracht.

    Wegen der näheren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.

    Gegen das den - erstinstanzlichen - Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 11. Dezember 2017 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 8. Januar 2018 Berufung eingelegt und diese, nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 12. März 2018, mit am selben Tag beim Oberlandesgericht Dresden eingegangenem Schriftsatz begründet.

    Nach Hinweis des Senats hat die Klägerin klargestellt, dass sie mit ihrer Berufung einen bereicherungsrechtlichen Anspruch wegen zuviel gezahlten Architektenhonorars nicht mehr weiterverfolge.

    Die Klägerin rügt und trägt ergänzend vor:

    (1)    Beschränkte Erbenhaftung

    Gemäß § 201 InsO könne sie nach Einstellung des Nachlassinsolvenzverfahrens ihre Forderung in voller Höhe gegen den Beklagten als Erben des Architekten H. geltend machen. Dieser Anspruch sei nach § 780 Abs. 2 ZPO bereits kraft Gesetzes auf das Nachlassvermögen beschränkt, so dass es keiner entsprechenden Einschränkung der Haftung im Urteil bedürfe. Im Übrigen beschränke sich der Anspruch allein auf das Nachlassvermögen, nicht auf die unbewiesene Deckungssumme der Berufshaftpflichtversicherung des Architekten H.. Die Vorlage des Versicherungsvertrages in zweiter Instanz sei jedenfalls verspätet, die Versäumung der Vorlage in erster Instanz beruhe auf Nachlässigkeit, so dass der Vortrag nebst Beweisangebot zurückzuweisen sei. Maßgeblich sei das Nachlassvermögen im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung in erster Instanz am 13. Oktober 2017. Der Beklagte sei dafür beweisbelastet, dass bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung kein weiteres Vermögen, z.B. Steuerrückerstattungen, zugeflossen ist. Diesen Nachweis habe der Beklagte trotz ihres - zulässigen - Bestreitens mit Nichtwissen nicht geführt. Das Landgericht hätte daher nicht annehmen können, dass die Dürftigkeit des Nachlasses auch 1,5 Jahre nach Aufhebung des Nachlassinsolvenzverfahrens besteht. Der vom Senat in der mündlichen Verhandlung am 25. Oktober 2018 geäußerten Vermutung, dass in den 1,5 Jahren nach Aufhebung des Nachlassinsolvenzverfahrens kein weiterer Vermögensgegenstand zum Nachlass gekommen sei, zumal eine Nachtragsverteilung gemäß § 311 Abs. 3 InsO nicht erfolgt sei, stehe ihre Vermutung gegenüber, dass es sehr wohl möglich sei, dass weitere Vermögensgegenstände zum Nachlass gelangt sind, ohne dass sie hiervon zwingend hätte Kenntnis erlangen müssen.

    (2)    Schadensersatzansprüche

    a)    Schadensersatzanspruch wegen Überzahlung der Firma H.

    Die Begründung des Landgerichts für die Versagung eines Schadensersatzanspruches wegen Überzahlung der Firma H. halte einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.

    Die Rechnungsprüfung gehöre zu den Grundleistungen eines Bauüberwachers. Im Rah-men der Rechnungsprüfung sei der Architekt H. verpflichtet gewesen zu kontrollieren, ob ihr - der Klägerin - nicht wegen unfertiger oder mangelhafter, aber schon in Rechnung gestellter Leistungen, Zurückbehaltungsrechte zustehen. Bei täglicher Anwesenheit auf der Baustelle, wie von ihm geschuldet, hätte der Architekt H. problemlos festgestellt, dass der erreichte Bautenstand keineswegs die Bezahlung der ihm vorgelegten Rechnungen rechtfertigt. Er habe sowohl den Generalunternehmervertrag als auch den als Anlage bei-gefügten Zahlungsplan und die in dem Zahlungsplan dokumentierten Zahlungsbedingungen gekannt. Er habe damit ganz genau gewusst, dass seine Bautenstandsbescheinigungen Voraussetzung und Anlass für Zahlungen an die Firma H. sind. Abschlagsrechnungen hätte er nur dann freigeben dürfen, wenn die Firma H. durch Vorlage einer prüfbaren Aufstellung die vertragsgemäße Leistungserbringung nachgewiesen hat, § 16 Abs. 1 Ziff. 1 S. 1VOB/B. Wie für jedermann ersichtlich, hätten die Abschlagsrechnungen der Firma H. aber keinen prüfungsfähigen Inhalt gehabt. Der Schadensersatz begründende Fehler des Architekten H. bestehe daher darin, dass er die Rechnungen vom 8. Januar 2004, 16. Januar 2004, 9. Februar 2004, 2. März 2004 und 1. April 2004 freigegeben hat, ohne prüfbare Aufstellungen über die erbrachten Leistungen erhalten zu haben.

    Bei der Ermittlung der Schadenshöhe gehe sie zugunsten des Beklagten von  den vom Architekten H. gemeinsam mit dem Sachverständigen F. getroffenen Feststellungen aus, die sie sich zu eigen mache.

    Danach seien von der Firma H. bis zum 23. April 2004 Leistungen im Wert von maximal 70 % der Auftragssumme (1.136.000,00 €), mithin von 795.200,00 €, erbracht worden. Hiervon sei die in voller Höhe von 5 % der Bruttoauftragssumme verwirkte und am 31. März 2004 fällig gewordene Vertragsstrafe von 56.800,00 € in Abzug zu bringen, da die von der Firma H. geschuldete Fertigstellung der Tiefgarage am 31. Januar 2004 und des Wohnhauses am 28. Februar 2004 noch nicht erreicht gewesen sei. Somit hätte der Architekt H. die Rechnung vom 1. April 2004 über 57.269,94 € schon wegen der abzuziehenden Vertragsstrafe nicht freigeben dürfen. Weder enthalte sein Prüfvermerk auf der Rechnung einen Hinweis auf ein Zurückbehaltungsrecht bzw. einen aufrechenbaren Anspruch in Höhe von 56.800,00 € noch habe er den seinerzeit bereits abberufenen Geschäftsführer oder ihre - der Klägerin - neu berufene Geschäftsführerin oder den Prokuristen hierauf hingewiesen. Entgegen der Auffassung des Landgerichts stelle die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechtes auch keine unzulässige Rechtsberatung des Bauüberwachers dar.

    Somit habe am 1. April ein maximaler Anspruch der Firma H. in Höhe von 738.400,00 € (795.200,00 € ./. 56.800,00 €) bestanden. Gezahlt habe sie an die Firma H. aber insgesamt 1.040,949,94 € aufgrund der vom Architekten H. freigegebenen Rechnungen der Firma H., und zwar 965.549,94 € auf die von der Firma H. gelegten Abschlagsrechnungen und 75.400,00 € auf eine Rechnung der Firma H. vom 6. Januar 2004, die einen „Nachtrag“ betreffen soll. Dass es sich dabei tatsächlich um einen „Nachtrag“ handelt, bestreite sie mit Nichtwissen. Über die Notwendigkeit und den Inhalt dieses „Nachtrags“ sei sie nicht informiert worden. Dass die in der Rechnung ausgewiesenen Materialien zusätzlich eingebaut worden sind, bestreite sie ebenfalls mit Nichtwissen. Es gebe weder einen Materiallieferschein noch ein Arbeits- oder Abnahmeprotokoll. Das Landgericht habe insoweit nur eigene Vermutungen geäußert. Den Nachweis, dass die Firma H. hier zusätzliche Arbeiten und zusätzliche Leistungen erbracht hat, habe der Architekt H. nicht geführt und auch der Sachverständige Dr. B. habe keine Abweichung der ausgeführten Fensterarbeiten zur vereinbarten Leistungsbeschreibung festgestellt.

    Mithin liege eine Überzahlung der Firma H. in Höhe von 302.549,94 € (1.040.949,94 € ./. 738.400,00 €) vor. Hinzu komme der vom Architekten H. selbst ermittelte Mangelfolgeschaden von (brutto) 34.800,00 €, so dass ihr infolge der Verletzung der Bauüberwachungspflichten durch den Architekten H. ein Gesamtschaden in Höhe von 337.349,94 € entstanden sei.

    Sie beschränke sich aber - wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung am 25. November 2019 nochmals klargestellt hat - auf die Geltendmachung des vom Architekten H. mit seiner Zustandsdokumentation anerkannten Schadens von 222.546,55 € zzgl. der verwirkten Vertragsstrafe von 56.800,00 €, also von 279.346,56 €. In dem Schadensbetrag von 222.546,55 € sei die Umsatzsteuer (zum damaligen Steuersatz von 16 %) auf die Werkleistungen enthalten, weil der Architekt H. gewusst habe, dass sie nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt gewesen sei. Seit der Einstellung ihres Gewerbebetriebes am 19.12.2006 sei sie ohnehin nicht mehr umsatzsteuerpflichtig.

    Da sie ihren bereicherungsrechtlichen Anspruch gegen die insolvente Firma H. nicht mehr durchsetzen könne, sei ihr der Beklagte als Erbe des verstorbenen Architekten H. schadensersatzpflichtig.

    b)    Schadensersatzanspruch wegen Überzahlung der Firma B.

    Die Bauüberwachungspflicht des Architekten H. habe mit der Insolvenz des ursprünglichen Generalunternehmers, der Firma H., nicht geendet, sondern auch gegenüber dem neuen Generalunternehmer, der Firma B., fortbestanden, mithin auch seine Pflicht, die Abschlagsrechnungen der Firma B. daraufhin zu überprüfen, ob sie den vertraglichen Vereinbarungen entsprechen, ob sie fachtechnisch und rechnerisch richtig sind und ob die zugrunde gelegten Leistungen erbracht sind. Neben der Fertigstellung des Objekts habe die Firma B. auch die Beseitigung aller in der - vom Architekten H. und dem Sachverständigen F. gefertigten - Zustandsdokumentation aufgeführten Mängel sowie die Gewährleistung für die von der Firma H. erbrachten Werkleistungen geschuldet. Der Wert dieser Leistungen sei in der Zustandsdokumentation mit 250.450,00 € beziffert; dieser Betrag sei auch als Vergütung in dem Generalunternehmervertrag mit der Firma B. vereinbart worden. Da der Architekt H. an der Auftragserteilung an die Firma B. beteiligt gewesen sei, habe er die Leistungsverpflichtungen der Firma B. aus dem Generalunternehmervertrag vom 10./12. Mai 2004 gekannt, also auch die Fälligkeitsvoraussetzungen der einzelnen Raten. Auf die Vorlage von Rechnungen komme es daher zwar nicht an. Sie bestreite aber gleichwohl mit Nichtwissen, dass die Rechnungen der Firma B. dem Architekten H. nicht vorgelegt worden seien. Da der Architekt H. selbst vorgetragen habe, an der Abwicklung des mit der Firma B. geschlossenen Generalunternehmervertrages nicht beteiligt gewesen zu sein, keine Abnahme vorgenommen und keine Rechnungen geprüft zu haben, sei die Bauüberwachungspflichtverletzung unstreitig. Denn nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung liege eine Pflichtverletzung des Architektenvertrages vor, wenn der Architekt die übernommene Bauüberwachung nicht vollständig erfüllt hat. Dies gelte natürlich erst recht, wenn er sie gar nicht erfüllt. Nur die erste, bei Arbeitsbeginn fällige Rate in Höhe von 70.000,00 € sei nicht von einem bestimmten Bautenstand bzw. einer bestimmten Gegenleistung abhängig gewesen. Bei den drei weiteren Raten aber hätte der Architekt den Eintritt der Fälligkeitsvoraussetzungen prüfen müssen. Es gebe jedoch keine Dokumentation des Architekten H. darüber, welcher Bautenstand bei den einzelnen Teilzahlungen erreicht war. Da der Architekt H. zur Führung eines Bautagebuchs verpflichtet gewesen sei, ein solches aber nicht geführt habe, sei er bzw. nunmehr der Beklagte darlegungs- und beweispflichtig dafür, dass die Bautenstände erreicht waren, die Voraussetzung für die Fälligkeit der einzelnen Abschlagszahlungen waren, also dafür, dass der eingetretene Schaden nicht auf seiner Pflichtwidrigkeit beruht.

    Hierzu fehle es aber an jedwedem substantiierten Vortrag.

    Mit Ausnahme der ersten Teilzahlung sei die Fälligkeit der drei weiteren Teilzahlungen nicht eingetreten gewesen. Sie hätte daher diese Raten so lange zurückbehalten können, bis die Firma B. ein mangelfreies Objekt erstellt, die Gewährleistung übernommen hat, die förmliche Abnahme erfolgt und der Beginn der Gewährleistungsfrist protokolliert ist. Hätte der Architekt H. seine Bauüberwachungspflicht erfüllt, wäre ihm nicht verborgen geblieben, dass die Fälligkeit der (zweiten) Rate über 70.000,00 € am 11. Juni 2004 mangels Fertigstellung des Gemeinschaftseigentums nicht eingetreten war. Weder habe die Statik der Balkonanlage vorgelegen noch seien die Mängel der Balkonanlage, wie der Architekt H. sie bereits in seiner Zustandsdokumentation erfasst gehabt habe, behoben gewesen. Auch habe der Architekt H. nach seinem eigenen Vortrag nicht an der Objektbegehung am 1. Juli 2004 teilgenommen, so dass insoweit auch keine förmliche Abnahme erfolgt sei. Wie schon zuvor die diversen Bautenstandsbescheinigungen sei auch die Fertigstellungsanzeige des Architekten H. vom 22. Juli 2004 falsch gewesen, da die vorhandenen erheblichen Mängel eine Abnahme unmöglich gemacht hätten. Da der Architekt H. selbst seine „vertrauensvolle Zusammenarbeit“ mit dem abberufenen Geschäftsführer der Klägerin, Herrn R., hervorgehoben habe und nach dem Generalunternehmervertrag mit der Firma B. ohnehin nur 35 Arbeitstage für Restarbeiten und Mängelbeseitigung zur Verfügung gestanden hätten, bleibe nur ein Schluss, dass sich der Architekt H. mit dem Generalunternehmer abgestimmt hat, wann welche Zahlungen fließen sollen, und zwar unabhängig vom erreichten Bautenstand. Da die zweite Rate bereits am 11. Juni 2004, also gerade zwei Tage nach der Mängelbesprechung vom 9. Juni 2004, überwiesen worden sei, könne der Architekt H. bzw. nunmehr der Beklagte nicht weiß machen wollen, von der Teilzahlung nichts gewusst zu haben.

    Für die von der Firma B. bis zu deren Insolvenz erbrachten Werkleistungen gestehe sie einen Wert von 27.600,00 € zu.

    Danach belaufe sich der ihr infolge der eingetretenen Insolvenz der Firma B. entstandene Schaden auf 152.800,00 € (70.000,00 € + 30.450,00 € +  80.000,00 € - 27.600,00 €).

    c)    Schadensersatzanspruch wegen Bauüberwachungspflichtverletzung

    Sie begehre nach wie vor den Ersatz des ihr durch die Bauüberwachungspflichtverletzung entstandenen Schadens in Höhe von 271.208,74 € abzüglich der bereits erstinstanzlich zugesprochenen Summe (41.596,64 €).

    Zutreffend habe das Landgericht festgestellt, dass der Architekt H. für alle Mängel hafte, die für ihn im Rahmen der Bauüberwachung erkennbar waren. Sie verstehe das Landgericht so, dass es die von den Gutachtern S., Sxx und B. festgestellten Mängel als bewiesen betrachtet. Sämtliche von ihr gerügten Mängel seien aber für den Architekten H. erkennbar gewesen, wenn er pflichtgemäß täglich auf der Baustelle anwesend gewesen wäre. Dies gelte sowohl für die von ihm selbst in seiner Zustandsdokumentation vom 22./23. April 2004 beschriebenen Mängel als auch für die von den Gutachtern Sxx, S., W. und Dr. B. bei einer Sichtbegehung festgestellten Mängel. Da die Gutachten Sxx, S. und W. vom Landgericht für die Beweisführung gemäß § 411a ZPO beigezogen worden seien, sei auch deren Inhalt als vollwertiger Sachverständigenbeweis bei der Beurteilung der Mängel und bei der Schadensermittlung zu verwerten. Demgegenüber habe das Landgericht rechtsfehlerhaft dem Gutachten und dem Ergänzungsgutachten des von ihm bestellten Sachverständigen Dr. B. den Vorrang eingeräumt.

    Entgegen der Annahme des Landgerichts habe der Sachverständige Dr. B. sich auch nicht dezidiert mit allen anderen Gutachten auseinandergesetzt, sondern ausnahmslos nur mit dem Gutachten des Sachverständigen S. und nicht auch mit den Gutachten der Sachverständigen Sxx und W.. Das Gutachten des Sachverständigen Dr. B. sei erwiesenermaßen fehlerhaft und hätte daher vom Landgericht nicht - jedenfalls nicht umfassend - seiner Beweiswürdigung zugrunde gelegt werden dürfen. Es sei auch logisch, den Sachverständigen zu folgen, die das Objekt zeitnah nach der Fertigstellung, d.h. nach der letzten vom Architekten ausgestellten Fertigstellungsbescheinigung vom 15. November 2004, begutachtet haben. Demnach sei der Sachverständige W. mit seinem Gutachten vom 24. November 2006 noch am nächsten am Fertigstellungszeitpunkt des Objektes dran gewesen. Dann komme 2008 der Sachverständige Sxx und 2011 der Sachverständige S.. Der Sachverständige Dr. B. habe die schlechtesten Voraussetzungen gehabt, um zu beurteilen, welche Mängel durch die Verletzung der Bauüberwachungspflicht verursacht wurden. Dementsprechend sei dessen Einschränkung bezüglich der Erkennbarkeit nur eines Teils der Mängel nicht nachvollziehbar begründet.

    Sie habe auch mit ihrer Anlage K 45 vorgetragen und nachgewiesen, dass kein einziger Mangel doppelt erfasst wurde. Mit ihrer Anlage K 46 habe sie dargelegt und bewiesen, dass alle drei Sachverständigen im Wesentlichen in den von ihnen besichtigten Teilen des Objektes die gleichen handwerklichen Mängel festgestellt haben, so dass der Beweis des ersten Anscheins dafür spreche, dass auch in den nicht zugänglich gewesenen Wohnungen die gleichen handwerklichen Mängel aufgetreten sind. Demnach hätte es dem Architekten H. bzw. nunmehr dem Beklagten oblegen, darzulegen und zu beweisen, dass in diesen nicht zugänglichen Wohnungen keine handwerklichen Fehler gemacht wurden.

    Entgegen der Auffassung des Landgerichts sei sie auch nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt. Ein Vorsteuerabzug sei jedenfalls seit Einstellung ihres Geschäftsbetriebes ohnehin nicht mehr möglich. Zudem habe der Architekt H. die Interna bei ihr - der Klägerin - gekannt und damit auch die fehlende Berechtigung zum Vorsteuerabzug.

    Die Ansicht des Landgerichts, nicht im Gutachten W. aufgeführte Mängel seien verjährt und deshalb bei der Schadensfeststellung nicht zu berücksichtigen, halte einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.

    Sämtliche vom Architekten H. in seiner Zustandsdokumentation sowie die im Gutachten W. aufgeführten Mängel fänden sich auch in den Gutachten der Sachverständigen Sxx und S. wieder. Soweit in den Gutachten Sxx und S. der Schadensumfang der gerügten Mängel festgestellt werde, unterliege das keiner eigenen Verjährungsfrist, da die Schadensursache bereits bei der Ausführung der mangelhaften Arbeiten und der Verletzung der Bauüberwachungspflicht entstanden sei. Sie begehre Schadensersatz wegen Verletzung der mit Vertrag vom 13.06.2001 übernommenen und geschuldeten Bauüberwachungspflichten. Dieser Anspruch sei mit Mahnbescheidsantrag vom 21. Dezember 2007 rechtshängig gemacht und damit der Verjährungseintritt gehemmt worden. Es sei keineswegs erforderlich, dass sie jeden einzelnen Mangel, der sich aus der Verletzung der Bauüberwachungspflicht ergibt, benennt. Für die Schlüssigkeit der Klage reiche die Behauptung aus, der Architekt habe seine Überwachungspflichten verletzt.

    Soweit der Senat Bedenken geäußert hat, dass sie erstmalig in der zweiten Instanz den über 90.035,00 € hinausgehenden Schaden mit 271.208,74 € geltend gemacht habe, seien diese Bedenken unbegründet, da sie diesen Schaden bereits in erster Instanz geltend gemacht und mit Schriftsatz vom 10. November 2015 und den Anlagen K 45 und K 46 erläutert und nachgewiesen habe, dass der von den Gutachtern ermittelte Schaden insgesamt 271.208,74 € beträgt und keine Doppelerfassung von Mängeln vorliegt.

    Der Architekt H. hafte auch für eine fehlende Überwachung handwerklicher Selbstverständlichkeiten, da er vertraglich verpflichtet gewesen sei, täglich auf der Baustelle zu sein, also einer intensiven Bauaufsichtspflicht unterlegen habe. Erschwerend komme hinzu, dass der Architekt H. als Mitgesellschafter der Firma B. um die Insolvenzgefährdung der Firmen gewusst habe. Soweit die Firma B. Mängel der Firma H. habe beseitigen müssen, sei der Architekt H. verpflichtet gewesen, die Mängelbeseitigungsarbeiten stetig zu überwachen. Somit könne der Beklagte mit seiner Argumentation in der Anschlussberufung nicht gehört werden, bei den Positionen 1 bis 11 handele es sich um handwerkliche Selbstverständlichkeiten oder die dortigen Mängel seien erst nach Fertigstellung erkennbar gewesen.

    Aufgrund der von ihm geschuldeten täglichen Präsenz auf der Baustelle habe es dem Architekten H. bzw. nunmehr der Beklagten oblegen, darzulegen und zu beweisen, dass er auch bei täglicher Anwesenheit die Entstehung dieser Mängel nicht hätte verhindern können. Hierzu fehle aber jeglicher Vortrag.

    Ein Schaden sei - entgegen der vom Senat geäußerten vorläufigen Rechtsauffassung - auch nicht deswegen zu verneinen, weil im Verfahren der WEG gegen sie - die Klägerin - die Klage auf Kostenerstattung für Mängelbeseitigung gemäß Gutachten W. abgewiesen wurde. Es liege kein Fall der „werkvertraglichen Leistungskette“, in dem der Bauträger (bzw. Generalunternehmer) nach dem Rechtsgedanken der Vorteilsausgleichung gehindert sein kann, Kostenerstattung wegen Mängeln gegen den Generalunternehmer (bzw. Nachunternehmer) geltend zu machen, wenn er seinerseits nicht mehr vom Wohnungseigentumskäufer (bzw. Bauträger) in Anspruch genommen werden kann. Der mit der Bauplanung, Bauausschreibung und Bauüberwachung beauftragte Architekt sei nicht Bestandteil der werkvertraglichen Leistungskette „Herstellung der Wohnung“. Weder die WEG noch der Generalunternehmer noch der Nachunternehmer habe einen Anspruch auf die geschuldete Leistung des Architekten H. oder könne für sich Rechte aus dem zwischen ihr - der Klägerin - und dem Architekten H. abgeschlossenen Vertrag herleiten.

    (3)    Teilklage

    Ihre Schadensersatzforderung von insgesamt 703.355,29 € setze sich demnach aus folgenden Positionen zusammen:

    a)    Schadensersatz wegen Überzahlung der Firma H.:       279.346,55 €
    b)    Schadensersatz wegen Überzahlung der Firma B.:       152.800,00 €
    c)    Schadensersatz wegen Baumängel
         (Überwachungspflichtverletzung):         271.208,74€

    Hiervon verfolge sie mit der Berufung im Wege der Teilklage einen Teilbetrag von 552.892,00 € weiter, den sie in folgender Reihenfolge geltend mache:

    a)    279.346,55 €
    b)    152.800,00 €
    c)    120.745,45 €
    552.892,00 €

    Sollte sie allerdings mit ihren Ansprüchen gemäß lit. a) und b) nicht (voll) durchdringen, „fülle“ sie den „Fehlbetrag“ mit dem verbleibenden Restbetrag aus der Schadensposition gemäß lit. c) in Höhe von 150.463,29 € (271.208,74 € - 120.745,45 €) abzüglich des vom Landgericht zuerkannten Betrages von 41.596,64 €, d.h. in Höhe von 108.866,64 €, „auf“.

    Die Klägerin beantragt,

    das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Leipzig vom 30.11.2017 zum Az. 08 O 3949/08 insoweit aufzuheben, als es nach dem zuletzt gestellten Antrag abgewiesen wurde und

    1.    den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin weitere 552.892,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. auf 594.488,64 € wie erstinstanzlich beantragt hinsichtlich der zu lit. a) bis j) im Antrag genannten Beträge zu zahlen,

    2.    sowie dem Beklagten die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.

    Sowie hilfsweise für den Fall, dass der Senat der Auffassung ist, der Beklagte hat in erster Instanz zu Recht sich geweigert, die Deckungssumme des Versicherungsvertrages zu benennen und den Beweis (Police) dem Gericht und der Klägerin vorzuenthalten,

    den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin weitere 211.493,36 EUR nebst 5 Prozentpunkte über Basiszinssatz seit dem 14.12.2007 zu zahlen.

    Der Beklagte beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen.

    Er bringt vor:

    (1)    Beschränkte Erbenhaftung

    Er als gesetzlicher Erbe des verstorbenen Architekten H. hafte nach Abschluss des Nachlassinsolvenzverfahrens nicht unbeschränkt, sondern ausschließlich mit dem einzig verbliebenen Nachlassgegenstand, nämlich dem Deckungsanspruch gegen den Haftpflichtversicherer des Architekten H.. Die Höhe des Deckungsschutzes sei unstreitig, nachdem die Klägerin selbst ihre Klage auf den bestehenden Versicherungsschutz in Höhe von 255.646,00 € umgestellt habe. Damit sei die Berufung auf jeden Fall in Höhe jedes den Betrag von 255.646,00 € übersteigenden Cents unbegründet.

    Nachdem die Vermögensverwertung abgeschlossen sei, der Nachlassinsolvenzverwalter gegenüber dem Insolvenzgericht Masseunzulänglichkeit angezeigt und das Insolvenzgericht daraufhin das Verfahren eingestellt habe, stehe die Dürftigkeit des Nachlasses fest. An den Einstellungsbeschluss des Insolvenzgerichts sei auch das Berufungsgericht gebunden. Mit der Einstellung des Insolvenzverfahrens erhalte der Schuldner das Recht zurück, über die Insolvenzmasse frei zu verfügen. Die verbliebene Insolvenzmasse bestehe hier aber allein aus einem Deckungsanspruch des Architekten H. aus seiner Berufshaftpflichtversicherung.

    (2)    Schadensersatzansprüche

    a)    Überzahlung der Firma H.

    Die Ausführungen der Klägerin seien strukturlos. Sie trage immer wieder neue Zahlen zu der angeblichen Überzahlung der Firma H. vor, wisse also selbst nicht, was sie nun eigentlich behaupten wolle. Sie habe niemals substantiiert dargetan, dass der Architekt H. Abschlagszahlungen in unrichtiger Höhe freigegeben habe. Vielmehr habe sie immer nur auf den letztendlichen Bautenstand und die zuletzt gelegte Abschlagsrechnung abgestellt, ohne überhaupt zu sagen, welche Zahlungen sie bis zu dieser letzten Abschlagsrechnung schon geleistet hatte. Stelle man auf die letzte Abschlagsrechnung ab, liege keine Pflichtverletzung des Architekten H. vor. Zum Vorderhaus habe der Architekt H. einen Bautenstand von 95,09 % bestätigt und für die Tiefgarage einen Bautenstand von 87,20 %. Insgesamt habe er unter Verweis auf einen 10%igen Sicherheitseinbehalt einen Leistungsstand im Wert von 966.060,46 € freigegeben. Entgegen der Behauptung der Klägerin sei nicht unstreitig, dass 1.040.949,94 € gezahlt worden seien. Vielmehr habe die Klägerin bis zum 23.04.2004 ausweislich der Anlage K 12 nur 965.549,94 € gezahlt, also weniger als den vom Architekten H. bis dahin freigegebenen Leistungsstand.

    Ausweislich der Anlage B 1-3 hätten die Kosten zur Fertigstellung der Leistung 187.746,55 € betragen. Ziehe man diesen Betrag vom vereinbarten Gesamtwerklohn von 1.136.000,00 € ab, ergebe sich ein Betrag von 948.253,50 € und damit eine Differenz von 17.806,96 € zwischen der Rechnungsprüfung des Architekten H. und dem tatsächlich erreichten Leistungsstand. Damit betrage die Differenz im Verhältnis zur Auftragssumme lediglich 0,016 %, so dass ein Prüffehler ausscheide.

    Die von der Klägerin vorgetragenen und auch die von ihm - dem Beklagten - in Bezug genommenen Zahlungen seien Bruttozahlen. Hierauf könne man aber gar nicht abstellen, da die Klägerin als GmbH zum Vorsteuerabzug berechtigt sei.

    Unschlüssig sei der Vortrag der Klägerin auch deshalb, weil sie bei dem von ihr behaupteten Leistungsstand auch auf Mängel abstelle, zugleich aber auch die Kosten zur Beseitigung dieser Mängel unter einer gesonderten Position als Schadensersatz geltend mache. Dies sei nicht zulässig.

    Er bleibe auch bei seinem erstinstanzlichen Vortrag, dass der Architekt H. allein die Prüfung des erreichten Bautenstandes geschuldet und es nicht zu seinen Leistungen gehört habe, aus einer Bauverzögerung resultierende Ansprüche zu berücksichtigen; solche habe die Klägerin vielmehr allein durchsetzen wollen. Unabhängig davon scheide eine solche Verpflichtung auch deshalb aus, weil dem Architekten H., wie bereits in erster Instanz vorgetragen, nicht das vollständige Leistungsbild der Leistungsphase 8 übertragen worden sei.

    Zu bestreiten sei auch weiterhin, dass zwischen der behaupteten angeblich fehlerhaften Rechnungsprüfung und dem behaupteten Schaden ein kausaler Zusammenhang besteht. Wie bereits der Architekt H. schriftsätzlich vorgetragen gehabt habe, habe die Klägerin bis zum 2. März 2004 bereits mehr an die Firma H. gezahlt gehabt, als er insgesamt freigegeben gehabt habe.

    b)    Überzahlung der Firma B.

    Die Ausführungen hierzu in der Berufungsbegründung seien zum einen nicht nachvollziehbar, zum anderen aber auch unerheblich. Die Klägerin mache einen Anspruch aus angeblicher Überzahlung der Firma B. infolge nicht erfolgter bzw. fehlerhafter Rechnungsprüfung des Architekten geltend. Da der Architekt H. aber Rechnungen der Firma B. gar nicht geprüft habe, könne eine gleichwohl erfolgte Zahlung der Klägerin nicht auf einer Pflichtverletzung des Architekten H. beruhen. Dieser habe auch tatsächlich keine Zahlungen an die Firma B. freigegeben. Er sei in die Abwicklung des Vertrages mit der Firma B. und schon gar nicht in den Zahlungsfluss involviert gewesen. Ihm sei keine Rechnung dieses Unternehmens zur Prüfung und Freigabe vorgelegt worden.

    c)    Anspruch wegen Bauüberwachungspflichtverletzung

    Die Klage sei insoweit auch nach dem Vortrag in der Berufungsbegründung unschlüssig. Dies schon deshalb, weil ein Anspruch auf Erstattung fiktiver Mangelbeseitigungskosten nicht bestehe.

    Gegenstand der Anspruchsbegründung vom 12. März 2008 seien nur Bruttokosten in Höhe von 90.000,00 € hinsichtlich der in der Anlage K 15 schriftsätzlich niedergelegten angeblichen Baumängel gewesen. Jeder darüber hinausgehende Betrag sei nicht mehr durchsetzbar, weil ein dahingehender Anspruch mit Ablauf des 21. Dezember 2012 verjährt sei. Spätestens seit dem Mahnbescheidsantrag vom 21. Dezember 2007 befinde sich das Vertragsverhältnis in einem Abwicklungs- und Abrechnungsverhältnis, so dass wegen aller Sachverhalte, die nicht innerhalb der Verjährungsfrist von fünf Jahren streitgegenständlich geworden seien, mit Ablauf des 21. Dezember 2012 verjährt seien. Sie halte deshalb die Einrede der Verjährung in Bezug auf all jene Kosten, die über den Nettobetrag von 77.586,21 € hinausgehen und/oder andere Mängel als in der Anlage K 15 aufgeführten betreffen, aufrecht. In Höhe der Umsatzsteuer sei der zur Vorsteuer abzugsberechtigten Klägerin kein Schaden entstanden. Ein Anspruch der Klägerin auf einen höheren Betrag als der vom Landgericht zuerkannte von 41.596,64 € sei daher auf jeden Fall unbegründet.

    Einem Schadensersatzanspruch der Klägerin stehe auch der Einwand des Vorteilsausgleiches entgegen. Die Leistungen des Architekten H. seien Bestandteil der werkvertraglichen Leistungskette Erwerber - Klägerin - Architekt. Wenn in dieser Leistungskette der Erwerber keine Ansprüche mehr wegen der streitgegenständlichen Mängel gegen die Klägerin herleiten könne, entstehe der Klägerin wegen dieser Mängel auch kein Schaden. Dieser Vorteil müsse nach Treu und Glauben angerechnet werden. Die von der Rechtsprechung im Rahmen von Leistungsketten entwickelten Grundsätze des Vorteilsausgleiches gälten auch für Architektenleistungen.

    (3)    Das landgerichtliche Urteile beschwere ihn in Höhe eines der Klägerin zuerkannten Teilbetrages in Höhe von 4.779,86 €. Insoweit rüge er, dass sich das Landgericht im Hinblick auf die in der Tabelle 2, Anlage 2 zum Gutachten des Sachverständigen Dr. B. vom 29. Juni 2016 ausgewiesenen - „erkennbaren“ - Mängel nicht mit der Frage auseinandergesetzt habe, ob es sich um handwerkliche Selbstverständlichkeiten handelt und ob die entsprechenden Erscheinungen damals überhaupt schon vorhanden gewesen sind. Nach diesem Maßstab fehle es bei den Mängelpositionen der laufenden Nummern 4, 12, 14, 22, 24, 27, 29, 38, 39, 40 und 43 an einer Pflichtverletzung des Architekten H..

    Jedenfalls sei die Anschlussberufung allein schon deshalb begründet, weil die Klägerin gegenüber der WEG nicht mehr zur Mängelbeseitigung verpflichtet sei, sodass ihr kein Schaden aus den von ihr behaupteten Mängeln entstehe und auch künftig nicht mehr entstehen werde.

    Im Wege der Anschlussberufung beantragt der Kläger,

    unter Abänderung des am 30.11.2017 verkündeten Urteils des Landgerichts Leipzig, 08 O 3949/08,

    wird die Klage abgewiesen, soweit der Beklagte verurteilt wurde, einen höheren Betrag als 36.816,78 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 14.12.2007, beschränkt auf die Höhe des Deckungsanspruchs des Architekten H. gegen seine Berufshaftpflichtversicherung bei der xxx Versicherung AG …, dortige Vorg.-Nr. …, zu zahlen.

    Die Klägerin beantragt,

    die Anschlussberufung zurückzuweisen.

    Da ihrer Ansicht nach der Architekt H. aufgrund seiner erhöhten Bauaufsichtspflicht auch für handwerkliche Selbstverständlichkeiten gehaftet hat, könne der Beklagte nicht mit seinem Einwand gehört werden, bei den mit der Anschlussberufung gerügten 11 Positionen handele es sich um handwerkliche Selbstverständlichkeiten bzw. um Mängel, die erst nach Fertigstellung erkennbar gewesen seien.
    Im Übrigen wird wegen des Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

    II.

    Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg, da der Klägerin, wie das Landgericht im Ergebnis zu Recht entschieden hat, kein Anspruch auf weiteren Schadensersatz zusteht. Auf die zulässige Anschlussberufung des Beklagten hin ist das Urteil des Landgerichts im beantragten Umfang abzuändern und die Klage abzuweisen.

    1.

    Berufung

    1.1.    Schadensersatz wegen Überzahlung der Firma H. (279.346,55 €)

    Die Klägerin kann vom Beklagten als dem gesetzlichen Erben des verstorbenen Architekten keinen Schadensersatz gemäß § 635 BGB in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung - künftig BGB a.F. (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB) - i.V.m §§ 1922, 1936, 1967 BGB wegen Überzahlung der Firma H. verlangen (zur Eröffnung des Anwendungsbereichs von § 635 BGB a.F. - und nicht der positiven Forderungsverletzung - im Falle der unterbliebenen oder fehlerhaften Rechnungsprüfung durch den mit der Bauüberwachung beauftragten Architekten siehe: OLG Hamm, Urteil vom 19. April 1989 - 26 U 70/88 - juris Rn. 33; BGH, Urteil vom 21. Mai 1981 - VII ZR 128/80 - BauR 1981, 482).

    Das Landgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, dass bereits nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin der Architekt H. seine Rechnungsprüfungspflicht nicht in der Weise verletzt hat, dass er Abschlagsrechnungen zur Zahlung freigegeben hat, die hinter dem jeweiligen Bautenstand zurückblieben, und er keinen Abzug einer Vertragsstrafe von den Abschlagszahlungen veranlasst hat, sodass es an eine dem Architekten H. zurechenbaren Überzahlung der Firma H. fehlt, die der Klägerin aufgrund der Insolvenz der Firma H. als Schaden verbleibt.

    1.1.1.    Dass dem Architekten H. die Pflicht zur Prüfung der Abschlagsrechnungen der Firma H. auf sachliche und rechnerische Richtigkeit oblag und diese Prüfung Grundlage von Abschlagszahlungen an die Firma H. war, stellt der Beklagte nicht in Abrede. Es kann daher an dieser Stelle letztlich dahinstehen, ob sich die Rechnungsprüfungspflicht des Architekten H. unmittelbar aus dem Architektenvertrag vom 13. Juni 2001 als Teil der „Bauüberwachung“ ergibt oder kraft tatsächlicher Übernahme der Rechnungsprüfung, die er aus bloßer Gefälligkeit übernommen hat, mit der Folge einer Haftung nach denselben Maßstäben wie ein Architekt aus einem Architektenvertrag (siehe hierzu OLG Köln, Beschluss vom 28. Juni 2015 - 19 U 163/14 - juris Rn. 101; OLG Celle, Urteil vom 19. Juni 2001 - 16 U 260/00 - juris Rn. 45 OLG Dresden, Urteil vom 23. Dezember 2013 - 9 U 1820/10 - juris Rn. 111 f.; siehe auch BGH, Urteil vom 11. Januar 1996 - VII ZR 85/95 - BauR 1996, 418, juris Rn. 15 Werner/Pastor, Der Bauprozess, 16. Aufl., Rn. 2001 und 2029).

    1.1.2.    Im Rahmen der ihm obliegenden bzw. von ihm tatsächlich übernommenen Rechnungsprüfungspflicht hat ein Architekt auch Abschlagsrechnungen daraufhin zu kontrollieren, ob die eingesetzten Preise mit den vertraglichen übereinstimmen, ob die abgerechneten Mengen dem Leistungsstand entsprechen und ob Sonderkonditionen und Rabatte berücksichtigt sind. Dadurch soll sichergestellt werden, dass der Bauherr nur berechtigte Abschlagszahlungen erfüllt und dass etwaige Überzahlungen in der Vergangenheit mit später noch nicht bezahlten Abschlagsforderungen verrechnet werden können. Wenn sich für den Architekten hinreichende Anhaltspunkte ergeben, dass der Auftragnehmer in der Vergangenheit Abschlagsrechnungen gestellt und dass der Auftraggeber Abschlagszahlungen geleistet hat, so hat er diese ggf. zu ermitteln und sie ebenfalls in seine Prüfung einzubeziehen. Zur ordnungsgemäßen Rechnungsprüfung gehört es auch, dass der Architekt dem Bauherrn eine Zahlungsempfehlung gibt (OLG Frankfurt, Urteil vom 31. März 2016 - 6 U 36/15 - NZBau 2016, 498, juris Rn. 25 ff.; OLG Hamm, Urteil vom 7. August 2008 - 21 U 78/07 - BauR 2009, 123, juris Rn. 38; BGH, Urteil vom 4. April 2002 - VII ZR 295/00 - BauR 2002, 1112, juris Rn. 10; BGH, Urteil vom 14. Mai 1998 - VII ZR 320/96 - BauR 1998, 869, juris Rn. 19; siehe auch Locher/Koeble/Frik, HOAI, 13. Aufl., § 34 Rn. 223, 257).

    1.1.3.    Streitgegenständlich in der Berufungsinstanz ist - wie die Klägerin zuletzt in der mündlichen Verhandlung am 25. November 2019 nochmals ausdrücklich klargestellt hat - allein eine Schadensersatzforderung wegen Überzahlung der Firma H. in Höhe von 279.346,55 €, die sich zusammensetzt aus dem „vom Architekten H. mit seiner Zustandsdokumentation anerkannten Schaden von (brutto) 222.546,56 € und einer vom Architekten H. nicht in Abzug gebrachten Vertragsstrafe von 56.800,00 €.

    1.1.4.    Zur Zahlung freigegebene Rechnungen

    1.1.4.1.    Der Architekt H. hat unter Berücksichtigung eines in den jeweiligen Abschlagsrechnungen bereits in Abzug gebrachten Sicherheitseinbehaltes von 10% - laut Ziffer 9.1 des jeweiligen Generalunternehmervertrages vom 15. Juli 2003 (Anlagenkonvolut K 21) war freilich nur ein Sicherheitseinbehalt von 5% vereinbart - bis zur letzten Abschlagsrechnung vom 1. April 2004 (Anlage B 1-5) jedenfalls Zahlungen auf unstreitige 10 Abschlagsrechnungen bezüglich des Vordergebäudes (8 Abschlagsrechnungen) und der Tiefgarage (2 Abschlagsrechnungen) an die Firma H. im Gesamtumfang von brutto 965.549,94 € freigegeben (siehe die - vom früheren Geschäftsführer der Klägerin, R., gefertigte - Rechnungs- und Zahlungsaufstellung, Anlage K 12, sowie 9 Abschlagsrechnungen im Anlagenkonvolut K 35 und Anlage B 1-5 - es fehlt die Abschlagsrechnung Nr. 104-2004 vom 9. Februar 2004 über einen Zahlbetrag von brutto 225.556,20 €). In dieser Höhe hat die Klägerin auch Zahlungen an die Firma H. erbracht (siehe die Zahlungsnachweise im Anlagenkonvolut K 20).

    1.1.4.2.    Eine weitere Zahlung vom 16. Januar 2004 über 75.400,00 € ist - entgegen der Auffassung der Klägerin - nicht zu berücksichtigen.

    Hierzu liegt keine Rechnung der Firma H. vor. Belegt ist insoweit lediglich eine Überweisung über diesen Betrag vom Konto der Klägerin an die Firma H. am 16. Januar 2004 auf eine „Re. 0101-2004 1. Nachtrag“ (siehe den Kontoauszug Nr. 2 vom 16.01.2004 im Anlagenkonvolut K 20).

    Diese Überweisung ist mithin nach dem im Buchungstext zum Ausdruck kommenden Willen des Leistenden (Klägerin) - anders als die übrigen Überweisungen der Klägerin an die Firma H., die im Buchungstext stets als Verwendungszweck einen "Abschlag" oder eine "AZ" benennen - nicht auf die Tilgung einer Pauschalpreisforderung aus einem oder beiden Generalunternehmerverträgen vom 15. Juli 2003 gerichtet, sondern explizit auf die Tilgung einer Forderung aus einem „1. Nachtrag“ (siehe zur Tilgungszweckbestimmung: OLG Frankfurt, Beschluss vom 25. April 2008 - 14 W 31/08 - juris Rn. 2 OLG Oldenburg, Urteil vom 6. Mai 2010 - 1 U 93/09 - juris Rn. 15 ff.; Staudinger/Olzen (2016) BGB § 362, Rn. 22 ff.; Palandt/Grüneberg, BGB, 78. Aufl., § 362 Rn. 7).

    Letztlich kann dahinstehen, ob eine solche Nachtragsforderung der Firma H. tatsächlich bestanden hat. Denn selbst wenn dies nicht der Fall gewesen wäre, wäre die Zahlung nicht auf eine solche auf die Pauschalpreisforderung(en) „umzuwidmen“, sondern läge eine Zahlung auf eine Nichtschuld vor mit der Folge, dass die Klägerin einen Bereicherungsanspruch gegen die Firma H. nach § 812 Abs. 1 BGB gehabt hätte.

    Ein Schadensersatzanspruch gegen den Architekten H. hätte der Klägerin daraus nur erwachsen können, wenn dieser pflichtwidrig die Zahlung auf eine nicht bestehende Nachtragsforderung freigegeben hätte und die Klägerin mit einem Bereicherungsanspruch gegen die Firma H. ausgefallen wäre.

    Die Beklagtenseite hat indes stets bestritten, dass der Architekt H. über einen Bruttobetrag von 966.060,46 € hinaus weitere Zahlungen an die Firma H. - in Höhe von 1.040.949,90 € - freigegeben hat, sodass auf dessen Tätigkeit lediglich die von der Klägerin an die Firma H. unstreitig erbrachten Zahlungen auf 10 Abschlagsrechnungen in Höhe von insgesamt brutto 965.549,94 € zurückzuführen seien, nicht aber eine weitere Zahlung in Höhe von 75.400,00 €.

    Zwar obliegt - gleichgültig, ob der Anspruch auf das allgemeine Leistungsstörungsrecht oder auf Mängelhaftung (§ 635 BGB a.F. bzw. § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1 BGB n.F.) gestützt wird - grundsätzlich dem Unternehmer (Architekten) die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass er den Vertrag ordnungsgemäß erfüllt, also seine vertraglichen Pflichten nicht verletzt hat. Allerdings ist es zuvor am Besteller, die aus seiner Sicht begangene Pflichtverletzung - substantiiert - aufzuzeigen (so auch KG Berlin, Teilurteil vom 28. August 2018 - 21 U 24/16 - BauR 2019, 131, juris Rn. 32). Dieser Darlegungslast ist die Klägerin aber nicht nachgekommen. Denn sie hat nicht dargetan, dass eine Rechnung 0101-2004 über einen 1. Nachtrag in Höhe von 75.400,00 € dem Architekten H. zur Prüfung vorgelegen und er diese Rechnung zur Zahlung freigegeben hat.

    1.1.5.    Nachdem sich die Klägerin die Feststellungen des Architekten H. und des Sachverständigen Dipl.-Ing. F. in der „Kostenbelegung“ der Zustandsdokumentation vom 22./23.04.2004 ausdrücklich zu eigen gemacht und darauf aufbauend ihren geltend gemachten Schadensersatzanspruch von 279.346,55 € wie folgt ermittelt hat:

         818.403,39 €        (Zahlungen für gerechtfertigte Leistungen der Firma H. nach Abzug des in der „Kostenbelegung“ ausgewiesenen Gesamtbetrages von 222.546,55 €)
    ./.    56.800,00 €    (Vertragsstrafe)
    761.603,39 €
    ./. 1.040.949,94 €    (behauptete Zahlungen auf die beiden Generalunternehmerverträge)
         - 279.346,55 €,    

    ist für die Ermittlung eines auf - behaupteter - fehlerhafter Rechnungsprüfung des Architekten H. beruhenden Schadens von einem Wert der Restleistungen und der Mangelbeseitigungsarbeiten - hinsichtlich der Gewerke beider Generalunternehmerverträge vom 15. Juli 2003 (Sanierung des Wohn- und Geschäftsgebäudes einschließlich Außenanlagen; Fertigstellung der Tiefgarage) - in Höhe von brutto 187.746,55 € auszugehen.

    Unter Zugrundelegung dieser Annahme hätte bei Beendigung der beiden Generalunternehmerverträge am 21. April 2004 (siehe zu diesem Datum den Klägerschriftsatz vom 28. Mai 2008, Seite 9, Bl. 115 dA) ein Anspruch der Firma H. auf Abschlagszahlungen in Höhe von brutto 948.253,45 € (1.136.000,00 € - 187.746,55 €) bestanden.

    Anders als nach der Berechnung der Klägerin ist bei der Schadensbetrachtung aber nicht der in der „“Kostenbelegung“ ausgewiesene - offensichtlich geschätzte - Betrag von netto 30.000,00 € für „Zinsen des Bauträgers, Mehrkosten für Sachverständige, Mietausfälle von 20 % pro Monat“ zu berücksichtigen. Denn hierbei handelt es sich nicht um vertraglich vereinbarte Einbehalte, auf die sich die Rechnungsprüfungspflicht des Architekten H. erstreckt, sondern um - zudem ungewisse - Folgeschäden, die zu prüfen und ggf. geltend zu machen allein dem Bauherrn vorbehalten bleibt.

    Aufgrund der Rechnungsprüfung und -freigabe des Architekten H. hat die Klägerin Zahlungen an die Firma H. in Höhe von 965.549,94 € veranlasst, sodass sich eine rechnerische Überzahlung der Firma H. in Höhe von 17.296,49 €, d.h. in einem Umfang von rund 1,8%, ergibt. Eine solche Abweichung liegt aber noch im Rahmen von auch bei pflichtgemäßer Ausübung der Prüfung von Abschlagsrechnungen zu erwartenden und hinzunehmenden - geringfügigen - Einschätzungstoleranzen hinsichtlich des erreichten Bautenstandes oder der Bewertung von Baumängeln, wenn, wie hier, die Rechnungsprüfung auf der Grundlage von Pauschalpreisverträge vorzunehmen ist und auch in einem "Zahlungsplan" (siehe die Anlage B 1-4) die einzelnen Gewerken nur mit Pauschalbeträgen verpreist sind. In diesem Fall ist eine exakte Feststellung des erreichten Leistungsstandes nach Leistungspositionen und anhand eines Aufmaßes nach Mengen und Massen nicht geschuldet bzw. erst gar nicht möglich.

    1.1.6.    Der Klägerin steht auch kein Schadensersatzanspruch in Höhe von 56.800,00 € gegen den Beklagten wegen des unterbliebenen Abzugs einer Vertragsstrafe von den Abschlagsforderungen der Firma H. bzw. wegen eines unterbliebenen Hinweises des Architekten H. auf die Abzugsmöglichkeit zu.

    1.1.6.1.    Die Vertragsstrafenklausel in Ziffer 6.1 und 6.2 i.V.m. den jeweiligen Fertigstellungsfristen gemäß Ziffer 5 der beiden Generalunternehmerverträgen (Anlagenkonvolut K 21) ist wirksam.

    Insbesondere der Tagessatz von 0,2 % der Brutto-Auftragssumme pro Werktag, die Begrenzung der Strafe auf höchstens 5% der Brutto-Auftragssumme sowie die Verknüpfung mit den Ausführungsfristen als verbindliche Vertragsfristen nach Ziffer 5 des jeweiligen Vertrages begegnen keinen rechtlichen Bedenken.

    1.1.6.2.    Die Vertragsstrafen waren in voller Höhe spätestens ab dem 30. März 2004 verwirkt und damit fällig, nachdem die Firma H. wegen Überschreitens des jeweiligen (Gesamt)Fertigstellungstermins - hinsichtlich der Tiefgarage mit Ablauf des 31. Dezember 2003 und hinsichtlich der schlüsselfertigen Sanierung des Wohn- und Geschäftsgebäudes mit Ablauf des 28. Februar 2004 - in Verzug geraten war (§§ 339 Satz 1, 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB, § 11 Nr. 1 und 2 VOB/B a.F.) und seit dem 28. Februar 2004 25 Werktage verstrichen waren. Von der Firma H. nicht zu vertretende Leistungshindernisse sind weder dargetan (§ 286 Abs. 4 BGB) noch ersichtlich.

    Die Höhe der Vertragsstrafen ließ sich auch unschwer anhand der in den Verträgen festgelegten Berechnungsparameter ermitteln.

    1.1.6.3.    Dem Architekten H. fällt jedoch keine Pflichtverletzung zur Last.

    1.1.6.3.1.    Dahinstehen kann, ob er überhaupt zur Prüfung der Voraussetzungen der Verwirkung einer Vertragsstrafe und ggf. zu deren Berücksichtigung bei der Rechnungskontrolle und -freigabe bzw. zu einem Hinweis an die Klägerin vertraglich verpflichtet war oder ob ihm - wie von ihm behauptet (siehe Seite 12 seines Schriftsatzes vom 18. April 2008, Bl. 83 dA, und Seite 9 seines Schriftsatzes vom 8. August 2008, Bl. 199 dA) - nicht sämtliche Grundleistungen des § 15 HOAI übertragen wurden, insbesondere die Klägerin sich vorbehalten hatte, die aus einer Bauverzögerung resultierenden Ansprüche, mithin auch ein Anspruch auf eine Vertragsstrafe wegen Versäumung von Vertragsfristen, selbst durchzusetzen.

    1.1.6.3.2.    Für den Architekten H. bestand bereits keine Verpflichtung, im Rahmen der Prüfung und Freigabe von Abschlagsrechnungen, namentlich der letzten Abschlagsrechnung vom 1. April, eine verwirkte Vertragsstrafe in Abzug zu bringen und der Klägerin eine entsprechend geminderten Rechnungsausgleich zu empfehlen.

    Er durfte vielmehr berechtigterweise davon ausgehen, dass die Klägerin als erfahrener Bauträger einer Betreuung und Beratung im Hinblick auf die Möglichkeit eines Abzugs wegen einer verwirkten Vertragsstrafe nicht bedurfte (siehe hierzu BGH, Urteil vom 26. April 1979 - VII ZR 190/78 - BGHZ 74, 235, BauR 1979,345, juris Rn. 18 OLG Düsseldorf, Urteil vom 22. März 2002 - 5 U 31/01 - BauR 2002, 1420, juris Rn. 19 f.). Zumindest aber müsste sich die Klägerin insoweit zumindest ein erhebliches Mitverschulden anrechnen lassen (siehe KG, Teilurteil vom 28. August 2018 - 21 U 24/16 - BauR 2019, 131, juris Rn. 79).

    Angesichts dessen, dass - bedenkt man allein die auf Initiative oder Mitwirkung der Klägerin hin differenziert geregelten Ausführungsfristen und die daran anknüpfenden Vertragsstrafenregelungen sowie den Unternehmensgegenstand und die berufliche Erfahrung der Klägerin -, kann letztlich auch dahinstehen, ob der Architekt einer Beratungspflicht und Hinweispflicht deshalb entledigt war, weil - so die Behauptung des Architekten (vgl. Seite 9 seines Schriftsatzes vom 8. August 2008, Bl. 199 dA) - die Klägerin als professioneller Bauträger auf die Beratung gar nicht angewiesen war
    1.1.6.3.3.    Gegen eine schadensursächliche Pflichtverletzung des Architekten H. spricht außerdem:

    Obliegt dem Architekten die Rechnungsprüfung und ist ihm die Vereinbarung einer Vertragsstrafe bekannt ist oder muss sie ihm bekannt sein, gehört es zu seinen Beratungspflichten und Betreuungspflichten als Sachwalter des Bauherrn, zu überprüfen, ob ein Unternehmer eine für die Nichteinhaltung von Terminen wirksam vereinbarte Vertragsstrafe verwirkt hat, und gegebenenfalls dafür Sorge zu tragen, dass sich der Bauherr diese Vertragsstrafe bei der (förmlichen) Abnahme der Leistungen des Unternehmers oder bis zum Ablauf der Fristen aus § 12 Nr. 5 Abs. 1 und 2 VOB/B oder sonstiger für die Abnahme vereinbarter Fristen vorbehält (§ 341 Abs. 3 BGB) und der Bauherr in die Lage versetzt wird, die Vertragsstrafe von der Vergütung abzuziehen (BGH, Urteil vom 26. April 1979 - VII ZR 190/78 - BGHZ 74, 235, BauR 1979, 345, juris Rn. 15; KG Berlin, Teilurteil vom 28. August 2018 - 21 U 24/16 - BauR 2019, 131, juris Rn. 59 OLG Düsseldorf, Urteil vom 22. März 2002 - 5 U 31/01 - BauR 2002, 1420, juris Rn. 19).

    Mithin zielt diese Pflicht darauf ab, dem Bauherrn die Möglichkeit der Geltendmachung und Durchsetzung eines Vertragsstrafenanspruches zu erhalten, ihn insbesondere durch einen Vorbehalt 'bei der Abnahme' vor dem Erlöschen zu bewahren (§ 341 Abs. 3 BGB, § 11 Nr. 4 VOB/B) und von einer Schlusszahlung von der Vergütung abziehen zu können. Da es zu einer Abnahme der Bauleistungen der Firma H. und einer Schlussabrechnung/-zahlung nicht gekommen ist, oblag dem Architekten H. eine solche Pflicht hier nicht.

    Er war aber auch nicht etwa deshalb gehalten, bereits im Stadium der Abschlagszahlungen im Rahmen der Prüfung und Freigabe der Abschlagsrechnungen eine bis dahin verwirkte Vertragsstrafe in Abzug zu bringen und der Klägerin eine entsprechend reduzierte Abschlagszahlung zu empfehlen (zur Möglichkeit, bereits vor Abnahme der Werkleistung mit einer Vertragsstrafenforderung gegen eine Abschlagsforderung des Unternehmers aufzurechnen, siehe: BGH, Urteil vom 5. November 2015 - VII ZR 43/15 - BGHZ 207, 296, BauR 2016, 499, juris Rn. 32 f.), weil aus anderen Gründen andernfalls der Verlust des Vertragsstrafenanspruches drohte. Zum Zeitpunkt der Prüfung der letzten - der 10. - Abschlagsrechnung vom 1. April 2004 (Anlage B 1-5) über brutto 57.269,94 € und deren Ausgleich am 19. April 2004 stand noch eine die Vertragsstrafe in Höhe von 56.800,00 € weit übersteigende Restvergütung von 170.450,06 € (1.136.000,00 € ./. 965.549,94 €) aus und war das Vertragsverhältnis noch nicht beendet (nach eigenem Vortrag der Klägerin dauerte das Vertragsverhältnis bis zum 21. April 2004 - siehe hierzu den Klägerschriftsatz vom 28. Mai 2008, Seite 9, Bl. 115 dA). Dass zum Zeitpunkt der Freigabe der Abschlagsrechnung vom 1. April 2004 für den Architekten H. bereits feststand oder erkennbar war, dass die Firma H. keine weiteren Leistungen mehr erbringen wird und die Gefahr besteht, dass die Klägerin mit einer Vertragsstrafenforderung ausfällt, ist nicht ersichtlich.

    Hinzu kommt, dass die Vertragsstrafe dem Gläubiger nicht nur im Verletzungsfall die Möglichkeit einer erleichterten Schadloshaltung eröffnen soll, sondern auch die Zielrichtung hat, ihm ein Druckmittel verschaffen soll, das ihn in die Lage versetzt, den Schuldner zur ordnungsgemäßen Erbringung der versprochenen Leistung anzuhalten. Im Hinblick auf diese Funktion als Druckmittel soll der Schuldner grundsätzlich auch bei bereits verwirkter Vertragsstrafe die Aussicht behalten, dass der Gläubiger unter dem Eindruck der nachgeholten Erfüllung von seinem Recht, die Vertragsstrafe zu fordern, keinen Gebrauch macht. Diese dem Gläubiger dienende Funktion kann aber dann nicht mehr maßgeblich sein, wenn die Vertragsstrafe durch eine von ihm erklärte Aufrechnung bereits erloschen ist und er sich dadurch selbst seines Druckmittels begeben hat (BGH, Urteil vom 5. November 2015, a.a.O., juris Rn. 33).

    Es bleibt in diesem Stadium der Vertragsabwicklung allein dem Bauherrn überlassen, ob er mit einer ‒ wie hier - ihm bekannten Vertragsstrafenanspruch aufrechnet und sich daher dieses Druckmittels begibt und außerdem dadurch möglicherweise auch die weitere Vertragsdurchführung belastet oder gar gefährdet.

    Schließlich spricht in dieser Situation, die mehrere Optionen offenlässt und letztlich in der freien Entscheidung des Bauherrn liegt, auch keine Vermutung für ein beratungsgerechtes Verhalten des Bauherrn, sodass sich auch nicht feststellen ließe, wie sich die Klägerin bei einem Hinweis des Architekten H. auf die verwirkte Vertragsstrafe verhalten hätte.

    1.2.    Schadensersatz wegen Überzahlung der Firma B. (152.800,00 €)

    Der Klägerin steht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten wegen einer Verletzung der - unstreitig von dem Wechsel des Generalunternehmers unberührt gebliebenen - Bauüberwachungspflicht des Architekten H. und einer daraus resultierenden Überzahlung der - seit dem 26. Mai 2005 insolventen - Firma B. zu. Denn dem Architekten H. fällt insoweit weder eine Verletzung seiner vertraglichen Pflichten (nachfolgend 1.2.2.) noch eine unerlaubte Handlung (nachfolgend 1.2.3.) zur Last.

    1.2.1.    Die Klägerin hat im Laufe des Rechtsstreits unterschiedliche Schadensberechnungen angestellt. Zuletzt hat sie aber - wie sie in der mündlichen Verhandlung am 25. November 2019 nochmals klargestellt hat - ihre mit der Berufung weiterverfolgte Schadensersatzforderung in Höhe von 152.850,00 € wegen einer Überzahlung der Firma B. (in ihre Gesamtschadensaufstellung hat sie freilich nur einen Betrag von 152.800,00 € eingestellt) allein noch darauf gestützt, dass die in dem mit der Firma B. vereinbarten „Zahlungsplan“ genannten Fälligkeitsvoraussetzungen für die 2. bis 4. Rate in Höhe von zusammen 180.450,00 € nicht gegeben gewesen seien und diesen Zahlungen nur Werkleistungen der Firma B. im Wert von 27.600,00 € gegenübergestanden hätten.

    1.2.2.    Eine Schadensersatzhaftung des Architekten H. ergibt sich weder daraus, dass er es unterlassen hat, Abschlagsrechnungen der Firma B. überhaupt zu prüfen (nachfolgend 1.2.2.1.), noch daraus, dass er eine fehlerhafte Abnahmebescheinigung oder fehlerhafte Bautenstandsmitteilungen erteilt hat (nachfolgend 1.2.2.2.).

    1.2.2.1.    Unstreitig hat der Architekt H. weder eine Rechnungsprüfung durchgeführt noch Rechnungen der Firma B. zur Zahlung freigegeben. Dies rechtfertigt jedoch noch nicht den Vorwurf des pflichtwidrigen Verhaltens.

    1.2.2.1.1.    Entgegen der Ansicht der Klägerin hat ein mit der Bauüberwachung betrauter Architekt die Rechnungsprüfung nicht unabhängig davon durchzuführen, ob ihm Rechnungen zur Prüfung vorgelegt werden oder nicht. Denn es ist nicht Sache des zur Rechnungsprüfung verpflichteten Architekten, sich die für die Rechnungsprüfung notwendigen und richtigen Unterlagen zu besorgen.

    Vielmehr muss er nur die ihm vom Bauherrn tatsächlich übergebenen Rechnungsunterlagen darauf überprüfen, ob die Leistungen rechnerisch, vertragsgemäß und technisch einwandfrei erbracht sind (Locher/Koeble/Frik, a.a.O., § 34 Rn. 257). Will der Bauherr daher einen Schadensersatzanspruch gegen den Architekten wegen unterlassener Rechnungsprüfung geltend machen, obliegt es ihm, darzulegen und ggf. zu beweisen, dass dem Architekten die betreffenden Rechnungen auch tatsächlich zur Prüfung vorgelegt wurden.

    Dass die Firma B. Rechnungen gestellt hat, lässt sich mittelbar den von der Klägerin vorgelegten Kontoauszügen (Anlagen K 36 bis K 38) entnehmen ("RE 0107-2004, RE 0114-2004, RE 124-2004"). Ob dem Architekten H. - von der Klägerin - diese Rechnungen der Firma B. zur Prüfung vorgelegt wurden, ist aber gerade streitig. Insoweit kann sich die Klägerin aber, wie gesagt, nicht auf ein Bestreiten mit Nichtwissen zurückziehen. Einen Beweis für ihre Behauptung hat sie indes nicht angeboten, sodass sie beweisfällig geblieben ist.

    Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin in diesem Zusammenhang auch darauf, dass die Fälligkeitsvoraussetzungen bereits in dem GU-Vertrag vom 10./12. Mai 2004 festgelegt gewesen seien und es deshalb "auf die Vorlage der Rechnungen nicht ankommt" (Berufungsbegründungsschriftsatz vom 9. März 2018, Seite 19, Bl. 737 dA). Denn für eine haftungsbegründende Pflichtverletzung des Architekten H., der - unstreitig - selbst nicht mit dem Zahlungsverkehr befasst war, wäre es in jedem Fall erforderlich, dass er - nach Prüfung der jeweiligen Fälligkeitsvoraussetzungen, sei es allein anhand der einschlägigen Fälligkeitskriterien im Vertrag, sei es anhand einer Rechnung - Zahlungen freigegeben hätte. So verhielt es sich hier aber gerade nicht.

    [Soweit die Klägerin im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 2. Dezember 2019, Seite 2, unter Ziffer I., erstmals behauptet, sie habe „in 1. Instanz sämtliche Rechnungen der Firmen … B. vorgelegt“ und „die Rechnungen weisen den Prüfungsvermerk des Beklagten H. ‚sachlich geprüft‘ aus, obwohl die Rechnungen lediglich die Begründung für ‚erbrachte Leistungen‘ enthielt“, ist dies unzutreffend. Vom Architekten H. geprüfte und freigegebene Rechnungen hat die Klägerin weder in erster noch in der Berufungsinstanz vorgelegt, sondern lediglich als Anlagen K 36 bis K 38 Kontoauszüge, in denen als Verwendungszweck für die Zahlungen an die Firma B. Bezug genommen wird auf die "RE 0107-2004, RE 0114-2004, RE 124-2004"]

    Dem Architekten H. kann aber auch nicht angelastet werden, er habe es - pflichtwidrig - unterlassen, einzelne Ratenzahlungen der Klägerin wegen noch nicht vorliegender Fälligkeitsvoraussetzungen zu verhindern. Denn im GU-Vertrag vom 10./12. Mai 2004 sind keine festen Zahlungstermine vereinbart und in den Zahlungsverkehr war er nicht eingebunden, sodass ihm bevorstehende Überweisungen der Klägerin nicht bekannt waren und er diese nicht verhindern konnte.

    1.2.2.1.2.    Aber selbst wenn dem Architekten H. die drei vorgenannten Rechnungen der Firma B. zur Prüfung vorgelegen hätte und er diese fehlerhaft geprüft und zu Unrecht freigegeben hätte, würde ein darauf gestützter Schadensersatzanspruch, da es sich bei der Rechnungsprüfung um eine Hauptpflicht handelt, voraussetzen, dass er zuvor unter Fristsetzung - vergeblich - zur Nacherfüllung aufgefordert worden oder eine Fristsetzung entbehrlich gewesen wäre. (OLG Düsseldorf, Urteil vom 8. Januar 1973 - 5 U 79/70 - BauR 1973, 255; Werner/Pastor, a.a.O., Rn. 2027). Dass sie den Architekten H. vor den in Rede stehenden Überweisungen jemals aufgefordert gehabt habe, die von der Firma B. gelegten Rechnungen im Hinblick auf die jeweilige Fälligkeitsvoraussetzung zu prüfen, hat die Klägerin indes weder behauptet noch Umstände vorgetragen, aus denen sich die Entbehrlichkeit einer Fristsetzung ergeben würden.

    1.2.2.2.    Eine schadensursächliche Pflichtverletzung des Architekten H. lässt sich auch nicht daraus herleiten, dass er trotz fehlender Abnahmereife die Werkleistungen der Firma B. abgenommen (nachfolgend 1.2.2.2.1.) und/oder der Klägerin einen unrichtige Bautenstand bzw. unzutreffend die Baufertigstellung bescheinigt hat (nachfolgend 1.2.2.2.2.).

    1.2.2.2.1.    Die erste Abschlagszahlung über 70.000,00 € war laut vertraglichem Zahlungsplan „bei Arbeitsbeginn“, d.h. vor Erbringung irgendwelcher Leistungen, fällig und wurde am 26. Mai 2004 an die Firma B. überwiesen. Die Fälligkeit dieser Abschlagsforderung war mithin gerade nicht von einer Bautenstands- oder Fertigstellungsbescheinigung des Architekten H. abhängig oder konnte durch eine solche veranlasst sein, sodass insoweit - wie auch die Klägerin letztlich einräumt - jedwede Pflichtverletzung des Architekten H. von vorneherein ausscheidet.

    1.2.2.2.2.    Die zweite Abschlagszahlung, wiederum in Höhe von 70.000,00 €, war „bei Fertigstellung Gemeinschaftseigentum Gebäude innen und außen“ fällig und wurde am 11. Juni 2004 an die Firma B. überwiesen.

    Dass dieser Zahlung eine Bautenstandsbescheinigung des Architekten H. zugrunde gelegen oder es eine solche zu diesem Zeitpunkt überhaupt gegeben habe, hat die Klägerin nicht behauptet.

    Soweit sie in diesem Zusammenhang auf ein - eigenes - Protokoll vom 10. Juni 2004 über eine Baubesprechung am 9. Juni 2004 (Anlage K 27) verweist, ist nicht ersichtlich, was sie damit beweisen möchte. Denn in diesem Protokoll werden ‚lediglich‘ eine Vielzahl von Restarbeiten und noch zu behebende Mängel aufgelistet und ist festgehalten, dass „die Abnahme des Gemeinschaftseigentums im Juli erfolgen wird“. Eine Fertigstellung des „Gemeinschaftseigentums Gebäude innen und außen“ wird darin - vom Architekten H. - mitnichten attestiert. Ebenso wenig geht daraus auch nur ansatzweise hervor, dass der Architekt H. die Voraussetzungen für die Fälligkeit des 2. Abschlags für gegeben erachtet hätte.

    1.2.2.2.3.    Der dritte Abschlag von 30.450,00 € (Fälligkeit „bei Fertigstellung Außenanlagen“) und der vierte Abschlag von 80.000,00 € (Fälligkeit „bei Fertigstellung und Abnahme insgesamt sowie Übernahme Gewährleistung“) wurden an die Firma B. in einem Gesamtbetrag in Höhe von 110.450,00 € am 20. September 2004 gezahlt. Auch diese Zahlung ist nicht - jedenfalls nicht erweislich - durch eine Erklärung des Architekten H. veranlasst oder zumindest mit beeinflusst worden.

    (1)   Aus dem Abnahmeprotokoll vom 1. Juli 2004 (Anlage K 14), in dem die erfolgte Abnahme, die Fälligkeit der „Restwerklohnforderung“ sowie des „vereinbarten Gewährleistungseinbehalts“ festgestellt und ein Ausgleich des „offenen Werklohns i.H. 110.450,00 € sofort nach Rechnungslegung“ angekündigt wird, vermag die Klägerin nichts für sich gewinnen.

    Das Protokoll ist unstreitig nicht vom Architekten H. unterzeichnet. Dieser hat auch stets bestritten, an einer Abnahme teilgenommen und das Protokoll erstellt zu haben. bzw. für dessen Inhalt verantwortlich zu sein. Den ihr obliegenden Beweis, dass der Architekt H. die - technische oder rechtsgeschäftliche - Abnahme erklärt und die Restzahlung freigegeben hat, hat die Klägerin indes nicht angetreten.

    (2)   Ebenso wenig ist die Fertigstellungsanzeige des Architekten H. vom 22. Juli 2004 (Anlage K 26) geeignet, eine schadensursächliche Pflichtverletzung des Architekten H. im Hinblick auf die Überweisung vom 20. September 2004 zu begründen.

    Dagegen spricht bereits, dass schon in dem - dem Beklagten, wie gesagt, nach Aktenlage nicht zurechenbaren - Abnahmeprotokoll vom 1. Juli 2004 der frühere Geschäftsführer der Klägerin, R., und die Firma B. übereinstimmend die Fälligkeit der beiden letzten Abschlagsforderungen bestätigt haben und übereinkamen, dass diese sofort nach Rechnungslegung gezahlt werden und erst danach - insoweit, ohne erkennbaren Grund und Not, in Abweichung vom GU-Vertrag ‒ die „vertraglich vereinbarte Gewährleistungsbürgschaft auszuhändigen“ ist. Mithin hatte die Klägerin bzw. deren ehemaliger Geschäftsführer zu diesem Zeitpunkt bereits den Entschluss gefasst, ohne weitere Voraussetzung oder Nachweise die restliche Vergütung in voller Höhe an die Firma B. zu zahlen und sich obendrein eines Sicherungsmittels zu begeben. Es ist daher nicht erkennbar, dass die anschließende Fertigstellungsbescheinigung auf diesen Entschluss noch eine Auswirkung gehabt haben kann.

    Davon abgesehen hat der Architekt H. in seinem Schreiben vom 16. August 2004 (Anlage K 28), also über einen Monat vor der Zahlung der restlichen Vergütung, die Klägerin ausdrücklich auf noch ausstehende Restarbeiten und zahlreiche Baumängel, so u.a. auch auf die fehlende „Funktionalität der Balkonentwässerung“, hingewiesen. Ob die Klägerin dem danach mit der Zahlung verbundenen (Ausfall-)Risiko dadurch Rechnung tragen wollte, dass sie die Überweisung vom 20. September .2004 unter den "Vorbehalt der Rückforderung" stellte (siehe den Buchungstext der Überweisung im Kontoauszug Nr. 26 - Anlage K 38), liegt nahe, kann letztlich aber auch auf sich beruhen. Jedenfalls geht es mit der Klägerin heim, wenn sie in dieser Situation gleichwohl die beiden letzten Abschläge ungeschmälert ausgleicht und nicht von ihrem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch macht und die Zahlung - ganz oder teilweise - verweigert.

    1.2.3.    Die in erster Instanz anfänglich noch aufgestellte Behauptung eines kollusiven Zusammenwirkens des Architekten H. und des früheren Geschäftsführers der Klägerin, R., mit der sie einen deliktischen Anspruch gegen den Architekten H. wegen einer gemeinschaftlichen Untreuehandlung (§§ 823 Abs. 2 BGB, § 266 StGB) bzw. Beihilfe dazu oder wegen vorsätzlich sittenwidriger Schädigung (§ 826 BGB) zu begründen suchte, hat die Klägerin spätestens im Berufungsverfahren offensichtlich nicht mehr weiterverfolgt. Davon abgesehen würde es für einen solchen Tatvorwurf auch an ausreichenden Anhaltspunkte bzw. deren - der Klägerin obliegenden - Nachweis fehlen.

    1.3.    Schadensersatz wegen fehlerhafter Bauüberwachung (Baumängel)

    Die Klägerin kann vom Beklagten über den ihr erstinstanzlich zuerkannten Betrag von 41.596,64 € nebst Zinsen hinaus keinen weiteren Schadensersatz wegen Verletzung der Bauüberwachungspflicht durch den Architekten H. im Hinblick auf die behaupteten Baumängel verlangen.

    Der mit der Berufung - bezüglich der Baumängel, die Gegenstand der gutachterlichen Stellungnahme des Privatsachverständigen Dipl.-Ing. W. vom 24. November 2006 sind - weiterverfolgten Schadensersatzforderung in Höhe von 48.403,36 € (90.000,00 € ./. 41.596,64 €) kann der Beklagte den Einwand der Vorteilsausgleichung, § 242 BGB (nachfolgend 1.3.2.), und einem - etwaigen - darüberhinausgehenden Schadensersatzanspruch der Klägerin jedenfalls die Verjährungseinrede, § 214 Abs. 1 BGB (nachfolgend 1.3.3.), entgegenhalten.

    1.3.1.    Die Klägerin beziffert nunmehr ihren im Wege des Schadensersatzes geltend gemachten „fiktiven Kostenaufwand für die Mängelbeseitigung“ auf insgesamt (brutto) 271.208,74 €, wovon sie - erstrangig - nur einen Teilbetrag von 130.745,45 € ihrer Teilklageforderung zugrundelegt [ohne aber zu sagen, auf welche konkreten Bauüberwachungspflichtverletzungen sich dieser Teil des Anspruchs beziehen soll]. Nachdem sie jedoch mit ihren vorrangig geltend gemachten Schadensersatzforderungen wegen Überzahlung der Firma H. und der Firma B. nicht durchzudringen vermag, ist der Eventualfall eingetreten und der gesamte „Schadensersatzanspruch wegen Baumängeln“ zu prüfen.

    1.3.2.    Schadensersatzanspruch auf der Grundlage der gutachterlichen Stellungnahme des Privatsachverständigen Dipl.-Ing. W. (53.183,22 €)

    Die Klägerin kann - über den vom Landgericht rechtskäftig zuerkannten Teilbetrag von 36.816,78 € hinaus - keinen Schadensersatzanspruch (mehr) gegen den Beklagten in Höhe von 53.183,22 € (90.000,00 € ./. 36.816,78 €) wegen der in der gutachterlichen Stellungnahme des Sachverständigen Dipl.-Ing. W. vom 24. November 2006 dokumentierten Mängel geltend machen.

    1.3.2.1.    Hat der Architekt die von ihm geschuldeten Planungs- oder Überwachungsleistungen mangelhaft erbracht und hat der Besteller deswegen das bei einem Dritten in Auftrag gegebene Bauwerk nicht so erhalten wie als Ziel der vom Architekten geschuldeten Mitwirkung vereinbart, ist das hierdurch geschützte Interesse des Auftraggebers an einer entsprechenden Entstehung des Bauwerks verletzt. Der Schaden des Bestellers besteht darin, dass er im Ergebnis ein Bauwerk erhält, das hinter dem im Architektenvertrag als Ziel vereinbarten Bauwerk zurückbleibt. Für den sich daraus ergebenden Vermögensnachteil hat der Architekt Schadensersatz in Geld zu leisten. Nach § 249 Abs. 1 BGB muss der Architekt den Zustand herstellen, der bestehen würde, wenn er nicht mangelhaft geleistet hätte.

    Hätte der Architekt die von ihm geschuldeten Architektenleistungen mangelfrei erbracht, wäre es dem Auftraggeber möglich gewesen, das Bauwerk wie gewünscht, insbesondere ohne Mängel, durch den Bauunternehmer entstehen zu lassen. Der Architekt hat dem Besteller als Schadensersatz daher die Mittel zur Verfügung zu stellen, die dieser zur Kompensation des verletzten Interesses benötigt. Dem Auftraggeber steht es in diesem Zusammenhang frei, ob er eine Beseitigung der infolge des Mangels der Architektenleistung am Bauwerk eingetretenen Mängel veranlassen oder Schadensersatz in Höhe des durch die mangelhafte Leistung des Architekten bedingten Minderwerts des Bauwerks verlangen will (BGH, Urteil vom 22. Februar 2018 - VII ZR 46/17 - BGHZ 218, 1, juris Rn. 59; BGH, Urteil vom 16. Februar 2017 - VII ZR 242/13 - BauR 2017, 1061, juris Rn. 24).

    1.3.2.2.    Auf den vorliegenden Fall eines vor dem 31. Dezember 2001 abgeschlossenen Architektenvertrages ist die vom 7. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs - unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung - im Rahmen des zum 1. Januar 2001 in Kraft getretenen Schuldrechts erfolgte Neugestaltung und Harmonisierung des Schadensersatzrechts nicht anzuwenden (BGH, Urteil vom 27. September 2018 - VII ZR 45/17 - BauR 2019, 246, juris Rn. 73; OLG Düsseldorf, Urteil vom 26. März 2019 - 23 U 102/18 - BauR 2019, 1482, juris Rn. 18).

    1.3.2.2.1.    Vielmehr verbleibt es - auch im Falle von Architektenfehlern, die sich bereits im Bauwerk verwirklicht haben - dabei, dass dem Besteller, der das (Bau-)Werk behält und den Mangel des Bauwerks nicht beseitigen lässt, zwei Möglichkeiten zur Verfügung stehen, seinen Vermögensschaden zu bemessen (Kleiner Schadensersatz - siehe hierzu BGH, Urteil vom 22. Februar 2018, a.a.O., juris Rn. 26 ff.).

    Zum einen kann er seinen Schaden im Wege einer Vermögensbilanz anhand der Differenz zwischen dem hypothetischen Wert der durch das Werk geschaffenen oder bearbeiteten, im Eigentum des Bestellers stehenden Sache ohne Mangel einerseits und dem tatsächlichen Wert der Sache mit Mangel andererseits ermitteln oder im Falle der Veräußerung der durch das Werk geschaffenen oder bearbeiteten Sache, ohne dass eine Mängelbeseitigung vorgenommen wurde, nach dem konkreten Mindererlös wegen des Mangels der Sache bzw. einem den konkreten Mindererlös übersteigenden Minderwert.

    Zum anderen kann er Schadensersatz auch in Höhe der fiktiven Mängelbeseitigungskosten verlangen, auch wenn diese den Minderwert im Vermögen des Bestellers übersteigen.

    1.3.2.2.2.    Schuldet der Besteller die Herstellung des - mangelfreien - Bauwerkes seinerseits einem Dritten (Leistungskette) und wird er wegen eines Mangels von dem Dritten auf Mangelbeseitigung, Ersatz von Selbstvornahmekosten bzw. Kostenvorschuss, Schadensersatz oder Minderung in Anspruch genommen, kann er gegenüber seinem Auftragnehmer (Architekt) Schadensersatz außerdem im Umfang der von ihm an den Dritten bereits erbrachten Leistungen bzw. in Form der Befreiung von seiner Verbindlichkeit gegenüber dem Dritten verlangen.

    1.3.2.3.    Die Klägerin hat die in der gutachterlichen Stellungnahme des Sachverständigen Dipl.-Ing. W. vom 24. November 2006 dokumentierten Mängel selbst nicht beseitigen lassen. Vielmehr hat die WEG die Durchführung von Mängelbeseitigungsarbeiten auf ihre Kosten veranlasst.

    1.3.2.3.1.    Ihren Schaden hat die Klägerin weder anhand eines Vergleichs des hypothetischen Wertes eines mängelfrei sanierten Wohn- und Geschäftsgebäudes samt Tiefgarage und dessen tatsächlichen Wertes mit Mängeln noch anhand eines aufgrund der Mängel erzielten Mindererlöses beim Verkauf der Wohneinheiten ermittelt (ungeachtet dessen könnte sie aber auch in diesem Fall aus den nachgenannten Gründen keinen Schadensersatz verlangen).

    1.3.2.3.2.    Außerdem hat sie einen Schadensersatzanspruch nicht daraus hergeleitet, dass sie irgendwelche Kompensationsleistungen an die WEG wegen der in der gutachterlichen Stellungnahme des Sachverständigen Dipl.-Ing. W. vom 24. November 2006 dokumentierten Mängel erbracht habe, oder die Befreiung von einer gegenüber der WEG bestehenden Verbindlichkeit begehrt.

    1.3.2.3.3.    Ein Ersatz fiktiver Mängelbeseitigungskosten ist der Klägerin jedenfalls nach dem auf dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) beruhenden Gesichtspunkt der Vorteilsausgleichung verwehrt, nachdem die gegen sie - zunächst auf Kostenvorschuss und anschließend nach Durchführung der Arbeiten auf Ersatz von Selbstvornahmekosten in Höhe von 90.035,00 € - gerichtete Klage der WEG wegen der im Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. W. vom 24. November 2006 dokumentierten Mängel mit Urteil des Senats vom 28. April 2016 - Az.: 10 U 339/12 - in vollem Umfang rechtskräftig abgewiesen worden ist und damit feststeht, dass die Klägerin selbst wegen dieser Mängel nicht mehr in Anspruch genommen werden kann.

    (1)  Durch die Vorteilsausgleichung soll ein gerechter Ausgleich zwischen den bei einem Schadensfall widerstreitenden Interessen herbeigeführt werden. Der Geschädigte darf nicht besser gestellt werden, als er ohne das schädigende Ereignis stünde. Andererseits sind nicht alle durch das Schadensereignis bedingten Vorteile auf den Schadensersatzanspruch anzurechnen, sondern nur solche, deren Anrechnung mit dem jeweiligen Zweck des Ersatzanspruchs übereinstimmt, das heißt, dem Geschädigten zumutbar ist und den Schädiger nicht unangemessen entlastet. Vor- und Nachteile müssen bei wertender Betrachtungsweise gleichsam zu einer Rechnungseinheit verbunden sein (BGH, Urteil vom 10. Juli 2008 - VII ZR 16/07 - BauR 2008, 1877, juris Rn. 20; BGH, Urteile vom 28. Juni 2007 - VII ZR 81/06 - BauR 2007, 1564, und VII ZR 8/06, BauR 2007, 1567).

    (2)  Anerkannt ist in der Rechtsprechung, dass der Rechtsgedanke der Vorteilsausgleichung herangezogen werden kann, wenn feststeht, dass derjenige, der Schadensersatz wegen eines Mangels gegen seinen nachgeschalteten Vertragspartner geltend macht, seinerseits nicht mehr wegen dieses Mangels von einem vorgeschalteten Vertragspartner in Anspruch genommen werden kann. Denn könnte er in diesem Fall gleichwohl als Schadensersatz die Mängelbeseitigungskosten vom Nachunternehmer fordern, würden ihm dadurch ungerechtfertigte, ihn bereichernde Vorteile zufließen.

    Wirtschaftlich betrachtet ist der Hauptunternehmer lediglich Zwischenstation innerhalb der mehrgliedrigen werkvertraglichen Leistungskette von dem Nachunternehmer über den Hauptunternehmer bis zum Bauherrn/Besteller/Enderwerber. Ein Nachunternehmer erbringt seine Leistung regelmäßig am Bauvorhaben des Bauherrn. Diesem kommt im wirtschaftlichen Ergebnis die Leistung zugute, er ist von dem Mangel des Werks des Nachunternehmers betroffen. Ein zwischengeschalteter Hauptunternehmer dagegen wird mit der Mangelfrage nur wegen der besonderen durch die Leistungskette gekennzeichneten Vertragsgestaltung befasst, da zwischen dem Nachunternehmer und dem Bauherrn keine vertraglichen Beziehungen bestehen. Auch im Gewährleistungsfall ist er nur Zwischenstation.

    Die finanzielle Einbuße, die er durch den vom Nachunternehmer verursachten Mangel erleidet, richtet sich wirtschaftlich gesehen danach, in welchem Umfang er von seinem Auftraggeber in Anspruch genommen wird. Jedenfalls dann, wenn feststeht, dass der Hauptunternehmer keine wirtschaftlichen Nachteile durch den Mangel erleidet, ist es mit § 249 Abs. 1 BGB nicht vereinbar, dem Hauptunternehmer zu seiner beliebigen Verfügung den Betrag zur Verfügung zu stellen, der für die Mängelbeseitigung notwendig ist. Anders als bei der Zuerkennung dieses Betrages als Vorschuss auf die Mängelbeseitigungskosten wäre nicht sichergestellt, dass der zuerkannte Betrag in Höhe der Mängelbeseitigungskosten tatsächlich zur Mängelbeseitigung verwendet würde (BGH, Versäumnisurteil vom 1. August 2013 - VII ZR 75/11 - BGHZ 198, 150, BauR 2013, 1855, juris Rn. 22 ff.; BGH, Urteil vom 28. Juni 2007, a.a.O., juris Rn. 20 ff.; BGH, Urteil vom 28. Januar 2016 - VII ZR 266/14 - BGHZ 208, 372, BauR 2016, 855, juris Rn. 35).

    Diese Grundsätze kommen nicht nur in einer Leistungskette „Bauherr - Hauptunternehmer - Subunternehmer“ zum Tragen, sondern auch dann, wenn ein Bauträger Mängelansprüche gegen einen von ihm beauftragten Werkunternehmer geltend macht, er selbst aber gegenüber den Erwerbern nicht (mehr) leistungspflichtig ist (BGH, Urteil vom 10. Juli 2008, a.a.O., juris Rn. 21; OLG Nürnberg, Urteil vom 13. Januar 2016 - 2 U 609/15 - juris Rn. 24, Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen durch Beschluss des BGH vom 26. September 2018 - VII ZR 36/16).

    Nichts anderes hat zu gelten, wenn - wie im vorliegenden Fall - der Bauträger nicht einen von ihm mit Bauleistungen beauftragten Werkunternehmer wegen Baumängeln in Anspruch nimmt, sondern aufgrund von Baumängeln einen von ihm zur Bauüberwachung eingeschalteten Architekten wegen Verletzung der - baubegleitenden - Bauüberwachung. Dieser ist zwar nur mittelbar in die Leistungskette „Erwerber - Bauträger - Bauunternehmer“ eingeschaltet. In Hinblick auf den auch in diesem Fall der Vorteilsausgleichung zugrundeliegenden Rechtsgedanken, dass dem Bauträger kein ungerechtfertigter, ihn bereichernder Vorteil zufließen soll, macht es jedoch keinen Unterschied, ob dieser aus der mangelhaften Erbringung der Bauleistung selbst oder aus der fehlerhaften Erbringung der - auf die Verhinderung von Baumängeln ausgerichteten - Bauaufsicht durch den damit betrauten Architekten resultiert. Eine Haftung des Architekten wegen Verletzung der Bauaufsichtspflicht ist ohne einen dieser zugrundeliegenden Baumangel nicht denkbar. Bauunternehmer und überwachungspflichtiger Architekt haften dem Auftraggeber auf dasselbe wirtschaftliche Interesse als Gesamtschuldner. Würde man daher in dem Fall, dass der Bauträger von den Erwerbern nicht mehr wegen Baumängeln in Anspruch genommen werden kann, die beiden Haftungsverhältnisse unter dem Aspekt der Vorteilsausgleichung unterschiedlich behandeln, würde dies zu einem - durch nichts gerechtfertigten - Wertungswiderspruch führen.

    1.3.2.3.4.    Soweit der Klägervertreter im - nicht nachgelassenen - Schriftsatz vom 3. Dezember 2019 zu bedenken gibt, dass erst seit Eintritt der Rechtskraft des Urteils des Senats vom 28. April 2016 feststehe, dass die Klägerin nicht mehr auf Schadensersatz wegen Mängel durch die WEG in Anspruch genommen werden könne, und damit „ein irgendwie gearteter kausaler Zusammenhang mit dem durch die Bauüberwachungspflichtverletzung 2004 entstandenen Vermögensschaden nicht im Entferntesten erkennbar“ sei, ist dieser Einwand unbehelflich. Es liegt gerade in der Natur der Sache, dass in Fällen wie dem vorliegenden der Umstand, der den Einwand der Vorteilsausgleichung begründet, erst dann eintritt, wenn feststeht, dass der Bauträger von den Erwerbern - sei es, wie hier, nach rechtskräftiger Abweisung einer Klage wegen Baumängeln oder wegen Verjährung von Sachmängelansprüchen - nicht mehr mit Erfolg in Anspruch genommen werden kann.

    In diesem Zusammenhang ist auch der im - nicht nachgelassenen - Klägerschriftsatz vom 2. Dezember 2019 monierte Hinweis des Vorsitzenden in der mündlichen Verhandlung am 25. November 2019 zu sehen:

    Der durch die rechtskräftige Abweisung der Klage der WEG gegen die Klägerin entstandenen neue Sach- und Rechtslage hätte die Klägerin - so sie überhaupt das Vorliegen eines Falles der Vorteilsausgleichung in Erwägung gezogen hätte - durch die Erklärung der (Teil-)Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache Rechnung tragen können. Eine Beratung über das prozessual geschickteste Vorgehen ist aber nicht Aufgabe des Gerichts.

    1.3.3.    Weitergehende Schadensersatzforderung (hinsichtlich der nicht vom Gutachten des Privatsachverständigen Dipl.-Ing. W. umfassten Baumängel - 150.463,29 €)

    Die Klägerin kann, wie das Landgericht im Ergebnis zu Recht angenommen hat, von vorneherein einen - etwaigen - Schadensersatzanspruch, der über den in dem Gutachten des Privatsachverständigen Dipl.-Ing. W. vom 24. November 2006 (Anlage K 15) veranschlagten und ursprünglich eingeklagten Betrag von 90.000,00 € für die in dem Gutachten festgestellten Baumängel hinausgeht, nicht mehr durchsetzen, nachdem insoweit die Beklagtenseite gegenüber weitergehenden Forderungen der Klägerin wirksam die Einrede der Verjährung erhoben hat (§ 214 Abs. 1 BGB).

    1.3.3.1.    Gemäß § 634a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 BGB - der gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB auch auf Schadensersatzansprüche nach § 635 BGB a.F. anzuwenden ist, die wie hier, erst nach dem 31. Dezember 2001 entstanden sind (siehe BGH, Urteil vom 19. Januar 2015 - VIII ZR 114/04 - BGHZ 162, 30, juris Rn. 17; BGH, Versäumnisurteil vom 6. Dezember 2007 - III ZR 146/07 - NJW-RR 2008, 459, juris Rn. 12) - verjährt der Schadensersatzanspruch in fünf Jahren nach Abnahme der Architektenleistung. Gleiches gilt, wenn der Besteller das Werk zwar nicht abgenommen hat, er aber gleichwohl keine Erfüllung des Vertrages mehr verlangt oder das vertragliche Erfüllungsverhältnis aus anderen Gründen in ein Abwicklungs- und Abrechnungsverhältnis umgewandelt wird (BGH, Urteil vom 24. Februar 2011 - VII ZR 61/10 - NJW 2011, 1124, juris Rn. 16 f.).

    1.3.3.2.    Das Landgericht ist von einem Beginn der Verjährung „im Juli 2004“ ausgegangen, da zu diesem Zeitpunkt „die Leistungen des Architekten beendet und abgenommen“ gewesen seien.

    Gegen diese - freilich zweifelhafte - Annahme erinnert die Klägerin in ihrer Berufung zwar nichts. Allerdings hat der - für die Voraussetzungen der Verjährung darlegungs- und beweisbelastete - Beklagte selbst die Ansicht vertreten, dass alle über den Betrag von brutto 90.000,00 € hinausgehenden Ansprüche aus - behaupteter - Bauüberwachungspflichtverletzung erst mit Ablauf des 21. Dezember 2012 verjährt seien, da „sich das Vertragsverhältnis seit dem Mahnbescheidsantrag vom 21. Dezember 2007 in einem Abwicklungs- und Abrechnungsverhältnis befindet, sodass mit Ablauf des 21. Dezember 2012 wegen aller Sachverhalte, die nicht innerhalb der Verjährungsfrist von 5 Jahren streitgegenständlich wurden, Verjährung eingetreten ist“.

    Letztlich kann aber auf sich beruhen, ob die Verjährung „im Juli 2004“ oder am 21. Dezember 2007 begonnen hat. Denn selbst wenn man von dem späteren Verjährungsbeginn am 21. Dezember 2007 ausgeht, wären alle über 90.000,00 € hinausgehenden Ansprüche - mit Ablauf des 21. Dezember 2012 - verjährt. Hierzu im Einzelnen:

    1.3.3.2.1.    Nicht zu beanstanden ist die Ansicht des Beklagten, dass spätestens mit der Geltendmachung eines Schadensersatzanspruches im Mahnverfahren Erfüllungsansprüche (§ 631 BGB a.F.) bzw. Mangelbeseitigungsansprüche (§ 633 Abs. 2 BGB a.F.) erloschen sind und das Erfüllungsverhältnis in ein Abrechnungs- und Abwicklungsverhältnis umgewandelt wurde (siehe hierzu Palandt/Sprau, BGB, 60. Aufl., Vorbemerkung vor § 633 Rn. 3 ff. m.w.N.) mit der Folge, dass - spätestens - ab diesem Zeitpunkt die Verjährung beginnt.

    1.3.3.2.2.    Entgegen der Auffassung der Klägerin bewirkte die Zustellung des Mahnbescheids des Amtsgerichts Uelzen vom 14. Januar 2008 an den Architekten H. am 18. Januar 2008 bzw. - im Wege der Vorwirkung (§ 167 ZPO) - bereits der Eingang des Mahnantrags beim Amtsgericht Uelzen am 21. Dezember 2007 oder die Zustellung der Anspruchsbegründung nicht, dass die Verjährung hinsichtlich aller aus einer Bauüberwachungspflichtverletzung resultierender Schadensersatzansprüche gehemmt ist (§ 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB).

    (1)  Der Mahnantrag vom 21. Dezember 2007 bzw. der Mahnbescheid vom 14. Januar 2008 konnte schon keine verjährungshemmende Wirkung entfalten, da die unter Ziffer I. 9) geltend gemachte Hauptforderung von 90.000,000 € wegen "Schadensersatz aus Werk-Vertrag gem. Architektenvertr vom 16.06.01" nicht hinreichend individualisiert ist (§ 690 Abs.1 Nr. 3 ZPO).

    Zur ausreichenden Bezeichnung des Anspruchs i.S.v. § 690 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ist es erforderlich, dass er durch seine Kennzeichnung von anderen Ansprüchen so unterschieden und abgegrenzt wird, dass er Grundlage eines der materiellen Rechtskraft fähigen Vollstreckungstitels sein kann und dem Schuldner die Beurteilung ermöglicht, ob er sich gegen den Anspruch zur Wehr setzen will. Wann diese Anforderungen erfüllt sind, kann nicht allgemein und abstrakt festgelegt werden; vielmehr hängen Art und Umfang der erforderlichen Angaben im Einzelfall von dem zwischen den Parteien bestehenden Rechtsverhältnis und der Art des Anspruchs ab. Voraussetzung für die verjährungshemmende Wirkung ist allerdings nicht, dass aus dem Mahnbescheid für einen außenstehenden Dritten ersichtlich ist, welche konkreten Ansprüche mit dem Mahnbescheid geltend gemacht werden; es reicht aus, dass dies für den Antragsgegner erkennbar ist. So kann im Mahnbescheid zur Bezeichnung des geltend gemachten Anspruchs auf Rechnungen oder andere Unterlagen Bezug genommen werden; wenn ein solches Schriftstück dem Antragsgegner bereits bekannt ist, braucht es dem Mahnbescheid nicht in Abschrift beigefügt zu werden. Den in § 690 Abs. 1 Nr. 3 ZPO aufgestellten Anforderungen an eine Individualisierung des im Mahnbescheid bezeichneten Anspruchs kann aber unter bestimmten Umständen auch dann genügt sein, wenn zwar eine im Mahnbescheid in Bezug genommene Anlage weder diesem beigefügt noch dem Schuldner zuvor zugänglich gemacht worden ist, jedoch die übrigen Angaben im Mahnbescheid eine Kennzeichnung des Anspruchs ermöglichen (ständige Rechtsprechung; vgl. statt Vieler: BGH, Urteil vom 17. November 2010 - VIII ZR 211/09 - NJW 2011, 613, juris Rn. 9 ff. BGH, Urteil vom 25. März 2015 - VIII ZR 243/13 - BGHZ 204, 325, NJW 2015, 3228, juris Rn. 64).

    Diesen Anforderungen genügt der Mahnbescheid bzw. der Mahnantrag nicht, da daraus für den Architekten H. mangels irgendwelcher näherer Angaben zu einem schadensersatzbegründenden Fehlverhalten (Verletzung welcher Pflicht aus dem Architektenvertrag vom 13. Juni 2001 ?) oder der Bezugnahme auf ein dem Antragsgegner bekannten Schriftstück - hier etwa das Gutachten des Privatsachverständigen Dipl.-Ing. W. - in keiner Weise ersichtlich war, aus welchem Grund er auf Zahlung des einzelnen Hauptsachebetrages von 90.000,00 € in Anspruch genommen werden soll.

    (2)  Die erforderliche Individualisierung des Schadensersatzanspruches i.H.v. 90.000,00 € erfolgte zwar anschließend in der Anspruchsbegründung vom 12. März 2008 durch die Bezugnahme auf das als Anlage K 15 beigefügte Gutachten des Privatsachverständigen Dipl.-Ing. W., sodass mit Einreichung der Anspruchsbegründung - am 12. März 2008 - Verjährungshemmung eintrat (vgl. zur ex nunc-Wirkung der nachträglichen Individualisierung des Klageanspruchs in Bezug auf die Verjährung, und zwar auch dann, wenn der Mahnbescheid trotz fehlender Individualisierung erlassen worden ist: BGH, Urteil vom 21. Oktober 2008 - XI ZR 466/07 - NJW 2009, 56, juris Rn. 20; Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 8. Dezember 2010 - 3 U 145/09 - juris Rn. 96 Schmidt-Räntsch in: Erman, BGB, 15. Aufl. 2017, § 204 BGB, Rn. 13 m. zahlreichen weiteren Rspr.-Nachweisen).

    Die Hemmungswirkung einer Klage bzw. eines Mahnbescheids bezieht sich aber, anders als die Klägerin meint, immer nur auf die Gewährleistungsansprüche wegen des geltend gemachten bestimmten Mangels, nicht auch auf Gewährleistungsansprüche wegen anderer Mängel oder auf alle denkbaren Gewährleistungsansprüche schlechthin. Es ist deshalb notwendig, dass sich aus einem Mahnbescheid entnehmen lässt, wegen welcher Mängel ein Anspruch geltend gemacht wird. Werden mehrere Mängel geltend gemacht, muss deutlich werden, in welcher Höhe die Ansprüche wegen der einzelnen Mängel jeweils erhoben werden (BGH, Urteil vom 12. April 2007 - VII ZR 236/05 - BGHZ 172, 42, BauR 2007, 1221, juris Rn. 45; BGH, Urteil vom 18. März 1976 - VII ZR 35/75 - BGHZ 66, 142, BauR 1976, 202; BGH, Urteil vom 18. Juni 2015 - III ZR 198/14 - BGHZ 206, 41, NJW 2015, 2407, juris Rn. 17 m.w.N.; BGH, Urteil vom 5. Mai 1988 - VII ZR 119/87 - BGHZ 104, 268, BauR 1988, 469, juris Rn. 19 OLG München, Beschluss vom 29. September 2014 - 28 U 1200/14 - juris Rn. 27). Nichts anderes gilt für den Fall, dass - wie hier - der Bauherr Schadensersatzansprüche gegen den Architekten wegen der Verletzung der Bauüberwachungspflicht hinsichtlich verschiedener Mängel geltend macht. Denn eine Verletzung der Bauüberwachungspflicht ist untrennbar mit einem bestimmten, konkreten Baumangel verknüpft, dessen Entstehen durch die Bauüberwachung gerade verhindert werden soll. Nur in Bezug auf einen konkreten Baumangel kann insbesondere auch beurteilt werden, ob er sich auf ein für den Architekten überwachungspflichtiges Gewerk bzw. einen überwachungspflichtigen Arbeitsschritt (oder etwa eine handwerkliche Selbstverständlichkeit) bezieht, der Architekt im erforderlichen Umfang seiner Überwachungspflicht nachgekommen ist und ob der Baumangel durch eine ordnungsgemäße Bauüberwachung hätte vermieden werden können (siehe in diesem Zusammenhang auch BGH, Urteil vom 24. Januar 2008 - VII ZR 46/07 - BauR 2008, 869, juris Rn. 19: unterschiedliche Lebenssachverhalte bei Pflichtverletzungen wegen fehlerhafter Entwurfsplanung, mangelhafter Bauüberwachung und unzureichender Mängelüberprüfung).

    1.3.3.2.3.    Die Anspruchsbegründung konnte demnach nur die Verjährung solcher Schadensersatzansprüche wegen einer Bauüberwachungspflichtverletzung des Architekten H. hemmen, welche sich auf diejenigen Baumängel gründen, die Gegenstand der gutachterlichen Stellungnahme des Privatsachverständigen Dipl.-Ing. W. vom 24. November 2006 sind.

    Damit wurden alle in diesem Gutachten aufgelisteten Baumängel und daraus zugleich resultierende Mängel des Architektenwerks zum (Streit-) Gegenstand des Rechtsstreits gemacht, wobei es grundsätzlich ausgereicht hat, dass die Klägerin den geltend gemachten Schaden beschreibt, ihn dem Werk des Architekten zuordnet und sich auf die vorgerichtliche Begutachtung durch den Privatsachverständigen und die dort aufgelisteten Mängel beruft (BGH, Urteil vom 24. Januar 2008 - VII ZR 46/07 - BauR 2008, 869, juris Rn. 16).

    Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 22. Februar 2018 - VII ZR 46/17 (bestätigt durch Urteil vom 21. Juni 2018 - VII ZR 173/16 - BauR 2018, 1725, juris Rn. 14 Urteil vom 8. November 2018 - VII ZR 100/16 - BauR 2019, 536, juris Rn. 15 Urteil vom 6. Dezember 2018 - VII ZR 71/15 - BauR 2019, 668, juris Rn. 18), wonach auch im Verhältnis zum Architekten hinsichtlich der von ihm zu vertretenden Planungs- oder Überwachungsfehler, die sich im Bauwerk bereits verwirklicht haben, ein Zahlungsanspruch in Höhe der fiktiven Mängelbeseitigungskosten betreffend das Bauwerk ausscheidet und ein Besteller, der die Baumängel beseitigen lassen will, die Nachteile und Risiken einer Vorfinanzierung der Arbeiten am Bauwerk auf den Architekten im Rahmen des Schadensersatzanspruchs gemäß § 634 Nr. 4, § 280 BGB in Form der vorherigen Zahlung eines zweckgebundenen und abzurechnenden Betrags abwälzen kann.

    Zwar hat das Brandenburgische Oberlandesgericht im Anschluss an diese Rechtsprechung entschieden (Urteil vom 23. Januar 2019 - 4 U 59/15 - juris Rn. 145 ff.), dass die Erhebung einer Klage auf Zahlung eines zweckgebundenen und abzurechnenden Betrages für die Vorfinanzierungskosten hinsichtlich der Hemmung der Verjährung wie eine Klage auf einen Vorschuss auf die Selbstvornahmekosten (§ 637 Abs. 1 BGB, § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B) zu behandeln sei, deren Hemmungswirkung sich nach ständiger Rechtsprechung (vgl. BGH, Urteil vom 25. September 2008 - VII ZR 204/07- BauR 2008, 2041, juris Rn. 7) nicht auf den eingeklagten Betrag beschränke, sondern sich auch auf spätere Erhöhungen erstrecke, gleichviel, worauf sie zurückzuführen sind, sofern sie nur denselben Mangel betreffen.

    Die mit dem Urteil vom 22. Februar 2018 geänderte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist jedoch, wie bereits erwähnt (siehe vorstehende Ziffer II.1.3.2.2.), auf vor dem 1. Januar 2002 geschlossene Verträge, wie hier den vorliegenden Architektenvertrag vom 13. Juni 2001, nicht anzuwenden (BGH, Urteil vom 27. September 2018 - VII ZR 45/17 - BauR 2019, 246); für diese ‚Altverträge‘ bleibt es bei (der Möglichkeit) der Schadensberechnung auf der Grundlage fiktiver (Netto-) Mangelbeseitigungskosten.

    1.3.3.2.3.    Die durch die Anspruchsbegründung bewirkte Hemmung der Verjährung ist nicht nur auf die im Gutachten des Privatsachverständigen Dipl.-Ing. W. festgestellten Mängel beschränkt, sondern auch der Höhe nach auf den eingeklagten Betrag von 90.000,000 € begrenzt.

    1.3.3.2.3.1.    Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist sowohl für den Umfang einer Hemmung der Verjährung durch Klageerhebung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB - Gleiches gilt für die Zustellung der Anspruchsbegründung (§ 697 Abs. 1 Satz 1 ZPO) - als auch für den Umfang der Rechtskraft der den prozessualen Anspruch bildende Streitgegenstand maßgebend, der durch den Klageantrag und den zu seiner Begründung vorgetragenen Lebenssachverhalt bestimmt wird; die Grenzen einer Hemmung der Verjährung sind grundsätzlich mit denen der Rechtskraft kongruent. Wird nur ein Teil eines einheitlichen Anspruchs eingeklagt, wird die Verjährung auch nur insoweit gehemmt und die Rechtskraft beschränkt sich auf den eingeklagten Teilbetrag, und zwar gleichgültig, ob es sich um eine „offene“ oder eine „verdeckte Teilklage“ handelt. Ein Kläger, der - mit Absicht oder unbewusst - nur einen Teilbetrag eingeklagt hat, kann nachträglich Mehrforderungen geltend machen, auch wenn er sie sich nicht vorbehalten hat; er muss es jedoch hinnehmen, dass die Verjährung des nachgeschobenen Anspruchsteils selbständig beurteilt wird (BGH, Urteil vom 11. März 2009 - IV ZR 224/07 - NJW 2009, 1950, juris Rn. 12; BGH, Urteil vom 9. Januar 2008 - XII ZR 33/06 - NJW-RR 2008, 521, juris Rn. 15 Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 30. März 2011 - 3 U 161/10 - juris Rn. 22, und nachfolgend BGH, Beschluss vom 8. März 2012 - IX ZA 33/11 - juris Rn. 2).

    1.3.3.2.3.1.    Von diesen Grundsätzen sind in der Rechtsprechung zwar Ausnahmen zugelassen worden. Ein solcher Ausnahmefall liegt hier aber nicht vor.

    (1)  So rechtfertigt es - anders als etwa im Falle einer unbezifferten Schmerzensgeldklage (BGH, Urteil vom 13. Mai 1974 - III ZR 35/72 - NJW 1974, 1551, juris Rn. 59 ff.), einer Feststellungsklage, einer Vorschussklage (s.o.), einer Schadensersatzklage gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB auf eine zur Naturalrestitution erforderlichen Geldleistung (BGH, Urteil vom 9. Januar 2008, a.a.O., juris Rn. 16; BGH, Urteil vom 11. März 2009, a.a.O., juris Rn. 13) oder einer nachträglichen Erhöhung des Klageantrages zum Zwecke der Anpassung an eine Veränderung des Preisgefüges oder eine fortschreitende Schadensentwicklung ohne Veränderung des Streitgegenstandes (BGH, Urteil vom 26. Juni 1984 - VI ZR 232/82 - MDR 1985, 132, juris Rn. 23) - allein die Ungewissheit oder Unsicherheit des Klägers im Zeitpunkt der Klageerhebung bzw. der Anspruchsbegründung, wie hoch sein Schaden letztlich sein wird, nicht, seine Verpflichtung zu lockern, den Streitgegenstand einer Leistungsklage gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO durch einen zu beziffernden Klageantrag zu bestimmen. Auch dass der Kläger die bestrittene Höhe seiner Forderung unter Beweis stellt, kann schon nicht dahin verstanden werden, Streitgegenstand sei nicht mehr der geltend gemachte Anspruch in seiner im Klageantrag bezifferten Höhe, sondern der sich aufgrund der gerichtlichen Beweisaufnahme letzten Endes ergebende Betrag, jedenfalls sofern er den bezifferten Klageantrag übersteige. Vielmehr müssen sich Gericht und Gegner im Hinblick auf die Verjährung ebenso wie für den Umfang der Rechtskraft auf die Bezifferung im Klageantrag verlassen können, auch wenn deutlich ist, dass der Kläger den ihm dem Grunde nach zustehenden Anspruch mit der im Klageantrag vorgenommenen Bezifferung in voller Höhe geltend machen will. Dass ein Kläger die Höhe seiner Forderung nicht überschaut und den Ausgang einer sachverständigen Begutachtung nicht sicher einschätzen kann, geht grundsätzlich zu seinen Lasten (BGH, Urteil vom 11. März 2009, a.a.O., juris Rn. 14).

    (2)  Die Anmerkung der Klägerin im Schriftsatz vom 12. März 2008, Seite 25/26, dass „der Gesamtschaden bei mindestens 140.000,00 € liegen“ werde, da „nur ein Teil der Wohnungen besichtigt werden konnte und nur die Kosten der sichtbaren Mängel geschätzt wurden, der Mietausfallschaden während der Reparatur sowie die verbleibende Wertminderung der nicht oder nur unwirtschaftlich zu behebenden Mängel nicht berücksichtigt sind“, war daher ebenso wenig nicht geeignet, die Verjährung hinsichtlich eines den beziffert eingeklagten Betrag von 90.000,000 € überschießenden Betrages zu hemmen, wie das Angebot der Klägerin, zu den einzelnen Mängeln Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu erheben. Der Klägerin war es zudem unbenommen, dieser Unsicherheit über das Ausmaß des ihr entstandenen Schadens dadurch Rechnung zu tragen, dass sie neben dem bezifferten Leistungsantrag einen Antrag auf Feststellung der Ersatzpflicht des Architekten H. für weitergehende Schäden stellt und auf diese Weise die Hemmung der Verjährung für den gesamten Anspruch, unabhängig von seiner letztlichen Höhe, bewirkt (so auch Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 30. März 2011, a.a.O., juris Rn. 22, siehe auch Rn. 26 ff.).

    1.3.3.3.    Alle nicht bereits im Gutachten des Privatsachverständigen Dipl.-Ing. W. vom 24. November 2006 erfassten Ausführungsmängel und alle über den eingeklagten Betrag von 90.000,00 € hinausgehenden Schadensersatzansprüche sind spätestens mit Ablauf des 21. Dezember 2012 verjährt.

    Die Verjährung wurde nicht rechtzeitig gehemmt:

    1.3.3.3.1.    Eine Ablaufhemmung nach § 211 BGB wegen Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens würde nur dann Wirkung zeitigen, wenn die Verjährung regulär innerhalb von 6 Monaten nach der Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens enden würde (siehe hierzu BGH, Urteil vom 04.06.2014 - IV ZR 348/13 - NJW 2014, 2574).

    1.3.3.3.2.    Eine Hemmung, die über die durch die Zustellung der Anspruchsbegründung bewirkte hinausgeht, trat auch nicht durch die Anmeldung der Forderung am 28. Juli 2009 zur Tabelle in dem Insolvenzverfahren über den Nachlass des Architekten H. ein (§ 204 Abs. 1 Nr. 10 BGB). Denn in ihrer Anmeldung (Anlage K 33) bezog sich die Klägerin ausdrücklich auf ihre "Anspruchsbegründung an das Landgericht Leipzig (Az.: 8 O 583/08) vom 12. März 2008" (siehe auch den Tabellenauszug - Anlage K 34), d.h. letztlich wiederum auf das Gutachten des Privatsachverständigen Dipl.-Ing. W..
    1.3.3.3.3.    Der Streitgegenstand hinsichtlich des Schadensersatzanspruches wegen Verletzung der Bauüberwachungspflicht änderte sich auch nicht im Zuge der Aufnahme des Verfahrens mit Schriftsatz vom 8. März 2010 (Bl. 338 ff. dA). Denn zur Begründung des nunmehr gegen den Insolvenzverwalter, Rechtsanwalt B., geltend gemachten Anspruchs auf abgesonderte Befriedigung aus der Entschädigungsforderung des Architekten H. gegen dessen Berufshaftpflichtversicherung, in Höhe von 232.637,86 € und auf Feststellung der Gesamtforderung von 594.488,64 € nebst Zinsen zur Tabelle, darunter der Teilbetrag von 90.000,00 €, berief sie sich auf ihre „bisherigen Ausführungen zu den genannten Schadensersatzansprüchen“.

    1.3.3.3.4.    Entsprechendes gilt hinsichtlich ihres Schriftsatzes vom 4. Mai 2010 (dort Seite 27, Bl. 379 dA), in dem sie unter Verweis auf das „Gutachten W.“ „zur Vermeidung von Wiederholungen" Bezug auf die „im klägerischen Schriftsatz vom 11.07.2008 im Detail unter Beweisantritt aufgelisteten Mängel“ Bezug nahm.

    1.3.3.3.5.    Mit Schriftsatz vom 24. August 2010 (Bl. 389 ff. dA) ergänzte die Klägerin ihren Antrag Ziffer 1 dahingehend, dass sich die beantragte Verurteilung „auf Leistung aus der Versicherungsforderung gegen die xxx Versicherung AG, …, dortige Vorgangs-Nr. … beschränkt“. An der Begründung änderte sich nichts. Diesen modifizierten Klagantrag Ziffer 1 und den unveränderten Klagantrag Ziffer 2 stellte die Klägerin in der anschließenden mündlichen Verhandlung am 27. Oktober 2010.

    1.3.3.3.6.    Auch die Ausführungen der Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 28. November 2012 (Bl. 497/512 dA) waren nicht geeignet, eine weitergehende Hemmung herbeizuführen.

    (1)  Mit diesem Schriftsatz, in dem sie zu dem vom Landgericht Leipzig eingeholten (Ausgangs-)Gutachten des Sachverständigen B. vom 16. August 2012 Stellung nahm, führte die Klägerin zwar erstmals das in dem Rechtsstreit zwischen ihr und ihrem früheren Geschäftsführer R. (Az.:5 O 606/06 des LG Oldenburg) eingeholte Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. Sxx vom 11. Juni 2008 (Anlage K 41) und das Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. S., das in dem zwischen der WEG …-Straße … und der Klägerin vor dem Landgericht Leipzig geführten Rechtsstreit 1 O 4459/08 (10 U 339/12 des Oberlandesgerichts Dresden) eingeholt wurde, in den Prozess ein. Unter Bezugnahme auf eine tabellarische Mängelauflistung (Anlage K 42), in der sie sämtliche "von dem ehemaligen Beklagten H. selbst sowie von den diversen Sachverständigen [W., S., Sxx, B.] erkannten Mängel des Objektes GA 41" "Beanstandungen" zusammengefasst hatte, die bis dahin von Privatsachverständigen und in verschiedenen anderweitigen Rechtsstreitigkeiten von Gerichtssachverständigen erstellt worden waren, behauptete sie, dass sich der vom Architekten H. „durch die Verletzung seiner Bauüberwachungspflicht entstandene Kostenaufwand für die Mängelbeseitigung insgesamt auf 235.602,25 EUR“ belaufe. Ihren Klageantrag änderte sie indes nicht.

    (2)  Wollte man darin eine Erweiterung des Streitgegenstandes durch Einführung weiterer Bauüberwachungspflichtverletzungen des Architekten H. in den Prozess sehen, würde es sich nunmehr um eine Teilklage handeln, die jedoch unzulässig, weil unbestimmt, gewesen wäre, da nicht dargetan ist, wie sich nunmehr der insoweit weiterhin eingeklagte Schadensersatzbetrag von 90.000,00 € auf die einzelnen Ansprüche verteilen soll und in welcher Reihenfolge sie zur Entscheidung des Gerichts gestellt werden sollen (BGH, Urteil vom 6. Mai 2014 - II ZR 217/13 - BauR 2014, 1971, juris Rn. 13).
    (3)  Nach Ansicht des 2. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs (siehe dessen Urteil vom 6. Mai 2014, a.a.O., juris Rn. 14 ff.) und des 9. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs (siehe dessen Urteil vom 7. Mai 2015 - IX ZR 95/14 - NJW 2015, 2113, juris Rn. 27 ff. - zu einer Insolvenzanfechtungsklage) ist zwar auch nach dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz vom 26. November 2001 an der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 209 Abs. 1 BGB a.F. festzuhalten, dass bereits die Erhebung einer Teilklage, mit der mehrere Ansprüche geltend gemacht werden, deren Summe den geltend gemachten Teil übersteigt, die Verjährung aller Teilansprüche hemmt und die Bestimmung, bis zu welcher Höhe bzw. in welcher Reihenfolge die einzelnen Teilansprüche verfolgt werden, sogar noch im Revisionsrechtszug, nachgeholt werden kann und dies auf die Unterbrechung der Verjährung durch die Erhebung der (unbestimmten) Teilklage „zurückwirkt“. Dem stehe weder die Entscheidung des 11. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs (siehe das bereits erwähnte Urteil vom 21. Oktober 2008 - XI ZR 466/07 - NJW 2009, 56), der zufolge jedenfalls bei der Geltendmachung eines Teils von mehreren Einzelforderungen eine nachträgliche Individualisierung des Klageanspruchs nach Widerspruch zwar die Zulässigkeit der Klage herbeiführen könne, für die Verjährung aber keine Rückwirkung habe, noch das Urteil des 9. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 21. Februar 2013 (IX ZR 92/12 ‒ NJW-RR 2013, 992, Rn. 29 ff.) entgegen, wonach weder eine hinreichend individualisierte Forderungsanmeldung zur Tabelle noch eine ebensolche Klage auf Feststellung zur Tabelle verjährungshemmende Wirkung habe und ein solcher Mangel der Anmeldung nur durch eine fehlerfreie Neuanmeldung innerhalb der laufenden Verjährungsfrist behoben werden könne. Denn diese abweichende Rechtsprechung beruhe auf den Besonderheiten der jeweiligen Verfahren.

    (4)  Für die Entscheidung im vorliegenden Fall kann diese Rechtsfrage jedoch auf sich beruhen. Denn eine "Rückwirkung" einer späteren Aufschlüsselung der Teilklage würde voraussetzen, dass die Teilklage noch in unverjährter Zeit erhoben wurde. So verhält es sich hier jedoch nicht.

    Durch die Erhebung eines weiteren Anspruchs im Laufe des Prozesses, wie hier durch die Geltendmachung weiterer Baumängel und hierauf gestützter Schadensersatzansprüche wegen einer Bauaufsichtspflichtverletzung, wird neben dem bisherigen ein neuer Streitgegenstand eingeführt und entsteht eine nachträgliche Klagehäufung, auf die die Vorschriften über die Klageänderung (§ 263 ZPO) entsprechend anwendbar sind (Zöller/Greger, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 260 Rn. 3, § 263 Rn. 2 und 7). Die Rechtshängigkeit eines solchen erst im Laufe des Prozesses erhobenen Anspruchs tritt gemäß § 261 Abs. 2 ZPO (erst) mit dem Zeitpunkt ein, in dem der Anspruch in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht oder ein den Erfordernissen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO entsprechender Schriftsatz zugestellt wird (siehe hierzu auch OLG Celle, Urteil vom 1. Februar 2012 - 3 U 168/11 - juris Rn. 28 ff.).

    Der Schriftsatz vom 28. November 2012 wurde den Prozessbevollmächtigten des Insolvenzverwalters indes nicht zugestellt, sondern formlos übersandt, sodass bereits deswegen - ungeachtet der Frage, ob der Schriftsatz den Erfordernissen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO genügt - Rechtshängigkeit nicht eintreten konnte (und auch ein Fall der Heilung eines 'Zustellungsmangels' nach § 189 ZPO ausscheidet). Die Ansprüche wurden auch nicht vor Ablauf des 21. Dezember 2012 in einer mündlichen Verhandlung geltend gemacht.

    1.4.        Beschränkte Erbenhaftung / Hilfsantrag

    Auf die Frage, ob das Landgericht zu Recht die Haftung des Beklagten auf die Deckungssumme beschränkt ist, kommt es nach alledem nicht an.

    Ebenso wenig ist eine Entscheidung über den - in seiner Zielrichtung ohnehin nicht recht verständlichen - Hilfsantrag veranlasst.

    2Anschlussberufung

    Die Anschlussberufung des Beklagten ist zulässig und begründet. Das Landgericht hat der Klägerin jedenfalls den vom Beklagten angegriffenen Teilbetrag von 4.779,86 € nebst Zinsen zu Unrecht zuerkannt.

    2.1.    Auch hinsichtlich dieser Teilforderung kann sich der Beklagte - wie geschehen - mit Erfolg auf den Einwand des Vorteilsausgleiches berufen (siehe die vorstehenden Ausführungen unter II.1.3.2.3.3.).

    2.2.    Es kann daher dahinstehen, ob die Anschlussberufung auch mit der Rüge Erfolg hätte, dass sich das Landgericht nicht mit der Frage auseinandergesetzt habe, ob es sich bei den in der Tabelle 2, Anlage 2 zum Gutachten des Sachverständigen Dr. B. vom 29. Juni 2016 ausgewiesenen - „erkennbaren“ - mangelhaften Leistungen - Mängelpositionen der laufenden Nummern 4, 12, 14, 22, 24, 27, 29, 38, 39, 40 und 43 - um handwerkliche Selbstverständlichkeiten handelt und ob die entsprechenden Erscheinungen damals überhaupt schon vorhanden waren.

    In dieser Hinsicht sei lediglich ergänzend angemerkt, dass
    -    entgegen der Auffassung der Klägerin der Architekt H. nicht verpflichtet war, auch handwerkliche Selbstverständlichkeiten auf eine ordnungsgemäße Ausführung hin zu kontrollieren. Diese Pflicht ergibt sich insbesondere nicht aus der vertraglichen Absprache, „dass der AN während der Bauzeit und entsprechend des Bauablaufs täglich auf der Baustelle für die Handwerksbetriebe ansprechbar ist, um einen reibungslosen Verlauf sicherzustellen“;
    -    die vorgenannten Mängelpositionen in der Tat handwerkliche Selbstverständlichkeiten betreffen.

    III.

    Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 97 Abs. 1, 91 ZPO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

    Die Revision wird nicht zugelassen, da kein Revisionsgrund im Sinne von § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO vorliegt.

    Der Streitwert wird gemäß den §§ 63 Abs. 2, 45 Abs. 1 und 2, 47 Abs. 1, 48 Abs. 1 GKG, § 3 ZPO festgesetzt.