24.04.2018 · IWW-Abrufnummer 200841
Oberlandesgericht Düsseldorf: Urteil vom 28.09.2017 – 5 U 113/16
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 23.08.2016 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Düsseldorf unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 149.694,72 € nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 11.786,95 € seit dem 28.08.2012, aus weiteren 31.531,45 € seit dem 08.10.2012, aus weiteren 17.316,15 € seit dem 24.12.2012, aus weiteren 56.440,80 € seit dem 23.06.2013, aus weiteren 11.047,22 € seit dem 25.06.2013 und aus weiteren 12.572,11 € seit dem 26.06.2013 sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1.580 € zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten der ersten Instanz tragen die Klägerin 10 % und die Beklagte 90 %. Die Kosten der Berufung tragen die Klägerin zu 7 % und die Beklagte zu 93 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn die Klägerin nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
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Gründe:
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I.
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Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Vergütung von Ingenieurleistungen. Diese beauftragte die Klägerin unter dem 02.07.2008 mit Leistungen der technischen Ausrüstung i.S.v. § 73 HOAI (1996/2002) für das Projekt R…. Das R… wurde im April 2011 eröffnet. Die Parteien sind über den Umfang vereinbarter Nachlässe und von Nachtragsaufträgen uneins. Im Jahr 2009 beauftragte die Beklagte die Klägerin mit Planungsleistungen für das anliegende I…-Gebäude. Die Klägerin erstellte unter dem 13.08.2009 ein Honorarangebot für das Gewerk Elektrotechnik; für die Honorarabrechnung wurde die HOAI Stand 01.01.1996 benannt. Das Angebot wurde nicht von beiden Parteien unterzeichnet. Die Klägerin rechnete ihre Leistungen für das I…-Gebäude geschossweise ab. Das daraus resultierende Honorar ist zwischen den Parteien streitig. Zur Prozessgeschichte und zum weiteren Vorbringen der Parteien im ersten Rechtszug wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
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Durch das am 23.08.2016 verkündete Urteil hat die Einzelrichterin der 5. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 160.198,43 € nebst Zinsen zu zahlen und hat im Übrigen die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, im Hinblick auf das Projekt R… N… stehe der Klägerin noch eine Restvergütung in Höhe von 22.290,66 € zu:
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Rechnung Nr. 207115 vom 23.07.2012: 8.480,71 €Entgegen der Auffassung der Beklagten erstrecke sich der ursprünglich vereinbarte Nachlass nicht auf sämtliche im Zusammenhang mit dem Projekt R… erbrachte Leistungen sondern nur auf die unter die Pauschalierungsvereinbarung fallenden Leistungen. Bei den hier abgerechneten Leistungen handele es sich um Zusatzleistungen, die zusätzlich zur Pauschalsumme zu vergüten seien. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe nicht fest, dass die Parteien einen Nachlass auf die nachträglichen Leistungen vereinbart hätten. Der Zeuge T… habe dies zwar behauptet, habe sich aber nicht an die Einzelheiten des Gesprächs erinnern können. Es sei nicht auszuschließen, dass der Zeuge Rückschlüsse von der üblichen Handhabung auf den Einzelfall ziehe. Die mündliche Vereinbarung eines Nachlasses wäre auch gemäß § 4 Abs. 2 HOAI formnichtig, da die Vereinbarung nicht schriftlich geschlossen worden sei.
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Rechnung Nr. 207124, 207125, 207126: 11.786,95 €Unstreitig seien diese Leistungen zu den Nachtragsaufträgen der Firmen P…, E…, und N… & F… auch erbracht worden. Die Klägerin habe eine Auftragserteilung bewiesen. Der Zeuge B… als Bauleiter habe bekundet, die Aufträge seien mündlich erteilt worden. Ein schriftliches Angebot sei an die Beklagte versandt worden. Die Beklagte habe aber dazu aufgefordert, die Arbeiten sofort umzusetzen, was auch geschehen sei. Dem stehe die Aussage der Zeugin K… nicht entgegen. Soweit sie ausgesagt habe, es gebe nur schriftliche Verträge, mit mündlichen Verträgen habe sie nichts zu tun, habe die Zeugin selbst nicht über Wahrnehmungen auf der Baustelle verfügt.
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Rechnung Nr. 209116, 209117 vom 11.09.2012: 2.023 €Diese Leistungen seien zusätzlich beauftragt worden und nicht Teil des Pauschalpreisvertrags vom 02.07.2008. Es handele sich um Mieterausbauarbeiten. Sowohl der Zeitpunkt der Durchführung der Arbeiten – nach Eröffnung des R… - und der Gegenstand der Arbeiten spreche für gesondert zu vergütende Nachtragsarbeiten. Es sei nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen worden, inwiefern diese Leistungen von der Pauschalpreisvereinbarung umfasst sein sollten.
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Die Klägerin habe ferner einen Anspruch auf Zahlung von insgesamt 137.907,77 € für die im Zusammenhang mit dem I…-Gebäude erbrachten und abgerechneten Leistungen. Insoweit sei keine wirksame Pauschalpreisabrede getroffen worden aufgrund der Honorarangebote vom 13.08.2009 und 09.05.2011. Die Beweisaufnahme habe eine solche Abrede nicht bestätigt. Allein die Bezugnahme der Klägerin in ihrem Angebot vom 09.05.2011 auf die Vereinbarung vom 13.08.2009 lasse nicht auf übereinstimmende Willenserklärungen schließen. Der Zeuge F… habe nicht sagen können, dass das ursprüngliche Pauschalpreisangebot zustande gekommen sei; es habe jedenfalls etagenweise abgerechnet werden sollen. Der Zeuge B… habe bekundet, er gehe davon aus, dass der Pauschalpreisvertrag geschlossen dann aber auf eine geschossweise Abrechnungsweise umgestellt worden sei. Beide – aus unterschiedlichen Lagern stammende – Zeugen hätten übereinstimmend bekundet, es habe gerade nicht auf der Grundlage der ursprünglichen Pauschalvereinbarung, sondern schrittweise nach Geschossen abgerechnet werden sollen. Selbst wenn die ursprüngliche Pauschalpreisvereinbarung einmal wirksam gewesen sein sollte, so hätten die Parteien jedenfalls nicht daran festgehalten. Der Vergütungsanspruch sei fällig, eine Abnahme sei erfolgt. Dem Vorbringen der Klägerin, sie habe die Revisionsunterlagen an die Beklagte übersandt, sei die Beklagte nicht weiter entgegen getreten, so dass das Vorbringen der Klägerin als unstreitig anzusehen sei. Die übliche Vergütung sei zu zahlen. Die Klägerin habe auf der Basis der Pauschalvereinbarung unter Anrechnung eines Nachlasses von 25 % abgerechnet. Die Beklagte habe nicht eingewandt, dass die übliche Vergütung überschritten sei.
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Mit ihrer Berufung macht die Beklagte geltend, das landgerichtliche Urteil leide an einer fehlerhaften Tatsachenfeststellung.
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Rechnung Nr. 207115 vom 23.07.2012: 8.480,71 €Das Landgericht berücksichtige nicht, dass der Zeuge T… sich an das Gespräch, in dem der Preisnachlass vereinbart worden sei, konkret habe erinnern können. Deshalb sei es nicht zutreffend, dass der Zeuge nur Rückschlüsse auf die übliche Handhabung gezogen habe. Der Zeuge habe ausdrücklich bekundet, der Nachlass habe sich auch auf Nachtragsaufträge erstreckt. Es sei in der Rechtsprechung und Literatur einhellige Auffassung, dass sich ein Honorar außerhalb der Tafelwerte sowohl der Form als auch der Höhe nach völlig frei verhandeln lasse. Sie, die Beklagte, habe in den Auftragsbestätigungen immer auf die Vertragsbedingungen aus dem paraphierten Ingenieurvertrag vom 02.07.2008 Bezug genommen.
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Rechnung Nr. 207124, 207125, 207126: 11.786,95 €:
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Das Landgericht habe sich nicht mit der Bekundung des Zeugen B… auseinander gesetzt, wonach er über eine Beauftragung nichts sagen könne, auf der Baustelle als Bauleiter tätig gewesen sei und mit der Zusammenstellung von Angeboten nichts zu tun gehabt habe. Erst später habe er gesagt, die Aufträge seien mündlich erteilt worden. Dieser Widerspruch in der Aussage sei nicht berücksichtigt worden. B… habe sich auch nicht daran erinnern können, wann und von wem die Aufträge erteilt worden seien. Es sei möglich, dass der Zeuge allein aus der Erforderlichkeit der Arbeiten geschlossen habe, sie seien auch beauftragt. Die Zeugin Koch habe bekundet, auch bei einer mündlichen Beauftragung wende sie sich an die Projektleitung, die sich dann darum kümmere, dass ein schriftlicher Vertrag in die Bauakte gelange. Dass der Zeugin K… die Rechnungen nicht übersandt worden seien, belege, dass sie den Auftrag nicht erteilt habe.Die Klägerin habe sich die Mutmaßung des Zeugen B…, dass der Auftrag durch die Herren K…, Kn… oder T… erteilt worden sei, nicht zu eigen gemacht. Daher habe sie erstinstanzlich keinen Anlass gehabt, auf die fehlende Vertretungsmacht hinzuweisen.
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Rechnung Nr. 209116, 209117 vom 11.09.2012: 2.023 €Das Landgericht unterstelle zu Unrecht, ein Vertrag sei geschlossen worden, obwohl sie bereits in der Klageerwiderung dies bestritten habe. Für Nachtragsaufträge seien unter Ziffer 9.1 und 9.2 spezielle Regelungen vereinbart worden, wonach diese vom Bauherrn anerkannt oder bei grundlegenden Änderungen schriftlich mit ihr vor Beginn der Arbeiten vereinbart werden müssten. Diese Voraussetzungen lägen hier nicht vor. Die Arbeiten seien daher mit dem Pauschalhonorar abgegolten. Die Klägerin habe zu beweisen, dass ihr ein gesonderter Auftrag erteilt worden sei.
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Im Hinblick auf das Objekt I… habe das Landgericht nicht hinreichend geprüft, ob das Pauschalpreisangebot konkludent durch Erbringung der Leistungen und der Begleichung der auf dem Angebot basierenden Rechnungen angenommen worden sei. Es sei zwischen der Honorarhöhe und den Abrechnungsintervallen zu differenzieren. Eine geschossweise Abrechnung schließe eine Pauschalpreisabrede nicht aus. Gegenteiliges hätten auch die Zeugen B… und F… nicht bekundet. Die Frage, wann die Pauschalpreisabrede erhöht und ob dies im Zusammenhang mit der geschossweisen Abrechnung gestanden habe, sei nicht beantwortet worden.
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Die Beklagte beantragt,
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unter Abänderung des am 23.08.2016 verkündeten Urteils des LG Düsseldorf die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie verteidigt das angefochtene Urteil und trägt ihr erstinstanzliches Vorbringen ergänzend wie folgt vor,
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Rechnung Nr. 207115 vom 23.07.2012: 8.480,71 €Der Zeuge T… habe gerade nicht bestätigt, dass auch für die Nachträge ein Nachlass von 25 % vereinbart worden sei. Er habe nur darauf hingewiesen, dass dies üblich sei. Die Vorlage der Unterlagen der Anlage BK 1 sei verspätet. Auch stünden diese Vertragsunterlagen ihrem Vorbringen nicht entgegen.
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Rechnung Nr. 207124, 207125, 207126: 11.786,95 €Der Zeuge B… habe widerspruchsfrei ausgesagt, dass er mündliche Aufträge erteilt habe. Zu schriftlichen Auftragserteilungen habe er nichts sagen können. Es sei von dem Zeugen glaubhaft geschildert worden, dass aufgrund der räumlichen Nähe der Büros der Parteien und des Zeitdrucks Aufträge mündlich erteilt worden seien. Die Zeugin K… habe nur aussagen können, welche Beauftragungen schriftlich in den von ihr zu bearbeitenden Akten festgehalten worden seien. Ausführungen zur fehlenden Vertretungsmacht der Zeugen K… und Kn… seien reine Schutzbehauptungen.
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Rechnung Nr. 209116, 209117 vom 11.09.2012: 2.023 €Angesichts des unzureichenden Beweisangebots durch Vorlage des Pauschalpreisvertrags habe das Landgericht keine weiteren Feststellungen treffen und den Sachverhalt weiter aufklären müssen.
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Das Landgericht habe den Beweis über eine Pauschalpreisvereinbarung hinsichtlich des Projekts I…-Gebäude zutreffend abgelehnt. Weder Verweise in einem Angebot, noch Rechnungen belegten, dass eine solche Vereinbarung getroffen worden sei.
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Wegen des weitergehenden Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze und die von den Parteien zu den Akten gereichten Urkunden Bezug genommen.
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II.
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Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache zu einem geringen Teil Erfolg.
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Aus der Rechnung Nr. 207115 vom 23.07.2012 steht der Klägerin keine weitere Vergütung zu. Im Hinblick auf die in den Rechnungen Nr. 209116, 209117 vom 11.09.2012 in Höhe von 2.023 € abgerechneten Honorarbeträge hat die Klägerin die Klage zurückgenommen. Die Klägerin hat daher insgesamt einen Vergütungsanspruch gemäß § 631 Abs. 1 BGB in Höhe von 149.694,72 €. Dieser bemisst sich wie folgt.
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1.
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Projekt R…:
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Der Klägerin steht ein Resthonoraranspruch gemäß § 631 Abs. 1 BGB i.V.m. dem am 02.07.2008 geschlossenen Ingenieurvertrag mit der Beklagten in Höhe von 11.786,95 € zu. Die Klägerin war darin im Wesentlichen mit Leistungen für die Technische Ausrüstung im Bereich der Elektrotechnik (Anlagengruppe 3) gemäß § 68 S. 1 Nr. 3 HOAI (1996/2002) betraut worden. Gemäß Ziffer 3.7 des Vertrags waren die Grundleistungen der Leistungsphasen 5 – 9 beauftragt. Dort wurden die Herstellungskosten für die Anlagen nach DIN 276 für die KG 4400 bis 4999 mit 6.300.000 € ermittelt und vereinbart. Die Parteien vereinbarten unter Ziffer 9. auf dieser Basis ein „Gesamtauftragsvolumen pauschal € 350.000“.
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a.
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Aus der Rechnung Nr. 207115 vom 23.07.2012 steht der Klägerin keine weitere Vergütung in Höhe von 8.480,71 € zu, weil die Beklagte nach dem Ergebnis der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme bewiesen hat, dass ihr in dieser Höhe ein Nachlass gewährt worden ist. Unstreitig sind die zugrundeliegenden Leistungen erbracht und abgenommen worden. Es handelte sich jeweils um Nachträge
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aa.
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Dem Hauptauftrag ist keine Regelung über die Bemessung der Vergütung für Nachträge zu entnehmen. Allerdings ist unstreitig bei der Vergabe des Hauptauftrags ein 25 %iger Nachlass vereinbart worden. Diese Anlage zum Verhandlungsprotokoll ist gemäß Ziff. 2. des Vertrags Grundlage des Auftrags. In der Anlage zu dem Verhandlungsprotokoll sind bestimmte Stundensätze vereinbart worden, falls Änderungen der Leistungen oder zusätzlichen Leistungen notwendig werden. Nachlässe für diese Zusatzleistungen werden dort nicht erwähnt.
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Anders als bei einem VOB/B-Vertrag kann ein Nachtrag bei einem BGB-Vertrag nicht einseitig angeordnet worden. Für die Durchführung von Nachtragsarbeiten bedurfte es daher einer ergänzenden Vereinbarung der Parteien. Die Beklagte hat behauptet, die Nachträge seien zu den Bedingungen des Hauptauftrags beauftragt worden und damit auch der vereinbarte Projektnachlass in Höhe von 25 %.
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Die Beklagte hat zur Überzeugung des Senats nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme den Beweis geführt, dass auch für Nachträge der Projektnachlass gelten sollte. Zwar hatte das Landgericht eine solche Nachlassvereinbarung nicht für erwiesen erachtet. Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO hat das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen nur zugrunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Konkrete Anhaltspunkte, die die in dieser Bestimmung angeordnete Bindung des Berufungsgerichts an die erstinstanzlichen Feststellungen entfallen lassen, können sich insbesondere aus Verfahrensfehlern ergeben, die dem erstinstanzlichen Gericht bei der Feststellung des Sachverhalts unterlaufen sind. Ein solcher Verfahrensfehler liegt namentlich vor, wenn die Beweiswürdigung in dem erstinstanzlichen Urteil den Anforderungen nicht genügt, die von der Rechtsprechung zu § 286 Abs. 1 ZPO entwickelt worden sind. Dies ist der Fall, wenn die Beweiswürdigung unvollständig oder in sich widersprüchlich ist oder wenn sie gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt. Gleiches gilt, wenn das erstinstanzliche Gericht Tatsachenvortrag der Parteien übergangen oder von den Parteien nicht vorgetragene Tatsachen verwertet hat. Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der erstinstanzlichen Feststellungen können sich auch aus der Möglichkeit unterschiedlicher Wertung ergeben, insbesondere daraus, dass das Berufungsgericht das Ergebnis einer erstinstanzlichen Beweisaufnahme anders würdigt als das Gericht der Vorinstanz (vgl. zu alldem BGH, Urteil vom 21. Juni 2016 – VI ZR 403/14 –, juris, mwN).
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Die Würdigung der Aussage des Zeugen T… durch das Landgericht ist nach Auffassung des Senats lückenhaft. Soweit der Zeuge sich nicht an alle Einzelheiten der Vertragsverhandlungen zu erinnern vermochte und von seiner üblichen Handhabung berichtete, ergibt sich daraus nicht zwingend der Rückschluss, dass die Parteien sich in diesem Fall nicht auf Nachlässe für die Nachträge geeinigt hätten. Der Zeuge hat ausdrücklich eingangs seiner Vernehmung bekundet, es sei im Zuge der Verhandlung des Hauptauftrags auch über die Gewährung von Nachlässen für Nachträge gesprochen worden. Die Verhandelnden seien sich mündlich darüber einig geworden. Der Zeuge vermochte nachvollziehbar zu erklären, dass in diesen Vertragsverhandlungen über das allgemeine Vorgehen bei Nachträgen gesprochen worden ist. Dies lässt sich auch dem Verhandlungsprotokoll und dem Vertragstext entnehmen, worin Stundensätze für Nachträge vereinbart und die Voraussetzungen für die Gewährung von Nachträgen unter 9.2. bestimmt worden sind. Lediglich um seine Aussage zu bekräftigen, fügte der Zeuge an, es sei üblich, dass der Projektnachlass sich auch auf die Nachträge erstrecke. Dass der Zeuge sich bei seiner Aussage im Jahr 2015 nicht an alle Einzelheiten eines Gesprächs aus dem Jahr 2008 erinnerte, ist – dies räumt auch das Landgericht ein – nachvollziehbar und trägt eher zur Glaubhaftigkeit seiner Aussage bei.
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Überdies stützt auch die Abrechnungsweise der Klägerin die Aussage des Zeugen, der Projektnachlass sei auch für die Nachträge vereinbart worden. Für den Auftrag „R…“ und den weiteren Auftrag „I…“ war die Klägerin bereit, jeweils mit hohen Nachlässen zu arbeiten. Für das Projekt „R…“ hat sie einen Nachlass von 25 % und für das Projekt „I…“ von 21 % gewährt. Die Klägerin hat in dem Verhandlungsprotokoll für den Hauptauftrag den Nachlass als „Projektnachlass“ bezeichnet. Diese Formulierung lässt sich dahin auslegen, dass für die gesamte Abwicklung dieses Projekts, wozu auch die Nachtragsarbeiten zählen, ein solcher Nachlass gewährt werden sollte.
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Die Vernehmung des Zeugen T… ist nicht zu wiederholen. Denn die persönliche Glaubwürdigkeit des Zeugen wird nicht in Zweifel gezogen und der Senat geht von demselben objektiven Erklärungswert der Aussage aus wie die erste Instanz (vgl. BGH MDR 1998, 59 ff). Lediglich die Beweiswürdigung des Landgerichts ist unvollständig und nicht in sich konsequent, so dass der Senat gestützt auf die protokollierte Aussage des Zeugen eine eigene Würdigung vornehmen kann.
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bb.
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Entgegen der Auffassung des Landgerichts verstößt die mündliche Nachlassvereinbarung nicht gegen § 4 Abs. 2 HOAI. Zutreffend verweist die Beklagte auf die Entscheidung des BGH vom 08.03.2012 (BauR 2012, 975 ff), wonach die Regelungen des § 4 HOAI nicht für Leistungen gelten, deren anrechenbare Kosten den Tafelhöchstwert überschreiten. § 4 Abs. 1 HOAI gestattet es den Vertragsparteien unter den dort genannten Voraussetzungen, das Honorar für die von der Verordnung erfassten Architekten- und Ingenieurleistungen privatautonom zu vereinbaren. Begrenzt wird die Vertragsfreiheit hinsichtlich der Höhe des Honorars grundsätzlich durch eine Bindung an die in der HOAI festgesetzten Mindest- und Höchstsätze. Allerdings gilt der Mindest- und Höchstpreischarakter der HOAI nicht für Vergütungsvereinbarungen über solche Leistungen, deren anrechenbare Kosten den in § 16 Abs. 3 HOAI genannten Tafelhöchstwert überschreiten. In einem solchen Fall kann das Honorar frei vereinbart werden. Eine Fortschreibung der Honorartabelle für anrechenbare Kosten, die den Wert des § 16 Abs. 3 HOAI übersteigen, kommt ohne eine entsprechende Vereinbarung der Vertragsparteien nicht in Betracht, weil die Honorartabelle des § 16 Abs. 1 HOAI ein in sich geschlossenes System ist (vgl. BGHZ 159, 376, 380).
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Nach diesen Grundsätzen, die in gleicher Weise für den Regelungsbereich des § 74 Abs. 1, 2 HOAI gelten, ist die hier zu beurteilende Honorarvereinbarung wirksam. Da die Klägerin Leistungen zu erbringen hatte, deren anrechenbare Kosten den Tafelhöchstwert von 3.834.689 € überschritten, bestehen keine preisrechtlichen Beschränkungen. Nach dem Vertrag vom 02.07.2008 betrugen die anrechenbaren Kosten 6,3 Mio €. § 4 Abs. 1 HOAI ist unanwendbar, weil das Honorar für Leistungen mit anrechenbaren Kosten über dem Tafelhöchstwert nach dem klaren Wortlaut des § 16 Abs. 3 HOAI frei vereinbart werden darf und deshalb von den Vorschriften der HOAI, welche die Einhaltung der nach der Verordnung vorgesehenen Mindest- und Höchstsätze sicher stellen sollen, gar nicht erfasst wird (vgl. BGH BauR 2012, 975 ff). Der Verordnungsgeber hat in § 16 Abs. 2 HOAI eine Begrenzung des Honorars für den Fall der Unterschreitung der Tafelwerte ausdrücklich vorgesehen. Hätte er einen Mindestsatz für den Fall der Tafelwertüberschreitung gewollt, hätte er eine entsprechende Regelung getroffen. Die Vereinbarung eines Honorars oberhalb der Tafelwerte kann auch mündlich erfolgen. Der Mindest- und Höchstpreischarakter der HOAI sowie ihre Formvorschriften gelten hier nicht (vgl. Locher/Koeble/Frik, HOAI, 13. Auflage, § 7 Rdn. 89).
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b.
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Im Hinblick auf die Leistungen der Klägerin, die sie mit den Rechnungen Nr. 207124, 207125, 207126 vom 27.07.2012 in Höhe von insgesamt 11.786,95 € abgerechnet hat, steht ihr die geforderte Vergütung gemäß § 631 Abs. 1 BGB zu. Hierzu hat die Klägerin die Nachtragsangebote (K 28, K 29 und K 30) vorgelegt. Nach dem Ergebnis der vor dem Landgericht durchgeführten Beweisaufnahme hat die Beklagte der Klägerin insoweit Nachtragsaufträge erteilt. Die Beklagte bestreitet nicht, dass die angebotenen Arbeiten, soweit sie abgerechnet worden sind, von der Klägerin erbracht worden sind. Sie bestreitet auch nicht, dass diese Leistungen vom Ursprungsauftrag nicht erfasst worden sind. Ferner stellt sie die abgerechnete Vergütung, die keine Nachlässe vorsieht, nicht in Zweifel. Ohne Erfolg rügt die Beklagte in der Berufung, durch die Aussage des Zeugen B… sei die Auftragserteilung nicht belegt; im Übrigen hätten ihre Mitarbeiter K…, Kn… und T… keine Vertretungsmacht.
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Nach dem Ergebnis der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme ist erwiesen, dass die Beklagte die Nachträge beauftragt hat. Der Zeuge B…, der als Bauleiter der Klägerin bei dem Projekt tätig war, hat bekundet, die Aufträge „seien auf dem kurzen Dienstweg“ von den Mitarbeitern K…, Kn… und T… erteilt worden. Es seien insoweit schriftliche Angebote gefertigt worden. Die Klägerin sei aber vorher schon aufgefordert worden, mit den Arbeiten zu beginnen. Die Beklagte wusste also von den zusätzlich erforderlich werdenden Arbeiten und war damit einverstanden, dass die Klägerin die Leistungen erbrachte. Wie das Landgericht in seinem Hinweisbeschluss vom 09.06.205 deutlich machte, sind damals jedenfalls konkludent die Arbeiten in Auftrag gegeben worden.
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Die Bekundungen der Zeugin K… stehen der Aussage des Zeugen B… nicht entgegen. Die Zeugin, die intern bei der Beklagten mit der Rechnungsprüfung betraut ist, sagte aus, dass sie keinen schriftlichen Auftrag für die dortigen Arbeiten in ihren Unterlagen vorgefunden habe. Grundsätzlich gebe es bei der Beklagten nur schriftliche Verträge. Diese allgemeine Praxis schließt aber eine mündliche Beauftragung nicht aus. Die Zeugin war bei den Gesprächen auf der Baustelle nicht dabei. Dass der Grundsatz, nur schriftliche Aufträge zu erteilen, nicht durchgehend von der Beklagten praktiziert worden ist, zeigt die Diskussion um die Vergütung bei dem Projekt I…, für das unstreitig keine schriftliche Vergütungsvereinbarung getroffen worden ist. Auch der Zeuge F… schilderte, dass er eine schriftliche Beauftragung für seine Tätigkeit nicht habe auffinden können.
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Soweit die Beklagte nunmehr in der Berufung erstmalig die Vertretungsmacht ihrer Mitarbeiter K…, K… und T… bestreitet, ist ihr Vorbringen gemäß § 531 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen. Denn sie hätte nach dem gerichtlichen Hinweis in dem Beschluss vom 09.06.205, in dem das Landgericht von einer verbindlichen Beauftragung ausgegangen ist, bereits im ersten Rechtszug sich zur fehlenden Vertretungsmacht der genannten Mitarbeiter äußern können und müssen. Die Beklagte hat ihr verspätetes Vorbringen nicht i.S.v. § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO entschuldigt.
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Das Schriftformerfordernis in Nr. 9.2. des Vertrags vom 02.07.2008 steht der Wirksamkeit der Beauftragung nicht entgegen. Es betrifft Änderungen des Bauentwurfs, insoweit hat der Auftragnehmer seine Mehrforderung vor Beginn der Arbeiten schriftlich bekannt zu geben und eine schriftliche Zustimmung einzuholen. Hier handelte es sich nicht um Änderungen des ursprünglichen Bauentwurfs sondern um zusätzliche Leistungen, die durch Mieterwünsche veranlasst waren. Selbst wenn das Schriftformerfordernis auch hierfür gelten sollte, so haben die Parteien dies konkludent insoweit mündlich aufgehoben. Die Regelungen in der Ergänzung des Ingenieurvertrags, die als Anlage in den Vertrag einbezogen worden sind, stehen ebenfalls einem Honoraranspruch nicht entgegen. Danach sollte der Auftragnehmer bei zusätzlichen Leistungen nur dann eine Honorarbeteiligung erhalten, wenn der Bauherr die Kosten gegenüber der Klägerin anerkennt. Die Beklagte hat nicht dargetan, dass der Bauherr hier diesen Mehrkosten widersprochen hat.
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2.
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Projekt I…-Gebäude
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Der Klägerin steht gegen die Beklagte für die an diesem Objekt erbrachten Ingenieurleistungen ein Resthonorar in Höhe von 137.907,77 € zu. Dieses setzt sich zusammen aus den in dem klägerischen Schriftsatz vom 13.10.2014 zusammengestellten Beträgen von 31.531,45 € aus der Rechnung vom 07.09.2012, von 17.316,15 € aus der Rechnung vom 23.11.2012, von 22.116,53 € aus der Rechnung vom 21.05.2013, von 43.324,31 € aus der Rechnung vom 21.05.2012, aus 11.047,22 € aus der Rechnung vom 23.05.2013 und aus 12.572,11 € aus der Rechnung vom 24.05.2013.
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Unstreitig hat die Klägerin im Rahmen der Sanierung des I…-Gebäudes vereinbarungsgemäß Ingenieurleistungen für die Beklagte erbracht. Der Vergütungsanspruch ist fällig. Die Abnahme der Werkleistungen ist in der Berufung zwischen den Parteien nicht mehr streitig. Die Beklagte ist dem Vorbringen der Klägerin, ihr sämtliche Revisionsunterlagen auf Anforderung überlassen zu haben, nicht mehr entgegen getreten. Die Klägerin hat in ihrer Auflistung in ihrem Schriftsatz vom 13.10.2014 die Bemessung ihres Honorars nachvollziehbar dargelegt. Diese Berechnung beruhte auf der Vereinbarung der Parteien, die Leistungen der Klägerin durch Teilschlussrechnungen geschossweise zu vergüten.
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a.
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Entgegen der Auffassung der Beklagten ist auf der Basis des Angebots der Klägerin vom 13.08.2009 keine wirksame Honorarvereinbarung getroffen worden. Darin hat die Klägerin für die Planung und Betreuung des technischen Ausrüstung im Gewerk Elektrotechnik ausgehend von anrechenbaren Kosten in Höhe von 2.956.886,73 € ein Pauschalhonorar von 300.000 € netto angeboten. Unstreitig hat die Klägerin im Anschluss an dieses Angebot ihre Ingenieurleistung mit Wissen und Willen der Beklagten erbracht. Ein Werkvertrag ist konkludent geschlossen worden. Eine schriftliche Honorarvereinbarung existiert nicht.
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Da unklar ist, wann die Beklagte das Angebot der Klägerin auf Abschluss eines Werkvertrags angenommen hat, ist bislang nicht festzustellen, ob für die Honorierung der Leistungen die HOAI 1996/2002 oder die HOAI 2009 anwendbar ist. Denn die HOAI 2009, die am 18.08.2009 in Kraft getreten ist, gilt nur für Verträge die ab diesem Zeitpunkt geschlossen worden sind. Die Beklagte hat behauptet, das Angebot der Klägerin vom 13.08.2009 sei bei dem Besprechungstermin vom 20.10.2009 angenommen worden. Demnach würde die HOAI 2009 gelten. Allerdings hat die Klägerin in ihrer Abschlagsrechnung vom 03.11.2009 bereits im August 2009 erbrachte Leistungen berücksichtigt. Sind bereits vor dem 18.08.2009 Planungsleistungen von der Klägerin erbracht und von der Beklagten entgegen genommen worden, so könnte schon vor dem 18.08.2009 ein Vertrag zustande gekommen sein.
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Es kann hier dahinstehen, welche Fassung der HOAI gilt, denn nach beiden Fassungen ist die mündliche Pauschalpreisvereinbarung nicht wirksam: Gemäß § 4 Abs. 1 HOAI 1996/2002 richtet sich das Honorar nach der schriftlichen Vereinbarung, die die Vertragsparteien bei Auftragserteilung im Rahmen der festgesetzten Mindest- und Höchstsätze getroffen haben. Hier fehlt es aber an einer schriftlichen Vereinbarung. Daher bestimmt § 4 Abs. 4 HOAI 1996/2002, dass die jeweiligen Mindestsätze als vereinbart gelten. Die Parteien waren nur dann frei in der Festlegung des Honorars, wenn die Klägerin Leistungen zu erbringen hatte, deren anrechenbare Kosten den Tafelhöchstwert von 3.834.689 € überschritten, dann beständen keine preisrechtlichen Beschränkungen (vgl. BGH BauR 2012, 975 ff). Grundlage der unter dem 13.08.2009 angebotenen Pauschalpreisvereinbarung waren aber anrechenbare Kosten in Höhe von 2.956.886,73 €, die unterhalb des Tafelhöchstwerts liegen. Dass die anrechenbaren Kosten sich später erhöht und den Tafelhöchstwert überschritten haben, ist unerheblich. Denn das Pauschalangebot der Klägerin beruhte auf geringeren anrechenbaren Kosten und machte diese zur Geschäftsgrundlage. Wie die 4. Zwischenrechnung der Klägerin vom 09.05.2011 zeigt, hat sie nämlich wegen einer Erhöhung der anrechenbaren Kosten um eine Anpassung der Pauschalvergütung auf 399.183,72 € gebeten. Da dem Angebot vom 13.08.2009 aber unter dem Tafelhöchstwert liegende anrechenbare Kosten zugrunde lagen, war die mündliche Pauschalpreisvereinbarung unwirksam und die jeweiligen Mindestsätze galten als vereinbart.
61
Dieses Ergebnis wird auch bei Geltung der HOAI 2009 erzielt. Gemäß § 7 Abs. 6 S. 1 HOAI 2009 gelten die jeweiligen Mindestsätze als vereinbart, sofern nicht bei Auftragserteilung etwas anderes schriftlich vereinbart worden ist. Nur wenn die ermittelten anrechenbaren Kosten gemäß § 7 Abs.2 HOAI 2009 außerhalb der Tafelwerte der HOAI liegen, sind die Honorare frei vereinbar. Das ist hier nicht der Fall.
62
b.
63
Auch die 4. Zwischenrechnung der Klägerin vom 09.05.2011 begründet keine für die abschließende Honorarberechnung maßgebende Honorarvereinbarung. Zwar wurde hier auf der Basis von über den Tafelhöchstwerten liegenden anrechenbaren Kosten eine neue Pauschalpreisberechnung vorgenommen. Außerhalb des Tafelhöchstwertes dürften keine preisrechtlichen Beschränkungen bestehen. Diese „Zwischenrechnung“ wurde aber nicht zur Grundlage der von der Klägerin erstellten Teilschlussrechnungen gemacht. Sie bildete lediglich die Basis für die Anforderung einer weiteren Abschlagszahlung.
64
Diese Berechnung ist nicht als Angebot auf eine abschließende nachträgliche Vergütungsvereinbarung verstanden und angenommen worden. Hiergegen spricht die zeitlich später getroffene Abrede, die Leistungen geschossweise abzurechnen. Bei der Honorarberechnung vom 09.05.2011 handelte es sich vom Wortlaut nur um eine „Zwischenrechnung“, also keine Schlussrechnung. Die anrechenbaren Kosten waren lediglich geschätzt unter Berücksichtigung der „tatsächlich zu erwartenden Herstellungskosten“. Es ist nicht erkennbar geworden, dass die Beklagte damit einverstanden war, diese Abrechnungsweise zum Gegenstand der Schlussabrechnung zu machen. Die Beklagte behauptet zwar, es sei aufgrund der erhöhten Herstellungskosten eine Erhöhung des Pauschalfestpreises vereinbart worden. Sie berücksichtigt hierbei nicht, dass die ursprüngliche Pauschalpreisvereinbarung unwirksam war. Dass erstmals Mitte Mai 2011 eine Pauschalpreisvereinbarung getroffen worden ist, belegt sie nicht.
65
In der Berufung trägt sie hierzu vor, es sei eine Erhöhung des Pauschalpreises auf 399.183,72 € vereinbart worden, wobei die Abrechnung geschossweise erfolgen sollte. Die Beklagte verknüpft die Erhöhung des Pauschalpreises mit der Möglichkeit, die Arbeiten in den jeweiligen Geschossen getrennt und abschließend zu berechnen. Legt man dieses Verständnis zugrunde, hätten die Parteien einen Ingenieurvertrag zu einem bestimmten Pauschalpreis geschlossen mit der Möglichkeit, für jedes Geschoss Teilschlussrechnungen zu erstellen. Hiergegen spricht, dass der Anteil der geplanten Arbeiten für jedes Geschoss an dem Pauschalpreis nicht festgelegt war und dass die Arbeiten sich nicht auf alle Geschosse erstreckten. Arbeiten im EG und 5. bis 7. OG sind nicht von der Beklagten abgerufen worden.
66
c.
67
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sind die Willenserklärungen der Parteien gemäß §§ 133, 157 BGB vielmehr dahin auszulegen, dass die Parteien sich auf eine geschossweise Abrechnung der Leistungen der Klägerin auf der Basis der für jedes Geschoss angefallenen anrechenbaren Kosten geeinigt haben. Die Initiative der Beklagten, auf eine geschossweise Abrechnung hinzuwirken, ist von der Klägerin als neues Angebot verstanden worden, jedes Geschoss nach den dort angefallenen anrechenbaren Kosten separat abzurechnen und den Vertrag nur auf diese Geschosse zu beschränken. In diesem Sinne hat die Klägerin tatsächlich abgerechnet und damit das Angebot der Beklagten angenommen.
68
Ihr Vorbringen, dass das Abrechnungsangebot der Beklagten in dieser Weise abgefasst und zu verstehen war, hat die Klägerin nach dem Ergebnis der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme auch bewiesen. Der Zeuge F…, der als Controller für die Bauaufsicht und die Abrechnung auf Seiten der Beklagten tätig war, hat bekundet, der Geschäftsführer der Beklagten, Herr St…, habe ihm auf seinen Hinweis hin, dass ein schriftlicher Vertrag mit der Klägerin fehle, mitgeteilt, es solle etagenweise abgerechnet werden. Diese Äußerung des Geschäftsführers der Beklagten hat der Zeuge an die Klägerin weiter gegeben. Dies hat auch der Zeuge B… bestätigt. Nach dem Bekunden des Zeugen F… seien die Ingenieurarbeiten nicht geschossübergreifend wahrgenommen worden, sondern auf das jeweilige Geschoss begrenzt gewesen, wobei Pausen zwischen der Sanierung der einzelnen Etagen eingelegt worden seien. Die Klägerin sei nach einer gewissen Zeit auch nicht mehr mit den weiteren Sanierungsarbeiten betraut worden.
69
Der von Herrn F… an die Klägerin weiter gegebene Vorschlag der Beklagten konnte daher von der Klägerin so verstanden werden, dass sie ihre Arbeiten für jede Etage separat nach den bislang praktizierten Abrechnungsparametern aber auf der Basis der konkreten Sanierungskosten für jede betreute Etage berechnen sollte. Diese Parameter setzten sich aus einem Leistungsanteil von 75 % an den Leistungsbildern, der Honorarzone 2, einem Umbauzuschlag von 20 %, einer Nebenkostenpauschale von 5 %, der Berücksichtigung von Mieterwünschen mit je 250 € und einem Gesamtnachlass von 21 % zusammen. Nach diesen Parametern waren auch die Pauschalpreisangebote verfasst worden; allerdings auf der Grundlage der für die gesamte Gebäudesanierung maßgebenden anrechenbaren Kosten. Die etagenweise Abrechnung war für die Klägerin vorteilhafter, weil sich die degressive Honorarbemessung der HOAI bei einer höheren Gesamtkostenbemessung für das komplette Gebäude stärker auswirkt als bei einer Abrechnung auf der Basis geringerer anrechenbarer Kosten für jede einzelne Etage.
70
Dass die Klägerin in dieser Weise den Abrechnungsvorschlag der Beklagten verstanden hat, zeigen ihre Teilschlussrechnungen für das 1.OG vom 08.08.2012, für das 4. OG und das Garagengeschoss vom 21.05.2013, für das 2. OG vom 23.05.2013 sowie für die RDA-Anlagen Treppenhäuser vom 24.05.2013. Dieser Abrechnungsweise hat die Beklagte nicht zeitnah widersprochen. Das Ergebnis der Rechnungsprüfung des Zeugen F… bestätigte vielmehr diese Abrechnungsvereinbarung. Denn darin wurde nur teilweise die Höhe der anrechenbaren Kosten reduziert. Die Abrechnungsweise als solche wurde nicht in Frage gestellt. Dies verdeutlicht, dass Herr Feikes den Abrechnungsvorschlag des Geschäftsführers der Beklagten ebenfalls wie die Klägerin dahin verstanden hat, dass die in den Etagen jeweils anfallenden Sanierungskosten der Abrechnung zugrunde zu legen waren und dass er dieses Verständnis so an die Klägerin weitergegeben hat. Denn sonst hätte er die Abrechnungen mit einem anderen Ergebnis geprüft.
71
d.
72
Da die für die Sanierung auf den jeweiligen Etagen anfallenden anrechenbaren Kosten unterhalb der Tafelhöchstwerte lagen und eine schriftliche Honorarvereinbarung bei Auftragserteilung nicht vorlag, richtet sich das geschuldete Honorar ungeachtet der jeweils maßgebenden Fassung der HOAI nach den in der HOAI festgesetzten Mindestsätzen. Allerdings würde das anhand der Mindestsätze berechnete Honorar die Honorarforderungen der Klägerin übersteigen, die jeweils in ihren Abrechnungen einen Nachlass von 21 % gewährt hatte. Die Klägerin ist nicht gehindert, gleichwohl ein geringeres Honorar zu verlangen. Sie kann aus einer offensichtlich unwirksamen Honorarvereinbarung vorgehen und ggf. klagen (vgl. Locher/Koeble/Frik, HOAI, 9. Auflage, § 4 Rdn. 21, 77; 10. Auflage, § 7 Rdn. 102 mit weiteren Nachweisen). Jedenfalls ist - entgegen der Auffassung der Beklagten - für eine Abrechnung auf der Basis der Pauschalpreisangebote kein Raum.
73
3.
74
Der Verzugszinsanspruch und der Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten beruhen auf §§ 280, 286, 288 BGB.
75
4.
76
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Gründe gemäß § 543 Abs. 2 ZPO, die es gebieten, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
77
Streitwert für das Berufungsverfahren: 160.198,43 €
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 23.08.2016 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Düsseldorf unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 149.694,72 € nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 11.786,95 € seit dem 28.08.2012, aus weiteren 31.531,45 € seit dem 08.10.2012, aus weiteren 17.316,15 € seit dem 24.12.2012, aus weiteren 56.440,80 € seit dem 23.06.2013, aus weiteren 11.047,22 € seit dem 25.06.2013 und aus weiteren 12.572,11 € seit dem 26.06.2013 sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1.580 € zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten der ersten Instanz tragen die Klägerin 10 % und die Beklagte 90 %. Die Kosten der Berufung tragen die Klägerin zu 7 % und die Beklagte zu 93 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn die Klägerin nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Gründe:
2
I.
3
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Vergütung von Ingenieurleistungen. Diese beauftragte die Klägerin unter dem 02.07.2008 mit Leistungen der technischen Ausrüstung i.S.v. § 73 HOAI (1996/2002) für das Projekt R…. Das R… wurde im April 2011 eröffnet. Die Parteien sind über den Umfang vereinbarter Nachlässe und von Nachtragsaufträgen uneins. Im Jahr 2009 beauftragte die Beklagte die Klägerin mit Planungsleistungen für das anliegende I…-Gebäude. Die Klägerin erstellte unter dem 13.08.2009 ein Honorarangebot für das Gewerk Elektrotechnik; für die Honorarabrechnung wurde die HOAI Stand 01.01.1996 benannt. Das Angebot wurde nicht von beiden Parteien unterzeichnet. Die Klägerin rechnete ihre Leistungen für das I…-Gebäude geschossweise ab. Das daraus resultierende Honorar ist zwischen den Parteien streitig. Zur Prozessgeschichte und zum weiteren Vorbringen der Parteien im ersten Rechtszug wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
4
Durch das am 23.08.2016 verkündete Urteil hat die Einzelrichterin der 5. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 160.198,43 € nebst Zinsen zu zahlen und hat im Übrigen die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, im Hinblick auf das Projekt R… N… stehe der Klägerin noch eine Restvergütung in Höhe von 22.290,66 € zu:
5
6
Rechnung Nr. 207115 vom 23.07.2012: 8.480,71 €Entgegen der Auffassung der Beklagten erstrecke sich der ursprünglich vereinbarte Nachlass nicht auf sämtliche im Zusammenhang mit dem Projekt R… erbrachte Leistungen sondern nur auf die unter die Pauschalierungsvereinbarung fallenden Leistungen. Bei den hier abgerechneten Leistungen handele es sich um Zusatzleistungen, die zusätzlich zur Pauschalsumme zu vergüten seien. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe nicht fest, dass die Parteien einen Nachlass auf die nachträglichen Leistungen vereinbart hätten. Der Zeuge T… habe dies zwar behauptet, habe sich aber nicht an die Einzelheiten des Gesprächs erinnern können. Es sei nicht auszuschließen, dass der Zeuge Rückschlüsse von der üblichen Handhabung auf den Einzelfall ziehe. Die mündliche Vereinbarung eines Nachlasses wäre auch gemäß § 4 Abs. 2 HOAI formnichtig, da die Vereinbarung nicht schriftlich geschlossen worden sei.
7
Rechnung Nr. 207124, 207125, 207126: 11.786,95 €Unstreitig seien diese Leistungen zu den Nachtragsaufträgen der Firmen P…, E…, und N… & F… auch erbracht worden. Die Klägerin habe eine Auftragserteilung bewiesen. Der Zeuge B… als Bauleiter habe bekundet, die Aufträge seien mündlich erteilt worden. Ein schriftliches Angebot sei an die Beklagte versandt worden. Die Beklagte habe aber dazu aufgefordert, die Arbeiten sofort umzusetzen, was auch geschehen sei. Dem stehe die Aussage der Zeugin K… nicht entgegen. Soweit sie ausgesagt habe, es gebe nur schriftliche Verträge, mit mündlichen Verträgen habe sie nichts zu tun, habe die Zeugin selbst nicht über Wahrnehmungen auf der Baustelle verfügt.
8
Rechnung Nr. 209116, 209117 vom 11.09.2012: 2.023 €Diese Leistungen seien zusätzlich beauftragt worden und nicht Teil des Pauschalpreisvertrags vom 02.07.2008. Es handele sich um Mieterausbauarbeiten. Sowohl der Zeitpunkt der Durchführung der Arbeiten – nach Eröffnung des R… - und der Gegenstand der Arbeiten spreche für gesondert zu vergütende Nachtragsarbeiten. Es sei nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen worden, inwiefern diese Leistungen von der Pauschalpreisvereinbarung umfasst sein sollten.
9
Die Klägerin habe ferner einen Anspruch auf Zahlung von insgesamt 137.907,77 € für die im Zusammenhang mit dem I…-Gebäude erbrachten und abgerechneten Leistungen. Insoweit sei keine wirksame Pauschalpreisabrede getroffen worden aufgrund der Honorarangebote vom 13.08.2009 und 09.05.2011. Die Beweisaufnahme habe eine solche Abrede nicht bestätigt. Allein die Bezugnahme der Klägerin in ihrem Angebot vom 09.05.2011 auf die Vereinbarung vom 13.08.2009 lasse nicht auf übereinstimmende Willenserklärungen schließen. Der Zeuge F… habe nicht sagen können, dass das ursprüngliche Pauschalpreisangebot zustande gekommen sei; es habe jedenfalls etagenweise abgerechnet werden sollen. Der Zeuge B… habe bekundet, er gehe davon aus, dass der Pauschalpreisvertrag geschlossen dann aber auf eine geschossweise Abrechnungsweise umgestellt worden sei. Beide – aus unterschiedlichen Lagern stammende – Zeugen hätten übereinstimmend bekundet, es habe gerade nicht auf der Grundlage der ursprünglichen Pauschalvereinbarung, sondern schrittweise nach Geschossen abgerechnet werden sollen. Selbst wenn die ursprüngliche Pauschalpreisvereinbarung einmal wirksam gewesen sein sollte, so hätten die Parteien jedenfalls nicht daran festgehalten. Der Vergütungsanspruch sei fällig, eine Abnahme sei erfolgt. Dem Vorbringen der Klägerin, sie habe die Revisionsunterlagen an die Beklagte übersandt, sei die Beklagte nicht weiter entgegen getreten, so dass das Vorbringen der Klägerin als unstreitig anzusehen sei. Die übliche Vergütung sei zu zahlen. Die Klägerin habe auf der Basis der Pauschalvereinbarung unter Anrechnung eines Nachlasses von 25 % abgerechnet. Die Beklagte habe nicht eingewandt, dass die übliche Vergütung überschritten sei.
10
Mit ihrer Berufung macht die Beklagte geltend, das landgerichtliche Urteil leide an einer fehlerhaften Tatsachenfeststellung.
11
12
Rechnung Nr. 207115 vom 23.07.2012: 8.480,71 €Das Landgericht berücksichtige nicht, dass der Zeuge T… sich an das Gespräch, in dem der Preisnachlass vereinbart worden sei, konkret habe erinnern können. Deshalb sei es nicht zutreffend, dass der Zeuge nur Rückschlüsse auf die übliche Handhabung gezogen habe. Der Zeuge habe ausdrücklich bekundet, der Nachlass habe sich auch auf Nachtragsaufträge erstreckt. Es sei in der Rechtsprechung und Literatur einhellige Auffassung, dass sich ein Honorar außerhalb der Tafelwerte sowohl der Form als auch der Höhe nach völlig frei verhandeln lasse. Sie, die Beklagte, habe in den Auftragsbestätigungen immer auf die Vertragsbedingungen aus dem paraphierten Ingenieurvertrag vom 02.07.2008 Bezug genommen.
13
Rechnung Nr. 207124, 207125, 207126: 11.786,95 €:
14
Das Landgericht habe sich nicht mit der Bekundung des Zeugen B… auseinander gesetzt, wonach er über eine Beauftragung nichts sagen könne, auf der Baustelle als Bauleiter tätig gewesen sei und mit der Zusammenstellung von Angeboten nichts zu tun gehabt habe. Erst später habe er gesagt, die Aufträge seien mündlich erteilt worden. Dieser Widerspruch in der Aussage sei nicht berücksichtigt worden. B… habe sich auch nicht daran erinnern können, wann und von wem die Aufträge erteilt worden seien. Es sei möglich, dass der Zeuge allein aus der Erforderlichkeit der Arbeiten geschlossen habe, sie seien auch beauftragt. Die Zeugin Koch habe bekundet, auch bei einer mündlichen Beauftragung wende sie sich an die Projektleitung, die sich dann darum kümmere, dass ein schriftlicher Vertrag in die Bauakte gelange. Dass der Zeugin K… die Rechnungen nicht übersandt worden seien, belege, dass sie den Auftrag nicht erteilt habe.Die Klägerin habe sich die Mutmaßung des Zeugen B…, dass der Auftrag durch die Herren K…, Kn… oder T… erteilt worden sei, nicht zu eigen gemacht. Daher habe sie erstinstanzlich keinen Anlass gehabt, auf die fehlende Vertretungsmacht hinzuweisen.
15
16
Rechnung Nr. 209116, 209117 vom 11.09.2012: 2.023 €Das Landgericht unterstelle zu Unrecht, ein Vertrag sei geschlossen worden, obwohl sie bereits in der Klageerwiderung dies bestritten habe. Für Nachtragsaufträge seien unter Ziffer 9.1 und 9.2 spezielle Regelungen vereinbart worden, wonach diese vom Bauherrn anerkannt oder bei grundlegenden Änderungen schriftlich mit ihr vor Beginn der Arbeiten vereinbart werden müssten. Diese Voraussetzungen lägen hier nicht vor. Die Arbeiten seien daher mit dem Pauschalhonorar abgegolten. Die Klägerin habe zu beweisen, dass ihr ein gesonderter Auftrag erteilt worden sei.
17
Im Hinblick auf das Objekt I… habe das Landgericht nicht hinreichend geprüft, ob das Pauschalpreisangebot konkludent durch Erbringung der Leistungen und der Begleichung der auf dem Angebot basierenden Rechnungen angenommen worden sei. Es sei zwischen der Honorarhöhe und den Abrechnungsintervallen zu differenzieren. Eine geschossweise Abrechnung schließe eine Pauschalpreisabrede nicht aus. Gegenteiliges hätten auch die Zeugen B… und F… nicht bekundet. Die Frage, wann die Pauschalpreisabrede erhöht und ob dies im Zusammenhang mit der geschossweisen Abrechnung gestanden habe, sei nicht beantwortet worden.
18
Die Beklagte beantragt,
19
unter Abänderung des am 23.08.2016 verkündeten Urteils des LG Düsseldorf die Klage abzuweisen.
20
Die Klägerin beantragt,
21
die Berufung zurückzuweisen.
22
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und trägt ihr erstinstanzliches Vorbringen ergänzend wie folgt vor,
23
24
Rechnung Nr. 207115 vom 23.07.2012: 8.480,71 €Der Zeuge T… habe gerade nicht bestätigt, dass auch für die Nachträge ein Nachlass von 25 % vereinbart worden sei. Er habe nur darauf hingewiesen, dass dies üblich sei. Die Vorlage der Unterlagen der Anlage BK 1 sei verspätet. Auch stünden diese Vertragsunterlagen ihrem Vorbringen nicht entgegen.
25
Rechnung Nr. 207124, 207125, 207126: 11.786,95 €Der Zeuge B… habe widerspruchsfrei ausgesagt, dass er mündliche Aufträge erteilt habe. Zu schriftlichen Auftragserteilungen habe er nichts sagen können. Es sei von dem Zeugen glaubhaft geschildert worden, dass aufgrund der räumlichen Nähe der Büros der Parteien und des Zeitdrucks Aufträge mündlich erteilt worden seien. Die Zeugin K… habe nur aussagen können, welche Beauftragungen schriftlich in den von ihr zu bearbeitenden Akten festgehalten worden seien. Ausführungen zur fehlenden Vertretungsmacht der Zeugen K… und Kn… seien reine Schutzbehauptungen.
26
Rechnung Nr. 209116, 209117 vom 11.09.2012: 2.023 €Angesichts des unzureichenden Beweisangebots durch Vorlage des Pauschalpreisvertrags habe das Landgericht keine weiteren Feststellungen treffen und den Sachverhalt weiter aufklären müssen.
27
Das Landgericht habe den Beweis über eine Pauschalpreisvereinbarung hinsichtlich des Projekts I…-Gebäude zutreffend abgelehnt. Weder Verweise in einem Angebot, noch Rechnungen belegten, dass eine solche Vereinbarung getroffen worden sei.
28
Wegen des weitergehenden Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze und die von den Parteien zu den Akten gereichten Urkunden Bezug genommen.
29
II.
30
Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache zu einem geringen Teil Erfolg.
31
Aus der Rechnung Nr. 207115 vom 23.07.2012 steht der Klägerin keine weitere Vergütung zu. Im Hinblick auf die in den Rechnungen Nr. 209116, 209117 vom 11.09.2012 in Höhe von 2.023 € abgerechneten Honorarbeträge hat die Klägerin die Klage zurückgenommen. Die Klägerin hat daher insgesamt einen Vergütungsanspruch gemäß § 631 Abs. 1 BGB in Höhe von 149.694,72 €. Dieser bemisst sich wie folgt.
32
1.
33
Projekt R…:
34
Der Klägerin steht ein Resthonoraranspruch gemäß § 631 Abs. 1 BGB i.V.m. dem am 02.07.2008 geschlossenen Ingenieurvertrag mit der Beklagten in Höhe von 11.786,95 € zu. Die Klägerin war darin im Wesentlichen mit Leistungen für die Technische Ausrüstung im Bereich der Elektrotechnik (Anlagengruppe 3) gemäß § 68 S. 1 Nr. 3 HOAI (1996/2002) betraut worden. Gemäß Ziffer 3.7 des Vertrags waren die Grundleistungen der Leistungsphasen 5 – 9 beauftragt. Dort wurden die Herstellungskosten für die Anlagen nach DIN 276 für die KG 4400 bis 4999 mit 6.300.000 € ermittelt und vereinbart. Die Parteien vereinbarten unter Ziffer 9. auf dieser Basis ein „Gesamtauftragsvolumen pauschal € 350.000“.
35
a.
36
Aus der Rechnung Nr. 207115 vom 23.07.2012 steht der Klägerin keine weitere Vergütung in Höhe von 8.480,71 € zu, weil die Beklagte nach dem Ergebnis der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme bewiesen hat, dass ihr in dieser Höhe ein Nachlass gewährt worden ist. Unstreitig sind die zugrundeliegenden Leistungen erbracht und abgenommen worden. Es handelte sich jeweils um Nachträge
37
aa.
38
Dem Hauptauftrag ist keine Regelung über die Bemessung der Vergütung für Nachträge zu entnehmen. Allerdings ist unstreitig bei der Vergabe des Hauptauftrags ein 25 %iger Nachlass vereinbart worden. Diese Anlage zum Verhandlungsprotokoll ist gemäß Ziff. 2. des Vertrags Grundlage des Auftrags. In der Anlage zu dem Verhandlungsprotokoll sind bestimmte Stundensätze vereinbart worden, falls Änderungen der Leistungen oder zusätzlichen Leistungen notwendig werden. Nachlässe für diese Zusatzleistungen werden dort nicht erwähnt.
39
Anders als bei einem VOB/B-Vertrag kann ein Nachtrag bei einem BGB-Vertrag nicht einseitig angeordnet worden. Für die Durchführung von Nachtragsarbeiten bedurfte es daher einer ergänzenden Vereinbarung der Parteien. Die Beklagte hat behauptet, die Nachträge seien zu den Bedingungen des Hauptauftrags beauftragt worden und damit auch der vereinbarte Projektnachlass in Höhe von 25 %.
40
Die Beklagte hat zur Überzeugung des Senats nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme den Beweis geführt, dass auch für Nachträge der Projektnachlass gelten sollte. Zwar hatte das Landgericht eine solche Nachlassvereinbarung nicht für erwiesen erachtet. Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO hat das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen nur zugrunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Konkrete Anhaltspunkte, die die in dieser Bestimmung angeordnete Bindung des Berufungsgerichts an die erstinstanzlichen Feststellungen entfallen lassen, können sich insbesondere aus Verfahrensfehlern ergeben, die dem erstinstanzlichen Gericht bei der Feststellung des Sachverhalts unterlaufen sind. Ein solcher Verfahrensfehler liegt namentlich vor, wenn die Beweiswürdigung in dem erstinstanzlichen Urteil den Anforderungen nicht genügt, die von der Rechtsprechung zu § 286 Abs. 1 ZPO entwickelt worden sind. Dies ist der Fall, wenn die Beweiswürdigung unvollständig oder in sich widersprüchlich ist oder wenn sie gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt. Gleiches gilt, wenn das erstinstanzliche Gericht Tatsachenvortrag der Parteien übergangen oder von den Parteien nicht vorgetragene Tatsachen verwertet hat. Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der erstinstanzlichen Feststellungen können sich auch aus der Möglichkeit unterschiedlicher Wertung ergeben, insbesondere daraus, dass das Berufungsgericht das Ergebnis einer erstinstanzlichen Beweisaufnahme anders würdigt als das Gericht der Vorinstanz (vgl. zu alldem BGH, Urteil vom 21. Juni 2016 – VI ZR 403/14 –, juris, mwN).
41
Die Würdigung der Aussage des Zeugen T… durch das Landgericht ist nach Auffassung des Senats lückenhaft. Soweit der Zeuge sich nicht an alle Einzelheiten der Vertragsverhandlungen zu erinnern vermochte und von seiner üblichen Handhabung berichtete, ergibt sich daraus nicht zwingend der Rückschluss, dass die Parteien sich in diesem Fall nicht auf Nachlässe für die Nachträge geeinigt hätten. Der Zeuge hat ausdrücklich eingangs seiner Vernehmung bekundet, es sei im Zuge der Verhandlung des Hauptauftrags auch über die Gewährung von Nachlässen für Nachträge gesprochen worden. Die Verhandelnden seien sich mündlich darüber einig geworden. Der Zeuge vermochte nachvollziehbar zu erklären, dass in diesen Vertragsverhandlungen über das allgemeine Vorgehen bei Nachträgen gesprochen worden ist. Dies lässt sich auch dem Verhandlungsprotokoll und dem Vertragstext entnehmen, worin Stundensätze für Nachträge vereinbart und die Voraussetzungen für die Gewährung von Nachträgen unter 9.2. bestimmt worden sind. Lediglich um seine Aussage zu bekräftigen, fügte der Zeuge an, es sei üblich, dass der Projektnachlass sich auch auf die Nachträge erstrecke. Dass der Zeuge sich bei seiner Aussage im Jahr 2015 nicht an alle Einzelheiten eines Gesprächs aus dem Jahr 2008 erinnerte, ist – dies räumt auch das Landgericht ein – nachvollziehbar und trägt eher zur Glaubhaftigkeit seiner Aussage bei.
42
Überdies stützt auch die Abrechnungsweise der Klägerin die Aussage des Zeugen, der Projektnachlass sei auch für die Nachträge vereinbart worden. Für den Auftrag „R…“ und den weiteren Auftrag „I…“ war die Klägerin bereit, jeweils mit hohen Nachlässen zu arbeiten. Für das Projekt „R…“ hat sie einen Nachlass von 25 % und für das Projekt „I…“ von 21 % gewährt. Die Klägerin hat in dem Verhandlungsprotokoll für den Hauptauftrag den Nachlass als „Projektnachlass“ bezeichnet. Diese Formulierung lässt sich dahin auslegen, dass für die gesamte Abwicklung dieses Projekts, wozu auch die Nachtragsarbeiten zählen, ein solcher Nachlass gewährt werden sollte.
43
Die Vernehmung des Zeugen T… ist nicht zu wiederholen. Denn die persönliche Glaubwürdigkeit des Zeugen wird nicht in Zweifel gezogen und der Senat geht von demselben objektiven Erklärungswert der Aussage aus wie die erste Instanz (vgl. BGH MDR 1998, 59 ff). Lediglich die Beweiswürdigung des Landgerichts ist unvollständig und nicht in sich konsequent, so dass der Senat gestützt auf die protokollierte Aussage des Zeugen eine eigene Würdigung vornehmen kann.
44
bb.
45
Entgegen der Auffassung des Landgerichts verstößt die mündliche Nachlassvereinbarung nicht gegen § 4 Abs. 2 HOAI. Zutreffend verweist die Beklagte auf die Entscheidung des BGH vom 08.03.2012 (BauR 2012, 975 ff), wonach die Regelungen des § 4 HOAI nicht für Leistungen gelten, deren anrechenbare Kosten den Tafelhöchstwert überschreiten. § 4 Abs. 1 HOAI gestattet es den Vertragsparteien unter den dort genannten Voraussetzungen, das Honorar für die von der Verordnung erfassten Architekten- und Ingenieurleistungen privatautonom zu vereinbaren. Begrenzt wird die Vertragsfreiheit hinsichtlich der Höhe des Honorars grundsätzlich durch eine Bindung an die in der HOAI festgesetzten Mindest- und Höchstsätze. Allerdings gilt der Mindest- und Höchstpreischarakter der HOAI nicht für Vergütungsvereinbarungen über solche Leistungen, deren anrechenbare Kosten den in § 16 Abs. 3 HOAI genannten Tafelhöchstwert überschreiten. In einem solchen Fall kann das Honorar frei vereinbart werden. Eine Fortschreibung der Honorartabelle für anrechenbare Kosten, die den Wert des § 16 Abs. 3 HOAI übersteigen, kommt ohne eine entsprechende Vereinbarung der Vertragsparteien nicht in Betracht, weil die Honorartabelle des § 16 Abs. 1 HOAI ein in sich geschlossenes System ist (vgl. BGHZ 159, 376, 380).
46
Nach diesen Grundsätzen, die in gleicher Weise für den Regelungsbereich des § 74 Abs. 1, 2 HOAI gelten, ist die hier zu beurteilende Honorarvereinbarung wirksam. Da die Klägerin Leistungen zu erbringen hatte, deren anrechenbare Kosten den Tafelhöchstwert von 3.834.689 € überschritten, bestehen keine preisrechtlichen Beschränkungen. Nach dem Vertrag vom 02.07.2008 betrugen die anrechenbaren Kosten 6,3 Mio €. § 4 Abs. 1 HOAI ist unanwendbar, weil das Honorar für Leistungen mit anrechenbaren Kosten über dem Tafelhöchstwert nach dem klaren Wortlaut des § 16 Abs. 3 HOAI frei vereinbart werden darf und deshalb von den Vorschriften der HOAI, welche die Einhaltung der nach der Verordnung vorgesehenen Mindest- und Höchstsätze sicher stellen sollen, gar nicht erfasst wird (vgl. BGH BauR 2012, 975 ff). Der Verordnungsgeber hat in § 16 Abs. 2 HOAI eine Begrenzung des Honorars für den Fall der Unterschreitung der Tafelwerte ausdrücklich vorgesehen. Hätte er einen Mindestsatz für den Fall der Tafelwertüberschreitung gewollt, hätte er eine entsprechende Regelung getroffen. Die Vereinbarung eines Honorars oberhalb der Tafelwerte kann auch mündlich erfolgen. Der Mindest- und Höchstpreischarakter der HOAI sowie ihre Formvorschriften gelten hier nicht (vgl. Locher/Koeble/Frik, HOAI, 13. Auflage, § 7 Rdn. 89).
47
b.
48
Im Hinblick auf die Leistungen der Klägerin, die sie mit den Rechnungen Nr. 207124, 207125, 207126 vom 27.07.2012 in Höhe von insgesamt 11.786,95 € abgerechnet hat, steht ihr die geforderte Vergütung gemäß § 631 Abs. 1 BGB zu. Hierzu hat die Klägerin die Nachtragsangebote (K 28, K 29 und K 30) vorgelegt. Nach dem Ergebnis der vor dem Landgericht durchgeführten Beweisaufnahme hat die Beklagte der Klägerin insoweit Nachtragsaufträge erteilt. Die Beklagte bestreitet nicht, dass die angebotenen Arbeiten, soweit sie abgerechnet worden sind, von der Klägerin erbracht worden sind. Sie bestreitet auch nicht, dass diese Leistungen vom Ursprungsauftrag nicht erfasst worden sind. Ferner stellt sie die abgerechnete Vergütung, die keine Nachlässe vorsieht, nicht in Zweifel. Ohne Erfolg rügt die Beklagte in der Berufung, durch die Aussage des Zeugen B… sei die Auftragserteilung nicht belegt; im Übrigen hätten ihre Mitarbeiter K…, Kn… und T… keine Vertretungsmacht.
49
Nach dem Ergebnis der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme ist erwiesen, dass die Beklagte die Nachträge beauftragt hat. Der Zeuge B…, der als Bauleiter der Klägerin bei dem Projekt tätig war, hat bekundet, die Aufträge „seien auf dem kurzen Dienstweg“ von den Mitarbeitern K…, Kn… und T… erteilt worden. Es seien insoweit schriftliche Angebote gefertigt worden. Die Klägerin sei aber vorher schon aufgefordert worden, mit den Arbeiten zu beginnen. Die Beklagte wusste also von den zusätzlich erforderlich werdenden Arbeiten und war damit einverstanden, dass die Klägerin die Leistungen erbrachte. Wie das Landgericht in seinem Hinweisbeschluss vom 09.06.205 deutlich machte, sind damals jedenfalls konkludent die Arbeiten in Auftrag gegeben worden.
50
Die Bekundungen der Zeugin K… stehen der Aussage des Zeugen B… nicht entgegen. Die Zeugin, die intern bei der Beklagten mit der Rechnungsprüfung betraut ist, sagte aus, dass sie keinen schriftlichen Auftrag für die dortigen Arbeiten in ihren Unterlagen vorgefunden habe. Grundsätzlich gebe es bei der Beklagten nur schriftliche Verträge. Diese allgemeine Praxis schließt aber eine mündliche Beauftragung nicht aus. Die Zeugin war bei den Gesprächen auf der Baustelle nicht dabei. Dass der Grundsatz, nur schriftliche Aufträge zu erteilen, nicht durchgehend von der Beklagten praktiziert worden ist, zeigt die Diskussion um die Vergütung bei dem Projekt I…, für das unstreitig keine schriftliche Vergütungsvereinbarung getroffen worden ist. Auch der Zeuge F… schilderte, dass er eine schriftliche Beauftragung für seine Tätigkeit nicht habe auffinden können.
51
Soweit die Beklagte nunmehr in der Berufung erstmalig die Vertretungsmacht ihrer Mitarbeiter K…, K… und T… bestreitet, ist ihr Vorbringen gemäß § 531 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen. Denn sie hätte nach dem gerichtlichen Hinweis in dem Beschluss vom 09.06.205, in dem das Landgericht von einer verbindlichen Beauftragung ausgegangen ist, bereits im ersten Rechtszug sich zur fehlenden Vertretungsmacht der genannten Mitarbeiter äußern können und müssen. Die Beklagte hat ihr verspätetes Vorbringen nicht i.S.v. § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO entschuldigt.
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Das Schriftformerfordernis in Nr. 9.2. des Vertrags vom 02.07.2008 steht der Wirksamkeit der Beauftragung nicht entgegen. Es betrifft Änderungen des Bauentwurfs, insoweit hat der Auftragnehmer seine Mehrforderung vor Beginn der Arbeiten schriftlich bekannt zu geben und eine schriftliche Zustimmung einzuholen. Hier handelte es sich nicht um Änderungen des ursprünglichen Bauentwurfs sondern um zusätzliche Leistungen, die durch Mieterwünsche veranlasst waren. Selbst wenn das Schriftformerfordernis auch hierfür gelten sollte, so haben die Parteien dies konkludent insoweit mündlich aufgehoben. Die Regelungen in der Ergänzung des Ingenieurvertrags, die als Anlage in den Vertrag einbezogen worden sind, stehen ebenfalls einem Honoraranspruch nicht entgegen. Danach sollte der Auftragnehmer bei zusätzlichen Leistungen nur dann eine Honorarbeteiligung erhalten, wenn der Bauherr die Kosten gegenüber der Klägerin anerkennt. Die Beklagte hat nicht dargetan, dass der Bauherr hier diesen Mehrkosten widersprochen hat.
53
2.
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Projekt I…-Gebäude
55
Der Klägerin steht gegen die Beklagte für die an diesem Objekt erbrachten Ingenieurleistungen ein Resthonorar in Höhe von 137.907,77 € zu. Dieses setzt sich zusammen aus den in dem klägerischen Schriftsatz vom 13.10.2014 zusammengestellten Beträgen von 31.531,45 € aus der Rechnung vom 07.09.2012, von 17.316,15 € aus der Rechnung vom 23.11.2012, von 22.116,53 € aus der Rechnung vom 21.05.2013, von 43.324,31 € aus der Rechnung vom 21.05.2012, aus 11.047,22 € aus der Rechnung vom 23.05.2013 und aus 12.572,11 € aus der Rechnung vom 24.05.2013.
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Unstreitig hat die Klägerin im Rahmen der Sanierung des I…-Gebäudes vereinbarungsgemäß Ingenieurleistungen für die Beklagte erbracht. Der Vergütungsanspruch ist fällig. Die Abnahme der Werkleistungen ist in der Berufung zwischen den Parteien nicht mehr streitig. Die Beklagte ist dem Vorbringen der Klägerin, ihr sämtliche Revisionsunterlagen auf Anforderung überlassen zu haben, nicht mehr entgegen getreten. Die Klägerin hat in ihrer Auflistung in ihrem Schriftsatz vom 13.10.2014 die Bemessung ihres Honorars nachvollziehbar dargelegt. Diese Berechnung beruhte auf der Vereinbarung der Parteien, die Leistungen der Klägerin durch Teilschlussrechnungen geschossweise zu vergüten.
57
a.
58
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist auf der Basis des Angebots der Klägerin vom 13.08.2009 keine wirksame Honorarvereinbarung getroffen worden. Darin hat die Klägerin für die Planung und Betreuung des technischen Ausrüstung im Gewerk Elektrotechnik ausgehend von anrechenbaren Kosten in Höhe von 2.956.886,73 € ein Pauschalhonorar von 300.000 € netto angeboten. Unstreitig hat die Klägerin im Anschluss an dieses Angebot ihre Ingenieurleistung mit Wissen und Willen der Beklagten erbracht. Ein Werkvertrag ist konkludent geschlossen worden. Eine schriftliche Honorarvereinbarung existiert nicht.
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Da unklar ist, wann die Beklagte das Angebot der Klägerin auf Abschluss eines Werkvertrags angenommen hat, ist bislang nicht festzustellen, ob für die Honorierung der Leistungen die HOAI 1996/2002 oder die HOAI 2009 anwendbar ist. Denn die HOAI 2009, die am 18.08.2009 in Kraft getreten ist, gilt nur für Verträge die ab diesem Zeitpunkt geschlossen worden sind. Die Beklagte hat behauptet, das Angebot der Klägerin vom 13.08.2009 sei bei dem Besprechungstermin vom 20.10.2009 angenommen worden. Demnach würde die HOAI 2009 gelten. Allerdings hat die Klägerin in ihrer Abschlagsrechnung vom 03.11.2009 bereits im August 2009 erbrachte Leistungen berücksichtigt. Sind bereits vor dem 18.08.2009 Planungsleistungen von der Klägerin erbracht und von der Beklagten entgegen genommen worden, so könnte schon vor dem 18.08.2009 ein Vertrag zustande gekommen sein.
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Es kann hier dahinstehen, welche Fassung der HOAI gilt, denn nach beiden Fassungen ist die mündliche Pauschalpreisvereinbarung nicht wirksam: Gemäß § 4 Abs. 1 HOAI 1996/2002 richtet sich das Honorar nach der schriftlichen Vereinbarung, die die Vertragsparteien bei Auftragserteilung im Rahmen der festgesetzten Mindest- und Höchstsätze getroffen haben. Hier fehlt es aber an einer schriftlichen Vereinbarung. Daher bestimmt § 4 Abs. 4 HOAI 1996/2002, dass die jeweiligen Mindestsätze als vereinbart gelten. Die Parteien waren nur dann frei in der Festlegung des Honorars, wenn die Klägerin Leistungen zu erbringen hatte, deren anrechenbare Kosten den Tafelhöchstwert von 3.834.689 € überschritten, dann beständen keine preisrechtlichen Beschränkungen (vgl. BGH BauR 2012, 975 ff). Grundlage der unter dem 13.08.2009 angebotenen Pauschalpreisvereinbarung waren aber anrechenbare Kosten in Höhe von 2.956.886,73 €, die unterhalb des Tafelhöchstwerts liegen. Dass die anrechenbaren Kosten sich später erhöht und den Tafelhöchstwert überschritten haben, ist unerheblich. Denn das Pauschalangebot der Klägerin beruhte auf geringeren anrechenbaren Kosten und machte diese zur Geschäftsgrundlage. Wie die 4. Zwischenrechnung der Klägerin vom 09.05.2011 zeigt, hat sie nämlich wegen einer Erhöhung der anrechenbaren Kosten um eine Anpassung der Pauschalvergütung auf 399.183,72 € gebeten. Da dem Angebot vom 13.08.2009 aber unter dem Tafelhöchstwert liegende anrechenbare Kosten zugrunde lagen, war die mündliche Pauschalpreisvereinbarung unwirksam und die jeweiligen Mindestsätze galten als vereinbart.
61
Dieses Ergebnis wird auch bei Geltung der HOAI 2009 erzielt. Gemäß § 7 Abs. 6 S. 1 HOAI 2009 gelten die jeweiligen Mindestsätze als vereinbart, sofern nicht bei Auftragserteilung etwas anderes schriftlich vereinbart worden ist. Nur wenn die ermittelten anrechenbaren Kosten gemäß § 7 Abs.2 HOAI 2009 außerhalb der Tafelwerte der HOAI liegen, sind die Honorare frei vereinbar. Das ist hier nicht der Fall.
62
b.
63
Auch die 4. Zwischenrechnung der Klägerin vom 09.05.2011 begründet keine für die abschließende Honorarberechnung maßgebende Honorarvereinbarung. Zwar wurde hier auf der Basis von über den Tafelhöchstwerten liegenden anrechenbaren Kosten eine neue Pauschalpreisberechnung vorgenommen. Außerhalb des Tafelhöchstwertes dürften keine preisrechtlichen Beschränkungen bestehen. Diese „Zwischenrechnung“ wurde aber nicht zur Grundlage der von der Klägerin erstellten Teilschlussrechnungen gemacht. Sie bildete lediglich die Basis für die Anforderung einer weiteren Abschlagszahlung.
64
Diese Berechnung ist nicht als Angebot auf eine abschließende nachträgliche Vergütungsvereinbarung verstanden und angenommen worden. Hiergegen spricht die zeitlich später getroffene Abrede, die Leistungen geschossweise abzurechnen. Bei der Honorarberechnung vom 09.05.2011 handelte es sich vom Wortlaut nur um eine „Zwischenrechnung“, also keine Schlussrechnung. Die anrechenbaren Kosten waren lediglich geschätzt unter Berücksichtigung der „tatsächlich zu erwartenden Herstellungskosten“. Es ist nicht erkennbar geworden, dass die Beklagte damit einverstanden war, diese Abrechnungsweise zum Gegenstand der Schlussabrechnung zu machen. Die Beklagte behauptet zwar, es sei aufgrund der erhöhten Herstellungskosten eine Erhöhung des Pauschalfestpreises vereinbart worden. Sie berücksichtigt hierbei nicht, dass die ursprüngliche Pauschalpreisvereinbarung unwirksam war. Dass erstmals Mitte Mai 2011 eine Pauschalpreisvereinbarung getroffen worden ist, belegt sie nicht.
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In der Berufung trägt sie hierzu vor, es sei eine Erhöhung des Pauschalpreises auf 399.183,72 € vereinbart worden, wobei die Abrechnung geschossweise erfolgen sollte. Die Beklagte verknüpft die Erhöhung des Pauschalpreises mit der Möglichkeit, die Arbeiten in den jeweiligen Geschossen getrennt und abschließend zu berechnen. Legt man dieses Verständnis zugrunde, hätten die Parteien einen Ingenieurvertrag zu einem bestimmten Pauschalpreis geschlossen mit der Möglichkeit, für jedes Geschoss Teilschlussrechnungen zu erstellen. Hiergegen spricht, dass der Anteil der geplanten Arbeiten für jedes Geschoss an dem Pauschalpreis nicht festgelegt war und dass die Arbeiten sich nicht auf alle Geschosse erstreckten. Arbeiten im EG und 5. bis 7. OG sind nicht von der Beklagten abgerufen worden.
66
c.
67
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sind die Willenserklärungen der Parteien gemäß §§ 133, 157 BGB vielmehr dahin auszulegen, dass die Parteien sich auf eine geschossweise Abrechnung der Leistungen der Klägerin auf der Basis der für jedes Geschoss angefallenen anrechenbaren Kosten geeinigt haben. Die Initiative der Beklagten, auf eine geschossweise Abrechnung hinzuwirken, ist von der Klägerin als neues Angebot verstanden worden, jedes Geschoss nach den dort angefallenen anrechenbaren Kosten separat abzurechnen und den Vertrag nur auf diese Geschosse zu beschränken. In diesem Sinne hat die Klägerin tatsächlich abgerechnet und damit das Angebot der Beklagten angenommen.
68
Ihr Vorbringen, dass das Abrechnungsangebot der Beklagten in dieser Weise abgefasst und zu verstehen war, hat die Klägerin nach dem Ergebnis der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme auch bewiesen. Der Zeuge F…, der als Controller für die Bauaufsicht und die Abrechnung auf Seiten der Beklagten tätig war, hat bekundet, der Geschäftsführer der Beklagten, Herr St…, habe ihm auf seinen Hinweis hin, dass ein schriftlicher Vertrag mit der Klägerin fehle, mitgeteilt, es solle etagenweise abgerechnet werden. Diese Äußerung des Geschäftsführers der Beklagten hat der Zeuge an die Klägerin weiter gegeben. Dies hat auch der Zeuge B… bestätigt. Nach dem Bekunden des Zeugen F… seien die Ingenieurarbeiten nicht geschossübergreifend wahrgenommen worden, sondern auf das jeweilige Geschoss begrenzt gewesen, wobei Pausen zwischen der Sanierung der einzelnen Etagen eingelegt worden seien. Die Klägerin sei nach einer gewissen Zeit auch nicht mehr mit den weiteren Sanierungsarbeiten betraut worden.
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Der von Herrn F… an die Klägerin weiter gegebene Vorschlag der Beklagten konnte daher von der Klägerin so verstanden werden, dass sie ihre Arbeiten für jede Etage separat nach den bislang praktizierten Abrechnungsparametern aber auf der Basis der konkreten Sanierungskosten für jede betreute Etage berechnen sollte. Diese Parameter setzten sich aus einem Leistungsanteil von 75 % an den Leistungsbildern, der Honorarzone 2, einem Umbauzuschlag von 20 %, einer Nebenkostenpauschale von 5 %, der Berücksichtigung von Mieterwünschen mit je 250 € und einem Gesamtnachlass von 21 % zusammen. Nach diesen Parametern waren auch die Pauschalpreisangebote verfasst worden; allerdings auf der Grundlage der für die gesamte Gebäudesanierung maßgebenden anrechenbaren Kosten. Die etagenweise Abrechnung war für die Klägerin vorteilhafter, weil sich die degressive Honorarbemessung der HOAI bei einer höheren Gesamtkostenbemessung für das komplette Gebäude stärker auswirkt als bei einer Abrechnung auf der Basis geringerer anrechenbarer Kosten für jede einzelne Etage.
70
Dass die Klägerin in dieser Weise den Abrechnungsvorschlag der Beklagten verstanden hat, zeigen ihre Teilschlussrechnungen für das 1.OG vom 08.08.2012, für das 4. OG und das Garagengeschoss vom 21.05.2013, für das 2. OG vom 23.05.2013 sowie für die RDA-Anlagen Treppenhäuser vom 24.05.2013. Dieser Abrechnungsweise hat die Beklagte nicht zeitnah widersprochen. Das Ergebnis der Rechnungsprüfung des Zeugen F… bestätigte vielmehr diese Abrechnungsvereinbarung. Denn darin wurde nur teilweise die Höhe der anrechenbaren Kosten reduziert. Die Abrechnungsweise als solche wurde nicht in Frage gestellt. Dies verdeutlicht, dass Herr Feikes den Abrechnungsvorschlag des Geschäftsführers der Beklagten ebenfalls wie die Klägerin dahin verstanden hat, dass die in den Etagen jeweils anfallenden Sanierungskosten der Abrechnung zugrunde zu legen waren und dass er dieses Verständnis so an die Klägerin weitergegeben hat. Denn sonst hätte er die Abrechnungen mit einem anderen Ergebnis geprüft.
71
d.
72
Da die für die Sanierung auf den jeweiligen Etagen anfallenden anrechenbaren Kosten unterhalb der Tafelhöchstwerte lagen und eine schriftliche Honorarvereinbarung bei Auftragserteilung nicht vorlag, richtet sich das geschuldete Honorar ungeachtet der jeweils maßgebenden Fassung der HOAI nach den in der HOAI festgesetzten Mindestsätzen. Allerdings würde das anhand der Mindestsätze berechnete Honorar die Honorarforderungen der Klägerin übersteigen, die jeweils in ihren Abrechnungen einen Nachlass von 21 % gewährt hatte. Die Klägerin ist nicht gehindert, gleichwohl ein geringeres Honorar zu verlangen. Sie kann aus einer offensichtlich unwirksamen Honorarvereinbarung vorgehen und ggf. klagen (vgl. Locher/Koeble/Frik, HOAI, 9. Auflage, § 4 Rdn. 21, 77; 10. Auflage, § 7 Rdn. 102 mit weiteren Nachweisen). Jedenfalls ist - entgegen der Auffassung der Beklagten - für eine Abrechnung auf der Basis der Pauschalpreisangebote kein Raum.
73
3.
74
Der Verzugszinsanspruch und der Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten beruhen auf §§ 280, 286, 288 BGB.
75
4.
76
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Gründe gemäß § 543 Abs. 2 ZPO, die es gebieten, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
77
Streitwert für das Berufungsverfahren: 160.198,43 €