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  • 16.11.2016 · IWW-Abrufnummer 189917

    Oberlandesgericht Koblenz: Urteil vom 03.08.2016 – 10 U 344/13

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Aktenzeichen: 10 U 344/13
    4 O 103/12 LG Koblenz   
               
    Oberlandesgericht Koblenz      

    IM NAMEN DES VOLKES      

    Urteil     

    In dem Rechtsstreit



    - Beklagte und Berufungsklägerin-

    Prozessbevollmächtigte:    Rechtsanwälte …

    gegen



    - Kläger und Berufungsbeklagter -

    Prozessbevollmächtigte:    Rechtsanwälte …

    hat der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Dr. Metzger, die Richterin am Oberlandesgericht Schleiffer und die Richterin am Oberlandesgericht Zeitler-Hetger
    auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 15. Juni 2016
    für Recht erkannt:

    Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 28. Februar 2013 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

    Die Klage wird abgewiesen.

    Die Kosten des Rechtsstreits, einschließlich der Kosten des Revisionsverfahrens, haben die Parteien jeweils zur Hälfte zu tragen.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

    Die Parteien dürfen die Vollstreckung durch eine Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des aufgrund des Urteils jeweils gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung eine Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

    Gründe:

    I.

    Der Kläger begehrt von der Beklagten die Zahlung von Architektenhonorar aus einer Abschlagsrechnung.

    Die Beklagte beabsichtigte die Neugestaltung des Außenbezirks …[Y] des Wasser- und Schifffahrtsamtes …[Z]. Dabei sollten unter anderem die vorhandenen Gebäude zurückgebaut, das Gelände auf hochwasserfreies Niveau angehoben, hafenbauliche Anlagen errichtet sowie alle erforderlichen Gebäude- und Lagerflächen neu erstellt werden.

    Die Beklagte übertrug dem Kläger mit schriftlichem Generalplanervertrag vom 26. Mai 2009 (Anlage K 1) Architektenleistungen für die Neuerrichtung der Dienstgebäude und der befestigten Außenflächen des Geländes.

    In § 1 „Gegenstand des Vertrages“ ist unter anderem bestimmt:

    „Für die Neuerrichtung der Gebäude ist die komplette Planung entsprechend den Leistungsphasen 1 - 8 des § 15 HOAI zu erbringen. Es ist vorgesehen im ersten Schritt die Leistungsphasen 1 - 4 (Phase I) zu beauftragen. Die Beauftragung der Leistungsphasen 5 - 8 (Phase II) erfolgt optional nach erfolgter Genehmigung des Bauvorhabens durch die vorgesetzte Dienststelle Wasser- und Schifffahrtsdirektion ….“

    Gemäß § 3 des Vertrages in Verbindung mit Ziff. 3.1 der in Bezug genommenen Anlage 2 übertrug die Beklagte dem Kläger die Leistungsphasen 1 bis 4 (Phase I) für das Bauvorhaben. Die Anlage 2 enthält auf Seite 1 unter „Vorbemerkung“ unter anderem folgende Regelung hinsichtlich der weiteren Architektenleistungen:

    „Zur Vertragserfüllung sind u. a. folgende Leistungen in 2 Phasen durch den Auftragnehmer zu erbringen.



    Der Auftraggeber beabsichtigt, dem Auftragnehmer bei Fortsetzung der Planung und Ausführung der Baumaßnahme weitere Leistungen nach Ziff. 3.2 - einzeln oder im Ganzen - zu übertragen, wenn die bisherigen Leistungen zur Zufriedenheit des Auftraggebers erbracht worden sind und eigenes Personal nicht zur Verfügung steht. Die Übertragung erfolgt schriftlich.

    Der Auftragnehmer ist verpflichtet die weiteren Leistungen zu erbringen, wenn sie ihm vom Auftraggeber innerhalb 24 Monaten nach Fertigstellung der Leistungen nach Ziff. 3.1 übertragen werden.

    Der Auftraggeber behält sich vor, die Übertragung auf einzelne Abschnitte der Baumaßnahme zu beschränken. Ein Rechtsanspruch auf die Übertragung der Leistungen nach Ziff. 3.2 besteht nicht.

    Aus der stufenweisen Beauftragung kann der Auftragnehmer keine Erhöhung seines Honorars ableiten.

    Wenn dem Auftragnehmer die Leistungen nach Ziff. 3.2 nicht innerhalb von 24 Monaten nach Fertigstellung der Leistungen nach Ziff. 3.1 übertragen werden, kann der Auftragnehmer den Vertrag aus wichtigen Gründen kündigen, ohne dass dem Auftraggeber wegen der Kündigung ein Schadensersatz zusteht.“

    Sodann ist in Nr. 3.1 der Anlage 2 für die Phase I die Ermittlung des Honorars auf Grundlage der Kostenschätzung des Entwurfs-AU Nr. 46 geregelt und in Nr. 3.2 für die Phase II als Grundlage für die Honorarermittlung die vom Kläger zu erstellende Kostenberechnung nach DIN 276 aus der Entwurf-Ausführungsunterlage angegeben.

    In Anlage 3 zu § 3 Nr. (1) des Vertrages wird die Bewertung der Leistungen in Von-Hundert-Sätzen der Honorare sowohl für die Leistungsphase 1 als auch für die Phase II vorgenommen.

    In § 6 des Vertrages ist die Leistung von Abschlagszahlungen entsprechend dem Stand der Abarbeitung für in sich geschlossene Leistungen vereinbart. In Verbindung mit den Anlagen 3 und 4 legten die Parteien fest, welcher Honorarzone das Objekt zuzuordnen ist und vereinbarten die Geltung der Mindestsätze der Honorartafeln der HOAI (2002).

    Der Kläger erbrachte zunächst die Leistungen der Phase I und wurde von der Beklagten zur Erbringung der Leistungsphasen 5 - 8 (Phase II) erst nach dem 17. August 2009, allerdings innerhalb von 24 Monaten nach Fertigstellung der Phase I, aufgefordert.

    In der Folgezeit erbrachte der Kläger auch Leistungen der Phase II, wobei aufgrund von Auftragsergänzungen auch Planungsergänzungen erfolgten, und forderte von der Beklagten mit Abschlagsrechnung vom 28. Oktober 2011 (Anlage K 2) hierfür - unter Berücksichtigung bereits von der Beklagten geleisteter 34.569,67 € - einen Betrag von 89.711,36 € brutto. Dabei legte der Kläger der Honorarermittlung die Mindestsätze der Honorartafeln der HOAI in der ab dem 17. August 2009 gültigen Fassung (HOAI 2009) zugrunde und ermittelte die anrechenbaren Kosten - ausweislich der Abschlagsrechnung auf der Grundlage von Kostenanschlag und Kostenberechnung - mit 1.906.693,24 €; ergänzend begründete er die anrechenbaren Kosten mit Planungsänderungen.

    Die Beklagte kürzte den Betrag der ihr am 31. Oktober 2011 zugegangenen Abschlagsrechnung auf 62.447,35 €, weil das Honorar nach den Honorartafeln der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses am 26. Mai 2009 geltenden Fassung der HOAI zu ermitteln sei als auch die anrechenbaren Kosten auf der Grundlage der Kostenberechnung der Entwurfs-Ausfüh- rungsunterlage nur 1.384.553,00 € betrügen.
    Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger den noch offenen Betrag aus seiner Abschlagsrechnung vom 28. Oktober 2011 in Höhe von 27.264,01 €.

    Der Kläger hat vorgetragen,

    die der Abschlagsrechnung zugrunde liegende Honorarermittlung sei zutreffend nach der HOAI 2009 und den anrechenbaren Kosten nach dem Kostenanschlag erfolgt. Der Kläger habe ein Vertragsangebot für die Leistungen der Phase II bereits am 26. Mai 2009 abgegeben, das von der Beklagten erst nach dem 17. August 2009 angenommen worden sei. Der Architektenvertrag betreffend die Phase II sei deshalb erst mit der Beauftragung des Klägers zur Erbringung der Leistungsphasen 5 - 8 und somit unter der Geltung der HOAI 2009 zustande gekommen. Die Vergütung des Klägers für die Leistungsphasen 5 - 8 richte sich daher nach der HOAI 2009.

    Der Kläger hat beantragt,

    die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Betrag von 27.264,01 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 1. Dezember 2011 zu zahlen,

    sowie im Wege der Zwischenfeststellungsklage,

    festzustellen, dass für die nach dem 17. August 2009 abgerufenen Leistungen des Klägers die Regelungen der HOAI 2009 zur Anwendung zu gelangen haben.

    Die Beklagte hat beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Sie hat vorgetragen,

    auch die Leistungsphasen 5 - 8 seien nach der früheren Fassung der HOAI abzurechnen, da die vertragliche Vereinbarung zur Erbringung dieser Leistungen schon am 26. Mai 2006 erfolgt sei.

    Das Landgericht hat der Klage vollumfänglich stattgegeben, weil die Parteien die Leistungen der Phase II erst nach dem 17. August 2009 im Sinne des § 55 HOAI 2009 vertraglich vereinbart hätten und deshalb der Kläger zu Recht sein Honorar unter Zugrundelegung der Bestimmungen der HOAI 2009 ermittelt habe.

    Es liege eine stufenweise Beauftragung vor mit der Folge, dass ein wirksamer Architektenvertrag nur hinsichtlich der jeweils beauftragten Stufe zustande komme. Die Beauftragung der Leistungsphasen 5 - 8 (Phase II) sei nämlich nur eine Option gewesen, die von einem ungewissen Ereignis (der Genehmigung des Bauvorhabens durch die zuständige Stelle) abhängig gewesen sei, was gegen einen Rechtsbindungswillen der Parteien auch hinsichtlich der  Phase II am 26. Mai 2009 spreche. Zudem habe sich die Beklagte vorbehalten, dem Kläger die Leistungen der Phase II einzeln oder im Ganzen zu übertragen und auf einzelne Abschnitte der Baumaßnahme zu beschränken; der Leistungsgegenstand der späteren Phase II habe deshalb nicht festgestanden. Da dem Kläger nach dem Vertragsinhalt kein Rechtsanspruch auf die Übertragung der Leistungsphasen 5 - 8 zugestanden habe, liege auch kein Fall des Abrufens von Leistungen vor.

    Das von dem Kläger am 26. Mai 2009 abgegebene Vertragsangebot habe die Beklagte erst mit der Beauftragung der Leistungsphasen 5 - 8 nach dem 17. August 2009 angenommen. Diesem Ergebnis stehe auch nicht die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 27. November 2008 - VII ZR 211/07 = BauR 2009, 264 - 267 - entgegen. Der Bundesgerichtshof habe sich dort nämlich nur zu der Frage geäußert, ob eine schriftliche Honorarvereinbarung in einem Architektenvertrag bei einer stufenweisen Beauftragung über später zu erbringende Leistungen mit dem Abruf dieser Leistungen wirksam werde und deshalb „bei Auftragserteilung“ im Sinne des § 4 Abs. 1 HOAI damaliger Fassung getroffen worden sei.

    Die Honorarermittlung des Klägers sei auch im Übrigen zutreffend erfolgt. Die Beklagte habe keine schlüssigen Einwände gegen die von dem Kläger mitgeteilten Ergebnisse seiner Kostenberechnung erhoben.

    Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung, mit der sie im Wesentlichen ihren erstinstanzlichen Sachvortrag wiederholt und vertieft. Ergänzend weist die Beklagte darauf hin, dass dem öffentlichen Teilnahmewettbewerb und damit der Vergabeentscheidung beide Phasen unter Berücksichtigung der bei Vertragsschluss geltenden Honorarregelung unterstellt gewesen seien. Eine nachträgliche Einigung über das Honorar erst vor Übertragung der zweiten Stufe (hier Phase II) würde unter Ausschluss des Wettbewerbs erfolgen und somit eine unzulässige de-facto-Vergabe darstellen. Auch das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung habe am 21. August 2009 in seinem Erlass zur Anwendung der damaligen Neuregelung der HOAI (Anlage BB3, Bl. 79 - 92 d. A.), unter Hinweis auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 28. November 2008 - VII ZR 211/07 - bei einer stufenweisen Beauftragung des Architekten unter der aufschiebenden Bedingung der tatsächlichen späteren Auftragserteilung die Fortgeltung der HOAI a. F. angenommen. In dem Vertrag vom 26. Mai 2009 seien alle von dem Kläger zu erbringenden Leistungen, auch betreffend die Phase II, und auch die Vergütung hierfür - eindeutig nach den Bestimmungen der HOAI in der alten Fassung, da auf deren Paragrafen Bezug genommen worden sei - exakt geregelt.

    Die Beklagte beantragt,

    das Urteil des Landgerichts abzuändern und die Klage abzuweisen.

    Der Kläger beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen.

    Er verteidigt das landgerichtliche Urteil und wiederholt und vertieft seinen erstinstanzlichen Sachvortrag. Ergänzend macht er geltend, es sei kein Indiz für einen früheren Vertragsschluss, wenn die Ursprungsurkunde auch hinsichtlich des nur vom Auftragnehmer angebotenen Teils der Leistungen vollumfassende Regelungen enthalte, da diese zur Abgabe eines wirksamen Angebots erforderlich seien. In seiner Entscheidung vom 27. November 2008 halte der Bundesgerichtshof in aller Eindeutigkeit fest, dass der Vertrag selbst erst mit dem Abruf zustande komme.

    Der Senat hat mit Urteil vom 6. Dezember 2013 (Bl. 151 bis 165 GA)  die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Auf die Revision der Beklagten hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 18. Dezember 2014 (Bl. 243 bis 250 GA) das Senatsurteil im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben und zurückverwiesen, als über den Zahlungsantrag zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist. Zur Begründung hat er ausgeführt, die Honorarermittlung des Klägers enthalte keine nachvollziehbare Mindestsatzberechnung, da sie auf Kostenanschlag und Kostenberechnung gründe und mithin nicht den Vorschriften der HOAI (2009) entspreche. Die Beklagte habe dies auch von Anfang an beanstandet. Dem Kläger müsste Gelegenheit zur Vornahme einer Mindestsatzberechnung nach den Vorgaben der HOAI (2009) gegeben werden.

    Der Kläger hat nach Abschluss seiner Leistungen unter dem 5.1.2015 die Schlussrechnung erstellt (Bl. 268 bis 276 GA). Diese wurde von der Beklagten als nicht prüffähig zurückgewiesen.

    Der Kläger trägt weiter vor, die ursprüngliche Kostenberechnung sei im weiteren Planungsfortschritt aufgrund quantitativer und qualitativer Eingriffe der Beklagten in das Bausoll im Hinblick auf § 7 Abs. 5 HOAI (2009) mehrfach überarbeitet worden. Unter dem 28.10.2011 sei dann eine Kostenberechnung nach DIN 276 (Anlage BE 4, Bl. 280 bis 282 GA) unter Einbeziehung der Vertreter der Beklagten einvernehmlich festgestellt worden; diese Kostenberechnung sei durch die Beklagte ja auch - insoweit unstreitig - zur Grundlage von Nachfinanzierungen gemacht worden.

    Der Kläger hat in dem Termin zur mündlichen Verhandlung am 15. Juni 2016 erklärt (Bl. 377 GA), er stützte die Klageforderung nunmehr auf die gemäß Anlage 2 zum Sitzungsprotokoll (Bl. 380 bis 382 GA) neu ermittelten Honorare auf Grundlage des Zahlenwerkes gemäß Spalte G der Anlage B 7 (Bl. 363 GA), somit von Juni 2011, sowie den Generalplanerzuschlag bis zur Höhe der mit dem Klageantrag geltend gemachten Klageforderung.

    Die Beklagte trägt ergänzend vor, auch die Kostenaufstellung des Klägers vom 28.10.2011 beruhe größtenteils auf dem Kostenanschlag. Die Kostenübersicht sei zwar zur Fortschreibung der Haushaltsunterlagen verwendet worden, jedoch sei nie vereinbart worden, dass sie auch Grundlage für die Kostenberechnung des Klägers sein solle. Es fehle weiterhin hinsichtlich der anrechenbaren Kosten an einer Kostenberechnung entsprechend der HOAI (2009), da der Kläger - unstreitig - nie eine schriftliche Änderung der Honorarvereinbarung verlangt habe. Es sei auch von dem Kläger nicht hinreichend dargelegt, in welcher Weise unstreitig erfolgte Zusatzleistungen in die Kostenermittlung eingeflossen seien bzw. woraus genau sich der Mehrbetrag in den von dem Kläger ermittelten anrechenbaren Kosten ergebe. Weder seien die anrechenbaren Kosten grundsätzlich getrennt dargestellt nach ursprünglichem Auftragsumfang und Zusatzleistungen, noch sei innerhalb einer einheitlichen Berechnung inhaltlich erläutert, woraus sich Kostensteigerungen ergäben. Dies gelte auch hinsichtlich der in der Spalte G der Anlage B 7 aufgeführten Kosten.

    Der Senat hat Beweis erhoben nach Maßgabe des Beweisbeschlusses vom 16.3.2016 (Bl. 344 bis 346 GA) durch Vernehmung der Zeugin Dipl.-Ing. (FH) ...[A]. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 15.6.2016 (Bl. 371 bis 378 GA) Bezug genommen.

    Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

    II.

    Die zulässige Berufung ist, soweit der Rechtsstreit noch anhängig ist, begründet.

    Hinsichtlich der Zwischenfeststellungsklage steht aufgrund des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 18.12.2014 rechtskräftig fest, dass für die von der Beklagten nach dem 17.8.2009 abgerufenen Architektenleistungen des Klägers die Regelungen der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) in der Fassung vom 11. August 2009 anzuwenden sind.

    Daraus folgt vorliegend, dass der geltend gemachte Anspruch des Klägers auf eine Abschlagszahlung von 27.264,01 € nicht begründet ist, da die Honorarermittlung des Klägers keine nachvollziehbare, nach den Vorgaben der HOAI (2009) erstellte Mindestsatzberechnung enthält.

    Für die Ermittlung des Mindestsatzhonorars nach der HOAI (2009) sind gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 HOAI (2009) die anrechenbaren Kosten auf der Grundlage der Kostenberechnung oder, soweit diese nicht vorliegt, auf der Grundlage der Kostenschätzung maßgebend. Eine nach vollziehbare Darlegung der seiner Honorarermittlung zugrunde gelegten anrechenbaren Kosten in diesem Sinne hat der Kläger jedoch nicht vorgelegt.

    Der Kläger hat seinen Zahlungsanspruch zunächst auf die Abschlagsrechnung vom 28.10.2011 (Anlage K 2) gestützt. Dieser hat er anrechenbare Kosten mit Kostenstand 27.10.2011 in Höhe von 1.906.693,24 € netto zugrunde gelegt und diese Kostenermittlung auf Kostenanschlag und Kostenberechnung gegründet. Dies entspricht indes nicht den Vorschriften der HOAI (2009), wie sich aus § 6 Abs. 1 Nr. 1 HOAI (2009) ergibt.

    Sinn und Zweck der Neufassung des § 6 Abs. 1 HOAI war es, dass der Verordnungsgeber mit der Kostenberechnung als alleiniger Grundlage für das Honorar dem Auftraggeber frühzeitig Klarheit über die Kosten des Objekts und auch die Höhe des Architektenhonorars verschaffen wollte. Durch u.a. eine stärkere Abkoppelung der Honorare von den tatsächlichen Baukosten sollte eine weitere Begrenzung der Baukosten erreicht werden (BGH, Urteil vom 18.12.2014, Rn. 24).

    Somit kann der Kläger seiner Honorarermittlung nur die durch eine Kostenberechnung ermittelten anrechenbaren Kosten zugrunde legen. Eine Fortschreibung der anrechenbaren Kosten entsprechend der Preisentwicklung oder aufgrund von tatsächlichen Angeboten oder Ausschreibungsergebnissen ist folglich nicht möglich.

    Gemessen hieran hat der Kläger seiner Honorarforderung weiterhin keine nachvollziehbare Kostenberechnung zugrunde gelegt.

    Soweit er eine einvernehmliche Festlegung seiner zum 28.10.2011 erstellten Kostenübersicht (Anlage BE 4, Bl. 280 bis 282 GA) als Grundlage seines Architektenhonorars geltend gemacht hat, vermochte der Kläger eine derartige Vereinbarung nicht nachzuweisen. Die Angaben der hierzu von dem Kläger benannten und von dem Senat vernommenen Zeugin ...[A] waren insoweit unergiebig. Die Zeugin vermochte zwar darzulegen, warum die Kostenermittlung mehrfach fortgeschrieben wurde, jedoch konnte sie nicht bestätigen, dass zwischen den Parteien vereinbart worden wäre, dass die Kostenaufstellung vom 28.10.2011 auch Grundlage für das Architektenhonorar des Klägers sein sollte. Denn Gespräche seien nur mit der Planungsgruppe der Beklagten geführt worden, während deren Vorgesetzte in Mainz sich nicht geäußert hätten. Gegenstand der Gespräche sei zudem nur gewesen, ob die HOAI alter oder neuer Fassung anzuwenden sei. Damit vermochte die bei dem Kläger tätige und auch für ihn auf der Baustelle handelnde Zeugin ...[A] die von dem Kläger behauptete Abrede nicht zu bestätigen. Einer Vernehmung der gegenbeweislich von der Beklagten benannten Zeugen ...[B] und ...[C] bedurfte es deshalb nicht.

    Die Kostenermittlung des Klägers vom 28.10.2011 ist auch nicht deshalb als Grundlage für seine Honoraransprüche anerkannt anzusehen, weil die Beklagte die darin enthaltenen Beträge für ihre Haushaltsplanungen genutzt und auch für einen von ihr erstellten Kostenspiegel (Bl. 379 GA) verwendet hat. Die Beklagte hat hierzu zu Recht darauf hingewiesen, dass sie aus haushaltsrechtlichen Erwägungen heraus fortlaufende Kostenübersichten benötigte. Dies besagt jedoch nichts über die dem Architektenhonorar zugrunde zu legenden anrechenbaren Kosten, da diese nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 HOAI (2009) ja gerade nicht mehr dynamisch fortgeschrieben werden sollen, sondern statisch auf dem Stand der Entwurfsplanung verbleiben.

    Der Kläger ist daher weiterhin gehalten, eine nachvollziehbare Berechnung der von ihm der Honorarermittlung zugrunde gelegten anrechenbaren Kosten vorzulegen. Da seine Kostenberechnung vom 28.10.2011 auf Kostenanschlag und Kostenberechnung gründet und der Kläger auch keine andere, einer Kostenberechnung nach § 2 Nr. 14 HOAI (2009) entsprechende Kostenermittlung vorgelegt hat, hat er seine Honorarmindestsatzberechnung nicht nachvollziehbar berechnet.

    Die von dem Kläger vorgelegte Anlage BE 4 vermag schon deshalb nicht zur Darstellung der in der Abschlagsrechnung vom 28.10.2011 zugrunde gelegten anrechenbaren Kosten zu dienen, weil die darin enthaltenen Beträge nicht mit den in der Abschlagsrechnung aufgeführten übereinstimmen. So geht die Abschlagsrechnung von anrechenbaren Kosten für Hochbau in Höhe von 1.906.693,24 € netto bzw. 2.268.964,95 € brutto aus, während die Anlage BE 4 diese Beträge nicht aufzeigt. Hinzu kommt, dass die Anlage BE 4 offenbar Ergebnisse bereits erhaltener Angebote - unzulässigerweise - berücksichtigt, da anderenfalls Beträge wie 98.311,50 € für „Baukonstruktive Einbauten“ oder 61.040,52 € für „Sonstige Maßnahmen für Baukonstruktionen“ nicht erklärlich sind.

    Schließlich ergibt sich auch aus der Anlage B 7 und den dort in der Spalte „Kostenberechnung vom 28.10.2011 als Grundlage für Nachfinanzierung“ enthaltenen Beträgen keine nachvollziehbare Kostenberechnung der anrechenbaren Kosten, wie sie der Kläger seiner Abschlagsrechnung vom 28.10.2011 zugrunde gelegt hat. Unstreitig enthält diese jedenfalls bei der Position 12 in der Kostengruppe 300 für das Gerüst den sich aus der erfolgten Ausschreibung ergebenden Betrag. Auch aus den Bekundungen der Zeugin ...[A] - und dem insoweit übereinstimmenden Vortrag der Parteien - ergibt sich, dass nach der Kostenberechnung für die Ausführungsunterlage vom Januar 2010 erstmals Gespräche mit den Fachingenieuren geführt wurden, in denen der Standard des technischen Ausbaus festgelegt worden ist. Nachdem deren Kostenberechnungen vorlagen, sei festgestellt worden, dass die insoweit angesetzten Kosten gemäß AU nicht ausreichend sein würden. Die überarbeiteten Kosten seien dann in die Kostenberechnung vom 28.10.2011 eingearbeitet worden auf der Grundlage bereits vorliegender konkreter Angebote von Firmen. Zugleich habe der Bauherr Änderungen vorgenommen bzw. gewünscht, die sich in den Baukosten niederschlugen. So hätten sich wegen für Werkstatt und Lager gewünschter größerer Gebäude Kostensteigerungen im Bereich des Rohbaus, beim Dachdecker und beim einzubauenden Stahl ergeben; es hätten dann auch alle Gebäude mit einer Dachbegrünung versehen werden sollen. Es sei auch zu Beginn nicht klar gewesen, dass ein Kranplatz, eine Chlordosierungsanlage, ein Ponton und in den Verkehrsflächen Leitungen und Beleuchtungen gewünscht würden.

    Hieraus ergibt sich, dass unstreitig - neben notwendigen Planungsänderungen wegen neuer Gesetze wie dem EEG oder der EnEV - von der Beklagten Zusatz- und Änderungsaufträge erteilt wurden, für die der Kläger ein zusätzliches Honorar beansprucht. Nach § 7 Abs. 5 HOAI (2009) ist die dem Honorar zugrunde liegende Vereinbarung durch eine schriftliche Vereinbarung anzupassen, wenn sich der beauftragte Leistungsumfang auf Veranlassung des Auftraggebers während der Laufzeit des Vertrages ändert mit der Folge von Änderungen der anrechenbaren Kosten, Werten oder Verrechnungseinheiten. Unstreitig hat der Kläger zu keinem Zeitpunkt eine derartige nachträgliche schriftliche Vereinbarung von der Beklagten verlangt. § 7 Abs. 5 HOAI (2009) ist dabei sowohl bei einer Honorarvereinbarung anzuwenden als auch bei einer Mindestsatzabrechnung ohne schriftliche Vereinbarung (Messerschmidt/Voit, Privates Baurecht, 2. Aufl. 2012, HOAI § 7 Rn. 16). Fehlt eine nachträgliche Einigung der Vertragsparteien über die Anpassung des Honorars, muss der Architekt nicht auf den Abschluss einer Vereinbarung klagen, sondern kann die beanspruchte Mehrvergütung unmittelbar einklagen (Messerschmidt/Voit, a.a.O., Rn. 17).

    Demnach könnte der Kläger, jedenfalls bei entsprechenden Änderungs- und Zusatzaufträgen der Beklagten, die ihm dafür zustehende zusätzliche Vergütung unmittelbar geltend machen. Dies setzt jedoch voraus, dass er die auf den Zusatz-/Änderungswünschen der Beklagten beruhenden Veränderungen entweder gesondert abrechnet oder diese so deutlich erläutert, dass für den Auftraggeber die Änderung der anrechenbaren Kosten nachvollziehbar und den einzelnen nachträglichen Aufträgen zuordenbar wird. Daran fehlt es vorliegend indes.

    Der Kläger hat mit der Anlage B 7 eine Übersicht erstellt, die die Kostenentwicklung der einzelnen Gewerke vom 8.2.2008 bis zur Kostenprognose aufzeigt. Hierzu hat er erläutert, die ursprüngliche Kostenermittlung stamme aus dem Jahr 2007 und sei auch nicht auf den Standort St. Goar abgestimmt gewesen. Die Ausführung habe sich dann in die Jahre 2011 bis 2012 verzögert. Es habe schließlich gesetzliche Veränderungen gegeben, die zu einer Überarbeitung der Planung und zu zusätzlichen baulichen Maßnahmen geführt hätten, so die EnEV sowie das EEG. Hinzu gekommen seien Auflagen bzw. Wünsche der Denkmalschutzbehörden, der SGD …, des Zweckverbandes … und der Gemeinde …[Y]. All diese Änderungen seien planerisch erfasst und umgesetzt und die Kostenberechnung mehrfach fortgeschrieben worden, z.B. zum Stand 19.4.2011 (vgl. Schriftsatz vom 15.1.2016, Bl. 327 ff. GA). Auch in dem Termin zur mündlichen Verhandlung am 15.6.2016 hat der Kläger erklärt, die Veränderung der Kostendarstellung vom 18.4.2011 zum Juni 2011 (= Spalte G der Anlage B 7) sei auf Zusatz- und Erweiterungsaufträge zurückzuführen (Bl. 376 GA).

    Dies hat die Beklagte nicht bestritten, rügt insoweit jedoch zu Recht die fehlende nachvollziehbare Darstellung, welche Kosten sich aufgrund welchen Zusatz-/Erweiterungsauftrags geändert haben sollen. Derartige Angaben hat der Kläger nicht gemacht, sie ergeben sich auch nicht aus der Natur der Sache. So lassen sich Kostensteigerungen im Bereich Sanitär von 46.000,00 € auf 90.446,79 € oder im Bereich Lüftung von 45.000,00 € auf 100.176,63 € nur aufgrund näherer Angaben dazu, ob dies auf einer Erweiterung der Gebäude (gegebenenfalls um wieviel) oder auf geänderten technischen Anforderungen (gegebenenfalls wegen von dem Auftraggeber gewünschter geänderter Ausführung oder wegen geänderter gesetzlicher Anforderungen) beruht, nachvollziehen. Dies gilt vor allem im Hinblick darauf, dass zugleich keine Erhöhung der Kosten im Bereich Rohbau, Stahlbauträger und Dachdecker erfolgte, somit gerade nicht von einer Erweiterung der Räumlichkeiten ausgegangen werden kann. Auch falls es sich bei diesen Beträgen der Kostengruppe 400 um die nunmehr vorliegenden Kostenberechnungen der Fachingenieure handeln sollte, die von dem Kläger eingearbeitet wurden, verbleiben die Kostensteigerungen von Januar 2010 - über den 18.4.2011 - bis zum Juni 2011, die von dem Kläger nicht hinreichend erklärt werden. So erschließt sich ohne Erläuterung nicht die Kostensteigerung bei der Kranbahn von 16.000,00 € auf 18.000,00 €, ebenso wenig die Erhöhung der Kosten für ein Glasvordach von 2.800,00 € auf 3.500,00 €, der Leichtmetall-Fassade von 236.560,00 € auf 260.000,00 €, der Kosten für Fliesen, Estrich, Innen- und Außenputz usw. Gerade weil mehrere Auslöser für die von dem Kläger vorgenommene Fortschreibung der Kosten in Betracht kommen, hätte es einer Darstellung des Klägers bedurft, welche Änderung sich auf welche Position in welcher Höhe ausgewirkt hat. Nur so kann nämlich vermieden werden, dass der Architekt entgegen der Regelung in § 6 Abs. 1 Nr. 1 HOAI (2009) Preissteigerungen bei den von ihm kalkulierten Kosten berücksichtigt und so sein Architektenhonorar auf unzulässig erhöhten anrechenbaren Kosten ermittelt.

    Daraus ergibt sich zugleich, dass auch der nunmehr von dem Kläger herangezogenen Abschlagsrechnung (Anlage 2 zum Protokoll vom 15.6.2016), die auf dem Zahlenwerk gemäß Spalte G der Anlage B 7 beruht, keine hinreichend nachvollziehbare Kostenberechnung zugrunde liegt. Es kann daher dahinstehen, ob die Kostendarstellung in Spalte G der Anlage B 7 überhaupt den formalen Anforderungen der DIN 276 entspricht, was die Beklagte in Abrede stellt.

    Die Zahlungsklage ist mithin auf die Berufung der Beklagten abzuweisen.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1, §§ 91, 97 Abs. 1 ZPO. Zu berücksichtigen ist dabei, dass der Kläger mit seiner Zwischenfeststellungsklage obsiegt hat und diese hinsichtlich des Streitwertes mit nahezu dem gleichen Betrag wie die geltend gemachte Abschlagsrechnung anzusetzen ist, da ihr Bedeutung auch für die Schlussrechnung des Klägers zukommt.

    Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

    Der Streitwert des Berufungsverfahrens und des Revisionsverfahrens wird auf 50.000,00 € festgesetzt.

    Dr. Metzger    Schleiffer    Zeitler-Hetger      
    Vorsitzende Richterin
    am Oberlandesgericht    Richterin
    am Oberlandesgericht    Richterin
    am Oberlandesgericht      
                 
    Verkündet am 03.08.2016

    Weitzel, Justizsekretärin
    als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle