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  • 18.12.2013 · IWW-Abrufnummer 134009

    Oberlandesgericht Koblenz: Urteil vom 06.12.2013 – 10 U 344/13

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Geschäftsnummer: 10 U 344/13
    4 O 103/12 LG Koblenz

    Verkündet am 6. Dezember 2013

    OBERLANDESGERICHT KOBLENZ

    IM NAMEN DES VOLKES

    URTEIL

    in dem Rechtsstreit XXX

    Der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Weiss, die Richterin am Oberlandesgericht Schwager-Wenz und die Richterin am Oberlandesgericht Zeitler-Hetger
    auf die mündliche Verhandlung vom 15. November 2013

    für R e c h t erkannt:

    Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 28. Februar 2013 wird zurückgewiesen.

    Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

    Die Beklagte darf die Vollstreckung durch eine Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des aufgrund des Urteils gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung eine Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.

    Die Revision wird zugelassen.

    G r ü n d e :

    I.

    Der Kläger begehrt von der Beklagten die Zahlung von Architektenhonorar aus einer Abschlagsrechnung.

    Die Beklagte beabsichtigte den Neubau des Außenbezirks ...[X] des ...[A]. Dabei sollten unter anderem die vorhandenen Gebäude zurückgebaut, das Gelände auf hochwasserfreies Niveau angehoben, hafenbauliche Anlagen errichtet sowie alle erforderlichen Gebäude- und Lagerflächen neu erstellt werden.

    Mit der Planung für die Neuerrichtung der Gebäude wurde der Kläger als Generalplaner mit Vertrag vom 26. Mai 2009 (Anlage K 1) beauftragt.

    In § 1 „Gegenstand des Vertrages“ ist unter anderem bestimmt:

    „Für die Neuerrichtung der Gebäude ist die komplette Planung entsprechend den Leistungsphasen 1 - 8 des § 15 HOAI zu erbringen. Es ist vorgesehen im ersten Schritt die Leistungsphasen 1 - 4 (Phase I) zu beauftragen. Die Beauftragung der Leistungsphasen 5 - 8 (Phase II) erfolgt optional nach erfolgter Genehmigung des Bauvorhabens durch die vorgesetzte Dienststelle ...[B].“

    Nach § 3 Nr. (1) des Vertrages überträgt der Auftraggeber dem Auftragnehmer die in der Anlage 2 beschriebenen sowie die im Auftragsgespräch besprochenen Leistungen. Die Anlage 2 enthält auf Seite 1 unter „Vorbemerkung“ unter anderem folgende Regelung:

    „Zur Vertragserfüllung sind u. a. folgende Leistungen in 2 Phasen durch den Auftragnehmer zu erbringen.



    Der Auftraggeber beabsichtigt, dem Auftragnehmer bei Fortsetzung der Planung und Ausführung der Baumaßnahme weitere Leistungen nach Ziff. 3.2 - einzeln oder im Ganzen - zu übertragen, wenn die bisherigen Leistungen zur Zufriedenheit des Auftraggebers erbracht worden sind und eigenes Personal nicht zur Verfügung steht. Die Übertragung erfolgt schriftlich.

    Der Auftragnehmer ist verpflichtet die weiteren Leistungen zu erbringen, wenn sie ihm vom Auftraggeber innerhalb 24 Monaten nach Fertigstellung der Leistungen nach Ziff. 3.1 übertragen werden.

    Der Auftraggeber behält sich vor, die Übertragung auf einzelne Abschnitte der Baumaßnahme zu beschränken. Ein Rechtsanspruch auf die Übertragung der Leistungen nach Ziff. 3.2 besteht nicht.

    Aus der stufenweisen Beauftragung kann der Auftragnehmer keine Erhöhung seines Honorars ableiten.

    Wenn dem Auftragnehmer die Leistungen nach Ziff. 3.2 nicht innerhalb von 24 Monaten nach Fertigstellung der Leistungen nach Ziff. 3.1 übertragen werden, kann der Auftragnehmer den Vertrag aus wichtigen Gründen kündigen, ohne dass dem Auftraggeber wegen der Kündigung ein Schadensersatz zusteht.“

    Sodann ist in Nr. 3.1 der Anlage 2 für die Phase 1 die Ermittlung des Honorars auf Grundlage der Kostenschätzung des Entwurfs-AU Nr. 46 geregelt und in Nr. 3.2 für die Phase 2 als Grundlage für die Honorarermittlung die Kostenberechnung nach DIN 276 aus dem Entwurf-AU angegeben.

    In Anlage 3 zu § 3 Nr. (1) des Vertrages wird die Bewertung der Leistungen in Von-Hundert-Sätzen der Honorare sowohl für die Leistungsphase 1 als auch für die Phase 2 vorgenommen.

    In § 6 des Vertrages ist die Leistung von Abschlagszahlungen entsprechend dem Stand der Abarbeitung für in sich geschlossene Leistungen vereinbart.

    Der Kläger erbrachte zunächst die Leistungen der Phase 1 und wurde von der Beklagten zur Erbringung der Leistungsphasen 5 - 8 (Phase 2) erst nach dem 17. August 2009, allerdings innerhalb von 24 Monaten nach Fertigstellung der Phase 1, aufgefordert.

    In der Folgezeit erbrachte der Kläger auch Leistungen der Phase 2 und forderte von der Beklagten mit Abschlagsrechnung vom 28. Oktober 2011 (Anlage K 2) hierfür - unter Berücksichtigung bereits von der Beklagten geleisteter 34.569,67 € - einen Betrag von 89.711,36 € brutto. Dabei hat der Kläger die Honorarermittlung auf Grundlage der HOAI in der ab dem 17. August 2009 gültigen Fassung (HOAI 2009) vorgenommen.

    Die Beklagte kürzte den Betrag der ihr am 31. Oktober 2011 zugegangenen Abschlagsrechnung auf 62.447,35 €, weil das Honorar sowohl nach der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses am 26. Mai 2009 geltenden Fassung der HOAI als auch nach der Kostenberechnung zu ermitteln sei.

    Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger den noch offenen Betrag aus seiner Abschlagsrechnung vom 28. Oktober 2011 in Höhe von 27.264,01 €.

    Der Kläger hat vorgetragen,
    die der Abschlagsrechnung zugrunde liegende Honorarermittlung sei zutreffend nach der HOAI 2009 und den anrechenbaren Kosten nach dem Kostenanschlag erfolgt. Der Kläger habe ein Vertragsangebot für die Leistungen der Phase 2 bereits am 26. Mai 2009 abgegeben, das von der Beklagten erst nach dem 17. August 2009 angenommen worden sei. Der Architektenvertrag betreffend die Phase 2 sei deshalb erst mit der Beauftragung des Klägers zur Erbringung der Leistungsphasen 5 - 8 und somit unter der Geltung der HOAI 2009 zustande gekommen. Die Vergütung des Klägers für die Leistungsphasen 5 - 8 richte sich daher nach der HOAI 2009.

    Der Kläger hat beantragt,

    die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Betrag von 27.264,01 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 1. Dezember 2011 zu zahlen,

    sowie im Wege der Zwischenfeststellungsklage,

    festzustellen, dass für die nach dem 17. August 2009 abgerufenen Leistungen des Klägers die Regelungen der HOAI 2009 zur Anwendung zu gelangen haben.

    Die Beklagte hat beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Sie hat vorgetragen,
    auch die Leistungsphasen 5 - 8 seien nach der früheren Fassung der HOAI abzurechnen, da die vertragliche Vereinbarung zur Erbringung dieser Leistungen schon am 26. Mai 2006 erfolgt sei.

    Das Landgericht hat der Klage vollumfänglich stattgegeben, weil die Parteien die Leistungen der Phase 2 erst nach dem 17. August 2009 im Sinne des § 55 HOAI 2009 vertraglich vereinbart hätten und deshalb der Kläger zu Recht sein Honorar unter Zugrundelegung der Bestimmungen der HOAI 2009 ermittelt habe.

    Es liege eine stufenweise Beauftragung vor mit der Folge, dass ein wirksamer Architektenvertrag nur hinsichtlich der jeweils beauftragten Stufe zustande komme. Die Beauftragung der Leistungsphasen 5 - 8 (Phase 2) sei nämlich nur eine Option gewesen, die von einem ungewissen Ereignis (der Genehmigung des Bauvorhabens durch die zuständige Stelle) abhängig gewesen sei, was gegen einen Rechtsbindungswillen der Parteien auch hinsichtlich der Phase 2 am 26. Mai 2009 spreche. Zudem habe sich die Beklagte vorbehalten, dem Kläger die Leistungen der Phase 2 einzeln oder im Ganzen zu übertragen und auf einzelne Abschnitte der Baumaßnahme zu beschränken; der Leistungsgegenstand der späteren Phase 2 habe deshalb nicht festgestanden. Da dem Kläger nach dem Vertragsinhalt kein Rechtsanspruch auf die Übertragung der Leistungsphasen 5 - 8 zugestanden habe, liege auch kein Fall des Abrufens von Leistungen vor.

    Das von dem Kläger am 26. Mai 2009 abgegebene Vertragsangebot habe die Beklagte erst mit der Beauftragung der Leistungsphasen 5 - 8 nach dem 17. August 2009 angenommen. Diesem Ergebnis stehe auch nicht die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 27. November 2008 - VII ZR 211/07 = BauR 2009, 264 - 267 - entgegen. Der Bundesgerichtshof habe sich dort nämlich nur zu der Frage geäußert, ob eine schriftliche Honorarvereinbarung in einem Architektenvertrag bei einer stufenweisen Beauftragung über später zu erbringende Leistungen mit dem Abruf dieser Leistungen wirksam werde und deshalb „bei Auftragserteilung“ im Sinne des § 4 Abs. 1 HOAI damaliger Fassung getroffen worden sei.

    Die Honorarermittlung des Klägers sei auch im Übrigen zutreffend erfolgt. Die Beklagte habe keine schlüssigen Einwände gegen die von dem Kläger mitgeteilten Ergebnisse seiner Kostenberechnung erhoben.

    Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung, mit der sie im Wesentlichen ihren erstinstanzlichen Sachvortrag wiederholt und vertieft. Ergänzend weist die Beklagte darauf hin, dass dem öffentlichen Teilnahmewettbewerb und damit der Vergabeentscheidung beide Phasen unter Berücksichtigung der bei Vertragsschluss geltenden Honorarregelung unterstellt gewesen seien. Eine nachträgliche Einigung über das Honorar erst vor Übertragung der zweiten Stufe (hier Phase 2) würde unter Ausschluss des Wettbewerbs erfolgen und somit eine unzulässige de-facto-Vergabe darstellen. Auch das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung habe am 21. August 2009 in seinem Erlass zur Anwendung der damaligen Neuregelung der HOAI (Anlage BB3, Bl. 79 - 92 d. A.), unter Hinweis auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 28. November 2008 - VII ZR 211/07 - bei einer stufenweisen Beauftragung des Architekten unter der aufschiebenden Bedingung der tatsächlichen späteren Auftragserteilung die Fortgeltung der HOAI a. F. angenommen. In dem Vertrag vom 26. Mai 2009 seien alle von dem Kläger zu erbringenden Leistungen, auch betreffend die Phase 2, und auch die Vergütung hierfür - eindeutig nach den Bestimmungen der HOAI in der alten Fassung, da auf deren Paragrafen Bezug genommen worden sei - exakt geregelt.

    Die Beklagte beantragt,

    das Urteil des Landgerichts abzuändern und die Klage abzuweisen.

    Der Kläger beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen.

    Er verteidigt das landgerichtliche Urteil und wiederholt und vertieft seinen erstinstanzlichen Sachvortrag. Ergänzend macht er geltend, es sei kein Indiz für einen früheren Vertragsschluss, wenn die Ursprungsurkunde auch hinsichtlich des nur vom Auftragnehmer angebotenen Teils der Leistungen vollumfassende Regelungen enthalte, da diese zur Abgabe eines wirksamen Angebots erforderlich seien. In seiner Entscheidung vom 27. November 2008 halte der Bundesgerichtshof in aller Eindeutigkeit fest, dass der Vertrag selbst erst mit dem Abruf zustande komme.

    Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

    II.

    Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

    Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung des noch offenen Restbetrages von 27.264,01 € aus der Abschlagsrechnung vom 28. Oktober 2011 zu. Ebenso kann er die Feststellung verlangen, dass für die nach dem 17. August 2009 abgerufenen Leistungen des Klägers hinsichtlich des streitgegenständlichen Bauvorhabens die Verordnung über die Honorare für Architekten- und Ingenieurleistungen in der Fassung vom 11. August 2009 zur Anwendung gelangt.

    Die von dem Kläger erhobene Feststellungsklage ist gemäß § 256 Abs. 2 ZPO zulässig und begründet. Denn für die nach dem 17. August 2009 von der Beklagten abgerufenen Leistungen des Klägers hinsichtlich des Neubaus des Außenbezirks ...[X] ist die Verordnung über die Honorare für Architekten- und Ingenieurleistungen in der Fassung vom 11. August 2009 anwendbar.

    Gemäß der Übergangsvorschrift in § 55 HOAI 2009 gilt die Neufassung der HOAI vom 11. August 2009 nicht für Leistungen, die vor ihrem Inkrafttreten vertraglich vereinbart wurden; insoweit bleiben die bisherigen Vorschriften anwendbar. Nach § 56 HOAI 2009 trat diese am Tag der Verkündung in Kraft. Verkündet wurde die Verordnung am 17. August 2009, so dass die HOAI 2009 auf nach diesem Datum vertraglich vereinbarte Leistungen eines Architekten anwendbar ist.

    Die den Gegenstand der streitgegenständlichen Abschlagsrechnung des Klägers bildenden Leistungen des Klägers wurden unstreitig nach dem 17. August 2009 von der Beklagten gefordert und von dem Kläger erbracht. Maßgeblich ist somit, ob diese Leistungen bereits mit dem Vertrag vom 26. Mai 2009 im Sinne des § 55 HOAI 2009 vertraglich vereinbart wurden mit der Folge, dass das dem Kläger unstreitig dem Grunde nach zustehende Honorar insgesamt nach der damaligen Fassung der HOAI zu ermitteln und abzurechnen wäre.

    Die HOAI ist als Gebührenordnung lediglich öffentliches Preisrecht, während sich die Vergütungspflicht dem Grunde nach nach den zivilrechtlichen Vorschriften richtet. Folglich ist allein nach diesen zu beurteilen, ob und wann eine vertragliche Vereinbarung zustande gekommen ist.

    Insoweit ist nicht maßgeblich, welche Auffassung ein Bundesministerium hierzu in seinem Erlass gegenüber den ihrem Zuständigkeitsbereich zugehörigen Behörden vertritt. Vielmehr kommt es maßgeblich auf die tatsächliche Rechtslage an.

    Zu der Frage, wann bei einer stufenweisen Beauftragung eines Architekten der Vertrag über die weiteren Leistungen zustande kommt, hat der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 27. November 2008 - VII ZR 211/07 - BauR 2009, 264 ff - inzidenter Stellung genommen und sich nicht nur mit dem Schriftformerfordernis einer Honorarvereinbarung nach § 4 der damals geltenden Fassung der HOAI befasst. Diese Norm setzte eine schriftliche Vereinbarung bei Auftragserteilung voraus, wobei Auftragserteilung im Sinne des § 4 Abs. 4 HOAI damaliger Fassung der Vertragsschluss war (BGH a. a. O. mit weiteren Nachweisen). Nachdem der Bundesgerichtshof in dieser Entscheidung zur formellen Wirksamkeit einer bereits im Voraus - in dem eine optional stufenweise Erbringung von Architektenleistungen vereinbarenden Architektenvertrag -getroffenen Honorarvereinbarung Stellung genommen hat, ist er jedenfalls zu dem Ergebnis gelangt, dass mit der Ausübung der Option zur Beauftragung der weiteren Architektenleistung ein Architektenvertrag zu den bereits in dem Ursprungsvertrag ausgehandelten Bedingungen zustande gekommen sei.

    Die dieser Entscheidung zugrunde liegenden Vertragsbedingungen sind mit den vorliegenden des Vertrags vom 26. Mai 2009 nahezu identisch. So ist in beiden Fällen seitens des Auftraggebers nur „beabsichtigt“, dem Auftragnehmer bei Fortsetzung der Planung und Ausführung der Baumaßnahme weitere Leistungen - hier nach Nr. 3.2 der Anlage 2 des Vertrages - einzeln oder im Ganzen zu übertragen; eine feste Bindung des Auftraggebers hinsichtlich der Person des Auftragnehmers ist damit gerade nicht gewollt und auch nicht vereinbart. Demgegenüber ist der Auftragnehmer im Falle der Beauftragung durch den Auftraggeber innerhalb eines bestimmten Zeitraums zur Erbringung der weiteren Leistungen verpflichtet, ohne jedoch einen Rechtsanspruch auf die Übertragung dieser weiteren Leistungen zu haben.

    Für diese Konstellation hat der Bundesgerichtshof in der genannten Entscheidung ausgeführt, dass durch die mündliche Beauftragung der weiteren Leistungen der Auftraggeber von seinem Optionsrecht Gebrauch gemacht hat und damit hinsichtlich der weiteren Leistungen ein Architektenvertrag zu den bereits in der ursprünglichen Vereinbarung ausgehandelten Bedingungen zustande gekommen ist.

    So liegt der Fall auch hier. Die Beklagte hat sich die Entscheidung, ob der Kläger mit den Leistungen der Phase 2 beauftragt wird, auch für den Fall der Fortführung des Projekts offen gehalten, indem sie laut dem Vertrag vom 26. Mai 2009 seine Beauftragung nur beabsichtigte und ihm kein Rechtsanspruch darauf zustehen sollte. Damit unterscheidet sich der vorliegende Vertrag in einem maßgeblichen Punkt von einem abschließend verhandelten Vertrag, der nur noch unter der Bedingung steht, dass der Auftraggeber die Entscheidung zur Fortführung der Baumaßnahme trifft. Nur bei einer solchen Fallkonstellation mit einer Bindung des Auftraggebers an die Person des Auftragnehmers ist jedoch von einem Vertragsschluss auch für die späteren Architektenleistungen schon bei Abschluss der Ursprungsvereinbarung auszugehen, weil dann erkennbar eine frühzeitige Bindung beider Parteien gewollt ist (vgl. BGH, Urteil vom 18. Dezember 2008 - VII ZR 189/06 - BauR 2009, 523 - 526).

    Hier indes fehlt es an einer Bindung der Beklagten, die lediglich das Recht, nicht aber die Pflicht zu einer Beauftragung des Klägers mit den Leistungen der Phase 2 haben sollte. Es handelt sich damit bei dem streitgegenständlichen Vertrag um einen Stufenvertrag (vgl. Korbion/Mantscheff/Vygen, HOAI, 8. Aufl. 2013, Einführung Rdnr. 153; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 13. Aufl. 2011, Rdnr. 694, 802) oder um einen Rahmenvertrag, da die Beklagte dem Kläger seine Beauftragung mit den Leistungsphasen 5 - 8 lediglich in Aussicht gestellt hat, ohne sich dazu rechtlich zu verpflichten (BGH, Urteil vom 18. Dezember 2008, a. a. O.).

    Der Stufen- oder Rahmenvertrag indes begründet selbst noch keine vertragliche Vereinbarung der später beauftragten Leistungen, sondern legt nur bestimmte Einzelheiten künftig abzuschließender Verträge fest (BGH BauR 1992, 531). Der Architektenvertrag über die weiteren Leistungen kommt dann erst mit der Beauftragung durch den Auftraggeber zustande, der so das in dem Hauptvertrag enthaltene Angebot des Auftragnehmers annimmt.

    Hier war der Kläger nach dem Vertrag verpflichtet, einer weiteren Beauftragung Folge zu leisten, er war also an sein Vertragsangebot bis zu 24 Monaten nach Fertigstellung der Phase 1 gebunden, wenn er nicht vorher kündigte. Daraus ergibt sich zugleich, dass das in dem Vertrag dem Kläger eingeräumte Kündigungsrecht kein Hinweis darauf ist, dass bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses am 26. Mai 2009 auch ein Vertrag der Parteien über die späteren weiteren Leistungen des Klägers der Phase 2 zustande gekommen ist. Einem bereits zu diesem Zeitpunkt geschlossenen Vertrag über die später zu erbringenden Leistungen, die dann nur noch von der Beklagten hätten abgerufen werden müssen, steht gerade der fehlende Rechtsbindungswille der Beklagten für die spätere Beauftragung des Klägers entgegen, wie bereits ausgeführt. Damit war allein der Kläger über einen längeren Zeitraum an sein Vertragsangebot gebunden, weshalb es sachgerecht erscheint, dass ihm zur Lösung davon ein Kündigungsrecht aus wichtigen Gründen vertraglich eingeräumt wurde.

    Damit erfolgte die vertragliche Vereinbarung der Parteien hinsichtlich der Beauftragung des Klägers mit den Leistungsphasen 5 - 8 erst mit der Beauftragung des Klägers durch die Beklagte nach dem 17. August 2009. Nach § 55 HOAI 2009 ist der Honorarermittlung des Klägers deshalb die HOAI 2009 zugrunde zu legen.

    Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Parteien in dem Vertrag vom 26. Mai 2009 bereits Einzelheiten der Vergütung geregelt haben. In solchen Fällen hat sich das Honorar zwar nach der alten „Grundvereinbarung“ zu richten (BGH, Urteil vom 27. November 2008, a. a. O.; Korbion/Mantscheff/ Vygen, a. a. O., § 55 HOAI), jedoch ist ausschließlich die HOAI 2009 anzuwenden, wenn Leistungsänderungen oder -ergänzungen erfolgen (Korbion/Mantscheff/Vygen, a. a. O.). Solche Änderungen des Leistungsinhalts hat der Kläger - unbestritten - vorgetragen, indem er bereits erstinstanzlich auf nachträgliche Änderungswünsche der Beklagten und im Berufungsverfahren auf durch neue gesetzliche Vorgaben notwendig gewordene Änderungen hingewiesen hat.

    Auch die in dem Vertrag enthaltene Regelung, dass der Auftragnehmer aus der stufenweisen Beauftragung keine Erhöhung seines Honorars ableiten könne, steht der Anwendbarkeit der HOAI 2009 auf die von dem Kläger nach dem 17. August 2009 erbrachten Leistungen der Leistungsphasen 5 - 8 nicht entgegen. Bei der aufgrund einer Neuregelung der Gebührenordnung eintretenden Änderung der Grundlage der Honorarermittlung handelt es sich nicht um eine Erhöhung seines Honorars, da mit der Anwendung der neuen Gebührenordnung nicht notwendigerweise ein höheres Honorar des Architekten einhergehen muss. Im Übrigen käme selbst bei Geltung dieser Vertragsklausel die HOAI 2009 vorliegend allein deshalb zur Anwendung, weil nach dem unbestritten gebliebenen Vortrag des Klägers sich der Leistungsinhalt seines Auftrags geändert hat und folglich der früheren Honorarvereinbarung ihre Grundlage entzogen ist.

    Dem Honoraranspruch des Klägers für die nach dem 17. August 2009 von der Beklagten beauftragten Leistungsphasen 5 - 8 ist somit die HOAI 2009 zugrunde zu legen. Sein hierauf gerichteter Feststellungsantrag ist daher begründet.

    Die Beklagte vermag dagegen auch nicht einzuwenden, dass sie bei der Vergabe des Auftrags vor dem Vertragsschluss am 26. Mai 2009 das zu zahlende Honorar für beide Phasen nach der HOAI in der damaligen Fassung zugrunde gelegt habe und eine nachträgliche Einigung über das Honorar erst vor Übertragung der zweiten Stufe unter Ausschluss des Wettbewerbs unzulässig sei. Die von der Beklagten gewählte Vertragsgestaltung führt aufgrund der Rechtslage dazu, dass der Vertrag über die Architektenleistungen der zweiten Stufe erst mit deren tatsächlicher Beauftragung, wie ausgeführt, zustande kommt. Selbst wenn die Beklagte sich dadurch im Rahmen des Vergaberechts gegenüber anderen Bewerbern um den Auftrag rechtswidrig verhalten würde, vermag dies die tatsächliche Rechtslage nicht zu ändern, sondern allenfalls Ansprüche gegen die Beklagte zu begründen.

    Dem Kläger steht auch der geltend gemachte Restzahlungsanspruch aus der Abschlagsrechnung zu.

    Nachdem die Parteien in dem Vertrag vom 26. Mai 2009 Abschlagszahlungen entsprechend dem Stand der Abarbeitung für in sich abgeschlossene Leistungen vereinbart haben, ist der Kläger grundsätzlich zur Forderung von Abschlagszahlungen berechtigt. Die vertraglich vereinbarte Voraussetzung einer Abarbeitung von in sich geschlossenen Leistungen ist zudem nicht im Streit.

    Die Honorarermittlung des Klägers als Grundlage der streitgegenständlichen Abschlussrechnung hatte, wie ausgeführt, auf Grundlage der HOAI 2009 zu erfolgen. Deren Richtigkeit hat die Beklagte nicht substantiiert angegriffen. Insoweit hat sie erstinstanzlich lediglich geltend gemacht, das Honorar für die Phase 2 werde nach der Kostenberechnung ermittelt und die tatsächlichen anrechenbaren Kosten lägen bei 1.384.553 € netto. Demgegenüber hat der Kläger auf seine der Abschlagsrechnung beigefügte, sich auf 1.906.693,24 € belaufende Kostenermittlung, die auf dem Kostenanschlag und der Kostenberechnung gründet, verwiesen. Dem ist die Beklagte nicht mehr entgegen getreten. Mit der Berufung verweist sie lediglich auf die nach ihrer Auffassung durch den Vertrag vom 26. Mai 2009 eingetretene Bindung des Klägers an die von ihm damals selbst ermittelten anrechenbaren Kosten in Höhe von nur 1.384.553 €. Dieser Einwand ist jedoch, wie dargelegt, unerheblich. Maßgeblich sind die nunmehr von dem Kläger ermittelten Kosten, die auch die erfolgten Änderungen an dem Bauobjekt berücksichtigen.

    Der Zinsanspruch ist gemäß § 286 Abs. 3, § 288 Abs. 2 BGB begründet.

    Die Nebenentscheidungen ergeben sich aus § 97 Abs. 1, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

    Die Revision wird gemäß § 543 Abs. 2 ZPO zugelassen. Die Frage, wann bei einem Vertrag mit dem hier vorliegenden Inhalt der Vertragsschluss hinsichtlich der vorgesehenen weiteren Leistungen des Architekten erfolgt, ist von grundsätzlicher Bedeutung. Die Fragestellung betrifft eine Vielzahl von Fällen und ist jedenfalls hinsichtlich der Frage, welche Gebührenordnung auf die weiteren Leistungen anzuwenden ist, bisher nicht höchstrichterlich geklärt.

    Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 50.000 € festgesetzt.