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  • 15.04.2021 · IWW-Abrufnummer 221764

    Oberlandesgericht München: Beschluss vom 28.09.2020 – Verg 3/20

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Oberlandesgericht München

    Beschluss vom 28.09.2020


    Im Nachprüfungsverfahren
    betreffend die Vergabe von Planungsleistungen RÜD1-a Campus D. 2018, Los 1 und Los 2
    Beteiligte:
    1) ...
    - Antragstellerin und Beschwerdeführerin -
    Verfahrensbevollmächtigte:
    ...
    2) ...
    - Antragsgegnerin und Beschwerdegegnerin -
    Verfahrensbevollmächtigte:
    ...
    3. ...
    - Beigeladene -
    Verfahrensbevollmächtige
    ...

    erlässt das Oberlandesgericht München - Vergabesenat - durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht ..., den Richter am Bayerischen Obersten Landesgericht ... und die Richterin am Oberlandesgericht ... am 28.09.2020 folgenden
    Beschluss

    Tenor:

    I.
    Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der Vergabekammer Nordbayern vom 29.05.2020, Az. RMF-SG 21- 3194-5-4 wird zurückgewiesen.

    II.

    Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der Kosten des Verfahrens nach § 173 GWB sowie einschließlich der notwendigen Auslagen der Antragsgegnerin. Die Beigeladene trägt ihre Aufwendungen selbst.

    IIII.

    Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird festgesetzt auf bis zu 125.000,00 Euro.

    Gründe

    I.

    Die Antragsgegnerin schrieb die Objektplanung Blindeninstitut R. RÜD1-a Campus D. 2018 - Teilprojekt I + II, für Los 1, Leistungsphasen 1- 9 "Ersatzneubau Bauabschnitt 1 und 2"und für Los 2, Leistungsphasen 2-9 "Generalsanierung BA 3 und 4"als Verhandlungsverfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb aus. Die Ausschreibung wurde im Supplement zum Amtsblatt der EU am 16.01.2020 veröffentlicht. In der Ausschreibung ist ausgeführt, dass zunächst nur die Grundleistung der Leistungsphasen 1 und 2 (Los 1) bzw. Leistungsphase 2 (Los 2) beauftragt werden sollten. Die Teilnahmeanträge waren - nach einer Änderung der Unterlagen - bis 28.02.2020 einzureichen.

    Der Komplex Schule am D. war durch den 2002 verstorbenen Architekten B. H., den Vater der beiden einzigen Gesellschafter der Antragstellerin, geplant worden.

    Mit Schreiben vom 07.02.2020 (Anlage BF 4) rügte die Antragstellerin, aufgrund des ihr zustehenden Urheberrechts verstoße die Wahl der Verfahrensart gegen § 14 Abs. 4 Nr. 2c) VgV, zudem fehle es aus demselben Grund an der potentiellen Eignung anderer Bieter. Mit Schriftsatz vom 12.02.2020 (Anlage A 12) rügte die Antragstellerin die Verwendung und Veröffentlichung der von ihr erstellten Pläne, Skizzen und sonstigen Unterlagen im Rahmen der Ausschreibung.

    Die Antragstellerin reichte am 14.02.2020 einen Teilnahmeantrag ein. Mit Schreiben vom 21.02.2020 (Anlage A 13) teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, den vorbezeichneten Rügen nicht abzuhelfen. Die Antragstellerin rügte mit Schreiben vom 27.02.2020 (Anlage A 14) des Weiteren die Aufteilung des Auftrags in Lose. Aufgrund ihres Urheberrechts sei nur eine einheitliche Beauftragung an sie möglich. Diese Rüge wies die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 05.03.2020 zurück.

    Mit Schriftsatz vom 05.03.2020 reichte die Antragstellerin einen Nachprüfungsantrag ein. Die Antragstellerin ist der Ansicht, der bauliche Komplex, bestehend aus den sternförmigen Heimgebäuden und dem riegelförmigen Schulgebäude sei insgesamt als Werk der Baukunst urheberrechtlich geschützt. Das Urheberrecht oder zumindest ein ausschließliches Nutzungsrecht stehe der Antragstellerin oder jedenfalls ihren beiden Alleingesellschaftern zu. Daher sei sie als einzige in der Lage, die Aufträge auszuführen. Aus diesem Grund sei die Antragsgegnerin nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet gewesen, gemäß § 14 Abs. 4 Nr. 2 c) VgV die Aufträge im Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb zu vergeben. Aus demselben Grund sei auch die Aufteilung in Lose unzulässig. Außerdem fehle es im Hinblick auf das Urheber- bzw. Nutzungsrecht der Antragstellerin sämtlichen anderen Bietern an der Eignung.

    Aus der Ausschreibung der Planung eines "Ersatzneubaus"in Los 1 ergebe sich zudem zwingend, dass die Antragsgegnerin einen Abriss der Sterne voraussetze. Ein solcher sei aber auch im Hinblick auf die von der Antragsgegnerin angeführten geänderten Anforderungen an Heime für Sehbehinderte nicht zwingend erforderlich.

    Die Antragstellerin hat beantragt,

    die Antragsgegnerin zu verpflichten, das Vergabeverfahren in den Stand vor Auftragsbekanntmachung zurückzuversetzen.

    Die Antragsgegnerin hat beantragt,

    den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen.

    Die Antragsgegnerin ist der Ansicht, der bauliche Komplex sei weder als Ganzes noch einzelne Teile davon für sich genommen urheberrechtlich geschützt. Jedenfalls sei die Antragstellerin selbst weder Inhaberin des Urheberrechts noch eines ausschließlichen Nutzungsrechts. Zudem räume § 14 Abs. 4 Nr. 2c) VgV der Vergabestelle nur die Möglichkeit ein, von einem Teilnahmewettbewerb abzusehen. Eine Pflicht dazu bestehe nicht.

    Selbst wenn ein Urheberrecht anzunehmen wäre, sei die Antragsgegnerin im Rahmen der nötigen Abwägung zu einem Ersatzneubau bezüglich der Sterne und einer Generalsanierung des riegelförmigen Schulgebäudes befugt. Es bestünden geänderte Anforderungen an Wohnräume für Sehbehinderte und ein erhöhter Raumbedarf, was einen Neubau der Heime erforderlich erscheinen lasse. Die Generalsanierung des riegelförmigen Schulgebäudes sei u.a. zur energetischen Sanierung und aus Gründen des Brandschutzes erforderlich. Ob die Sterne tatsächlich abgerissen oder nur ein Neubau für die Heime auf dem Gelände errichtet würden, sei noch nicht endgültig entschieden. Aus der Ausschreibung eines "Ersatzneubaus"lasse sich nicht ableiten, dass die ausgeschriebene Planung zwingend von einem Abriss der Sterne ausgehe.

    Die Vergabekammer N.bayern hat mit Beschluss vom 29.05.2020, der Antragstellerin zugestellt am 04.06.2020, den Nachprüfungsantrag abgelehnt.

    Aus § 14 Abs. 4 Nr. 2c) VgV lasse sich keine Pflicht der Vergabestelle ableiten, die Aufträge im Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb zu vergeben. Die Norm stelle eine restriktiv auszulegende Ausnahmevorschrift dar. Zudem handle es sich bei der Prüfung, ob ein Urheberrecht bestehe, um komplexe Fragestellungen, deren umfassende Prüfung im Nachprüfungsverfahren gegen den Beschleunigungsgrundsatz verstoße. Darüber hinaus sei zum jetzigen Zeitpunkt die Feststellung einer Urheberrechtsverletzung noch gar nicht möglich, da die künftigen Planungen im Einzelnen nicht bekannt seien. Aus diesem Grund fehle es auch nicht an der rechtlichen Leistungsfähigkeit anderer Bieter. Letztlich sei die Verletzung von Urheberrechten vor den ordentlichen Gerichten zu rügen.

    Die Teillosvergabe sei nicht zu beanstanden, zumal eine Urheberrechtsverletzung im Nachprüfungsverfahren gerade nicht zu prüfen sei. Aus demselben Grund sei auch die Verwendung der Skizzen und Pläne der Antragstellerin für die Ausschreibung nicht zu beanstanden.

    Dagegen legte die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 18.06.2020, eingegangen am selben Tag, sofortige Beschwerde ein.

    Die Antragstellerin rügt, die Vergabekammer habe § 14 Abs. 4 Nr. 2c) VgV falsch angewendet. Es komme nur auf das Bestehen eines Ausschließlichkeitsrechts, nicht auf eine etwaige Verletzung oder eine Interessenabwägung an. Schon bei Bestehen eines Ausschließlichkeitsrechts sei die Vergabestelle verpflichtet, das Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbwerb zu wählen. Das Bestehen eines Urheberrechts stehe vorliegend fest und sei ggf. von der Vergabekammer auch zu prüfen. Aufgrund des Urheberrechts sei zudem die Teillosvergabe unzulässig.

    Die Antragstellerin beantragt:

    Unter Aufhebung des Beschlusses der Vergabekammer wird die Antragsgegnerin verpflichtet, das Vergabeverfahren unter Beachtung der Rechtsauffassung des Vergabesenats in den Stand vor Auftragsbekanntmachung zurückzuversetzen.

    Die Antragsgegnerin beantragt,

    die Beschwerde zurückzuweisen.

    Die Antragsgegnerin verteidigt den Beschluss der Vergabekammer. Eine Pflicht, das Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb zu wählen, habe nicht bestanden. Sinn und Zweck der Vorschrift sei nur, in extremen Ausnahmefällen einen Verzicht auf Wettbewerb zu ermöglichen. Im Übrigen sei die Prüfung komplexer Rechtsfragen wie das Bestehen eines Urheberrechts mit dem Beschleunigungsgrundsatz unvereinbar. Ob ein Urheberrecht verletzt sei, erfordere zudem eine Interessenabwägung. Im Rahmen dieser sei das Interesse der Antragsgegnerin höher zu bewerten als das Erhaltungsinteresse der Antragstellerin, da es sich um einen Zweckbau handle und dieser für den vorgesehenen Zweck nicht mehr geeignet sei.

    Mit Schreiben vom 10.06.2020 hat die Antragsgegnerin der Antragstellerin mitgeteilt, dass nicht die Antragstellerin, sondern die nunmehr Beigeladene den Zuschlag erhalten solle. Hiergegen hat die Antragstellerin ebenfalls einen Nachprüfungsantrag eingereicht.

    Die Beigeladene schließt sich im Wesentlichen der Argumentation der Antragsgegnerin an. Einen eigenen Antrag hat die Beigeladene in der mündlichen Verhandlung vom 28.09.2020 nicht gestellt.

    Ergänzend wird auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 28.09.2020 Bezug genommen.

    II.

    Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt, verbleibt aber in der Sache ohne Erfolg. Der Nachprüfungsantrag ist im wesentlichen zulässig, aber unbegründet.

    1. Der Nachprüfungsantrag ist unzulässig, soweit die Antragstellerin die Aufteilung in Lose rügt (s.u. Ziff. 1.4), im Übrigen aber zulässig.

    1.1. Der Rechtsweg nach § 156 Abs. 2 GWB ist eröffnet. Die Antragstellerin macht einen Verstoß gegen vergaberechtliche Vorschriften gemäß § 97 Abs. 6 GWB gelten. Sie behauptet, die Antragsgegnerin habe gegen § 14 Abs. 4 Nr. 2c) VgV und § 97 Abs. 4 GWB verstoßen, missachte die mangelnde Eignung anderer Bieter und begehrt die Rückversetzung in den Stand vor der Auftragsbekanntmachung.

    1.2. Die Antragsgegnerin ist, wie in der mündlichen Verhandlung vom 28.09.2020 klargestellt, öffentliche Auftraggeberin nach § 99 Nr. 2 a) GWB.

    1.3. Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin fehlt es weder an der Antragsbefugnis gemäß § 160 Abs. 2 GWB noch am Rechtsschutzbedürfnis der Antragstellerin. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob der Antragstellerin ein Urheberrecht an den fraglichen Gebäuden zusteht.

    Die Antragstellerin hat einen Teilnahmeantrag eingereicht und damit ihr Interesse an den Aufträgen bekundet. Die Antragstellerin macht, wie bereits ausgeführt (s.o. Ziff. 1.1.) die Verletzung von Vergabevorschriften geltend; ein Verstoß gegen diese erscheint zumindest möglich. Der Antragstellerin droht ein Schaden durch Verlust des Auftrags, da die Antragsgegnerin bereits mitgeteilt hat, den Zuschlag der Beigeladenen und nicht der Antragstellerin erteilen zu wollen.

    1.4. Der Nachprüfungsantrag ist gemäß § 160 Abs. 3 Nr. 1 GWB unzulässig, soweit die Antragstellerin die Aufteilung in Lose rügt. Im Übrigen wurden die Rügeobliegenheiten nach § 160 Abs. 3 GWB eingehalten.

    1.4.1. Die Antragstellerin hat mit ihrer Rüge vom 07.02.2020 (Anlage BF 4) die Aufteilung in Lose nicht gerügt, obwohl ihr sowohl diese als auch der dadurch behauptete Verstoß gegen § 97 Abs. 4 GWB bereits bekannt war. Die Rüge am 27.02.2020 (Anlage A 14, Bl. 130 d.A.), erfolgte mithin nicht mehr innerhalb der 10 Tages-Frist des § 160 Abs. 3 Nr. 1 GWB und somit verspätet.

    Positive Kenntnis i.S. des § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB muss sowohl die einen Rechtsverstoß begründenden Tatsachen als auch die wenigstens laienhafte und rechtliche Wertung des Antragstellers umfassen, dass der Vergabevorgang zu beanstanden sei (Horn/Hofmann in Beck`scher Vergaberechtskommentar, 3. Auf. 2017, GWB § 160 Rz. 44; BGH NZBau 2006, S. 800, 803 [BGH 26.09.2006 - X ZB 14/06]). Vorliegend hatte die Antragstellerin bei Abgabe des Rügeschreibens vom 07.02.2020 (Anlage BF 4) ausweislich des Betreffs bereits Kenntnis davon, dass die Ausschreibung in zwei Losen erfolgen sollte. Die Antragstellerin trägt zudem ausdrücklich vor, dass andere Bieter rechtlich nicht geeignet sein könnten, weil sie nicht in der Lage wären, die ausgeschriebenen Leistungen zu erbringen. Genau auf diese rechtliche Erwägung stützt die Antragstellerin ihre Argumentation, deshalb sei eine losweise Vergabe unzulässig. Dennoch rügt die Antragstellerin in ihrem Schreiben vom 07.02.2020 gerade nicht die losweise Vergabe. Das Rügeschreiben vom 07.02.2020 ist zudem bereits von den Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin verfasst, sie war mithin bereits anwaltlich beraten. Dass jedenfalls die Prozessbevollmächtigten am 07.02.2020 im Kern bereits Kenntnis auch von dem ausdrücklich erst am 27.02.2020 gerügten Vergabeverstoß hatten, räumen sie im Übrigen selbst ein. So haben sie im Verfahren vor der Vergabekammer (Bl. 54 d.A. der Vergabekammer) ausgeführt, die Rüge der unzulässigen Losaufteilung sei nur eine Konkretisierung der Problematik. In der Beschwerdeschrift (S. 7, Bl. 7 d.A.) behaupten die Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin sogar - unzutreffend -, sie hätten die unzulässige Losaufteilung bereits im Schriftsatz vom 07.02.2020 gerügt. Daraus ergibt sich aber zwingend, dass die Prozessbevollmächtigten am 07.02.2020 auch nach ihrem eigenen Vortrag schon Kenntnis des zu rügenden Verstoßes hatten. Die positive Kenntnis des beauftragten Rechtsanwalts ist dem Bieter zuzurechnen (Horn/Hoffmann, a.a.O., GWB § 160 Rz. 46).

    Nur ergänzend sei darauf verwiesen, dass die Rüge auch in der Sache keinen Erfolg hätte (s.u. Ziff. 2.4).

    1.4.2. Die weiteren Rügen betreffend den Verstoß gegen § 14 Abs. 4 Nr. 2c) VgV, die mangelnde rechtliche Eignung anderer Bieter und unzulässige Verwendung urheberrechtlich geschützter Pläne, Skizzen und Zeichnungen der Antragstellerin wurden rechtzeitig mit Schreiben vom 07.02.2020 (Anlage B 4) bzw. vom 12.02.2020 (Anlage A 12) erhoben, § 160 Abs. 3 Nr. 1 und 2 GWB. Anhaltspunkte für eine jeweils frühere Kenntnis sind nicht ersichtlich. Die Rügen erfolgten zudem vor Ablauf der Frist zur Einreichung der Teilnahmeanträge am 28.02.2020.

    Ein Verstoß gegen § 160 Abs. 3 Nr. 4 GWB liegt ebenfalls nicht vor. Die Antragsgegnerin hat mit Schreiben vom 21.02.2020, bei der Antragstellerin unstreitig eingegangen am 24.02.2020 (Anlage A 13) bzw. mit Schreiben vom 05.03.2020 (Anlage AG 3, Bl. 281 f d.A. der Vergabekammer) mitgeteilt, den Rügen nicht abhelfen zu wollen. Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ist weniger als 15 Tage später, am 05.03.2020 (Bl. 1 d.A. der Vergabekammer) eingegangen.

    2. Der Nachprüfungsantrag ist unbegründet.

    2.1. Ein Verstoß gegen § 14 Abs. 4 Nr. 2c) VgV liegt nicht vor. Weder war die Antragsgegnerin verpflichtet, ein Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb durchzuführen, noch könnte sich die Antragstellerin auf einen derartigen Verstoß berufen.

    2.1.1. Eine Pflicht der Vergabestelle, auf einen Teilnahmewettbewerb zu verzichten, lässt sich § 14 Abs. 4 Nr. 2c) VgV nicht entnehmen. Bereits der Wortlaut der Vorschrift "kann Aufträge im Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb vergeben"spricht dafür, dass der Vergabestelle eine Möglichkeit eingeräumt, aber keine Pflicht auferlegt wird (h.M., Kulartz in Kulartz/Kus/Marx/Portz/Prieß, Kommentar zur VgV, § 14 Rz. 51; Hermann Pünder in Pünder/Schellenberg, Vergaberecht, 3. Aufl. 2019, VgV § 14 Rz. 11; Fett in Münchener Kommentar Europäisches und Deutsches Wettbewerbsrecht, 2. Aufl. 2018, VgV § 14 Rz. 96; Hirsch/Kaelble in Müller-Wrede, VgV/UVgO Kommentar, § 14 VgV Rz. 138; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 14.09.2016, 15 Verg 7/16, juris Tz. 39; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20.10.2008, VII Verg 46/08, juris Tz. 37 - zum vergleichbaren Problem bei § 3a Nr. 2 VOL/A). Des Weiteren handelt es sich um eine Ausnahmevorschrift, die eng auszulegen ist (Kulartz, a.a.O., Rz. 35; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20.10.2008, VII Verg 46/08, juris Tz. 37 - zum vergleichbaren Problem bei § 3a Nr. 2 VOL/A). Nach der Zielsetzung des Vergaberechts ist der Regelfall die transparente Vergabe, die Eröffnung und der Schutz des Wettbewerbs, nicht dessen Einschränkung. Dementsprechend ist eine Begrenzung des Wettbewerbs die Ausnahme und zu rechtfertigen, nicht aber umgekehrt die Eröffnung eines Mehr an Wettbewerb. Somit sind Ausnahmetatbestände wie § 14 Abs. 4 Nr. 2c) VgV, die im Ergebnis sogar einen völligen Verzicht auf Wettbewerb ermöglichen, eng auszulegen. Schließlich erscheint es wenig sinnvoll, gerade in Zweifelsfällen, ob überhaupt ein Ausschließlichkeitsrecht besteht, welchen Umfang dieses hat und wem es konkret zusteht, die Vergabestelle zu zwingen, von einem Teilnahmewettbewerb abzusehen. Derartige Zweifelsfälle sind aber gerade bei Streit über ein Urheberrecht nicht selten, wie nicht zuletzt der vorliegende Fall auch zeigt.

    Eine Ermessensreduzierung auf Null vermag der Senat entgegen der Ansicht der Antragstellerin ebenfalls nicht zu erkennen. Soweit sich die Antragstellerin zu Begründung auf die vermeintlich fehlende Eignung sämtlicher anderer Bieter beruft, folgt der Senat dieser Argumentation gerade nicht (s. unten Ziff. 2.2).

    2.1.2. Darüber hinaus fehlt es am bieterschützenden Charakter eines etwaigen Verstoßes. § 14 Abs. 4 Nr. 2 VgV dient allein dem Schutz der Vergabestelle. Diese soll sich in bestimmten Fällen den mit einem offenen Verfahren bzw. einem Verhandlungsverfahren nach Teilnahmewettberwerb verbundenen Aufwand an Zeit und Kosten ersparen können. Die Norm bezweckt aber nicht den Schutz von Bietern, die bei einem Verzicht auf eine öffentliche Bekanntmachung leichter und ohne konkurrierende Mitbieter zum Vertragsschluss gelangen können (so auch Hirsch/Kaelble in Müller-Wrde, a.a.O., §14 VgV Rz. 189; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20.10.2008, VII Verg 46/08, juris Tz. 37 - zum vergleichbaren Problem bei § 3a Nr. 2 VOL/A). Ein Anspruch der Bieter auf Fehlen von Konkurrenz ist dem Vergaberecht fremd und lässt sich auch § 14 Abs. 4 Nr. 2c) VgV nicht entnehmen.

    2.2. Soweit die Antragstellerin rügt, sie allein sei rechtlich in der Lage, die ausgeschriebene Leistung zu erbringen, sämtliche anderen Bieter seien rechtlich nicht leistungsfähig und daher nicht geeignet, ein Teilnahmewettbewerb sei daher unzulässig, dringt sie damit ebenfalls nicht durch.

    2.2.1. Nach der Rechtsprechung insbesondere des OLG Düsseldorf (Beschluss vom 01.12.2015, VII Verg 20/15, juris Tz. 23; Beschluss vom 21.02.2005, Verg 91/04, Entscheidungsgründe Ziff. 3 (4.), BeckRS 2005, 02765) sind Bieter, denen das Angebot eines Erzeugnisses patentrechtlich untersagt werden kann, aus rechtlichen Gründen als nicht leistungsfähig anzusehen. Diese Bieter sind vom Bieterwettbewerb als ungeeignet auszuschließen. Die Patentverletzung ist im Rahmen der Eignungswertung als vergaberechtliche Anknüpfungsnorm im Nachprüfungsverfahren inzident zu überprüfen (zustimmend Hölzl in Münchener Kommentar Europäisches und Deutsches Wettbewerbsrecht, 2. Aufl. 2018, § 122 GWB Rz. 50; Fehling in Pünder/Schellenberg, Vergaberecht, 3. Aufl. 2019, § 122 GWB Rz. 15).

    Ob dies uneingeschränkt auf Fallkonstellationen wie die vorliegende übertragbar ist, erscheint fraglich. Insbesondere unterscheidet sich die tatsächliche Interessenlage deutlich. In den Fällen, in denen ein Konflikt mit einem Patentrecht droht, wird der öffentliche Auftraggeber in der Regel einen Beschaffungsbedarf zu decken haben. Wie eng oder weit er dabei die zu beschaffenden Waren in der Ausschreibung fasst, obliegt seinem Ermessen. Eine produktspezifische Ausschreibung wird regelmäßig weder nötig noch vergaberechtlich zulässig sein. Damit können aber auch Bieter zum Zuge kommen, die Produkte ohne Verletzung von Patentrechten Dritter anzubieten vermögen. Der öffentliche Auftraggeber wird daher meist in der Lage sein, den Beschaffungsbedarf auch ohne Konflikt mit Patentrechten Dritter und ohne Einschränkung auf einen konkreten Bieter zu decken.

    Sofern hingegen ein öffentlicher Auftraggeber über einen Zweckbau verfügt, der als Werk der Baukunst urheberrechtlich geschützt ist, stehen ihm keine Ausschreibungsalternativen zur Verfügung. Er ist gezwungen, bei einer Änderung des Bedarfs eine Umgestaltung oder einen (Teil-) Abriss des konkreten Bauwerks auszuschreiben. Wäre in diesem Fall allein wegen des Bestehens des Urheberrechts nur der Inhaber des Urheberrechts rechtlich leistungsfähig und damit einzig zulässiger Bieter, würden der Wettbewerb und die Auswahlmöglichkeit zu Lasten der öffentlichen Auftraggeber in erheblichem Maße eingeschränkt. Letztlich stünde damit dem Urheber, mithin regelmäßig dem Architekten des Bauwerks, ein zeitlich unbegrenzter Anspruch auf Erteilung sämtlicher weiteren Aufträge zur Änderung des Bauwerks zu. Dies erscheint wenig vereinbar mit der Zielsetzung des Vergaberechts, öffentliche Aufträge im wettbewerblichen Verfahren zu vergeben. Zudem gewährt das Urheberrecht zwar in § 14 UrhG und § 39 UrhG Abwehrrechte gegen Veränderungen und Entstellungen. Einen Anspruch, bei Umbaumaßnahmen eingeschaltet und mit entsprechenden Architektenleistungen beauftragt zu werden, lässt sich aus dem Urheberrecht aber gerade nicht ableiten (Kroitzsch/Götting in BeckOK Urheberrecht, 28. Edition, § 14 Rz. 27).

    2.2.2. Letztlich bedarf diese Frage im vorliegenden Fall aber keiner abschließenden Entscheidung. Dabei kann zugunsten der Antragstellerin unterstellt werden, dass die gesamte Anlage urheberrechtlich geschützt, die Antragstellerin oder ihre Alleingesellschafter Inhaber des Urheberpersönlichkeitsrechts sind und die Planungsleistungen auch den Abriss der Sterne umfassen.

    Vorliegend hat die Antragsgegnerin lediglich Planungsleistungen, beginnend mit Leistungsphase 1 (Los 1) bzw. 2 (Los 2) ausgeschrieben. Die Vornahme einer bloßen Planung ist weder eine Änderung noch eine Entstellung der Bauwerke oder der Gesamtanlage (vgl. OLG München, Urt. V. 02.07.2009, 29 U 4218/08 - Pinakothek der Moderne, juris Tz. 49). Ein Denk- oder Planungsverbot enthält das Urheberrecht nicht. Dementsprechend kann die ausgeschriebenen Planungsleistungen jeder Dritte erbringen.

    Zudem stellt nicht jede Änderung und nicht jeder (Teil-) Abriss auch einen unzulässigen Eingriff in das Urheberrecht dar. Vielmehr bedarf es sowohl bei der Änderung als auch bei der Entstellung (einschließlich des Abrisses) einer umfassenden Interessenabwägung. Dabei können auf Seiten des Eigentümers bautechnische Gründe oder das Interesse an einer Nutzungsänderung von Bedeutung sein. Bei Werken der Baukunst werden die Interessen des Eigentümers an einer anderweitigen Nutzung oder Bebauung des Grundstücks oder Gebäudes den Interessen des Urhebers am Erhalt des Werks in der Regel vorgehen, sofern sich aus den Umständen des Einzelfalls nicht ein anderes ergibt (BGH, Urteil vom 21.02.2019, I ZR 98/17 - HHole (for Mannheim),BGHZ 221, 181, Tz. 40). Der Urheber des Bauwerks weiß, dass der Eigentümer das Bauwerk für einen bestimmten Zweck verwenden möchte. Er muss daher damit rechnen, dass sich aus wechselnden Bedürfnissen des Eigentümers ein Bedarf nach Veränderung des Bauwerks ergeben kann. Danach sind öffentliche Interessen an der Veränderung eines öffentlichen Zwecken dienenden Bauwerks in die Interessenabwägung einzubeziehen, wenn die öffentlichen Interessen zugleich eigene Interessen des Eigentümers sind (BGH, Beschluss vom 09.11.2011, I ZR 216/10, GRUR 2012, S. 172, Tz. 7).

    Hat sich der Eigentümer für eine konkrete Planung entschieden, so geht es im Rahmen der Interessenabwägung nur noch darum, ob dem betroffenen Urheber die geplanten konkreten Änderungen des von ihm geschaffenen Bauwerks zuzumuten sind. Ob daneben noch andere, den Urheber weniger beeinträchtigende Lösungen denkbar sind, ist hierfür nicht von entscheidender Bedeutung (BGH, a.a.O. - HHole (for Mannheim), Tz. 46; BGH, Beschluss vom 09.11.2011, I ZR 216/10, GRUR 2012, S. 172, Tz. 6).

    Demnach steht aber keineswegs fest, dass ein Abriss der Sterne, die Generalsanierung des riegelförmigen Schulgebäudes und der Neubau der Heime einen unzulässigen Eingriff in das Urheberrecht darstellen werden. Vielmehr bedarf es hierfür einer umfassenden Interessenabwägung, die erst vorgenommen werden kann, wenn die neue Gestaltung bekannt ist, die an die Stelle der bisherigen Werkteile treten soll. Damit lässt sich derzeit entgegen der Ansicht der Antragstellerin keineswegs sicher feststellen, dass zur Umsetzung derartiger Änderungen allein die Antragstellerin rechtlich in der Lage wäre. Fällt die Abwägung zugunsten des Änderungsbedarfs der Antragsgegnerin aus, was nach der vom BGH vorgegebenen Wertung (vgl. BGH, a.a.O. - HHole (for Mannheim), Tz. 40) naheliegend, jedenfalls aber denkbar erscheint, bleibt auch ein dritter Bieter ohne weiteres leistungsfähig. Außerdem erhellt sich aus der Rechtsprechung des BGH, dass es immer auf die konkrete vom Eigentümer gewählte Planung ankommt. Diese steht aber vorliegend gerade noch nicht fest. Erst recht folgt aus den genannten Ausführungen des BGH, dass für bloße Planungsleistungen auch Bieter, die nicht Inhaber des Urheber- oder eines Nutzungsrechts sind, über die nötige rechtliche Leistungsfähigkeit verfügen.

    Im Übrigen ist die Antragstellerin nicht schutzlos gestellt. Sofern tatsächlich ein aus ihrer Sicht rechtswidriger Eingriff durch eine Änderung oder Beseitigung der Gesamtanlage stattfindet oder unmittelbar droht, steht es ihr offen, ihre behaupteten urheberrechtlichen Abwehransprüche mittels einer Klage vor den Zivilgerichten im ordentlichen Rechtsweg geltend zu machen und durchzusetzen. Da ihr, wie ausgeführt, ein vergaberechtlicher Primärrechtsschutz gegen bloße Planungsleistungen nicht zusteht, bleibt der Rechtsweg zu den Zivilgerichten unproblematisch offen.

    2.2.3. Ob die Antragsgegnerin aufgrund § 6 des Architektenvertrags aus dem Jahr 1991 (Anlage 3, Bl. 82 d.A. der Vergabekammer) Inhaberin eines umfassenden Nutzungs- und Änderungsrechts ist, bedarf keiner Entscheidung.

    2.3. Soweit die Antragstellerin im Verfahren vor der Vergabekammer ferner die Verwendung von Planungen, Skizzen und Zeichnungen gerügt hat, die die Antragstellerin für die Antragsgegnerin gegen Vergütung erstellt hat, dringt sie damit ebenfalls nicht durch. Die Antragstellerin meint, die Antragsgegnerin habe unter Verstoß gegen § 14 Abs. 4 Nr. 2c) VgV die Leistungen im Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb ausgeschrieben. Die Wahl der falschen Vergabeart sei gerade ursächlich, dass die Unterlagen, an denen ein Urheberrecht der Antragstellerin bestünde, für eine öffentliche Ausschreibung verwendet würden. Die Antragstellerin beruft sich als vergaberechtlichen Verstoß mithin erneut auf eine Verletzung des § 14 Abs. 4 Nr. 2 c) VgV. Eine solche liegt indessen nicht vor (s.o. Ziff. 2.1).

    2.4. Nur ergänzend sei darauf verwiesen, dass ein behaupteter Verstoß gegen § 97 Abs. 4 GWB ebenfalls nicht festzustellen wäre, selbst wenn die Antragstellerin diesen rechtzeitig gerügt hätte. Wie erörtert (s.o. Ziff. 2.2) fehlt es anderen Bietern als der Antragstellerin im Hinblick auf die ausgeschriebenen Planungsleistungen nicht an der rechtlichen Leistungsfähigkeit. Damit war auch eine Losaufteilung nicht, wie von der Antragstellerin geltend gemacht, aufgrund der fehlenden Eignung sämtlicher anderer potentieller Bieter unzulässig.

    3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 175 Abs. 2 GWB, § 78 Satz 2 GWB, da die sofortige Beschwerde ebenso wie der Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung erfolglos blieb. Die Beigeladene hat keine Anträge gestellt und mithin ihre Aufwendungen selbst zu tragen.

    4. Die Bemessung des Streitwerts ergibt sich aus § 50 Abs. 2 GKG und beträgt 5 % der Bruttoauftragssumme. Maßgeblich ist insoweit das Interesse der Antragstellerin an der Erteilung der Aufträge für Los 1 und Los 2.