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  • 28.10.2015 · IWW-Abrufnummer 145635

    Oberlandesgericht Celle: Urteil vom 05.03.2015 – 6 U 101/14

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Oberlandesgericht Celle

    Im Namen des Volkes

    Urteil

    6 U 101/14
    4 O 278/11 Landgericht Hildesheim
    Verkündet am 5. März 2015

    In dem Rechtsstreit

    H. O., …,

    Beklagter und Berufungskläger,

    Prozessbevollmächtigte:
    Anwaltsbüro …,
    Geschäftszeichen: …

    gegen

    H. E. GmbH & Co. KG, vertreten durch H. G. GmbH, diese vertreten durch ihre Geschäftsführer N. T. und H. K., …,

    Klägerin und Berufungsbeklagte,

    Prozessbevollmächtigte:
    Anwaltsbüro …,
    Geschäftszeichen: …

    hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 17. Februar 2015 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht … sowie die Richter am Oberlandesgericht … und … für Recht erkannt:

    Die Berufung des Beklagten gegen das am 25. Juli 2014 verkündete Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts Hildesheim wird zurückgewiesen.

    Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.

    Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

    Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

    G r ü n d e

    A.

    Die Klägerin verlangt Schadensersatz wegen Architektenfehlers.

    Im Sommer 1998 beauftragte sie den Beklagten mit Planung und Überwachung der Errichtung eines Bürotraktes für ihren Betrieb in L., … . Am 15. Dezember 1998 erteilte der Beklagte im Namen der Klägerin dem Dachdeckermeister S. den Auftrag für die Dachdeckerarbeiten an dem Bauobjekt nach dessen Angebot vom 29. September 1998 (Anlage K 24, Bl. 128 - 132 d. A.). Am 13. September 1999 nahm die Klägerin das Objekt in Betrieb. Sie beglich die Schlussrechnung des Beklagten vom 6. Juni 2000 (Bl. 123, 171 d. A.). Im März 2002 drang an einem Dachflächenfenster Feuchtigkeit in das Gebäude ein. Die Klägerin rügte diesen Mangel dem Beklagten gegenüber mit Schreiben vom 7. März 2002 (Bl. 3, 78 d. A.). Der Beklagte veranlasste Nacherfüllung durch S. und schrieb diesem am 23. August 2007 (Anlage K 2, Bl. 11 d. A.), „der regelmäßig wiederkehrende Wassereinfall im Bereich der Dachflächenfenster … belaste die (Klägerin) und (ihn, den Beklagten,) sehr.“ Am 28. September 2011 ließ die Klägerin sich von S. ein Angebot zur Sanierung des Daches geben zum Preise von 33.033,52 € netto (Anlage K 13, Bl. 62 f. d. A.).

    Mit der dem Beklagten am 23. November 2011 zugestellten (Bl. 68 d. A.) Klage hat die Klägerin Zahlung von 33.033,52 € nebst Zinsen verlangt sowie Feststellung, dass der Beklagte Ersatz für alle weiteren Bauwerksschäden zu leisten hat. Sie hat Fehler des Architekten geltend gemacht.

    Der Beklagte hat Abweisung der Klage erstrebt, die Einrede der Verjährung erhoben und vorgetragen, die Parteien hätten die Erbringung der Leistungsphase 9 des damals geltenden § 15 HOAI durch ihn nicht vereinbart.

    Das Landgericht hat zur Frage von Bauplanungs- oder -überwachungsfehlern des Beklagten Beweis erhoben. Dipl.-Ing. Prof. F. hat auf S. 9 ff. seines Gutachtens vom 29. Mai 2013 ausgeführt, die Dachziegel überdeckten mit 7,5 cm, regensicher bis zu einer Dachneigung von 22 Grad bei vorgefundenen 17,6 Grad; an Rückständen sei erkennbar, dass von unten Wasser bis etwa 2/3 Überdeckungslänge zwischen die Dachsteine gedrungen sei; der Beklagte hätte eine verschweißte oder verklebte Unterdeckung vorsehen müssen statt der vorhandenen nur überlappten, um das Dach regensicher zu machen. Bei der Erläuterung seines Gutachtens hat der Sachverständige den Mängelbeseitigungsaufwand auf netto 34.700 € geschätzt.

    Daraufhin hat das Landgericht der Klage stattgegeben.

    Gegen dieses Urteil, auf das zur näheren Sachdarstellung verwiesen wird, wendet der Beklagte sich mit der Berufung, mit welcher er sein Ziel weiterverfolgt.

    Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

    B.

    Die Berufung ist unbegründet.

    I.

    Die Klägerin hat gegen den Beklagten Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 33.033,52 € (§ 635 BGB a. F., Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).

    1. Auf das Schuldverhältnis zwischen den Parteien ist das Bürgerliche Gesetzbuch in der bis zum 1. Januar 2002 geltenden Fassung anzuwenden. Die Parteien haben den Architektenvertrag vor diesem Zeitpunkt, nämlich im Sommer 1998 geschlossen.

    2. Die Voraussetzungen des Anspruchs sind gegeben.

    a) Das Werk des Beklagten ist mangelhaft. Er hat bei der ihm übertragenen Bauplanung nicht darauf geachtet, dass das Dach auf dem Bürotrakt des Betriebs der Klägerin regensicher errichtet wird. Der von ihm im Namen der Klägerin mit den Dachdeckerarbeiten beauftragte Dachdeckermeister S. hat die Dachziegel mit einer Überdeckung von 7,5 cm aufgebracht, die vor Eindringen von Regenwasser nur bei einer Dachneigung bis zu 22°, aber nicht mehr bei der vorhandenen von 17,6° schützt, und die Unterdeckung nur überlappend verlegt statt wie zum Schutz vor Wassereintritt erforderlich verschweißt oder verklebt. Dieses steht aufgrund der Ausführungen Dipl.-Ing. Prof. F., den das Landgericht als Sachverständigen hinzugezogen hat, zur Überzeugung des Senats fest (Seiten 9 f. dessen Gutachtens vom 29. Mai 2013).

    b) Der Bestimmung einer angemessenen Frist zur Mängelbeseitigung mit der Erklärung, dass die Klägerin die Beseitigung nach deren Ablauf ablehne (§ 634 Abs. 1 Satz 1 BGB a. F.), die grundsätzlich erforderlich ist, wie die Formulierung „statt der Wandelung oder der Minderung“ in § 635 BGB a. F. zeigt, bedurfte es nicht. Die Beseitigung war und ist unmöglich (§ 634 Abs. 2 Fall 1 BGB a. F.). Das Nachholen einer fehlerfreien Planung durch den Beklagten kann an dem eingetretenen Schaden der Klägerin nichts mehr ändern.

    c) Der Beklagte hat den Mangel zu vertreten. Bei Anwendung der Sorgfalt, die von ihm als Fachmann im Verkehr zu erwarten war (§ 276 Abs. 1 Satz 2 BGB a. F.), hätte er angesichts der übergroßen Sparrenlänge, Unterschreitung der Regeldachneigung und der exponierten Lage des Daches darauf achten müssen, dass das Dach mit einer ausreichenden Überdeckung der Dachziegel und dem Verkleben der Unterspannbahn angeboten und ausgeführt wurde.

    d) Der Klägerin ist infolge der Mängel des Architektenwerks ein Schaden in Höhe von wenigstens 33.033,52 € entstanden.

    aa) Der Sachverständige hat die Kosten der Umdeckung des Daches (Seite 3 der Sitzungsniederschrift vom 5. Juni 2014 - Bl. 328 d. A.) nachvollziehbar auf 34.700 € geschätzt. Diese Schätzung bewegt sich im Rahmen des Angebots S. für die Umdeckung vom 28. September 2011 (Anlage K 13 zur Klagschrift - Bl. 62 f. d. A.), das sich auf 33.033,52 € beläuft.

    bb) Unerheblich ist, ob die aufgezeigten Planungsfehler des Beklagten ursächlich sind für die Wassereintritte in das Büro der Klägerin oder nur Undichtigkeiten an den Dachflächenfenstern. Der Schaden der Klägerin drückt sich aus in der Differenz des Wertes des von dem Beklagten geplanten Werkes in mangelfreiem und desjenigen in dem vorhandenen mangelhaften Zustand, die wiederum in den Kosten besteht, das Dach in den mangelfreien Zustand zu versetzen.

    cc) Die Kosten, welche die Verklammerung der Dachsteine verursacht (2.354,80 €; Seite 7 des Gutachtens F. vom 15. Januar 2014), zählen auch zum Schaden der Klägerin. Sie sind keine solchen, die auch bei mangelfreier Planung zusätzlich angefallen wären. S. hat sich die Verklammerung ausweislich seines Angebots vom 29. September 1998 (Anlage K 24 zum Schriftsatz vom 13. Februar 2012 - Bl. 128 - 132 d. A.) vergüten lassen, auch wenn er sie nicht ausgeführt hat. Unter Pos. 2.4 des Leistungsverzeichnisses heißt es „im Dachrandbereich sind die Dachsteine nach Erfordernis zu klammern.“

    3. Der Beklagte ist nicht berechtigt, aufgrund der von ihm erhobenen Einrede der Verjährung die Leistung zu verweigern (§ 214 Abs. 1 BGB).

    a) Allerdings ist die Verjährung, bevor die Einreichung der Klage bei Gericht am 9. November 2011 sie hätte hemmen können, am 13. September 2009 eingetreten (§ 188 Abs. 2 Fall 1 BGB), auch wenn der Vertrag zwischen den Parteien auch die Leistungsphase 9 nach § 15 HOAI in der bei Vertragsschluss geltenden Fassung umfasste. Die fünfjährige Verjährung (§ 634 a Abs. 1 Nr. 2 BGB n. F., Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB) wegen der Überwachung der Beseitigung der innerhalb der Verjährungsfrist der Gewährleistungsansprüche auftretenden Mängel durch den Beklagten begann am 14. September 2004 (§ 187 Abs. 2 Satz 1 BGB). Bis zum 13. September 2004 lief die fünfjährige Verjährung gegen den Dachdeckermeister S., dessen Nachbesserungspflichten der Beklagte überwachen musste. Sie begann (§ 634 a Abs. 2 BGB n. F.) mit der Inbetriebnahme des Gebäudes durch die Klägerin am 13. September 1999.

    b) Der Beklagte ist jedoch gehindert, sich auf den Eintritt der Verjährung zu berufen. Die Klägerin hat gegen ihn Anspruch auf Schadensersatz, sie so zu stellen, als wäre ihr Anspruch auf Schadensersatz in Geld nicht verjährt (vgl. BGH Urt. v. 26. Okt. 2006 zu VII ZR 133/04, zit. n. juris: Rn. 10). Der Beklagte hat seine Pflicht der Klägerin gegenüber schuldhaft verletzt, die Ursachen der Wassereintritte und in diesem Rahmen die Regendichtigkeit des gesamten Daches zu prüfen und die Klägerin über seine Verantwortlichkeit dafür zu unterrichten.

    aa) Es kommt nicht darauf an, ob die Parteien die Leistungsphase 9 vereinbart haben. Für die Untersuchungs- und Mitteilungspflicht des Beklagten gegenüber der Klägerin genügt der umfassende Architektenvertrag an ihn bis einschließlich der Leistungsphase 8, über den zwischen den Parteien kein Streit besteht (vgl. BGH a. a. O., der ein Fall der Vereinbarung nur der Leistungsphasen 1 - 8 zugrunde lag). Die fünfjährige Verjährung des § 634 a Abs. 1 Nr. 2 Fall 2 BGB hätte in diesem Fall mit Abnahme des Architektenvertrages (§ 634 a Abs. 2 BGB) durch Begleichen der Schlussrechnung vom 6. Juni 2000 begonnen, und der Beklagte hat die Pflichtverletzung bereits begangen, als die Klägerin bei der gebotenen Unterrichtung durch den Beklagten die Verjährung noch vor dem 6. Juni 2005 hätte hemmen können.

    Bereits mit Schreiben vom 7. März 2002 hatte die Klägerin ihm das Eindringen von Feuchtigkeit durch ein Dachflächenfenster angezeigt. Aus dem Schreiben des Beklagten vom 23. August 2007 (Anlage K 2 zur Klageschrift, Bl. 11 d. A.) an S. geht hervor, „der regelmäßig wiederkehrende Wassereinfall im Bereich der Dachflächenfenster seitdem belaste (die Klägerin) und (ihn) sehr“. Diese Mitteilung des Beklagten widerlegt dessen Behauptung in dem Schriftsatz vom 23. Februar 2015 (Seite 2, Bl. 444 d. A.), nach „Juli 2002 (habe es) keine Feuchtigkeitseintritte mehr (gegeben).“ Dementsprechend bestand kein Grund, die Verhandlung wiederzueröffnen (§ 156 Abs. 1 ZPO).

    bb) Die Verjährung gilt nicht aus dem Grunde als eingetreten, dass der Sekundärschadensersatzanspruch verjährt ist. Die Zustellung der Klage am 23. November 2011 hat seine Verjährung gehemmt. Frühestens seit dem Jahr 2002 lief die 10-jährige Verjährung des § 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BGB. Der Beklagte hatte frühestens, als im Jahre 2002 erstmals Wasser in den Bürotrakt der Klägerin eintrat, Anlass zur Untersuchung der Ursache, und die Klägerin hat erst durch das Gutachten des Zimmermeisters S. vom 14. April 2011 Kenntnis von der Verantwortlichkeit des Beklagten erlangt, so dass die dreijährige Verjährung des § 195 BGB erst ab Ende des Jahres 2011 gelaufen wäre (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB).

    II.

    Die Nebenentscheidungen folgen aus § 97 Abs. 1, 708 Nr. 10 Satz 1, 2 und § 711 Satz 1, 2 ZPO.

    Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen dafür nicht vorliegen (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).