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  • 28.10.2015 · IWW-Abrufnummer 145631

    Oberlandesgericht Frankfurt/Main: Beschluss vom 23.07.2014 – 13 U 44/12

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Oberlandesgericht Frankfurt am Main

    Beschl. v. 23.07.2014

    Az.: 13 U 44/12

    Tenor:

    Die Berufung der Klägerin gegen das am 23.01.2012 verkündete Urteil des Einzelrichters der 1. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt wird zurückgewiesen.

    Das Urteil des Einzelrichters der 1. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt vom 23.01.2012 ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

    Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 115 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

    Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

    Der Gegenstandswert für den zweiten Rechtszug beträgt 250.955,84 €.
    Gründe
    1

    I.

    Die Klägerin nimmt die Beklagte aus eigenem und abgetretenem Recht auf Honorarzahlung in Höhe von – noch – 250.955,84 € für erbrachte Architekten-/ Ingenieurleistungen (Erstellung einer Projektstudie) im Rahmen ihrer Teilnahme an einem Vergabeverfahren nach der Verdingungsordnung für freiberufliche Leistungen (im weiteren VOF a.F.) zur Vergabe des Auftrages „Planungsleistung ... der Innenstadt ... in O1“ in Anspruch.
    2

    Nach vorübergehender Einstellung des Vergabeverfahrens durch die Beklagte wegen aufgetretener technischer, planerischer und vergaberechtlich - neu - zu berücksichtigender Umstände, führte die Beklagte das Vergabeverfahren auf der Grundlage eines sogenannten Bieterkolloquiums fort (vgl. Anlage K 3, Bl. 5 – 9 im Anlagenband). Im Rahmen des Bieterkolloquiums erklärten sich alle am Vergabeverfahren beteiligten Firmen mit der von der Beklagten im Protokoll zum Bieterkolloquium vom 22.06.2009 beschriebenen weiteren Vorgehensweise betreffend die Fortführung des Vergabeverfahrens ausdrücklich einverstanden.
    3

    Hiernach sollte das Verfahren in die Phase vor der Angebotsabgabe zunächst zurückversetzt werden und die geänderten Rahmenbedingungen in die neue Angebotsaufforderung im Rahmen des fortzuführenden VOF-Verfahrens einfließen. Als „Entschädigung“ für die Teilnahme an der Projektstudie bot die Beklagte eine Zahlung in Höhe von – voraussichtlich – 6.000,00 € brutto an (vgl. „Nachtrag“ Bl. 9 Anlagenband).
    Mit Schreiben vom 05.03.2010 forderte die Beklagte die Klägerin und die weiteren Bieter sodann zur Teilnahme am weiteren Verhandlungsverfahren auf. Gleichzeitig erhielten die Bewerber eine schriftliche Mitteilung über die Aufgabenstellung und die an die zu erstellende Projektstudie gestellten Anforderungen (vgl. Anlage K 4 u. K 5, Bl. 10 – 24 Anlagenband).
    4

    Unter Ziffer 2. (1) a in der Anlage zum Aufforderungsschreiben betreffend die Fertigung der Projektstudie ist als „Entschädigung“ für die Erarbeitung der Projektstudie Zahlung eines Betrages von 6.000,00 € brutto an die Teilnehmer festgelegt worden.
    5

    Im Rahmen der schriftlichen Beantwortung von Bieterfragen teilte die Beklagte mit Schreiben vom 26.03.2010 den am Verfahren teilnehmenden Bietern unter anderem mit, dass die Rechtsgrundlage für die Erstellung der Planungsstudie ausschließlich § 24 Abs. 3 VOF sei, weshalb die Lösungsvorschläge der Bewerber nach den Honorarbestimmungen der HOAI zu vergüten seien. Weiterhin erläuterte die Beklagte den Bietern in dem Antwortschreiben, dass, und aus welchen Gründen sie die Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 6.000,00 € für angemessen erachte, dies vor allem unter Hinweis darauf, dass die Projektstudie im Rahmen des Verfahrens zu Zwecken der Akquisition erfolge (vgl. Anlage K 8, Bl. 39/40 Anlagenband).
    6

    Nach Erhalt des Aufforderungsschreibens und der Beantwortung der Bieteranfragen „beanstandete“ die Klägerin gegenüber der Beklagten per Email vom 01.04.2010 (Anlage K 6, Bl. 36 Anlagenband) die „Nichtauskömmlichkeit“ der vorgesehenen Bearbeitungsfrist und der Entschädigung.
    7

    Daraufhin erläuterte die Beklagte mit Email vom 09.04.2010 (Bl. 138/139 d.A.) der Klägerin und den weiteren Bietern erneut die Anforderungen an die zu erstellende Projektstudie dahingehend, dass weder in Bezug auf den Umfang noch hinsichtlich der Bearbeitungstiefe von den Bewerbern HOAI-konforme Leistungen eingefordert würden.
    8

    Mit Angebotsschreiben vom 12.05.2010 (Anlage B 4, Bl. 144 – 146 d.A.) übersandte die Klägerin der Beklagten die Projektstudie und erklärte sich mit dem Inhalt des Aufforderungsschreiben zur Teilnahme am weiteren VOF-Verfahren ausdrücklich einverstanden.
    9

    Gemäß Schlussrechnung vom 22.12.2010 (Anlage K 10, Bl. 74 – 77 Anlagenband) verlangte die Klägerin von der Beklagten zunächst die Zahlung von 265.879,07 € für ihre Tätigkeit im Rahmen der Erstellung der Projektstudie. Ausweislich der – berichtigten – Schlussrechnung vom 15.04.2011 verlangt die Klägerin unter Berücksichtigung der von der Beklagten geleisteten Zahlung in Höhe von 6.000,00 € zuletzt noch 250.955,84 € (vgl. Anlage K 14, Bl. 174 – 187 d.A.).
    10

    Die Klägerin stützt ihren Anspruch auf § 24 Abs. 3 VOF in Verbindung mit der HOAI und vertritt hierzu die Auffassung, dass ihr der geltend gemachte Zahlungsanspruch unabhängig von dem von der Beklagten festgesetzten Entschädigungsbetrag in Höhe von 6.000,00 € zustehe. Die Beklagte selbst habe im Rahmen der Beantwortung der Bieteranfragen darauf hingewiesen, dass die Erstellung der Planungsstudie auf der Grundlage des § 24 Abs. 3 VOF nach den Honorarbestimmungen der HOAI zu vergüten sei. Selbst wenn man vom Zustandekommen einer Pauschalpreisvereinbarung zwischen den Parteien in Höhe von 6.000,00 € ausgehen wollte, sei diese jedoch wegen der Mindestsatzunterschreitung im Sinne des § 7 Abs. 1 HOAI in jedem Falle unwirksam.
    11

    Die Klägerin hat beantragt,

    die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 250.955,84 € nebst 6 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszins seit dem 04.05.2011 zu zahlen.

    12

    Die Beklagte hat beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    13

    Die Beklagte hat die Zulässigkeit des Rechtsweges zu den ordentlichen Gerichten gerügt. Sie hat die Auffassung vertreten, dass in dem vorliegenden Rechtsstreit die Zuständigkeit der Vergabekammer gemäß §§ 597 Abs. 7, 104 Abs. 2 Satz 1 GWB gegeben sei. In der Sache hat sie die Ansicht vertreten, die Klägerin könne keine über die bereits gezahlte Entschädigung hinausgehende Zahlung verlangen, da sie sich – ebenso wie alle übrigen Bieter – mit der Höhe der Entschädigung einverstanden erklärt habe und darüber hinaus sie – die Beklagte – im Rahmen der Beantwortung der Bieteranfragen ausdrücklich klargestellt habe, dass es in jedem Fall bei der Höhe der festgelegten Entschädigung verbleibe. Im Verlauf des Vergabeverfahrens habe sich die Klägerin schließlich im Rahmen ihrer Angebotsabgabe vom 12.05.2010 mit den Ausschreibungsbedingungen, die unter Ziffer 2. (1) eine Entschädigung für die Erarbeitung der Projektstudie in Höhe von 6.000,00 € inklusive Mehrwertsteuer unter anderem vorsah, ausdrücklich einverstanden erklärt.
    14

    Das Landgericht hat mit am 23.01.2012 verkündetem Urteil, auf dessen Inhalt (Bl. 213 – 220 d.A.) vollumfänglich Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, die Klage sei zulässig, insbesondere sei für den von der Klägerin geltend gemachten Vergütungsanspruch der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet. In der Sache hat das Landgericht es dahinstehen lassen, ob der Klägerin der geltend gemachte Vergütungsanspruch im Hinblick auf die getroffene – pauschale – Entschädigungsvereinbarung in Höhe von 6.000,00 € - dem Grunde nach – ein weitergehender Zahlungsanspruch zustehe, da sie einen solchen bereits nicht schlüssig dargelegt habe. Die Berechnung der Klageforderung sei auch auf der Grundlage der überarbeiteten Schlussrechnung vom 15.04.2011 nicht genügend nachvollziehbar.
    15

    Gegen das erstinstanzliche Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer zulässigen, insbesondere form- und fristgerecht eingelegten Berufung, mit der sie sowohl die Verletzung formellen als auch materiellen Rechts durch das Landgericht rügt.
    16

    Zu Unrecht sei das Landgericht von der fehlenden Prüfbarkeit der überarbeiteten Schlussrechnung ausgegangen. Diese sei vielmehr im Sinne des § 15 HOAI prüfbar, was stets auf der Grundlage der besonderen Umstände des Einzelfalles nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu beurteilen sei. Im Übrigen habe das Landgericht bei nicht gegebener Prüfbarkeit der Klage diese nur als „zur Zeit unbegründet“ abweisen dürfen. Verfahrensrechtlich beanstandet die Klägerin zudem, dass das Landgericht vor seiner Entscheidung auf die bestehenden Schlüssigkeitsbedenken nicht hingewiesen und somit seine Hinweis- und Aufklärungspflicht nach § 139 Abs. 1 ZPO verletzt habe.
    17

    Die Klägerin beantragt,

    unter Abänderung des am 23.01.2012 verkündeten Urteils des Landgerichts Darmstadt die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 250.955,84 € nebst 8 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszins seit dem 04.05.2011 zu zahlen.

    18

    Die Beklagte beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen.

    19

    Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.
    20

    Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im ersten Rechtszug wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die zu den Akten gereichten Unterlagen sowie auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§§ 313 Abs. 2, 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
    21

    Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im zweiten Rechtszug wird auf die Berufungsbegründung der Klägerin mit Schriftsatz vom 29.03.2012 (Bl. 240 – 250 d. A.), deren Stellungnahme zum Hinweisbeschluss des Senats gemäß Schriftsatz vom 09.07.2014 (Bl. 334 – 342 d. A.) sowie die Berufungserwiderung der Beklagten mit Schriftsatz vom 11.06.2012 (Bl. 265 – 274 d. A.) Bezug genommen.
    22

    II.

    Die Berufung der Klägerin war im Beschlusswege gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen, da sie keine Aussicht auf Erfolg im Sinne des § 522 Abs. 2 Ziffer 1 ZPO hat.
    23

    Die weiteren Zurückweisungsvoraussetzungen gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 - 4 ZPO liegen ebenfalls vor. Die Rechtssache ist weder grundsätzlich noch für die Klägerin persönlich von besonderer Bedeutung. Sie eignet sich auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung. Vielmehr erschöpft sich die Entscheidung des Senats in der Würdigung eines Einzelfalles.
    24

    In seinem Hinweisbeschluss gemäß § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO hat der Senat unter anderem ausgeführt:
    25

    „Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
    26

    Die angefochtene Entscheidung ist berufungsrechtlich nicht zu beanstanden, da sie weder auf einer Rechtsverletzung beruht (§ 546 ZPO), noch konkrete Anhaltspunkte vorliegen, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen erstinstanzlichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten würden (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
    27

    Die mit der Berufungsbegründung gegen die angefochtene Entscheidung vorgebrachten Argumente rechtfertigen ebenfalls keine Abänderung des Urteils.
    28

    Die Klage ist zulässig. Zu Recht ist das Landgericht von der Zulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges zu den ordentlichen Gerichten im Sinne der §§ 13, 17, 17 a GVG ausgegangen.
    29

    Der auf der Grundlage des § 24 Abs. 3 VOF in Verbindung mit der HOAI von der Klägerin geltend gemachte Vergütungsanspruch unterfällt nicht der Zuständigkeit der zuständigen Vergabekammer nach §§ 104 Abs. 2 Satz 1, 97 Abs. 7 GWB. Zwar ist der Beklagten zuzugeben, dass die Klägerin – mittelbar – einen Verstoß vergaberechtlicher Natur durch die Beklagte rügt, da sie – die Beklagte – sich weigert, die Klägerin auf der Basis ihrer nach § 24 Abs. 3 VOF in Verbindung mit der HOAI erstellten Schlussrechnung zu vergüten und sich hierbei auf die festgesetzte pauschale Entschädigungssumme beruft. Der Klägerin geht es jedoch in der Sache – ausschließlich – um die Geltendmachung und Durchsetzung ihres Vergütungsanspruches nach § 24 Abs. 3 VOF. Bei dem Streit über die Höhe der aufgrund einer gesetzlichen Anspruchsgrundlage geschuldeten Vergütung handelt es sich um eine vor den ordentlichen Gerichten geltend zu machende zivilrechtliche Angelegenheit (Brandenburgisches Oberlandesgericht, Vergabesenat, Beschluss vom 07.05.2009, Az. Verg W 6/09, abgedruckt u.a. in NZBau 2009, 734 ff. ; recherchiert nach juris Rz. 55).
    30

    Die zulässige Klage erweist sich jedoch als unbegründet.
    31

    Hierbei kann es der Senat zunächst offen lassen, ob die zweite – überarbeitete – Schlussrechnung der Klägerin vom 15.04.2011 (Anlage K 14, Bl. 174 ff.) den an die Nachprüfbarkeit einer Schlussrechnung im Sinne des § 15 HOIA zu stellenden Anforderungen genügt und der geltend gemachte Zahlungsanspruch der Höhe nach als schlüssig dargelegt angesehen werden kann. Ebenso wenig kommt es entscheidungserheblich darauf an, ob das Landgericht die Klage mangels Prüfbarkeit der Schlussrechnung – allenfalls – als „zur Zeit unbegründet“ hätte abweisen müssen. Zwar stützt die erstinstanzliche Entscheidung, anders als die Klägerin meint, die Klageabweisung nicht ausdrücklich auf die fehlende Prüfbarkeit der Schlussrechnung, sondern stellt vielmehr auf die fehlende schlüssige Darlegung zur Höhe des Anspruches – gemäß der Schlussrechnung – ab. Jedoch ist der Klägerin zuzugeben, dass der erstinstanzliche Begründungskontext (vgl. Seite 7 und 8 des Urteils) durchaus dafür sprechen könnte, dass das Landgericht von der fehlenden Prüfbarkeit der Schlussrechnung ausgegangen ist und die sich hieraus ergebende Problematik unter Schlüssigkeitsgesichtspunkten abgehandelt hat.
    32

    Hieraus ergibt sich jedoch keine Beschwer für die Klägerin, da auch dann, wenn das Landgericht die Klage als „zur Zeit“ unbegründet abgewiesen hätte, der Berufung der Klägerin letztlich kein Erfolg beschieden gewesen wäre. Zwar verbietet § 528 ZPO, das Urteil zum Nachteil des Berufungsführers – hier der Klägerin – abzuändern (reformatio in peius), jedoch würde es keinen Verstoß gegen das Verschlechterungsverbot darstellen, wenn auf die Berufung des Rechtsmittelführers das Berufungsgericht eine - erstinstanzlich - als zur Zeit unbegründet abgewiesene Klage durch eine Abweisung schlechthin ersetzen würde (BGH WM 88, 1196; Nürnberg NJW-RR 98, 1713).
    33

    Die zwischen den Parteien streitigen Prüfbarkeits- und Schlüssigkeitsfragen können allesamt bereits deshalb dahin stehen, weil der Klägerin bereits dem Grunde nach gegen die Beklagte kein über den gezahlten „Entschädigungsbetrag“ in Höhe von 6.000,00 € brutto hinausgehender Vergütungsanspruch gemäß § 24 Abs. 3 VOF in Verbindung mit der HOAI zusteht.
    34

    Grundlage des Vergütungsanspruches der Klägerin für die im Rahmen der Erstellung der Projektstudie erbrachten Leistungen ist die zwischen der Beklagten und den am Vergabeverfahren beteiligten Bietern getroffene, von der Beklagten mit 6.000,00 € brutto bezifferte, „Entschädigungszahlung“.
    35

    Anzuknüpfen ist hierbei zunächst an das Bieterkolloquium im streitgegenständlichen VOF-Verfahren „... O1“ vom 22.06.2009. Ausweislich des Protokolls zum Bieterkolloquium vom 26.06.2009, das von den Vertretungsberechtigten der Klägerin am 02.07.2009 unterzeichnet wurde, hat die Beklagte mit allen beteiligten Bietern – einschließlich der Klägerin – eine Einigung zur weiteren Vorgehensweise hinsichtlich der Fortführung des ins Stocken geratenen Vergabeverfahrens getroffen (vgl. Anlage K 3, Bl. 4 – 9 d.A.). Hierbei bezog sich bei verständiger Würdigung das Einverständnis der Beteiligten mit der weiteren Vorgehensweise der Beklagten - in dem in die Phase vor der Angebotsabgabe zurückversetzten Vergabeverfahren - zweifelsfrei auch auf die im Nachtrag des Protokolls für die Erstellung der Projektstudie von der Beklagten angebotene Entschädigung in Höhe von – seinerzeit noch „voraussichtlich“– 6.000,00 € brutto (Bl. 9).
    36

    Entsprechend ihrer Ankündigung im Rahmen des Bieterkolloquiums hat die Beklagte im weiteren Verlauf des Verfahrens im Aufforderungsschreiben zur Teilnahme am weiteren Verhandlungsverfahren vom 05.03.2010 (Anlage K 4 und 5, Bl. 10 – 24 Anlageband) in der Anlage „Fertigung einer Projektstudie“ - dort unter Ziffer 2. (1) a - die Entschädigung für die Erarbeitung der Projektstudie auf 6.000,00 € brutto pauschal festgelegt (Bl. 22 Anlagenband).
    37

    Darüber hinaus hat sie nochmals mit Schreiben vom 26. März 2010 im Rahmen der Beantwortung der Bieterfragen die gewährte Entschädigung in Höhe von 6.000,00 € brutto bestätigt und die aus ihrer Sicht bestehende Angemessenheit der Entschädigung ausführlich erläutert (Bl. 39 Anlagenband). Der von der Beklagten mit der Beantwortung der Bieteranfragen erteilte Hinweis dahingehend, dass Rechtsgrundlage für die Erstellung der Planungsstudie ausschließlich § 24 Abs. 3 VOF sei und demgemäß Lösungsvorschläge der Bewerber nach den Honorarbestimmungen der HOAI zu vergüten seien, rechtfertigt keinen weitergehenden Anspruch der Klägerin. Insbesondere stellt der Hinweis auf § 24 Abs. 3 VOF nach dem der Betrachtung des Senats zugrunde liegenden Gesamtkontext der zwischen den Parteien getroffenen Regelungen und Vereinbarungen im Rahmen des Vergabeverfahrens auch keinen Widerspruch zu der bereits in einem frühen Verfahrensstadium ausgelobten bzw. festgesetzten Pauschalvergütung dar.
    38

    Nach § 24 Abs. 3 VOF a.F. sind für Lösungsvorschläge der Bewerber außerhalb eines Planungswettbewerbs die Honorarbestimmungen der HOAI maßgeblich. Nach der HOAI wiederum sind Pauschalpreisabsprachen zulässig. Eine solche Pauschalvergütung in Höhe von 6.000,00 € hat die Beklagte vom Beginn des Vergabeverfahrens an festgelegt. Hiermit haben sich alle Bewerber letztlich -zumindest konkludent - einverstanden erklärt.
    39

    Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Email der Klägerin vom 01.04.2010 (Anlage K 6, Bl. 36 Anlageband), in der sie „festgestellt“ hat, dass – auch - „die Entschädigung nicht auskömmlich“ sei. Die genannte Email hat die Beklagte zum Anlass genommen, ihrerseits per Email vom 09.04.2010 (Bl. 138/139 d.A.) die Klägerin – und die übrigen Bieter – nochmals ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass die Leistungsphasen 1 – 3 der HOAI im Rahmen der Erstellung der Planungsstudie nicht einschlägig seien, und zusätzlich herauszustellen, dass sie weder in Bezug auf den Umfang noch hinsichtlich der Bearbeitungstiefe HOAI-konforme Leistungen einfordere. Hiergegen hat die Klägerin auch nicht mehr remonstriert. Vielmehr hat sie in ihrem Angebotsschreiben vom 12.05.2010 (Bl. 44-46 d.A. – dort Unterziffer 5 –) erklärt, alle Vergabeunterlage nochmals auf Unvollständigkeit/Unklarheiten und Widersprüchlichkeiten durchgesehen zu haben, jedoch insoweit nichts festgestellt zu haben. Mit dem Inhalt des Aufforderungsschreibens der Beklagten zur Teilnahme am weiteren VOF-Verfahren hat sie sich darin ausdrücklich einverstanden erklärt. Nach dem als maßgeblich zugrunde zu legenden objektiven Empfängerhorizont (§§133, 157 BGB) kann dieses Verhalten der Klägerin nicht anders interpretiert werden, als dass sie sich damit auch mit der in dem Aufforderungsschreiben der Beklagten (Rahmenbedingungen für die Projektstudie) festgelegten pauschalen Vergütung in Höhe von 6.000,00 € einverstanden erklärt hat.
    40

    Da die Beklagte von Beginn des Vergabeverfahrens an unverändert und durchgängig eine Entschädigung vom 6.000,00 € für die Erstellung der Projektstudie angeboten, diese erläutert und von ihrem Angebot auch auf die entsprechende Kritik der Klägerin zur „Nichtauskömmlichkeit“ nicht abgewichen ist, kann die Klägerin einen höheren Vergütungsanspruch auch nicht aus ihrem Angebotsschreiben vom 12.05.2010 im Rahmen des Verhandlungsverfahrens (Bl. 144 – 146 d.A.) herleiten, soweit sie darin unter Ziffer 2 mitteilt, dass Bestandteil ihres Angebots und auch Grundlage für die von ihr kalkulierten Honorare insbesondere auch die HOAI 2009 in der bei Angebotsabgabe geltenden Fassung sei.
    41

    Das Schweigen der Beklagten hierauf würdigt der Senat nicht als beredtes Schweigen im Sinne einer Annahme – auf das ohnehin nicht hinreichend bestimmten Angebot – der Klägerin. In dem Schweigen auf ein Angebot, das aufgrund einverständlicher und alle wichtigen Punkte betreffender Vorverhandlungen ergeht, ist in der Regel lediglich dann eine stillschweigende Annahme zu erblicken, wenn die andere Seite nicht nach den Umständen des Einzelfalles eine solche stillschweigende Annahmeerklärung ausschließen wollte oder mit einer zwischenzeitlich eingetretenen Änderung ihrer Willensbildung zu rechnen gewesen ist (vgl. BGH, X. ZS, Urt. v. 02.11.1995, Az. X ZR 135/93, abgedruckt u.a. in NJW 96, 919 – 921 ). Vorliegend kann nach den Umständen des Einzelfalles schon deshalb nicht von einem konkludenten Einverständnis der Beklagten mit einer von der getroffenen Pauschalvergütungsvereinbarung abweichenden Vergütung nach der HOAI ausgegangen werden, weil die Beklagte für die Klägerin jederzeit erkennbar – wiederholt – auf einer pauschale Entschädigung – zuletzt gegenüber der Klägerin per Email vom 09.04.2010 – bestanden hat.
    42

    Auf eine Unwirksamkeit der getroffenen Pauschalpreisvereinbarung im Hinblick auf die Mindestsatzunterschreitung der gewährten Vergütung (BGH NJW 2012, 848 ) kann sich die Klägerin nicht mit Erfolg berufen. Die Berufung auf die Mindestsatzunterschreitung stellt vorliegend eine gegen den Grundsatz von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB verstoßende unzulässige Rechtsausübung dar.
    43

    Durch ihr gesamten Verhalten während des Vergabeverfahrens hat die Klägerin - mit Ausnahme der einmaligen bloßen „Feststellung der Nichtauskömmlichkeit“ der angebotenen Vergütung - bei der Beklagten den Eindruck erweckt, mit den Vergabebedingungen insgesamt, das heißt auch mit der Vergütung für die Erstellung der Projektstudie einverstanden zu sein. Hierdurch hat sie bei der Beklagten einen schützenswerten Vertrauenstatbestand begründet (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Aufl. 2014, § 242 Rz. 56), der ihr nachträgliches – zusätzliches – Vergütungsverlangen als widersprüchlich und damit missbräuchlich erscheinen lässt.
    44

    Aus dem gesamten Verhandlungsverfahren musste sich für die Klägerin eindeutig und zweifelsfrei ergeben haben, dass die Beklagte lediglich bereit war, pauschal 6.000,00 € für die Erstellung der Projektstudie an jeden Bieter zu zahlen. Spätestens nach dem Erhalt des Aufforderungsschreibens zur weiteren Teilnahme am Verhandlungsverfahren vom 05.03.2010, insbesondere nach dem Inhalt der Rahmenbedingungen zur Fertigung der Projektstudie musste der Klägerin damit klar sein, dass sie für ihre Tätigkeit im Rahmen der Projektstudie lediglich 6.000,00 € insgesamt erhalten würde. Mit dem Inhalt der Rahmenbedingungen für die Projektstudie hat sich die Klägerin ausweislich ihres Angebotsschreibens ausdrücklich einverstanden erklärt.
    45

    Es war letztlich allein dem unternehmerischen Ermessen der Klägerin überlassen, ob sie in Anbetracht der feststehenden pauschalen Vergütung, einen dieser der Höhe nach entsprechenden angemessenen Zeit- und Bearbeitungsaufwand für die Erstellung der Planungsstudie betreiben wollte oder – auf ihr eigenes wirtschaftliches unternehmerisches Risiko – mit dem Ziel, letztlich den Planungsauftrag „um jeden Preis“ zu erhalten, höhere Aufwendungen verbunden mit dem Risiko in Kauf nahm, unabhängig vom betriebenen Kostenaufwand, den Zuschlag letztlich doch nicht zu erhalten.
    46

    In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass nach den getroffenen Vereinbarungen für die Höhe des Vergütungsanspruches nicht maßgeblich war, welche Leistungen und Aufwendungen die Klägerin erbracht hat. Dies gilt insbesondere im Hinblick darauf, dass die Beklagte mehrfach sowohl mündlich als auch schriftlich hinsichtlich des Umfangs der Bearbeitungstiefe darauf hingewiesen hat, dass sie keine HOAI-konforme Leistungen erwarte bzw. einfordere. Diese Voraussetzungen galten gleichermaßen für alle am Vergabeverfahren teilnehmenden Bieter/ Bewerber. Dafür, dass mit Ausnahme der Klägerin die übrigen – ebenfalls unterlegenen – Bieter den Akquisitionscharakter des Verfahrens im Rahmen der Erstellung der Projektstudie erkannt haben dürften, spricht auch, dass sich diese offensichtlich mit der von der Beklagten gewährten „Entschädigung“ zufrieden gegeben und keine weitergehenden Ansprüche geltend gemacht haben.
    47

    Der Klägerin musste schließlich auch vor dem Hintergrund der Anzahl der teilnehmenden Bieter von vorneherein bewusst gewesen sein, dass die Beklagte den Kostenaufwand für die einzuholenden Projektstudien vor Vergabe des eigentlichen Planungsauftrages gering halten musste/wollte. Im Falle einer Inanspruchnahme der Beklagten durch sämtliche Bieter auf Vergütungszahlungen in der Größenordnung, die die Klägerin vorliegend geltend macht, wäre mit Kosten der Beklagten allein für die Planungsstudie in einer Größenordnung zwischen 1,5 und 2 Mio. Euro zu rechnen gewesen.
    48

    Vor diesem Hintergrund hat die Beklagte offensichtlich versucht, den schwierigen „Spagat“ zwischen einer - offensichtlich auch nach ihrer eigenen Einschätzung nicht abzuverlangenden - kostenfreien Akquisition und einer mit unkalkulierbarem Risiko und erheblichem Kostenaufwand verbundenen Durchführung der Projektstudie dahingehend zu bewältigen, dass ein von ihr als angemessen angesehener pauschaler Entschädigungsbetrag gezahlt werden sollte.
    49

    Im Zusammenhang mit der von Beginn des – zurückversetzten – Vergabeverfahrens angekündigten pauschalen Entschädigung in Höhe von 6.000,00 € hat die Beklagte erheblichen Erklärungsaufwand gegenüber den beteiligten Bietern betrieben. So hat sie in der Beantwortung der Bieterfragen – zu Recht – auf den Akquisitionscharakter hinsichtlich der durchzuführenden Projektstudie im Rahmen des Bewerbungsverfahrens um einen öffentlichen Auftrag und auch auf die fehlende Möglichkeit der Inregressnahme der Teilnehmer und die fehlende Möglichkeit der Durchsetzung der Übergabe der jeweiligen Projektstudien sowie das Fehlen eines im Verhandlungsverfahren nicht bestehenden Auftragsverhältnisses hingewiesen. Auch die weitgehend in das Ermessen der Teilnehmer des Verhandlungsverfahrens gestellte Entscheidung, mit welchem Aufwand die Erarbeitung der Projektstudien betrieben werden würde, müsste der Klägerin die wirtschaftlichen Risiken des Betreibens eines erheblichen Bearbeitungsaufwandes im Falle späterer Nichtberücksichtigung bei der Auftragsvergabe vor Augen geführt haben.“
    50

    Die Stellungnahme der Klägerin gemäß Schriftsatz vom 09.07.2014 (Bl. 334 – 342 d. A.) gibt dem Senat keinen Anlass zu einer vom Inhalt des Hinweisbeschlusses abweichenden Bewertung der Rechtslage.
    51

    Ergänzend ist auf die Stellungnahme der Klägerin lediglich noch Folgendes auszuführen:
    52

    Die Klägerin verkennt offensichtlich den wesentlichen Kerngehalt der vom Senat erteilten Hinweise. Selbstverständlich hat der Senat die Problematik der Wirksamkeit der zwischen den Parteien getroffenen Pauschalpreisvereinbarung im Hinblick auf die Mindestsatzunterschreitung der gewährten Vergütung unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BGH gesehen und sich hiermit auch auseinandergesetzt (vgl. Seiten 10 – 12 des Hinweisbeschlusses).
    53

    Entgegen der Annahme der Klägerin, die scheinbar meint, aus den erteilten Hinweisen herauslesen zu können, dass der Senat einen Vergütungsanspruch der Klägerin nach den Mindestsätzen der HOAI unabhängig von der Wirksamkeit oder der Unwirksamkeit der Pauschalpreisvereinbarung nach dem Grundsatz von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB verneine, bestanden - und bestehen weiterhin - für den Senat keine vernünftigen Zweifel daran, dass die Klägerin auf der Grundlage einer wirksam zwischen den Parteien vereinbarten „Entschädigungsregelung“ gegen die Beklagte lediglich einen – bereits erfüllten – Vergütungsanspruch für die Erstellung der Projektstudie in Höhe von 6.000,00 € hat(te). Der Senat zweifelt die Wirksamkeit der getroffenen Pauschalpreisvereinbarung gerade nicht an, da die Klägerin sich nach ihrem gesamten Verhalten im Bieterverfahren nach dem Grundsatz von Treu und Glauben nicht auf die Vorschriften der HOAI berufen kann.
    54

    Dass der Senat – ausnahmsweise – aus den im Hinweisbeschluss ausführlich dargelegten Gründen von der Zulässigkeit der Unterschreitung der Mindestsätze nach der HOAI ausgeht, ergibt sich bei sorgfältiger und verständiger Würdigung der Ausführungen des Senats zwanglos aus dem Inhalt der Seiten 10 bis 12 des Hinweisbeschlusses (Bl. 318 – 320 d. A.).
    55

    Im Rahmen des Hinweisbeschlusses erschienen dem Senat weitergehende Ausführungen zur Unschädlichkeit der Mindestsatzunterschreitung für die Wirksamkeit der getroffenen Pauschalpreisvereinbarung bereits deshalb nicht geboten, weil die Klägerin sich im Rahmen ihrer Berufungsbegründung nicht einmal mehr ansatzweise – auch nicht hilfsweise – mit der Frage der Mindestsatzunterschreitung auseinandergesetzt hat.
    56

    Zu diesem Problemkreis ist anlässlich der Stellungnahme der Klägerin ergänzend noch Folgendes auszuführen:
    57

    Bereits die Ausgangsbetrachtung der Klägerin dahingehend, dass der BGH im Zusammenhang mit mindestsatzunterschreitenden Pauschalhonorarvereinbarungen in Ausnahmefällen „eine Bindungswirkung trotz Unwirksamkeit unter bestimmten Voraussetzungen bejaht hat“, gibt die diesbezügliche BGH-Rechtsprechung nicht zutreffend wieder. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist vielmehr unter bestimmten Voraussetzungen eine Unterschreitung der Mindestsätze möglich mit der Folge, dass ausnahmsweise mindestsatzunterschreitende Pauschalpreisvereinbarungen als wirksam anzusehen sind. Es geht hierbei also nicht um „eine Bindungswirkung trotz Unwirksamkeit“, wie die Klägerin meint, sondern vielmehr darum, dass sich der Architekt/Ingenieur – unter bestimmten Voraussetzungen - nach dem Grundsatz von Treu und Glauben aufgrund seines widersprüchlichen Verhaltens nicht auf die Unwirksamkeit der Pauschalvereinbarung berufen kann. In der von der Klägerin selbst zitierten Entscheidung des BGH vom 22.05.1997, Az.: VII ZR 290/95, hat der BGH unter anderem ausgeführt:
    58

    „Bei der Bestimmung eines Ausnahmefalles sind der Zweck der Norm und die berechtigten Interessen der Beteiligten zu berücksichtigen. Die zulässigen Ausnahmefälle dürfen einerseits nicht dazu führen, dass der Zweck der Mindestsatzregelung gefährdet wird, einen „ruinösen Preiswettbewerb“ unter Architekten und Ingenieuren zu verhindern. Andererseits können alle die Umstände eine Unterschreitung der Mindestsätze rechtfertigen, die das Vertragsverhältnis in dem Sinne deutlich von den üblichen Vertragsverhältnissen unterscheiden, dass ein unter den Mindestsätzen liegendes Honorar angemessen ist. Das kann der Fall sein, wenn die vom Architekten oder Ingenieur geschuldete Leistung nur einen besonders geringen Aufwand erfordert, sofern dieser Umstand nicht schon bei den Bemessungsmerkmalen der HOAI zu berücksichtigen ist. Ein Ausnahmefall kann ferner beispielsweise bei engen Beziehungen rechtlicher, wirtschaftlicher, sozialer oder persönlicher Art oder sonstigen besonderen Umständen gegeben sein. Solche besonderen Umstände können etwa in der mehrfachen Verwendung einer Planung liegen.“
    59

    „Vereinbaren die Parteien eines Architektenvertrages ein Honorar, das die Mindestsätze in unzulässiger Weise unterschreitet, verhält sich der Architekt, der später nach den Mindestsätzen abrechnen will, widersprüchlich. Dieses widersprüchliche Verhalten steht nach Treu und Glauben einer Geltendmachung der Mindestsätze entgegen, sofern der Auftraggeber auf die Wirksamkeit der Vereinbarung vertraut hat und vertrauen durfte und wenn er sich darauf in einer Weise eingerichtet hat, dass ihm die Zahlung des Differenzbetrages zwischen dem vereinbarten Honorar und den Mindestsätzen nach Treu und Glauben nicht zugemutet werden kann.“
    60

    Gleichfalls ist im vorliegenden Zusammenhang auf die Ausführungen des BGH in der genannten Entscheidung (Rd. 20) hinzuweisen, wonach eine Beschränkung der zulässigen Ausnahmen vom Gesetzgeber weder gewollt war noch eine enumerative Regelung der möglichen Ausnahmen vorgenommen worden ist.
    61

    Unter Zugrundelegung der - vorgenannten - vom BGH aufgestellten Grundsätze kann sich die Beklagte, ohne sich selbst widersprüchlich und rechtsmissbräuchlich zu verhalten, auf die getroffene Pauschalpreisvereinbarung zu Recht berufen.
    62

    In der vorliegenden Fallgestaltung durfte sie auch völlig unabhängig von ihrer eigenen Sachkunde bzw. derjenigen ihrer Prozessbevollmächtigten auf die Wirksamkeit der getroffenen Vereinbarung vertrauen. Die Schutzwürdigkeit der Beklagten ergibt sich aus dem Verhalten der Klägerin während des gesamten Verfahrensverlaufes, beginnend mit der von allen Beteiligten im Rahmen des Bieterkolloquiums getroffenen Vereinbarung über die Fortsetzung des sogenannten VOF-Verfahrens bis zur Abgabe des Angebotsschreibens der Klägerin vom 12.05.2010 (Bl. 144 - 146 d. A. – dort unter Ziffer 5 –), in dem die Klägerin erklärt hatte, alle Vergabeunterlagen nochmals auf Unvollständigkeit/Unklarheit und Widersprüchlichkeiten durchgesehen zu haben, jedoch insoweit nichts festgestellt zu haben.
    63

    Mit dem Inhalt des Aufforderungsschreibens der Beklagten zur Teilnahme am weiteren VOF-Verfahren hat sich die Klägerin in ihrem Angebotsschreiben ausdrücklich einverstanden erklärt. Wie bereits im Hinweisbeschluss ausgeführt, beinhaltete das Aufforderungsschreiben unter anderem auch die Festlegung der pauschalen Vergütung in Höhe von 6.000,00 €. Insbesondere vor dem Hintergrund der zuvor erfolgten Bieteranfragen und deren Beantwortung durch die Beklagte, die sich hierbei auch mit der Vergütungsfrage auseinandergesetzt und ihre diesbezüglichen Überlegungen ausführlich gegenüber den Bietern erläutert hat, durfte sie – die Beklagte - darauf vertrauen, dass die Klägerin und die übrigen Bieter nach Einreichung der Projektstudien, unabhängig von der Frage, welcher der Bieter den Auftrag schließlich erhalten würde, keine über die vereinbarte Pauschalvergütung hinausgehenden Honorarforderungen geltend machen würden. Dementsprechend hat auch kein anderer Mitbieter weitergehende Zahlungsansprüche für die Erstellung der Projektstudien gegenüber der Beklagten geltend gemacht.
    64

    Darüber hinaus ist nach dem Verständnis des Senats vorliegend – trotz Mindestpreisunterschreitung – von der Wirksamkeit der Pauschalpreisvereinbarung unter Berücksichtigung der Rechtsprechungen des BGH auch deshalb auszugehen, weil die vorliegend von der Klägerin und den übrigen Bietern geschuldeten Leistungen nicht den von der Klägerin – offensichtlich - tatsächlich betriebenen Aufwand erforderten. Insoweit weist der Senat nochmals darauf hin, dass die Beklagte mehrfach – unstreitig – sowohl in mündlicher als auch schriftlicher Weise hinsichtlich des Umfangs der Bearbeitungstiefe vor Erstellung der Projektstudie darauf hingewiesen hatte, dass sie keine HOAI-konformen Leistungen erwarte bzw. einfordere. Hierzu wird nochmals auf die Ausführungen des Senats im Hinweisbeschluss auf den Seiten 11 und 12 (Bl. 306, 307 d. A.) konkret Bezug genommen.
    65

    Ergänzend ist schließlich noch anzumerken, dass auch der von der Klägerin gerügte Verstoß des Landgerichts gegen die gerichtlichen Hinweispflichten im Zusammenhang mit der Unschlüssigkeit der Klage gemäß § 139 ZPO dem Rechtsmittel nicht zum Erfolg verhilft. Damit das Rechtsmittelgericht die Kausalität einer Verletzung der Prozessleitungspflicht prüfen kann, muss in der Rechtsmittelbegründung (§ 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO) angegeben werden, was auf einen entsprechenden Hinweis hin vorgetragen worden wäre (vgl. BGH GRUR 2008, 1126 ; Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl. 2014, § 139, Rz. 20). Entsprechende Ausführungen enthält der Berufungsbegründungsschriftsatz der Klägerin vom 29.03.2012 hingegen nicht.
    66

    Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Ziffer 10 ZPO. Die Anordnung der Abwendungsbefugnis folgt aus §§ 711, 709 Satz 2 ZPO.
    67

    Die Kostenentscheidung findet in § 97 Abs. 1 ZPO ihre Rechtsgrundlage.
    68

    Die Wertfestsetzung beruht auf § 47 Abs.1 GKG.