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  • 29.09.2014 · IWW-Abrufnummer 142862

    Oberlandesgericht Celle: Urteil vom 09.08.2012 – 5 U 34/12

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Oberlandesgericht Celle

    Urt. v. 09.08.2012

    Az.: 5 U 34/12

    In dem Rechtsstreit
    M., vertreten durch die Geschäftsführer A. K. und G. W., ..., L XXXX Luxemburg,
    Beklagte und Berufungsklägerin,
    Prozessbevollmächtigte:
    Anwaltsbüro pp.
    gegen
    T. GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer M. S., S. Straße 7, XXXX0 R.,
    Klägerin und Berufungsbeklagte,
    Prozessbevollmächtigte:
    Anwaltsbüro pp.
    Beteiligte:
    G. M., Herrn Dipl.-Geol. F. D., D-Straße 22, XXXX7 M.,
    Streithelferin der Klägerin,
    Prozessbevollmächtigte:
    Anwaltsbüro pp.
    hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Saathoff, die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Straub und den Richter am Oberlandesgericht Volkmer aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 18. Juli 2012
    für Recht erkannt:
    Tenor:

    1.

    Die Berufung der Beklagten wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass das Grund- und Teilurteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 17. Januar 2012 wie folgt neu gefasst wird:

    Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 21.339,08 Euro nebst Zinsen in Höhe von 7 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 2. August 2010 zu zahlen.

    Soweit die Klägerin Mehrkosten der Pilotbohrung wegen starker Eisenarmierung in der Bodenplatte und eines im Boden vorhandenen Hauptstromkabels verlangt, wird die Klage abgewiesen.

    Die weitergehende Klage ist dem Grunde nach gerechtfertigt.

    Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

    Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

    2.

    Die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Auslagen der Streithelferin werden der Beklagten auferlegt.
    3.

    Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
    4.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

    Gründe

    I.

    Die Beklagte beauftragte die Klägerin mit der Wasserhaltung bei einem Bauvorhaben im P.-Viertel in H. Dazu musste die Klägerin Horizontalbohrungen auf dem Grundstück ausbringen und zwar auch unterhalb des dort aufstehenden Gebäudes. Über die Bodenverhältnisse hatte die Beklagte ein Bodengrundgutachten erstellen lassen, das dem Leistungsverzeichnis zu Grunde lag und das Bodenklassen von 1 bis 5 auswies. Tatsächlich befanden sich unter dem Gebäude mit Bauschutt verfüllte Gewölbekeller (Bodenklassen 6 und 7). Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin restlichen Werklohn aufgrund des "Ursprungsvertrages" sowie Mehraufwendungen.

    Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf das angefochtene Urteil (Bl. 176 ff) Bezug genommen.

    Die Klägerin hat beantragt,

    die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 215.716,72 Euro nebst Zinsen in Höhe von 7 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 2. August 2010 zu zahlen.

    Die Beklagte hat beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 21.339,08 Euro auf die Schlussrechnung zum Ursprungsvertrag verurteilt. Es hat die Klage abgewiesen, soweit die Klägerin Mehrkosten der Pilotbohrung wegen starker Eisenarmierung in der Bodenplatte und eines im Boden vorhandenen Hauptstromkabels begehrte. Im Übrigen hat es die Klage für dem Grunde nach berechtigt angesehen. Wegen der Einzelheiten wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen (Bl. 176 ff).

    Mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte ihren Klagabweisungsantrag weiter. Sie meint, das Grund- und Teilurteil sei unzulässig. Es handele sich im Übrigen um eine Überraschungsentscheidung. Die noch offene Vergütungsforderung von 21.339,08 Euro aus dem "Hauptauftrag" sei nicht unstreitig. Die Abschlagszahlung von 50.000,00 Euro sei auf die Schlussrechnung und nicht auf die Mehrkosten zu verrechnen. Die Schlussrechnung sei im Übrigen nicht korrekt und nicht prüfbar.

    Die Klägerin habe zudem die Vertragsstrafe verwirkt, und zwar in Höhe von 17.255,00 Euro. Das Landgericht habe die Beklagte nicht darauf hingewiesen, dass die Darlegung unzureichend sei. Es verkenne im Übrigen die Beweislastverteilung im konkreten Fall.

    Zugunsten der Beklagten seien Reinigungskosten in Höhe von 854,32 Euro zu berücksichtigen. Man habe sich darauf verständigt, dass die Beklagte eine Drittfirma beauftrage und diese Kosten der Klägerin berechne (Beweis: R. E., I.).

    Zu beanstanden sei weiter, dass das Grundurteil keine Aussage darüber treffe, welche Mehrkosten auch erforderlich gewesen seien. Die Klägerin sei offenkundig mit einem Kampfpreis in die Ausschreibung gegangen, wissend, dass es in Folge "generell nicht unbedingt unwahrscheinlicher Hohlräume und Mauerreste" mit hoher Wahrscheinlichkeit genügend Gelegenheiten geben werde, unter Berufung auf für sie vermeintlich nicht vorhersehbare Schwierigkeiten Nachforderungen zu stellen, um auf diese Weise den kalkulierten satten Gewinn einzustreichen.

    Auch in der Sache sei das Grundurteil unberechtigt, weil einem Anspruch der Klägerin schon Ziffer 6.2 des Vertrages entgegenstehe.

    Die Beklagte beantragt,

    in Abänderung des Grund- und Teilurteils des Landgerichts Hannover vom 17. Januar 2012 (Az. 9 O 268/10) wird die Klage insgesamt abgewiesen.

    Die Klägerin beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen.

    Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil und meint, die Ausführungen der Beklagten seien nicht nur falsch, sondern schlicht unredlich und ärgerlich. Man habe den Eindruck, dass sie vor den vorhandenen Tatsachen die Augen schließe und letztlich nur erklären wolle, dass sie definitiv zu keinerlei Nachzahlung bereit sei, was auch immer geschehen sein möge. Die Klägerin halte es daher für überflüssig, zusätzlich zu den bereits erstinstanzlich vorgetragenen Argumenten und der Urteilsbegründung des Landgerichts noch weiteres Papier zu füllen.

    Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die Schriftsätze und Anlagen der Parteien Bezug genommen.

    II.

    Die Berufung ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Das Landgericht hat richtig entschieden. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf restlichen Werklohn in der ausgeurteilten Höhe; ihre weitergehende Klage auf Vergütung von Mehraufwendungen wegen der vorgefundenen Erschwernisse ist dem Grunde nach gerechtfertigt, soweit die Mehraufwendungen nicht auf der Armierung und dem Starkstromkabel beruhen, § 631 Abs. 1BGB.

    1. Lediglich zur Klarstellung hat der Senat den Urteilstenor anders gefasst, um zu verdeutlichen, dass die Klage auf Vergütung von Mehrforderungen nur abgewiesen ist, soweit sich diese auf eine zu starke Armierung der Bodenplatte und das Hauptstromkabel beziehen und im Übrigen dem Grunde nach gerechtfertigt ist. Das Landgericht hat bereits in dem Beschluss vom 2. Mai 2012 (Bl. 242 ff), mit dem es den Antrag auf Tatbestandsberichtigung und Urteilsergänzung zurückgewiesen hat, unter Ziffer 7 zutreffend darauf hingewiesen, dass eine Abweisung der Klage "im Übrigen" nicht in Betracht kommt, weil derzeit noch nicht deutlich ist, in welcher Höhe die Kosten der Wasserhaltung durch die Erschwernisse bedingt sind und in welcher Höhe sie zu den Kosten des "ungestörten" Vertrages gehören.

    2. Der Einwand der Beklagten, es handele sich um ein unzulässiges Grund- und Teilurteil, ist nicht stichhaltig. Die Klägerin macht restlichen Werklohn geltend, der sich zusammensetzt aus einer restlichen Forderung aufgrund des ursprünglichen Pauschalpreisvertrages nebst anerkanntem Nachtrag sowie den geltend gemachten Mehraufwendungen, die wegen der vorgefundenen Erschwernisse notwendig geworden seien.

    Da der von der Beklagten beauftragte Fachplaner die von der Klägerin aufgestellten Mehrkosten geprüft und von über 244.000,00 Euro für berechtigt gehalten hat, ist hinreichend dargetan, dass der Klägerin trotz der erhaltenen 50.000,00 Euro auf die Mehrkosten (dazu s. u. Ziffer 4) aller Voraussicht nach ein weiterer Anspruch verbleibt.

    Die Klage war damit dem Grunde nach entscheidungsreif sowie zum Teil auch der Höhe nach. Der Erlass eines Grund- und Teilurteils ist nicht zu beanstanden.

    3. Die Klägerin ist mit Mehraufwendungen nicht ausgeschlossen.

    a) Allgemein gilt: Durch den vereinbarten Pauschalpreis sind solche Mehraufwendungen, die auf falschen Angaben des Auftraggebers in seiner Leistungsbeschreibung beruhen, nicht mit abgegolten. Die Nichtankündigung einer Mehrforderung ist unschädlich, wenn dem fachkundigen Auftraggeber nicht verborgen bleiben konnte, dass die von ihm geforderte Zusatzleistung vergütet werden musste und eine alternative Ausführungsart nicht ersichtlich war (OLG Karlsruhe, Urt. v. 22. Dezember 1998, Az. 17 U 220/96, alle Entscheidungen zitiert nach [...]).

    Haben die Bauvertragspartner einen VOB-Bauvertrag als Pauschalvertrag auf der Grundlage eines vom Auftragnehmer erstellten Leistungsverzeichnisses und eines bei Vertragsschluss vorliegenden geologischen Untersuchungsberichts über die Bodenverhältnisse geschlossen, so scheitern Nachtragsforderungen des Auftragnehmers jedenfalls dann, wenn die vorgefundenen Bodenverhältnisse aus dem Untersuchungsbericht erkennbar oder jedenfalls vorhersehbar waren und deshalb keine Abweichung vom vertraglich zugrunde liegenden Beschaffenheits-Soll des Baugrundes als des vom Auftraggeber beigestellten Stoffes vorliegt (OLG Düsseldorf, Urt. v. 30. September 2002, Az. 21 U 47/02).

    Konnte der Auftragnehmer bei aller gebotenen Sorgfalt und zumutbarer Überprüfung die eingetretenen Erschwernisse bei der Auftragsvorgabe nicht voraussehen und führt dies zu einer Änderung der Preisermittlungsgrundlagen, steht dem Auftragnehmer auch bei einem Pauschalpreisvertrag ein Mehrvergütungsanspruch unter den Voraussetzungen von § 2 Nr. 5 VOB/B zu (KG Berlin, Urt. v. 13. Dezember 2004, Az. 24 U 354/02).

    Wird in einem Leistungsverzeichnis auf möglicherweise auftretende Erschwernisse hingewiesen und wird unter solchen Umständen auf ein Leistungsverzeichnis ein Pauschalangebot abgegeben, so ist davon auszugehen, dass aus der Sicht des Angebotsempfängers nach dessen Empfängerhorizont die Pauschalierung auch die in diesem Punkt angesprochene Problematik mit umfasst (OLG München, Urt. v. 10. Juni 2008, Az. 9 U 2192/07).

    Behauptet der Auftraggeber, Zusatzarbeiten hätten zum Bausoll gehört, steht die Notwendigkeit der Ausführung außer Streit. Entsprechen die zusätzlichen Leistungen nicht dem mutmaßlichen Willen des Auftraggebers, so muss er dies, entgegen der grundsätzlichen Darlegungslast, substantiiert unter Darlegung der für das Gegenteil sprechenden Tatsachen bestreiten (OLG Düsseldorf, Urt. v. 25. November 2008, Az. 23 U 13/08).

    Inwieweit eine detaillierte Angabe im Leistungsverzeichnis einer funktionalen Ausschreibung dazu führt, dass sie die Pauschalierung der Vergütung begrenzt, ergibt die Auslegung des Vertrages. Die Auslegung kann auch ergeben, dass die detaillierte Angabe lediglich die Geschäftsgrundlage des Vertrages beschreibt. Beschreibt der Auftraggeber in einem Pauschalvertrag Mengen oder die Mengen beeinflussende Faktoren, können diese zur Geschäftsgrundlage des Vertrages erhoben worden sein. Das kann insbesondere dann angenommen werden, wenn der Auftragnehmer davon ausgehen durfte, der Auftraggeber habe eine gewisse Gewähr für eine verlässliche Kalkulationsgrundlage geben wollen. In diesem Fall kommt ein Ausgleichsanspruch nach § 2 Nr. 7 Abs. 1 VOB/B in Betracht, wenn sich eine deutliche Mengensteigerung ergibt. Wirken sich die von den irreführenden Angaben des Auftraggebers im Vertrag abweichenden Mengen derart auf die Vergütung aus, dass das finanzielle Gesamtergebnis des Vertrages nicht nur den zu erwartenden Gewinn des Auftragnehmers aufzehrt, sondern auch zu Verlusten führt, ist das Festhalten an der Preisvereinbarung häufig nicht mehr zumutbar. Auf eine starre Risikogrenze von 20 % der Gesamtvergütung kann nicht abgestellt werden (BGH, Urt. v. 30. Juni 2011, Az. VII ZR 13/10).

    b) Bezogen auf den vorliegenden Fall bedeutet dies:

    Die Mehrforderungen der Klägerin sind nicht durch Ziffer 6.2 des "Auftrages" (Bl. 64 ff) ausgeschlossen. Sie ist nicht einschlägig. Sie lautet:

    "Die vorliegende Baumaßnahme wurde hinsichtlich ihrer Ausführung in der örtlichen Situation vom AN geprüft. Nachforderungen aufgrund von Unkenntnis sind ausgeschlossen."

    Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Streithelfer der Klägerin, die G.-Gruppe M. (G.), die die Fachplanung innehatte, im Auftrag der Beklagten ein Bodengrundgutachten erstellt hat. Das Ergebnis, es fänden sich "überwiegend lockere bis mitteldichte Mittelsande, Bodenklassen 1 bis 5", findet sich in dem Leistungsverzeichnis, das nach dem Auftragsschreiben Vertragsgrundlage ist. Die G. hat Bodenproben genommen, nach Angabe der Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat auch unterhalb der dort aufstehenden Gebäude. Erst rund ein Jahr, nachdem die Klägerin die Arbeiten aufgenommen hatte und nachdem es zu erheblichen Schwierigkeiten gekommen war, haben die Beteiligten durch einen zufällig anwesenden Mieter des Objekts erfahren, dass sich unter dem bisherigen Untergeschoss weitere Räume befanden (Gewölbekeller), die mit Bauschutt verfüllt waren. Dieser Umstand war sämtlichen Beteiligten bis dahin unbekannt.

    Da es nicht Aufgabe der Klägerin war, Bodengrunduntersuchungen vorzunehmen, gehörte dieser Umstand nicht "in die örtliche Situation, die der Auftragnehmer geprüft hatte". Im Gegenteil: Die Klägerin durfte sich auf das von der Beklagten zur Verfügung gestellte Bodengrundgutachten dahin verlassen, dass lediglich mit Bodenklassen 1 bis 5 zu rechnen war. Abweichend von den Sachverhalten, die dem Oberlandesgericht Düsseldorf (21 U 47/02) und dem Oberlandesgericht München (9 U 2192/07) zur Entscheidung vorlagen, hatte die Klägerin nicht etwa ein pauschales Angebot abgegeben, das jegliche Risiken umfassen sollte, sondern auf der Grundlage des von der Beklagten erstellten Leistungsverzeichnisses ein Detail-Angebot unterbreitet. Aus dem Leistungsverzeichnis oder sonstigen Unterlagen, die die Beklagte der Klägerin zur Verfügung stellte, waren die Erschwernisse gerade nicht erkennbar.

    Das von den Parteien nicht vorhergesehene Risiko einer solchen Erschwerung hat nicht die Klägerin, sondern hat die Beklagte zu tragen. Es handelt sich um eine maßgebliche Änderung der Geschäftsgrundlage. Der von der Beklagten beauftragte Fachplaner, die G., hat in dem Schreiben vom 23. Oktober 2009 (K 3) an den ebenfalls von der Beklagten beauftragten Architekten E. formuliert, die wesentlichen Umstände, die Teile der beauftragten Leistung "bis an den Rand der Undurchführbarkeit" gebracht hätten, seien erst im Zuge der Durchführung erkennbar geworden. Dieser Fachplaner, der auch die örtliche Bauaufsicht für die Beklagte innehatte, hatte lediglich rechtliche Bedenken, weil nach seiner Auffassung die Klägerin die "zusätzlichen Arbeiten" ohne Auftrag der Beklagten ausgeführt hätte. Wie - so die Auffassung der Beklagten - die Klägerin unter diesen Umständen nicht in der Lage gewesen sein sollte, "mit Hohlräumen" fertig zu werden (Berufungsbegründung S. 16 = Bl. 286), erschließt sich nicht. Das Vertragsgefüge zwischen den Parteien würde ohne sachlichen Grund einseitig zu Lasten der Klägerin verändert, wollte die Beklagte das Risiko, das sich im Baugrund realisiert hat, auf die Klägerin abwälzen. Dieser Umstand betrifft nicht die Risikosphäre der Klägerin, sondern die der Beklagten.

    Da Ziffer 6.2 des Vertrages Mehrforderungen nicht ausschließt, kommt die Regelung unter Ziffer 3.5.2 des Leistungsverzeichnisses zur Anwendung. Dort haben die Parteien geregelt, wie Arbeiten abzurechnen sind, die aus den vom Bauherrn durchgeführten und dem Auftragnehmer zur Kenntnis gebrachten Basisinformationen nicht ableitbar sind.

    Ziffer 6.2 ist mithin bereits vom Wortlaut nicht einschlägig, im Übrigen nicht geeignet, das Risiko einer unvorhergesehenen Änderung der Geschäftsgrundlage der Klägerin anzulasten. Es kann daher dahinstehen, ob die Klausel zudem als Allgemeine Geschäftsbedingung unwirksam wäre (vgl. hierzu Ingenstau/Korbion, VOB, 15. Aufl., § 2 Nr. 7 Rn. 32).

    4. Die von der Klägerin erstellten Rechnungen sind prüffähig, wie bereits der Umstand zeigt, dass der von der Beklagten beauftragte Fachplaner, die G., sie geprüft hat. Die pauschale Behauptung der Beklagten, der Fachplaner handele kollusiv mit der Klägerin zum Nachteil der Beklagten zusammen, vermag daran nichts zu ändern. Die Beklagte hat keine Anhaltspunkte für ein solches Zusammenwirken der G. und der Klägerin vorgetragen. Sie war im Übrigen durch ihren Architekten E. jeweils über den aktuellen Sachstand auf der Baustelle "auf dem Laufenden".

    5. Das Grund- und Teilurteil ist nicht mit Rücksicht darauf zu beanstanden, dass das Landgericht der Klägerin einen Rest aus der Schlussrechnung über den ursprünglichen Pauschalpreisvertrag nebst akzeptiertem Nachtrag zugesprochen hat.

    a) Der Klägerin steht ein einheitlicher Vergütungsanspruch zu. Sie ist jedoch ausweislich § 16 Nr. 4 VOB/B nicht gehindert, Teilschlussrechnungen geltend zu machen. Es ist daher nicht zu beanstanden, dass die Klägerin eine Schlussrechnung über den "alten" Pauschalpreisvertrag nebst dem anerkannten Nachtrag erstellt hat und über die Mehraufwendungen eine zweite Schlussrechnung.

    b) Das Landgericht hat die "zusätzliche Abschlagszahlung" in Höhe von 50.000,00 Euro zu Recht nicht von der Schlussrechnung des "alten" Pauschalpreisvertrages abgesetzt.

    Der hierzu gehaltene Vortrag der Beklagten ist abwegig. Die Beklagte selbst trägt in ihrer Berufungsbegründung (Bl. 276) vor, sie sei bereit gewesen, eine "gewisse Honorierung der Mehraufwendungen" zu erklären. Das verdeutlicht, dass die "weiteren 50.000,00 Euro" ein Abschlag auf eben diese Mehraufwendungen sein sollten und nicht auf den ursprünglichen Pauschalpreisvertrag. Die Beklagte konnte zudem im Zeitpunkt der Vereinbarung und Zahlung bereits übersehen, dass von dem Ursprungsvertrag keine 50.000,00 Euro mehr offenstanden. Warum gleichwohl die Zahlung auf den Ursprungsvertrag geleistet sein soll, erschließt sich nicht.

    Der Vorbehalt unter § 3 (2) der Vereinbarung vermag daran nichts zu ändern. Die Erklärung der Beklagten in Bezug auf die Zahlung von 50.000,00 Euro ist eindeutig. Einen vom Wortlaut abweichenden übereinstimmenden Willen der Parteien hat die Beklagte nicht dargetan. Aus Sicht der Klägerin war die Erklärung nur dahin zu verstehen, dass die Beklagte auf die Mehrforderungen zahlt.

    c) Welche Beträge aus der Schlussrechnung über den Ursprungsvertrag aus welchem Grund "nicht unstreitig" sein sollen, hat die Beklagte nicht dargetan.

    6. Der Vorwurf der Beklagten, es handele sich um eine "Überraschungsentscheidung", ist genauso irrelevant wie ihre Behauptung, auf fehlende Substanz des Vortrages zu den Gegenforderungen nicht hingewiesen worden zu sein.

    Die Beklagte legt nicht dar, was sie noch weiter vorgetragen hätte, wäre sie nicht im Glauben gewesen, es erginge zunächst ein Beweisbeschluss. Und das Landgericht hat die Parteien ausweislich des Sitzungsprotokolls (Bl. 142) darauf hingewiesen, dass der Vortrag der Beklagten zu den Gegenforderungen nicht ausreiche. Innerhalb der für eine Ergänzung gesetzten Frist hat die Beklagte näheren Vortrag nicht gehalten.

    7. Der Beklagten steht gegen die Klägerin kein aufrechenbarer Anspruch wegen einer verwirkten Vertragsstrafe zu. Da die Klägerin es nicht zu vertreten hatte, dass der Baugrund nicht die vorgesehen und von beiden Parteien übereinstimmend zugrunde gelegte Beschaffenheit hatte und sich daraus unstreitig massive Erschwernisse ergaben, geht die Auffassung der Beklagten, die Klägerin habe darzutun, die Gesamt-Verzögerung des Bauvorhabens nicht verschuldet zu haben, ins Leere. Das Bauvorhaben ist durch die unvorhergesehenen Schwierigkeiten nahezu undurchführbar geworden. Der im Vertrag vereinbarte Fristenplan war damit obsolet. Welche weiteren oder anderen Fristen die Klägerin nicht eingehalten haben sollte, ist dem Beklagtenvortrag nicht zu entnehmen.

    8. Der Vortrag der Beklagten, es habe eine Vereinbarung mit der Klägerin dahin gegeben, dass die Beklagte die Reinigungskosten verauslage und der Klägerin in Rechnung stelle, ist nicht hinreichend konkretisiert. Auch wenn es für den Tatsachenvortrag ausreicht, solche Umstände zu behaupten, die geeignet sind, die begehrte Rechtsfolge zu tragen und es daher nicht grundsätzlich erforderlich ist, die angebliche Absprache nach Ort, Zeit und Umständen zu konkretisieren, wäre es jedoch erforderlich darzutun, zwischen welchen Personen eine solche Abrede stattgefunden haben soll. Die Beklagte benennt ihren Architekten (Bl. 281) lediglich dazu, "man" habe sich darauf verständigt, dass die Beklagte die Drittfirma beauftrage und diese Kosten der Klägerin berechne. Dieser Vortrag trägt die von der Beklagten begehrte Rechtsfolge einer Kostenübernahme durch die Klägerin nicht. Die Formulierung lässt ebenso den Schluss zu, "man", nämlich Beklagte und Architekt sowie gegebenenfalls der Fachplaner, hätten sich darauf verständigt, jedoch ohne Beteiligung der Klägerin. Ein solches Vorgehen vermag einen Anspruch der Beklagten auf Kostenübernahme nicht auszulösen. Eine Absprache mit der Klägerin ist nicht behauptet und für einen aus dem Gesetz folgenden Anspruch fehlt es an einer entsprechenden Aufforderung mit Fristsetzung.

    Dies ist in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erörtert worden, ohne dass näherer Vortrag erfolgt wäre.

    9. Die Klage scheitert hinsichtlich der Mehrforderungen nicht daran, dass die Klägerin angeblich kein "Anpassungsverlangen" an die Beklagte gestellt hätte. Der Anspruch gemäß § 2 Nr. 7 VOB/B setzt ein "förmliches Anpassungsverlangen" nicht voraus. Das Erschwernis war der Beklagten bekannt, ihr Architekt war bei den Besprechungen zugegen und die Klägerin hatte bereits darauf hingewiesen, dass es zu erheblichen Mehraufwendungen kommt. Dies wird bereits daran deutlich, dass die Klägerin ca. ein Jahr an dem Bauvorhaben gearbeitet hat, bis die Parteien durch den zufällig anwesenden Mieter auf die mit Bauschutt verfüllten Gewölbekeller hingewiesen wurden. Die bis dahin aufgetretenen erheblichen Schwierigkeiten bei den Bohrungen waren der Beklagten bekannt. Sie ist fachkundig genug bzw. fachkundig genug beraten, um daraus den Schluss zu ziehen, dass angesichts der massiven Schwierigkeiten mit erheblichen Mehraufwendungen zu rechnen ist.

    10. Gegenforderungen der Beklagten, weil die Klägerin es versäumt habe, die Beklagte "rechtzeitig" auf die Mehrkosten hinzuweisen, so dass die Beklagte ein anderes Verfahren hätte wählen können, sind nicht schlüssig dargetan. Es fehlt nachvollziehbarer Vortrag dazu, welche Erkenntnismöglichkeiten die Klägerin nicht genutzt hätte und welche Aufwendungen zu ersparen gewesen wären.

    Insgesamt weist das Berufungsvorbringen keine Gründe auf, die zu einer substantiellen Änderung des erstinstanzlichen Urteils führen können. Die Berufung war daher mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1, § 101 ZPO zurückzuweisen. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, §§ 711, 709 Satz 2 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 543 ZPO.

    RechtsgebieteBGB, VOB/BVorschriften§ 631 Abs. 1 BGB; § 2 Nr. 5, 7 Abs. 1 VOB/B; § 16 Nr. 4 VOB/B