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  • 02.07.2012 · IWW-Abrufnummer 122014

    Finanzgericht München: Urteil vom 15.04.2005 – 15 K 4973/04

    Kosten für Kleidung ohne Uniformcharakter, für Kosmetika und Impfungen stellen bei Flugbegleitern wegen fehlender Abgrenzbarkeit zur privaten Lebensführung keine Werbungskosten aus nichtselbstständiger Arbeit dar.


    In der Streitsache
    hat das Finanzgericht München, 15. Senat,
    ... als Einzelrichter
    ohne mündliche Verhandlung am 15. April 2005
    für Recht erkannt:

    Tenor:
    1.
    Die Klage wird abgewiesen.
    2.
    Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
    Tatbestand
    Streitig ist die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für Schuhe, Strümpfe, Kosmetika und Impfungen als Werbungskosten aus nichtselbständiger Tätigkeit.

    I.

    Die Kläger sind Ehegatten und wurden im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie erzielten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als ...bzw. als Flugbegleiterin.

    Als Werbungskosten machte die Klägerin u.a. Kosten für

    Schuhe blau zur Uniform 69,95 EUR
    45,95 EUR 115,90 EUR
    Strümpfe 7,95 EUR
    13,77 EUR 21,72 EUR
    Schminke 18,98 EUR
    Impfungen Hepatitis A und B 64,75 EUR
    62,90 EUR
    62,93 EUR
    24,59 EUR 215,17 EUR
    Summe 371,77 EUR

    geltend.

    Der Beklagte (das Finanzamt -FA-) lehnte mit Einkommensteuerbescheid vom 22. Juli 2004 die Anerkennung der Kosten für Schuhe, Strümpfe und Schminke ab und berücksichtigte die Impfkosten nur als außergewöhnliche Belastungen, was sich jedoch wegen der zumutbaren Eigenbelastung steuerlich nicht auswirkte. Den hiergegen fristgerecht eingelegten Einspruch wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 5. Oktober 2004 als unbegründet zurück.

    Hiergegen richtet sich die fristgerecht eingereichte Klage. Zu deren Begründung tragen die Kläger im Wesentlichen Folgendes vor: Die geltend gemachten Aufwendungen für Kleidung und Kosmetika seien trotz § 12 Abs. 1 Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG) abziehbar, da es sich um typische und wegen der Eigenart des Berufes nötige Kleidung handle. Das Aufteilungs- und Abzugsverbot greife vorliegend nicht ein, da aufgrund objektiver Merkmale eine zutreffende und leicht nachprüfbare Trennung zwischen beruflichem und privatem Teil der Aufwendungen möglich sei. Dies könne aus der Anweisung der X-AG für die Dienstbekleidung und das Äußere der Damen dieser Fluggesellschaft abgeleitet werden. Dort sei das Tragen eines passenden Make-ups, klassischer dunkelblauer oder schwarzer geschlossener Glattlederschuhe und von zur Uniform passenden Strumpfhosen/Strümpfen vorgesehen. Diese Kleidungsstücke würde die Klägerin privat nicht tragen, da sie insoweit ein anderes modisches Erscheinungsbild verfolge. Die berufliche Notwendigkeit der durchgeführten Hepatitisimpfungen ergebe sich aus der Impfinformation des medizinischen Dienstes der X-AG.

    Die Kläger beantragen,

    den Einkommensteuerbescheid 2003 vom 22. Juli 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5. Oktober 2004 dahingehend abzuändern, dass weitergehende Werbungskosten aus nichtselbständiger Arbeit der Klägerin in Höhe von 371,77 EUR anerkannt und die Einkommensteuer entsprechend herabgesetzt wird.

    Das FA beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Zur Begründung führt es aus, dass es sich bei den geltend gemachten Bekleidungskosten um Aufwendungen für bürgerliche Kleidung handle. Diese Kleidung werde, auch wenn der Arbeitgeber diese vorschreibe und sie nur in der Arbeitszeit getragen werde, nicht zur typischen Berufskleidung. Auch unter dem Gesichtspunkt besonders hoher Kosten sei ein Abzug nicht gerechtfertigt, da die Klägerin nur 156,60 EUR für Kleidung und Kosmetika aufgewendet habe. Dass der Arbeitgeber eine bestimmte Impfung empfehle, begründe keine berufliche Veranlassung der insoweit entstandenen Impfkosten.

    Gründe
    II.

    Die zulässige Klage ist nicht begründet.

    1.

    Die geltend gemachten Aufwendungen für Schuhe, Strümpfe, Kosmetika und Impfungen stellen keine Werbungskosten aus nichtselbständiger Arbeit dar.

    Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Werbungskosten sind insbesondere auch Aufwendungen für Arbeitsmittel, z.B. für typische Berufskleidung (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 EStG). Nach § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG dürfen Aufwendungen für die Lebensführung, die die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt, auch wenn sie zur Förderung des Berufs oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen, nicht als Werbungskosten abgezogen werden.

    Nach dem von den Klägern in Bezug genommenen Urteil des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 6. Juli 1989 IV R 91-92/87, BFHE 158, 221, BStBl II 1990, 49) können Aufwendungen für Kleidung und Kosmetika als typische Kosten der privaten Lebensführung grundsätzlich weder als Betriebsausgaben noch als Werbungskosten abgezogen werden. Dies gilt selbst dann, wenn die Kleidungsstücke und Kosmetika zum Teil oder nahezu ausschließlich bei der Berufsausübung gebraucht werden. Nach dem Beschluss des Großen Senats des BFH vom 19. Oktober 1970 (GrS 2/70, BFHE 100, 309, BStBl II 1971, 17, bestätigt im Beschluss vom 27. November 1978 GrS 8/77, BFHE 126, 533, BStBl II 1979, 213) verbietet § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG grundsätzlich die Aufteilung von Aufwendungen für die private Lebensführung und damit den Abzug eines beruflich bedingten Teils als Werbungskosten, es sei denn, dass objektive Merkmale und Unterlagen eine zutreffende und leicht nachprüfbare Trennung ermöglichen und der berufliche Nutzungsanteil nicht von untergeordneter Bedeutung ist. Dies gilt nach den Ausführungen in diesem Urteil - in Abweichung zur früheren Rechtsprechung des BFH (vgl. Urteil vom 11. November 1976 IV R 3/73, BB 1978, 1293) - auch für den Fall außergewöhnlich hoher Aufwendungen in diesem Bereich.

    Entgegen der Auffassung der Kläger fehlt es im vorliegenden Fall aber an einem objektiven Maßstab, nach dem die Aufwendungen der Klägerin für Kleidung und Makeup zutreffend und in leicht nachprüfbarer Weise im Hinblick auf ihre private und/oder berufliche Veranlassung voneinander abgegrenzt werden können.

    Geschlossene blaue Glattlederschuhe, Strümpfe und Schminke eignen sich gleichermaßen als privat wie als beruflich getragene bürgerliche Kleidung. Im Gegensatz zum Sachverhalt der von den Klägern angezogenen Entscheidung des Hessischen Finanzgerichts (Urteil vom 9. März 1992, 4 K 2725/90, EFG 1993, 648) fehlt diesen Kleidungsstücken jeglicher Uniformcharakter. Während das FG Hessen über Herrenanzüge, Damenkostüme und Blusen zu befinden hatte, die in Farbton, Stoffqualität und Zuschnitt einheitlich waren und daher die Funktion einer Uniform erfüllten, lassen die Bekleidungsvorschriften der Arbeitgeberin der Klägerin einen weiter gehenden Spielraum (mehrere Farbtöne und -nuancen, verschiedene Glattleder-/Strumpfqualitäten, verschiedene Schuh-/Strumpfformen innerhalb des vorgegebenen Rahmens). Ebenso lässt die Bekleidungsvorschrift hinsichtlich des Make-ups ausdrücklich ein dem jeweiligen Typ entsprechendes, vorteilhaftes, wenn auch zur Uniform passendes Makeup zu. Da diese Kleidungsstücke und das Makeup ohne die Dienstuniform weder als Uniformbestandteile erscheinen noch sonst berufsspezifische Eigenschaften aufweisen, sind sie ohne weiteres als private Kleidung bzw. privates Make up verwendbar. Ob die Klägerin diese Kleidungsstücke und das Makeup tatsächlich auch privat verwendet, ist nicht überprüfbar und daher nach Sinn und Zweck des Aufteilungsverbots nicht entscheidungserheblich. Entsprechend lehnt die Rechtsprechung die Anerkennung derartiger Aufwendungen als Werbungskosten auch ab (vgl. Urteile des FG Rheinland-Pfalz vom 2. Juli 1987 3 K 217/86, in Juris; und des FG München vom 15. Januar 1992 1 K 1277/90, in Juris). Im Übrigen gibt es eine Reihe von anderen Berufsgruppen (z.B. Rechtsanwälte, Bankangestellte und Versicherungsvertreter), bei denen eine konservative Kleidung (Anzug, Kostüm etc.) sowie entsprechende Frisur und ggf. Makeup erwartet werden oder üblich sind. Auch deren Kleidung/Makeup ist ohne weiteres privat einsetzbar und es kommt nicht darauf an, ob der Berufsangehörige in seiner Freizeit zum Beispiel eher dem klassisch-konservativen, dem sportlich-legeren oder dem extravaganten Modestil zugeneigt ist.

    Ebenso ist bei den Impfkosten keine Abgrenzung zwischen privater und beruflicher Veranlassung möglich. Diese Impfungen sind ohne weiteres auch für private Fernreisen nutzbar, die erfahrungsgemäß gerade von Angestellten von Fluglinien mitunter unternommen werden. Auch sind sie gerade bei Flugbegleiterinnen für Privataufenthalte in Fernreiseländern nach längeren Auslandsflügen nutzbar (vgl. hierzu etwa den Punkt "Art, Größe und Gewicht des Besatzungsgepäcks in der Dienstbekleidungsrichtlinie der X-AG, Bl. 34 FG-Akte: "... Für einen Deadhead-Flug benötigte Privatkleidung ..."). Mangels objektiven Aufteilungsmaßstabs scheidet daher ein Abzug dieser Aufwendungen als Werbungskosten ebenfalls aus.

    2.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

    rechtskräftig

    Rechtsgebiet§ 9 Abs. 1 S. 1 EStG § 12 Abs. 1 S. 2 EStG