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  • 30.05.2012 · IWW-Abrufnummer 121543

    Oberlandesgericht Koblenz: Urteil vom 07.10.2010 – 5 U 820/10

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Aktenzeichen: 5 U 820/10
    11 O 281/09 LG Trier
    Verkündet am 07.10.2010

    Oberlandesgericht Koblenz

    IM NAMEN DES VOLKES

    Urteil

    In dem Rechtsstreit XXX
    hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz durch XXX auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 23.09.2010 für Recht erkannt:

    Auf die Berufung der Klägerin wird - in Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels - das Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Trier vom 15.06.2010 dahin geändert, dass die Beklagten unter Abweisung der Klage im Übrigen als Gesamtschuldner verurteilt werden, an die Klägerin 16.784,17 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.10.2009 zu zahlen.

    Von den Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des ihm zuzuordnenen selbständigen Beweisverfahrens fallen der Klägerin 1/9 und den Beklagten als Gesamtschuldnerin 8/9 zur Last.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

    Entscheidungsgründe

    I. Die klagende Ortsgemeinde betraute die drei Beklagten, die als Architekten in einer GbR verbunden sind, am 16.10.2001 mit Objektplanungsleistungen nach § 15 Abs. 2 Nr. 2 bis 8 HOAI, damit ein Dorfgemeinschaftshaus umgebaut und zu erweitert werden konnte. Der Auftrag wurde am 20.02.2003 auf Leistungen gemäß § 15 Abs. 2 Nr. 9 HOAI erstreckt.

    Die Handwerksarbeiten am Haus wurden teilweise mangelhaft ausgeführt. Es gibt namentlich Fehler in den Sockelbereichen der zahlreichen Fassaden des verwinkelt angelegten Gebäudes. Dort ist der - auf Wärmedämmelementen aufgetragene - Putz zu dem vorgelagerten Pflaster verschiedentlich nicht abgedichtet und hat an manchen Stellen nicht die erforderlichen Bewegungsfugen. Das sind die Erkenntnisse eines Beweissicherungsverfahrens, das die Klägerin am 4.06.2008 gegenüber den Beklagten, dem Putzer und dem Pflasterer einleitete. Der seinerzeit befragte Sachverständige bezifferte den zur Beseitigung der Mängel notwendigen Aufwand mit 11.095,10 €. Darüber hinaus stellte er einen trotz der Nachbesserungen verbleibenden Minderwert von 6.770 € fest.

    Begleitend zu den handwerklichen Fehlern sah der Sachverständige Versäumnisse der Beklagten: Es habe keine hinlängliche Detailplanung gegeben, um den Mängeln vorzubeugen. Außerdem sei den Beklagten anzulasten, die Arbeitsausführung vor Ort nicht ausreichend kontrolliert zu haben.

    Im Hinblick darauf hat die Klägerin die Beklagten auf Zahlung eines Kostenvorschusses in Höhe des ermittelten Mängelbeseitigungsaufwands von 11.095,10 € und eines Wertausgleichs von 5.689,07 € (= 6.780 € unter Herausrechnung der Mehrwertsteuer) in Anspruch genommen. Außerdem hat sie eine Feststellung dahin beantragt, dass die Beklagten auch über den Vorschuss hinaus ersatzpflichtig sind.

    Das Landgericht hat das Verlangen insgesamt abgewiesen: Der Vorwurf einer ungenügenden Planung trage keine Haftung der Beklagten, weil die Schadensursächlichkeit zweifelhaft sei. Kontrollpflichten seien nicht verletzt worden; die Beklagten hätten die Klägerin in die Lage versetzt, ihre Ansprüche gegen den Putzer und den Pflasterer zu verfolgen.

    Dagegen wendet sich die Klägerin in Erneuerung ihres Begehrens mit der Berufung. Aus ihrer Sicht hätte das Landgericht die Schadenskausalität des Planungsversäumnisses der Beklagten nicht verneinen dürfen. In jedem Fall ergebe sich deren Haftung aus Überwachungsfehlern. Die Mängel, auf die die Klage abhebe, seien nicht aufgedeckt worden. Dem treten die Beklagten entgegen.

    II. Die Berufung hat weithin Erfolg. Sie führt zum Zuspruch des Zahlungsverlangens der Klägerin (Klageanträge zu 1. und 3.). Allein die Abweisung des Feststellungsbegehrens (Klageantrag zu 2.) ist aufrecht zu erhalten.

    Die Beklagten schulden der Klägerin die Zahlung von insgesamt 16.784,17 € und daran anknüpfende Rechtshängigkeitszinsen (§ 291, 288 Abs. 1 BGB). Rechtlicher Bezugspunkt dieser Haftung ist allerdings entgegen der Annahme der Klägerin nicht eine Kostenvorschusspflicht gemäß § 637 Abs. 3 BGB, sondern eine Schadensverantwortlichkeit nach §§ 634 Nr. 4, 280, 281 BGB. Denn es war und ist nicht die Aufgabe der Beklagten, den Umbau und die Erweiterung des Dorfgemeinschaftshauses handwerklich korrekt zu vollziehen und in der Konsequenz dafür zu sorgen, die von der Klägerin beanstandeten baulichen Mängel durch eine Nacherfüllung zu beheben. Ihre Verbindlichkeit beschränkte sich von vornherein auf Architektenleistungen. Soweit sich diese Leistungen in einer fehlerhaften Bauausführung niedergeschlagen haben, ist dafür allein und ohne Weiteres ein finanzieller Ausgleich zu erbringen (BGH NJW 2001, 374 gemäß juris Rn. 12; OLGR Koblenz 2008, 495 gemäß juris Rn. 43).

    Da der Klägerin aus der Natur der Sache heraus niemals eine Kostenvorschussforderung, sondern stets nur eine Schadensersatzforderung zustehen konnte, bildete diese von vornherein den Streitgegenstand sowohl der Klage als auch des vorgeschalteten Beweisverfahrens (BGH NJW 2001, 374 gemäß juris Rn 11; BGH BauR 2004, 1477 gemäß juris Rn. 17; OLG Celle BauR 2010, 1613 gemäß juris Rn. 100). Denn es gab mangels einer alternativen Inanspruchnahme der Beklagten keinen Definitionsbedarf, und die irrige rechtliche Einordnung durch die Klägerin war lediglich eine unschädliche Falschbezeichnung. Mithin vermag die in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erhobene Verjährungseinrede der Beklagten nicht zu greifen (§§ 634a Abs. 1 Nr. 2, 204 Abs. 1 Nr. 1 und 7 sowie Abs. 2 Satz 1 BGB).

    Die Klägerin lastet den Beklagten zu Recht eine Verletzung vertraglicher Pflichten an, die die im Beweissicherungsverfahren festgestellten Baumängel zur Folge hatte. Allerdings kann den Beklagten nicht vorgeworfen werden, dem Putzer und dem Pflasterer, deren Gewerke beanstandet wurden, unzureichende planerische Vorgaben gemacht zu haben. Die Wertung des Sachverständigen ...[A], die Putz- und Pflasterarbeiten hätten - insbesondere im Hinblick auf die technisch gebotene Abdichtung und die Gestaltung von Anschlüssen und Übergängen - im Detail geregelt werden müssen, überspannt die Architektenpflichten. Die Beklagten durften grundsätzlich darauf vertrauen, dass sowohl der Putzer als auch der Pflasterer als ausgewiesene Fachleute in der Lage waren, ihre handwerklichen Leistungen so zu gestalten, wie dies dem Erkenntnisstand ihrer Zunft und den allgemeinen baulichen Notwendigkeiten entsprach.

    Ein Pflichtverstoß der Beklagten lag aber darin, dass sie die Arbeitsausführung nicht genügend überwachten. Die Meinung des Landgericht, sie hätten die Handwerksleistungen hinlänglich kontrolliert, indem sie "die wesentlichen Mängel, die der Sachverständige geprüft hat, festgestellt hatten und zur Mängelbeseitigung aufforderten und gleichzeitig die Klägerin darüber informierten", geht fehl. Eine konkrete Tätigkeit der Beklagten in dieser Richtung lässt sich lediglich insoweit ersehen, als im Abnahmeprotokoll vom 3.07.2003 über die Pflasterarbeiten eine Bitumenverfugung von Basaltplatten an den Fenstertüren angemahnt und der Anschluss des Pflasters im Bereich der Garagen kritisiert wurde und dieses Monitum im zweiten Punkt später in einem Schreiben an den Pflasterer vom 2.08.2006 erneuert wurde. Daraus kann aber ein Bezug zu den von dem Sachverständigen ...[A] aufgezeigten Mängeln - auch zu den Mängeln an der im Garagenbereich gelegenen "Fassade 12" - nicht nachvollziehbar entnommen werden. Nichts anderes gilt für die von den Beklagten angesprochenen inhaltlich nicht näher dargestellten Aufforderungsschreiben vom 30.08.2006, 2.10.2006 und 24.07.2008.

    Dass es Sache der Beklagten gewesen wäre, die Arbeiten des Putzers und des Pflasterers in den im Beweissicherungsverfahren als mangelhaft herausgestellten Bereichen zu überprüfen, hat der Sachverständige ...[A] mitgeteilt. Dabei hat er auf das Erfordernis jedenfalls stichprobenartiger Kontrollen hingewiesen. Dem ist zu folgen. Eine Überwachungspflicht der Beklagten muss umso mehr bejaht werden, als den Beklagten die von dem Sachverständigen geforderte Detailplanung nicht abzuverlangen war. Insofern hatten sie im Nachhinein dafür zu sorgen, dass ordnungsgemäß gearbeitet wurde.

    Die Umstände belegen hinlänglich, dass die Beklagten hier nicht die notwendige Sorgfalt walten ließen: Wären zumindest stichprobenartige Kontrollen erfolgt, wären wenigstens einige der zahlreichen von dem Sachverständigen ...[A] aufgedeckten Schwachstellen offenbar geworden. Das hätte dann kritisch gemacht und weitergehende Nachforschungen ausgelöst, in deren Zuge die - ihrer Natur nach durchweg ähnlich gearteten - Mängel insgesamt hätten aufgedeckt und nachfolgend abgestellt werden können.

    Da dies unterblieben ist, haben die Beklagten für die von dem Sachverständigen ...[A] festgestellten Mängelbeseitigungskosten aufzukommen. Das ist die Summe der für die einzelnen Fassaden ermittelten Reparaturaufwendungen von 11.095,10 € und der daneben festgestellte "Minderwert", der die Kosten von - aus Gründen einer farblichen Angleichung notwendigen - Ergänzungsarbeiten widerspiegelt und sich unter Herausrechnung des Mehrwertsteuer-Anteils und in Berücksichtigung eines Abzugs "neu für alt" auf 5.689,07 € beläuft.

    Dass die von dem Sachverständigen ...[A] aufgezeigten Mängel bereits behoben worden wären, ist nicht erkennbar. Freilich haben die Beklagten eingewandt, an der "Fassade 18" seien die Putzabplatzungen nach dem Ortstermin beseitigt worden. Dabei handelte es sich jedoch nicht um die erforderliche Sanierung, die im Wesentlichen darin besteht, das Lüftungsgitter auszubauen und dann den Putz unter Ausbildung einer elastischen Fuge zu erneuern. Diese Arbeit ist nicht entbehrlich geworden.

    Die Ersatzpflicht der Beklagten wird nicht dadurch eingeschränkt, dass sich die Klägerin nicht zwischenzeitlich an den Putzer und den Pflasterer gehalten hat, um von deren Seite eine Nacherfüllung zu erlangen. Die Beklagten haften neben den beiden als Gesamtschuldner (BGH NJW 1965, 1175, 1176; BGH NJW 1969, 653, 654). Die Klägerin hat die Wahl, welchen ihrer Schuldner sie in Anspruch nimmt, und kann nicht darauf verwiesen werden, sich vorrangig an eine bestimmte Person zu wenden.

    Schließlich scheitert auch die von den Beklagten erklärte Hilfsaufrechnung mit einer Resthonorarforderung. Das Vorbringen dazu ist ohne jede Substanz geblieben. Die Forderung ist nicht einmal beziffert worden.

    Anders als die beiden Zahlungsanträge vermag der Feststellungsantrag der Klägerin nicht durchzudringen. Er ist bereits unzulässig. Die Zahlungsanträge decken den gesamten erkennbaren Schaden der Klägerin ab. Weitergehende Kosten für die Behebung der von dem Sachverständigen ...[A] festgestellten Mängel sind ebenso wenig greifbar, wie Anhaltspunkte für das Bestehen sonstiger von den Beklagten zu verantwortender Mängel vorhanden sind. Dass die Kostenberechnung durch den Sachverständigen ergänzungsbedürftig sein kann und sich außerdem zusätzliche Mängel nicht mit letzter Gewissheit ausschließen lassen, ist ohne Gewicht. Eine gerichtliche Friststellung kommt nur dort in Betracht, wo konkrete Rechtsansprüche im Raum stehen (vgl. Reichhold in Thomas/Putzo, ZPO, 31. Aufl., § 256 Rn. 11; Roth in Staudinger/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 256 Rn. 21, 54; auch Greger in Zöller, ZPO, 28 Aufl., § 256 Rn. 7).

    Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1 S. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht; die von den Beklagten in den Vordergrund gerückte Frage, ob die Inanspruchnahme eines Architekten auf Kostenvorschuss als Schadensersatzbegehren verstanden werden darf, hat der Bundesgerichtshof bereits mehrfach positiv beantwortet (BGH NJW 2001, 374 gemäß juris Rn. 11; BGH BauR 2004, 1477 gemäß juris Rn. 17).

    Streitwert für beide Instanzen: 18.784,17 € (davon Feststellungsantrag 2.000 €)