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  • · Fachbeitrag · Planungsleistungen

    Building Information Modeling: Das steckt hinter BIM und darum sollten Sie sich damit befassen

    von Siegfried Wernik, buildingSmart e.V. und Ilka May, Arup

    | Building Information Modeling (BIM) ist weltweit als Methode für die Planung, den Bau und den Betrieb von Bauwerken auf dem Vormarsch, auch in Deutschland. Bei öffentlichen Bauten plädiert die Reformkommission für Großprojekte für den Einsatz von BIM. Und auch bei gewerblichen Bauherren gewinnt BIM mehr und mehr an Beachtung. Erfahren Sie deshalb, was sich hinter BIM verbirgt und warum sich jedes Planungsbüro - also auch Ihres - mit BIM befassen sollte. |

    Was bedeutet die Anwendung der BIM-Methode?

    Zunächst: BIM ist keine „3-D-Software“ oder Ähnliches. Es steht für eine integrierte, modellbasierte Arbeitsmethode für die Erstellung und Verwaltung von Informationen in Bauprojekten auf der Grundlage klar definierter Arbeitsaufgaben, Datenmodelle und Kommunikationsschnittstellen. Digitale Datenmodelle, die die Planungsstände der einzelnen Disziplinen zusammenführen, dienen als Werkzeug, um unterschiedliche Projektinformationen zu koordinieren.

     

    Der Zweck von BIM

    Zweck von BIM ist es, den Entscheidungsträgern auf allen Ebenen zu den relevanten Zeitpunkten die erforderlichen Grundlagen für zielgerichtete Entscheidungen zu geben. Die Methode ist in allen Bereichen des Bauens anwendbar - im Hochbau, im Infrastrukturbau und im Anlagenbau.

     

    So funktioniert BIM

    Grundsätzlich funktioniert die Methode folgendermaßen:

     

    • Mit Hilfe geeigneter Software wird ein Bauwerk virtuell entwickelt, geplant, „gebaut“ und „betrieben“, bevor es real gebaut und betrieben wird.

     

    • Integriertes modellorientiertes Arbeiten bedeutet die durchgehende Nutzung von Informationen von ihrer erstmaligen Erzeugung über alle Phasen bis hin zum Betreiben. Die Daten werden manuell, automatisiert oder elektronisch erzeugt und aktualisiert.

     

    • Alle Beteiligten arbeiten in einem gemeinsamen virtuellen Modell und nutzen alle Daten gemeinsam.

    Die Vorteile des integrierten modellorientierten Arbeitens

    Das integrierte modellorientierte Arbeiten ermöglicht die einheitliche Organisation und durchgängige Bearbeitung von Projektinformationen über die Grenzen von Disziplinen und Projektphasen hinweg. Es verbessert die Transparenz und Qualität der Projektinformationen und erleichtert die Projektkooperation und Schnittstellenkoordination. Die Arbeit an einem gemeinsamen virtuellen Modell zwingt alle Beteiligten, die Zusammenarbeit zu definieren und einzuhalten. Im Saldo bringt BIM acht konkrete Vorteile:

     

    1. Höhere Kostensicherheit

    Integriertes modellorientiertes Arbeiten ermöglicht, Leistungen und Kosten am Modell nachzuweisen und ein besser nachvollziehbares Änderungsmanagement projektbegleitend vorzunehmen. Damit wird das integrierte Arbeiten auch ein Kernprozess bei der Projektsteuerung, der Bewertung von Bauleistungen und der transparenten Aufbereitung der Projektkosten in allen Projektphasen. Ein visualisiertes Bau-Soll und eine transparente Aktualisierung von abgestimmten Kostenmodellen führt zum Beispiel dazu, dass weniger Nachträge beauftragt werden.

     

    2. Höhere Terminsicherheit

    Neue Möglichkeiten zur Planungs- und letztlich Terminsicherheit bietet BIM dadurch, dass Projektinformationen automatisch geprüft werden können. Im Vergleich der Teilmodelle kann geprüft werden, ob diese geometrisch zusammenpassen und ob Abweichungen zwischen Anforderungs-, Planungs- und Controllingmodellen bestehen. Die Auswirkungen von Projektänderungen auf Projektkosten und -termine können modellbasiert verifiziert werden. Anhand von Regeln kann untersucht werden, ob Planungsmodelle technische oder rechtliche Regelungen einhalten, zum Beispiel beim Brandschutz.

     

    3. Besseres Risikomanagement 

    Die durchgängige und transparente Behandlung von Informationen, kombiniert mit der Möglichkeit verschiedene Szenarien und Analysen am digitalen Modell durchzuführen, verhilft zu einem transparenteren Umgang mit Risiken auf Grundlage einer verbesserten Informationsgrundlage.

     

    4. Bessere Planungsqualität 

    Die Erstellung integrierter Planungsmodelle erfordert es, zu einem früheren Projektzeitpunkt Entscheidungen und genauere Annahmen zu treffen. In gemeinsamen 3D-Modellen müssen zum Beispiel architektonische und technische Systeme früher detailliert und untereinander abgestimmt werden.

     

    Viele Konstruktions- und Ausführungsprobleme werden früher erkannt und können in der Planung integrativ untersucht, bewertet und gelöst werden. Gleichzeitig erfordert diese ganzheitliche Problemanalyse aber häufig auch die frühzeitige Einbeziehung weiterer Fachexperten, zum Beispiel um bereits in der Objektplanung über mögliche Bauverfahren zu entscheiden.

     

    5. Bessere Lebenszyklusbetrachtungen  

    In der Planung ermöglich die Methode ganzheitliche Analysen, in denen zum Beispiel die Kosten oder die CO2-Bilanz eines Bauwerks über den gesamten Lebenszyklus bewertet werden. Gleichzeitig kann das Zusammenwirken unterschiedlicher Bauwerkssysteme, wie etwa Heizungs-, Lüftungs- und Beleuchtungssysteme simuliert und im Gebäudebetrieb gesteuert werden (zum Beispiel Energieeffizienz, CO2-Bilanz, Betriebssimulation vor Baubeginn).

     

    6. Nachahmung industrieller Fertigungsprozesse 

    Detaillierte digitale Informationsflüsse befördern automatisierte Produktionsprozesse mit digitalen Lieferketten. In der Industrie führte das zu signifikant erhöhter Produktqualität bei geringeren Produktionskosten und höherer Terminsicherheit. Das gleiche Ergebnis lässt BIM für die Planung und Realisierung von Bauwerken erwarten.

     

    7. Effiziente kooperative Projektzusammenarbeit

    Die inhaltliche Abstimmung der Kooperationsprozesse fördert ein gemeinsames Verständnis von Projektzielen und -aufgaben. Offene Schnittstellen (openBIM) bieten Möglichkeiten, auch kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) in die Planung und Bauausführung einzubinden.

     

    8. Hohe Qualität der Projektinformationen

    Die Qualität modellbasierter Projektinformationen ist dabei Grundlage von zusätzlichen Prüfungen, Analysen und wertschöpfenden Auswertungen. Ein großer Vorteil des integrierten modellorientierten Arbeitens ist die Möglichkeit, Planungs- und Controllingmodelle flexibel zu visualisieren. Dies erleich-tert auch den Projektbeteiligten ohne Baufachausbildung, die geplanten Bauwerke zu erfassen.

    Wie ist der Einführungsstand von BIM in der Praxis?

    Soweit die Theorie. In der Praxis ist BIM weltweit bisher bei keinem einzigen Vorhaben „durchgängig mit allen am Bau Beteiligten“ eingesetzt worden. Wesentliche Elemente, wie die Mengen- und Kostenermittlung, die Kollisionsprüfung oder die Steuerung der Bauausführung werden dagegen bereits jetzt umfassend angewendet.

     

    Einführung und Anwendung von BIM im internationalen Bereich

    BIM wird in vielen Ländern bereits praktiziert bzw. befindet sich in der Einführungsphase. Hier ein kurzer Überblick:

     

    • In Finnland verlangt das zuständige staatseigene Unternehmen Senate Properties bereits seit Oktober 2007, dass eingereichte Modelle dem offenen Standard zur digitalen Beschreibung von Gebäudemodellen entsprechen (IFC-Standard).
    • In Norwegen ist bei allen Statsbygg-Projekten ein Verzicht auf den Einsatz von BIM nur mit einer Ausnahmegenehmigung möglich.
    • In Dänemark ist BIM verpflichtend für alle lokalen und regionalen Projekte mit einem Auftragsvolumen von mehr als 2,7 Mio Euro einzusetzen. Bei Regierungsgebäuden ist der Einsatz von BIM bereits ab einem Volumen von 677.000 Euro vorgeschrieben.
    • In den USA wird der Einsatz von BIM sowohl von der General Service Administration als auch von den Bundesstaaten Wisconsin und Texas vorgeschrieben.
    • In Singapur schreibt die Building Construction Authority bei größeren Projekten den Einsatz von BIM ab 2013 und für kleinere Projekte ab 2015 vor.
    • In den Niederlanden ist der BIM-Einsatz seit November 2011 bei öffentlichen Projekten mit einem Volumen über 10 Mio. Euro vorgeschrieben.
    • In Großbritannien soll spätestens ab 2016 die Planung und Errichtung aller öffentlichen Hochbauten mit BIM erfolgen. Für die Erarbeitung und Umsetzung der Strategie wurde eine Task Group eingerichtet.

     

    Ähnliche Entwicklungen sind in China, Quatar, Südkorea, Mexico, Estland und anderen Ländern zu verzeichnen. Wichtig ist der Hinweis, dass alle Länder bei der Übergabe von modellorientierten Informationen auf einheitliche Standards (meist IFC) setzen.

     

    Einführung von BIM in Deutschland

    Die guten Erfahrungen aus anderen Ländern deuten darauf hin, dass der Einsatz von BIM auch in Deutschland wesentlich zur Verbesserung der aktuellen Situation beitragen kann. Deutschland hat eine gute Ausgangsbasis dafür: Es gibt nicht nur weltweit akzeptierte Fachleute, sondern auch führende Soft-warehersteller, die bereits entsprechende integrierte modellorientierte Lösungen anbieten und Anwender in der Planung und in der Bauindustrie, die diese insbesondere in der Bauausführung operativ anwenden.

     

    Kritiker von BIM beklagen die Nichtvereinbarkeit mit dem Gebühren-, Vergabe- und Haushaltsrecht oder die Beschränkung der Anwendungsmöglichkeit auf Generalübernehmer. Diese sind jedoch in der Regel durch Praxiserfahrungen widerlegt bzw. nicht substanziell.

     

    PRAXISHWINWEIS | Enormer Druck zur BIM-Anwendung bzw. zur Entwicklung einer nationalen BIM-Umsetzungsstrategie kommt nicht nur von den öffentlichen Bauherren. Diese wollen Kostenexplosionen bei großen öffentlichen Bauwerken (Elbphilharmonie, BER) nicht mehr hinnehmen. Auch die deutsche Bauwirtschaft hat sich zum BIM-Vorreiter aufgeschwungen. Wenn die planenden Berufe hier nicht mitziehen, kann es sein, dass sie eine Entwicklung verpassen, die ihnen später große Auftragspotenziale entziehen kann.

     

    Veranstaltungen zur tiefergehenden Information

    Als Zwischenfazit bleibt, dass allen Planungsbüros dringend zu empfehlen ist, sich intensiver mit BIM auseinanderzusetzen. Am besten dürfte das gelingen, wenn Sie entsprechende Veranstaltungen besuchen. Zwei seien hier stellvertretend erwähnt:

     

     

    Quelle: Ausgabe 10 / 2014 | Seite 21 | ID 42937295