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  • · Fachbeitrag · Öffentliche Aufträge

    OLG Koblenz verkündet faktisches Aus für das Baukostenvereinbarungsmodell nach § 6 HOAI

    | Bei einem öffentlichem Auftrag darf eine Baukostenvereinbarung nach § 6 Abs. 2 HOAI als „deckelnde Honorarbemessungsgrundlage“ nur getroffen werden, wenn der Auftraggeber auch seine eigene Sorgfaltspflicht im Rahmen der Haushaltsplanung ernst nimmt. Das hat das OLG Koblenz klargestellt - und dem Baukostenvereinbarungsmodell nach § 6 Abs. 2 HOAI bei öffentlichen Aufträgen damit fachlich und rechtlich den Boden entzogen. |

    Baukostenvereinbarung kollidiert mit Verwaltungsvorschrift

    Nach § 6 Abs. 2 HOAI können der Auftraggeber und sein Planer vereinbaren, dass das Honorar auf Basis einer (nachprüfbaren) Baukostenvereinbarung abgerechnet wird, die ohne Planungen bereits zu Beginn der Zusammenarbeit aufgestellt wird. So war es auch im konkreten Fall.

     

    Nach den Haushaltsvorschriften des Landes Rheinland-Pfalz dürfen Baukostenansätze aber erst dann veranschlagt werden, wenn Pläne, Kostenberechnungen und Erläuterungen vorliegen, aus denen die Art der Ausführung, die Kosten der Baumaßnahme, des Grunderwerbs und der Einrichtungen sowie die vorgesehene Finanzierung und ein Zeitplan ersichtlich sind. Außerdem ist diesen Unterlagen eine Schätzung der Kosten beizufügen, die nach der Realisierung in jedem Jahr anfallen.

     

    Das OLG Koblenz kam jetzt zum Ergebnis, dass diese Haushaltsbestimmungen dem Baukostenvereinbarungsmodell nach § 6 Abs. 2 HOAI 2009, bei dem vor Planungsbeginn die Honorarhöhe auf Basis einer Baukostenvereinbarung fest vereinbart wird, unvereinbar gegenüberstehen. Im Ergebnis bedeutet das, dass das Baukostenvereinbarungsmodell bei öffentlichen Baumaßnahmen nicht anwendbar ist. Damit ist auch die mit dem Baukostenvereinbarungsmodell einhergehende „Honorardeckelung“ nicht möglich (OLG Koblenz, Beschluss vom 25.3.2013, Az. 5 U 1481/12; Abruf-Nr. 131286).

     

    PRAXISHINWEIS | Die Redaktion hat geprüft, inwieweit diese Sorgfaltspflichten bei der Haushaltsplanung auch in anderen Bundesländern gelten. Ergebnis der Recherche war, dass das sinngemäß in allen Bundesländern und Kommunen der Fall ist. Damit gewinnt der Beschluss des OLG Koblenz bundesweite Bedeutung.

     

    Öffentliche Auftraggeber müssen umdenken

    Weil diese Haushaltsvorschriften in den nächsten Jahren höchstwahrscheinlich nicht geändert werden, können sich Planungsbüros darauf einstellen, dass das Baukostenvereinbarungsmodell nach HOAI bei öffentlichen Planungs- und Bauüberwachungsleistungen künftig keine Rolle mehr spielen wird. Daran wird auch die Tatsache nichts ändern, dass das Baukostenvereinbarungsmodell in der HOAI 2013 geregelt sein wird.

     

    Wichtig | Nach wie vor möglich sind aber Kostengrenzen, die die Vertragsparteien zum Beispiel nach der Erstellung von Kostenermittlungen (Kostenschätzung oder Kostenberechnungen) vertraglich vereinbaren. Dann hat das Planungsbüro aber bereits Leistungen (zeichnerische Leistungen, Berechnungen) erbracht und es besteht eine fachliche Basis für die Kostengrenze.

     

    Planer können bei Kostengrenzen jetzt auf Augenhöhe verhandeln

    Wenn ein öffentlicher Auftraggeber aber Kostengrenzen erst nach der Vorentwurfs- oder Entwurfsplanung anstrebt, haben Planungsbüros eindeutig bessere Verhandlungspositionen. Denn zu dem Zeitpunkt sind ja mindestens die Leistungsphasen 1 und 2 erbracht, ein Wechsel des Vertragspartners unwahrscheinlich. In dieser Situation können Kostenrisiken genauer eingeschätzt und bei einer Kostengrenze berücksichtigt werden.

     

    PRAXISHINWEIS | Sinnvoller als eine Kostengrenze ist es unserer Meinung nach, in diesem (fortgeschrittenen) Stadium ein geeignetes Kostensteuerungsmodell zu vereinbaren, weil das Kostenvereinbarungsmodell

    • lediglich eine förmliche Pflicht umfasst, ohne dass dem fachtechnische Vereinbarungen zugrunde liegen und
    • der Auftraggeber im Falle einer tatsächlichen Kostenüberschreitung den Differenzbetrag nicht automatisch erstattet bekommt.
     

    Tricksereien öffentlicher Auftraggeber sind unzulässig

    Rechnen Sie aber damit, dass man in öffentlichen Verwaltungen trotzdem versuchen wird, Baukostenvereinbarungsmodelle quasi durch die Hintertür einzuführen. Gewiefte Verwaltungsfachleute agieren dabei wie folgt:

     

    • Sie lassen die ersten Leistungen aus dem Leistungsbild vom Planungsbüro unter dem Etikett „Akquisition“ bearbeiten.
    • Damit verfügen sie über eine - wie auch immer geartete - Kostengrundlage.
    • Auf der Basis dieser Kostengrundlage wird die Baukostenvereinbarung nach § 6 HOAI in den schriftlichen Vertrag aufgenommen.

     

    Wichtig | Unserer Meinung nach ist ein solches Vorgehen unzulässig, weil im Zeitpunkt der Vereinbarung des Baukostenvereinbarungsmodells bereits Planungsleistungen vorliegen. Das widerspricht dem Wortlaut von § Abs. 2 HOAI.

     

    FAZIT | Die vertragsrechtlich mit überschaubarem Aufwand mögliche Honorardeckelung nach § 6 Abs. 2 HOAI 2009 bzw. § 6 Abs. 3 HOAI 2013 stellt für öffentliche Auftraggeber keine sinnvolle Lösung dar, der Kostensicherheit näher zu kommen. Öffentliche Auftraggeber müssen andere Wege gehen.

     

    Weiterführender Hinweis

    • Beitrag „Proaktive Kostensteuerung durch Planer - Auftraggebern Kostensicherheit bieten und faires Honorar verdienen“, PBP 3/2013, Seite 12
    Quelle: Ausgabe 05 / 2013 | Seite 4 | ID 39189250