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  • · Fachbeitrag · Lph 8

    Sicherheit auf der Baustelle: Viele Leistungen sind vom Grundleistungshonorar nicht (mehr) gedeckt

    | Wer haftet für Unfälle auf der Baustelle? Wann und wie ist die Bauüberwachung in der Lph 8 dort involviert? Diese Fragen kochen immer wieder hoch. PBP geht nachfolgend darauf ein, was Sie bei „Baustellenbesuchen“ im Rahmen der Grundleistungen schulden (und welche Leistungen Besondere Leistungen darstellen) sowie was bei „illegalem Baustellenbesuch durch Unbefugte“ gilt. |

    Das gilt in punkto Sicherheit auf der Baustelle prinzipiell

    Zunächst ist festzuhalten, dass die Sicherheitsvorschriften auf Baustellen für die gewerblichen Arbeitskräfte und die ansonsten Befugten gelten. Alle Anderen haben auf Baustellen nichts zu suchen. Das gilt für den Chefarzt, der in Birkenstocksandalen die Krankenhaus-Baustelle besichtigt, genauso wie für Lehrer, die den Umbau ihrer Schule aus nächster Nähe „prüfen“ wollen. Es handelt sich bei den Vorschriften im Wesentlichen um Gesetze und Verordnungen aus dem Bereich der Arbeitssicherheit.

    Geplante und genehmigte Baubesichtigungen

    Soll eine offizielle Baustellenbesichtigung erfolgen (z. B. durch Bauauschüsse, Presse, Richtfeste, „offene Baustelle“ für Bürger bei Großprojekten etc.), muss vom Organisator dafür Sorge getragen werden, dass die Besucher sicher durch die Baustelle geführt werden können. Setzt der Bauherr solche Termine an, muss er als Organisator auch dafür Sorge tragen, dass die geladenen Gäste auf der Baustelle keinen Gefahren ausgesetzt sind.

     

    Beratungspflicht sorgfältig erfüllen

    Erfahren Sie als Planungs- bzw. Bauüberwachungsbüro von solchen Terminen, müssen Sie Ihren Auftraggeber immer rechtzeitig darauf hinweisen (Beratungspflicht), dass sämtliche Sicherheitsvorschriften eingehalten werden. Sind ergänzende Maßnahmen erforderlich (z. B. Absturzsicherungen an Stellen des Baustellenrundgangs, gesicherte Wege, Baugrubensicherung, Sicherung gegen herabfallende Teile am Bauwerkseingang), müssen diese für den geplanten Besuch auch eigens bereitgestellt und finanziert werden. Alles andere ist Sparen an der komplett falschen Stelle.

     

    PRAXISTIPP | Zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen, die nur für die Baustellenbesuche erforderlich werden, sind von den Grundleistungen der HOAI nicht abgedeckt. Übernehmen Sie die Organisation solcher Besuche, sollten Sie auch eine Honorarvereinbarung erwirken. Treffen Sie außerdem eine eigene Leistungsvereinbarung (z. B.: wer ist wofür zuständig, wer ordnet die Maßnahmen vor Ort an, prüft deren Umsetzung, rechnet sie ab und führt die Delegationen). Das ist mittlerweile schon bei kleineren Maßnahmen üblich. Die Organisation eines Richtfestes ist übrigens ebenfalls keine Grundleistung in den jeweiligen Leistungsbildern.

     

     

    Umbau: Bei Aufrechterhaltung des Betriebs Zusatzhonorar vereinbaren

    Das Gleiche gilt auch, wenn ein Projekt bei laufendem Betrieb in mehreren Bauabschnitten umgebaut wird und eine Reihe von ‒ unterschiedlichen organisatorischen ‒ Maßnahmen anfallen. Auch hier sind die organisatorischen Maßnahmen für die Sicherheit der Benutzer unberührt von allen anderen baulichen Maßgaben von großer Bedeutung und gesondert zu regeln.

     

    • Beispiel

    Eine Schule wird in vier Bauabschnitten umgebaut. Jeder Bauabschnitt betrifft unterschiedliche Nutzungsbereiche. Bei jedem Bauabschnitt ändern sich die Rettungswege (mit Beschilderungen) und Baustellenzufahrten etc. Alle rein organisatorischen Leistungen, die Sie in jedem Bauabschnitt erbringen müssen, sind keine Grundleistungen.

     

    Unbefugte genießen keinen Schutz durch Vorschriften

    Anders sieht es aus, wenn Unbefugte die Baustelle betreten, verunglücken und sich auf nicht eingehaltene Sicherheitsbestimmungen berufen, um Schadenersatz oder Schmerzensgeld durchzusetzen. Die Rechtsprechung ist da relativ eindeutig.

     

    Besonders herauszuheben ist eine Entscheidung des OLG Hamm (Beschluss vom 29.10.2013, Az. 9 U 135/13, Abruf-Nr. 219357). Es hat klargestellt, dass Sicherheitsmaßnahmen nicht auch noch auf illegale Besucher „ausgelegt“ sein müssen. Eine durch Absperrungen und entsprechende Verkehrszeichen gekennzeichnete Baustelle führt generell dazu, dass

    • unbefugten Besuchern gegenüber der Verkehrssicherungspflicht bereits durch das Betretungs- bzw. Durchfahrtsverbot genüge getan wird,
    • sich Illegale „Besucher“ mit dem Betreten selbst in Gefahr begeben und dies auch verantworten müssen,
    • die Sicherheitsmaßnahmen auf zugelassene und mit den auf Baustellen üblichen Gefahren bewanderte Personen zugeschnitten sind.

     

    Wichtig | Wie erwähnt setzt das alles voraus, dass die Baustelle mit einem Bauzaun umzäunt und entsprechend ausgeschildert ist. Die unbefugten Benutzer müssen schon wissen, dass sie sich hier „illegal“ aufhalten. Eine Ausnahme von der „Haftungsentlastung“ gilt nur, wenn der verantwortliche Bauüberwacher wusste oder zumindest damit rechnen musste, dass sich auch unbefugte Verkehrsteilnehmer in dem Baustellenbereich aufhalten. Dann können Verkehrssicherungspflichten auch gegenüber diesen Personen bestehen. Das gilt bspw., wenn der Bauüberwacher „Externen“ die Baustelle zeigt.

     

    FAZIT | Bei konsequenter Anwendung der obigen Grundsätze, insbesondere dem eigenen Bauherrn gegenüber, senken Sie Haftungsrisiken spürbar.

     
    Quelle: Ausgabe 01 / 2021 | Seite 10 | ID 47027966