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  • · Fachbeitrag · Honorarrecht

    Nebenkosten- und andere Honorarpauschalen: Lösungen für besondere Abrechnungsprobleme

    | Eine Pauschale für Nebenkosten ist nur dann wirksam, wenn sie schriftlich und bei Auftragserteilung vereinbart wird. Diese praxisferne Regelung in § 14 Abs. 3 HOAI bleibt unantastbar. Das hat die aktuelle Rechtsprechung klargestellt. Weil das „schriftlich bei Auftragserteilung“-Kriterium auch bei Pauschalhonoraren gilt, die Ihnen mehr als die Mindestsätze bringen sollen, sollten Sie die Honorarrisiken im Auge haben und Vorsorge für gerichtsfeste Nebenkostenabrechnungen und andere Honorarpauschalen treffen. |

    Das neueste Nebenkosten-Urteil

    Im neuesten Nebenkosten-Urteil ging es um eine vom Planungsbüro geforderte Nebenkostenpauschale in Höhe von fünf Prozent des Nettohonorars. Weil die Pauschale nicht bei Auftragserteilung schriftlich vereinbart worden war, lehnte das KG Berlin den Anspruch ab (KG Berlin, Urteil vom 16.8.2012, Az. 27 U 169/11; Abruf-Nr. 143342). Die Entscheidung ist rechtskräftig. Der BGH hat die Nichtzulassungsbeschwerde des Architekten zurückgewiesen (BGH, Beschluss vom 17.9.2014, Az. VII ZR 240/12).

    Tücken des Tagesgeschäfts mit Folgen für die Nebenkosten

    Die Regelung in § 14 Abs. 3 HOAI muss also beachtet werden, auch wenn sie an der Praxis vorbeigeht. Sie ist unpraktikabel, weil bei Planungsverträgen sehr oft eine Anbahnungsphase erfolgt, in der Leistungen (teils Grund- und teils Besondere Leistungen) auf Basis mündlicher Vereinbarungen erbracht werden. Auftraggeber sind in diesem Stadium selten bereit, sich schon schriftlich zu binden. Das gilt auch bei gewerblichen Bauherren, die zunächst Grundzüge, Kostenschätzungen und Risiken eines Projekts kennenlernen wollen, bevor sie sich schriftlich binden.

     

    PRAXISHINWEIS | In solchen Fällen haben Sie - rechtlich gesehen - zwei Verträge geschlossen, nämlich einen mündlichen für die ersten Leistungen und einen schriftlichen für die anschließend vereinbarten Leistungen. Auch mündliche Vereinbarungen zur Leistungserbringung sind Verträge. Achten Sie deshalb darauf, dass Sie in allen Fällen, insbesondere auch bei mündlichen Vereinbarungen, Ihrem Vertragspartner gegenüber klarstellen, ob Sie sich innerhalb eines Vertragsverhältnisses befinden oder noch davor. Wenn Sie das nicht machen, könnten folgende drei Situationen vorliegen:

    • 1. Akquisitionsphase
    • 2. Mündliche Leistungsvereinbarung (Vertrag Nr. 1)
    • 3. Anschließender schriftlicher Vertrag (Vertrag Nr. 2)
     

    Sind Sie unsicher, in welchem Vertragsstadium Sie sich befinden, ist das kaufmännische Bestätigungsschreiben (PBP 8/2014, Seite 1) ein wichtiges Instrument, um das Vertragsverhältnis in Kraft zu setzen.

     

    Wichtig | Allein Sie als Auftragnehmer entscheiden, in welchem der genannten (Vertrags)-verhältnisse Sie sich befinden. Daran orientieren sich dann auch die Abrechnungsmöglichkeiten für die Nebenkosten. Im ersten Vertrag ist folglich nur eine Nebenkostenabrechnung auf Einzelnachweis möglich. Wichtig für Ihr Planungsbüro ist, dass Sie erkennen, in welcher Situation Sie sich befinden und eigenständig entscheiden, ob und wie Sie in die nächste Situation kommen.

     

    • Beispiel für eine ungünstige Situation

    Es ist ungünstig, wenn der schriftliche Vertrag auch Leistungen umfasst, die auf Grundlage der mündlichen Vereinbarung bereits fertig erbracht wurden. Denn in diesem Fall ist die Anforderung „schriftlich und bei Auftragserteilung“ nicht erfüllt, weil der schriftliche Vertragsabschluss zwar schriftlich, aber nicht bei Auftragserteilung der im Vertrag insgesamt genannten Leistungen erfolgte. Eine Nebenkostenpauschale wäre damit nicht wirksam zustande gekommen.

     

    So gehen Sie in diesen Situationen vor

    Für dieses Problem gibt es zwei Lösungsvorschläge:

     

    • 1. Der Planungsvertrag wird von Leistungsbeginn an schriftlich geschlossen. Dann ist das Kriterium „schriftlich und bei Auftragserteilung“ erfüllt.

     

    • 2. Es wird ein zweistufiges Verfahren gewählt - mit einem mündlichen Vertrag (erste mündlich vereinbarte Leistungen) und einem schriftlichen Vertragsabschluss, wobei letzterer nur die ab dem schriftlichen Vertragsschluss zu erbringenden Leistungen regelt. Damit ist die Anforderung „schriftlich und bei Auftragserteilung“ für die zweite Stufe erfüllt.

     

    PRAXISHINWEIS | Lösungsvorschlag Eins ist am sinnvollsten, im Tagesgeschäft aber nicht immer durchsetzbar. Die zweite Alternative ist die praktikablere. Entscheidend ist hier nur noch, dass Sie einen Stichtag festlegen, an dem der schriftliche Vertrag abgeschlossen wird. Denn er muss mit dem Beginn eines eigenen Arbeitsschrittes (möglichst mit einer Leistungsphase) zusammenfallen, damit die Anforderung „schriftlich und bei Auftragserteilung“ nicht gefährdet ist.

     

    Unternehmerische Entscheidung der Büros ist gefordert

    Um die Anforderung „schriftlich und bei Auftragserteilung“ zu erfüllen, muss bürointern festgelegt werden, ab welchem Planungsvertiefungsgrad der schriftliche Vertrag geschlossen wird. Das ist eine rein unternehmerische Entscheidung, die jeder Planer für sich abwägen und umsetzen muss. Die Entscheidung sollte nicht verzögert werden. Sie hat Auswirkungen auf den gesamten weiteren Ablauf der Nebenkostenabrechnung.

     

    PRAXISHINWEIS | Neben der Nebenkostenpauschale ist auch der Honorarsatz für die Grundleistungen aller geregelten Leistungsbilder - soweit oberhalb des Mindestsatzes - von diesen Anforderungen betroffen.

     
    • Beispiel

    Wird die Lph 1 auf Basis einer mündlichen Vereinbarung erbracht, und umfasst der anschließende schriftliche Vertrag nur die Lph 2 bis 8, ist die Anforderung schriftlich bei Auftragserteilung erfüllt, wenn der Vertrag zu Beginn der Lph 2 unterzeichnet wird. Das nachstehende Schaubild zeigt dies. Die unternehmerische Entscheidung basiert auf der Abwägung, ab wann Sie nur noch auf Basis einer schriftlichen Vertragsvereinbarung tätig werden wollen. Die Schnittstelle zwischen dem mündlichen und dem schriftlichen Vertrag ist eindeutig (Pfeil).

     
     

    Wichtig | Der schriftliche Vertrag sollte einen definierten Start haben. Alle Leistungen, die dort aufgenommen werden, sollten erst im Anschluss erbracht werden. Deshalb ist von untenstehender Konstellation abzuraten. Hier wäre eine pauschale Nebenkostenvereinbarung unwirksam. Der schriftliche Vertrag über die Lph 3 bis 8 ist nicht bei Auftragserteilung zustande gekommen ist (Pfeil und Beginn der Lph 3 stimmen nicht überein, weil ein (geringer) Anteil der Lph 3 bereits aufgrund mündlicher Vereinbarung erbracht wurde.

     

     

    Schriftlicher Vertrag am Ende der Lph 3 als zusätzliche Alternative

    Ist es nicht möglich, den Auftraggeber zu einem schriftlichen Vertragsschluss ab Beginn der Lph 2 zu bewegen, wollen Sie den Auftrag aber unbedingt haben, kann die schriftliche Vereinbarung auch am Ende der Lph 3 erfolgen. Das sieht in der Grafik dann so aus:

     

     

    In dieser Konstellation ist zwar ein größerer Anteil der Planungslösungen auf der Basis eines mündlichen Vertrags abgewickelt worden. Trotzdem ist die Anforderung „schriftlich und bei Auftragserteilung“ für die Lph 3 bis 8 eingehalten worden.

     

    PRAXISHINWEIS | Für die unternehmerische Entscheidung, wann und wie die schriftliche Vereinbarung anzustreben ist, wird empfohlen, eine Risikobewertung Ihres Auftraggebers vorzunehmen (PBP 8/2013, Seite 21).

     

    Vor diesem Hintergrund erhält die neu in die Lph 1 bis 3 aufgenommene Grundleistung „Erläutern und Dokumentieren der Ergebnisse“ besondere Bedeutung. Sie sorgt dafür, dass eine Lph auch wirklich als abgeschlossen gilt.

     

    FAZIT | Auch für die Abrechnung von Nebenkosten ist es wichtig, das Ende einer Lph zu erreichen und diesen Status zu dokumentieren. Die Schaubilder haben gezeigt, dass an dem Tag, an dem die Situation „schriftlich und bei Auftragserteilung“ besteht (Pfeil), ein so schnell nicht wiederkehrendes Zeitfenster besteht, das genutzt werden sollte, um die Honorarabrechnung übersichtlich zu gestalten. Werden Auftraggeber über diese Zusammenhänge rechtzeitig informiert, sehen sie das in den meisten Fällen ein und stimmen dieser Vorgehensweise zu, auch wenn sie zu Beginn (Lph 1) eine schriftliche Bindung gerne vermeiden.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Ein Muster für ein Kaufmännisches Bestätigungsschreiben finden Sie auf pbp.iww.de unter Downloads → Musterschreiben → Honorargestaltung/-sicherung
    • Beitrag „Aufragsanbahnung: Proaktive Kalkulation von Projektrisiken macht sich bezahlt“, PBP 8/2013, Seite 21 im Archiv
    Quelle: Ausgabe 12 / 2014 | Seite 8 | ID 43075993