Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Fachbeitrag · Werkvertragsrecht

    OLG Brandenburg: Sie müssen den Auftraggeber über eigene Fehler informieren

    | Ihrem Planungsbüro obliegt im Rahmen der „Betreuungsleistungen“ nicht nur die „Wahrung der Rechte des Auftraggebers“ gegenüber den Bauunternehmen, sondern auch die Klärung der Mängelursachen (soweit Ihnen dies überhaupt möglich ist). Diese Pflicht gilt auch in Bezug auf eigene Planungs- oder Bauüberwachungsfehler. Das hat das OLG Brandenburg im Einvernehmen mit dem BGH festgestellt. |

    Die Folgen der Brandenburger Entscheidung

    Wenn Sie vermuten, dass Sie selbst einen Mangel verursacht haben, sollten Sie das nicht verheimlichen. Die unangenehme Folge könnte darin bestehen, dass der Auftraggeber von der Mangelfreiheit Ihrer Leistung ausgeht und zunächst einen Unbeteiligten ‒ vergeblich ‒ mit Schadenersatzforderungen konfrontiert. Nimmt er dann Sie in Anspruch, wird das teurer.

     

    Die Gerichte haben nämlich klargestellt, dass die pflichtwidrige Unterlassung jeglicher Untersuchung und Beratung hinsichtlich eigener Defizite eine Vertragsverletzung darstellen kann. Sie kann einen Schadenersatzanspruch in der Form begründen, dass gegen Sie gerichtete Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüche als nicht verjährt gelten (OLG Brandenburg, Beschluss vom 02.04.2020, Az. 12 U 77/19, Abruf-Nr. 221617; rechtskräftig durch Zurückweisung der NZB, BGH, Beschluss vom 02.12.2020, Az. VII ZR 109/20).

    Welche fachliche Tiefenschärfe muss die Beratung erfüllen?

    Das Problem ist, dass Sie vor allem bei Ausführungsmängeln oft gar nicht in der Lage sind zu beurteilen, ob z. B. Ihre Überwachung mangelhaft war.

     

    Ihre Offenbarungs- und Beratungspflicht hat Grenzen

    Hier dürfte auch die fachliche Grenze Ihrer Beratungspflicht liegen. Ist die erreicht, sollten Sie das dem Auftraggeber klar kommunizieren. Oft liegen auch komplexe Gemengelagen vor, die Planer nicht beherrschen können. Denken Sie vor allem an folgende rechtliche Fragenstellungen im Sinne von

    • hätte nicht das ausführende Unternehmen Bedenken anmelden müssen?
    • hätte nicht das ausführende Unternehmen den Mangel im Rahmen seiner eigenen werkvertraglichen Pflichten verhindern können?
    • handelt es sich wirklich um einen Überwachungsfehler oder hätten Sie den Mangel gar nicht verhindern können?
    • hätte nicht ein anderer Fachplaner oder Berater die zum Mangel führende Leistung überwachen müssen?

     

    So gehen Sie im Tagesgeschäft vor

    Werden Sie mit Fragestellungen bzgl. eigener Mängel konfrontiert, sollten Sie zunächst Folgendes prüfen:

    • Liegt der Mangel an einer fachlichen Schnittstelle zu weiteren Planungsbeteiligten?
    • Objektplaner: War die Zuarbeit/Fachbeiträge der weiteren an der Planung und Überwachung beteiligten Büros mangelfrei?
    • Fachplaner: Hat die Objektplanung ihre Koordinations- und Integrationsleistungen sachgerecht erbracht?
    • Hat der Auftraggeber fachlich erforderliche Leistungen (z. B. ingenieurtechnische Kontrolle der Bauausführung des Tragwerks oder Prüfung von Montageplänen in bauphysikalischer Sicht) entsprechend Ihrer damaligen Empfehlungen an die zuständigen Büros beauftragt?
    • Haben Sie Ihre eigene Leistung vorsorglich auf der sicheren Seite geplant (z. B. falls nicht alle erforderlichen Leistungen vom Auftraggeber beauftragt wurden)?
    • Erfordert die Beratung des Auftraggebers spezielle Sachverständigenkenntnisse, die über die Kenntnisse hinausgehen, die einem Planer zuzumuten sind? Muss deshalb eine gesonderte Untersuchung und Beratung durch einen Sachverständigen vorgeschlagen werden?

     

    Erst wenn diese Fragen geklärt sind, kann eine sachgerechte Beratung erfolgen. Natürlich sollten Sie parallel auch abklären, ob Sie Ihre Berufshaftpflichtversicherung einschalten müssen. Das OLG hat die Beratungspflicht übrigens nicht auf die Frage begrenzt, ob Sie oder das ausführende Unternehmen den Mangel verursacht hat. Ihre Beratungspflicht betrifft auch die Frage, ob ggf. ein anderer Planungsbeteiligter der Verursacher war.

     

    Wichtig | Als Planer müssen Sie auch insoweit beraten, wenn Sie mit Ihren eigenen Kenntnissen am „Limit“ sind, und daher spezialisierte Sachverständige einzuschalten sind. Auch das gehört zu Ihrer Beratungspflicht und kann das eigene Haftungsrisiko minimieren. Insbesondere ist darauf zu achten, dass in der oben beschriebenen Gemengelage rechtzeitig auf die Einschaltung einer qualifizierten Rechtsberatung hingewiesen wird. Denn in nicht wenigen Fällen ergeben sich Mängel als Kombination von technischen und rechtlichen Sachverhalten.

    Wann verjähren Schadenersatzansprüche bei Nichtberatung?

    Eine weitere wichtige Aussage des OLG Brandenburg betrifft das Verjährungsthema. Die Aussage des OLG ist „heftig“: Schadenersatzansprüche des Auftraggebers wegen einer Verletzung der Untersuchungs- und Beratungspflicht des Architekten verjähren nach drei Jahren. Diese Frist beginnt aber erst am Schluss des Jahres, in dem der Auftraggeber Kenntnis von der Person des Schuldners und den den Anspruch begründenden Umständen erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen. Das kann auch lange nach Eintritt des Mangels sein.

     

    FAZIT | Beratungspflichten sind sehr ernst zu nehmen. Sie hängen aber natürlich vom konkreten Einzelfall ab. PBP empfiehlt, Ihre Beratungen nach o. g. Schema zu strukturieren, um Haftungsrisiken zu vermeiden.

     
    Quelle: Ausgabe 06 / 2021 | Seite 17 | ID 47135475