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  • · Fachbeitrag · Vertragsrecht

    BGH zeigt klare Kante: In diesen Konstellationen hat Ihre honorarfreie Akquisition ein Ende

    | Ihre Akquisitionsphase dauert nur so lange, wie Sie sich das als Planungsbüro gefallen lassen. Den Schlüssel zum Übergang von vergütungsfreier Akquisition zu honorarpflichtigem Vertrag haben Sie in der Hand. Das lehrt eine neue Entscheidung des BGH mit folgendem Tenor: Hat ein Auftraggeber schon Leistungen honoriert, kann er sich nicht darauf berufen, dass nur eine Art „entgeltliche Akquise“ vorlag - und Folgeleistungen mangels Vertrag nicht zu vergüten seien. Ziehen Sie daraus für Ihre Vertragsanbahnung die richtigen Schlüsse. |

    Der Fall: Wohnungsbaugesellschaft will Objekt umbauen

    Im konkreten Fall wollte eine Wohnungsbaugesellschaft eine Wohnanlage umbauen. Dem Architekt war bekannt, dass die Maßnahme nur weitergeführt wird, wenn die Gesellschaft Fördermittel erhält. Man einigte sich da-rauf, dass der Architekt mehrere Varianten erarbeitet und Unterlagen für einen Förderantrag zusammenstellt (kostenfrei). Der Architekt schlug anschließend vor, weiterführende Arbeiten bis zur Klärung der detaillierten Bauaufgabe auf Grundlage des tatsächlichen Zeitaufwands abzurechnen (Stundensatz: 45 Euro). Dieses Honorar sollte mit dem verrechnet werden, das sich aus dem noch abzuschließenden Architektenvertrag ergab.

     

    Architekt stellt Zwischenrechnungen auf Stundenbasis

    Auf dieser Basis plante der Architekt weiter. Im Juni 2006 bot er den Abschluss eines Planungsvertrags an (zunächst: Lph 1 bis 3). Das lehnte die Gesellschaft ab, weil sie sich über die Art der Umgestaltung noch nicht endgültig im Klaren war. Der Architekt erteilte zwei Rechnungen und betitelte sie wie folgt: „Unsere Leistungen rechnen wir vorläufig auf der Grundlage des benötigten Zeitaufwands wie folgt ab“. Die Wohnbaugesellschaft zahlte.

     

    Honorarärger bei Abbruch des Projekts

    Dann stellte die Gesellschaft das Objekt doch noch ein. Ergo rechnete der Architekt seine insgesamt erbrachten Leistungen nach HOAI ab. Er forderte ein Honorar in Höhe von 112.600,44 Euro abzüglich der geleisteten Zahlungen. Die Gesellschaft zahlte nicht. Sie vertrat den Standpunkt, dass kein Architektenvertrag zustande gekommen war.

     

    OLG Jena verneint konkludenten Architektenvertrag

    Das OLG Jena gab ihr Recht. Der Fall sei nicht so zu deuten, dass konkludent (durch schlüssiges Verhalten stillschweigend) ein Architektenvertrag zustande gekommen sei. Die Gesellschaft habe deutlich gemacht, dass sie noch keinen Architektenvertrag schließen wolle. Der Architekt habe dies durch seine eigenen Handlungen akzeptiert. Folglich war die Akquise auch dadurch noch nicht beendet gewesen, dass sich die Parteien zunächst auf ein Zeithonorar für weitere Tätigkeiten im Rahmen der Akquisition geeinigt hatten (OLG Jena, Urteil vom 08.01.2014, Az. 2 U 156/13, Abruf-Nr. 142010).

    BGH musste ein Machtwort sprechen

    Der BGH musste daraufhin ein Machtwort sprechen. Und er tat es. Die Urteilsbegründung des OLG war für ihn nicht nachvollziehbar. Denn die Parteien hatten mit der Stundensatzvereinbarung eine klare (wenn auch eventuell nicht HOAI-konforme) Vergütungsvereinbarung in Verbindung mit einer Leistungsvereinbarung getroffen (BGH, Urteil vom 16.03.2017, Az. VII ZR 35/14, Abruf-Nr. 193179).

     

    PRAXISHINWEIS | Insbesondere nicht nachvollziehen konnte der BGH die Auffassung des OLG Jena, dass quasi eine Art „entgeltliche Akquise“ vorlag. Würde man solch ein Konstrukt akzeptieren, könnte das dazu führen, dass Architektenleistungen, die von den Leistungsbildern der HOAI erfasst sind, ohne Bindung an die Mindestsätze der HOAI zu erbringen wären. Das ist faktisch nicht vertretbar. Mit der Vergütungsvereinbarung (zum Zeithonorar) hätten die Parteien vielmehr die Schwelle von der „honorarfreien Akquisitionstätigkeit“ zum „vergütungspflichtigen Architektenvertrag“ überschritten.

     

    Die Empfehlungen für Ihr Tagesgeschäft

    Der Fall - und das notwendig gewordene Machtwort des BGH - zeigen, dass Sie mit allen Mitteln vermeiden müssen, dass überhaupt eine so unklare Gemengelage „liegt ein Vertrag vor oder nicht?“ entsteht. Denn welches Planungsbüro kann es sich leisten, bis zum BGH zu klagen?

     

    Es ist ganz einfach: Unterbreiten Sie Ihrem potenziellen Auftraggeber für alle Leistungen, die Sie erbringen sollen, vorab ein Leistungs- und Honorarangebot. Dann ist der Auftraggeber am Zug. Er kann Ihr Angebot (es können auch mehrere Angebote über verschiedene Leistungen wie z. B. Broschüre, Vorentwurf etc. sein) annehmen oder nicht.

     

    Werden Sie hingehalten, treffen Sie eine mündliche Leistungs- und Honorarvereinbarung. Legen Sie diese anschließend schriftlich nieder und lassen Sie den Inhalt Ihrer Vereinbarungen dem Auftraggeber in Form eines kaufmännischen Bestätigungsschreibens zukommen.

     

    PRAXISHINWEIS |

    • Es gibt nur zwei Situationen: Entweder sind Sie im Vertrag oder Sie sind in der Akquisition. Dazwischen gibt es nichts. Das zu regeln, ist im Zweifel die alleinige Sache Ihres Planungsbüros. Denn die Akquisitionsphase dauert nur so lange, wie Sie sich das gefallen lassen
    • Ergo: Ohne Vereinbarung über Leistungsinhalte und entsprechende Honorare keine Leistungserbringung.
    • Ausnahme: Sie entscheiden sich bewusst, Leistungen nur aus Gründen der Akquisition zu erbringen. Dann klären Sie den Auftraggeber aber auf, wie weit diese Leistungen reichen. Ziehen Sie also gleichsam die Grenze zum vergütungspflichtigen Architektenvertrag.
     
    Quelle: Ausgabe 05 / 2017 | Seite 8 | ID 44643214