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  • · Fachbeitrag · Planungsleistungen

    BGH: Auftraggeber muss allen Planern geeignete Planungsgrundlagen bereitstellen

    | Auch Ihr Auftraggeber trägt Verantwortung dafür, dass Sie Ihre Planungsleistungen mängelfrei erbringen können. Er hat nicht zu vernachlässigende Mitwirkungspflichten. Das hat der BGH mit einem bemerkenswerten Urteil klargestellt. Ist ein Mangel im Bauwerk auf eine solche Obliegenheitsverletzung (zum Beispiel nicht getroffene Entscheidungen oder nicht getroffene Auftragsvergaben an Fachplaner) des Auftraggebers zurückzuführen, trägt er eine Gesamt- oder zumindest eine Mitschuld. |

    Wer haftet für fehlende weiße Wanne?

    Im vorliegenden Fall waren dem Tragwerksplaner vom Objektplaner unsachgemäße Angaben zum Baugrund als Planungsgrundlagen übergeben worden. Die auf der Basis vom Tragwerksplaner geplante Konstruktion erwies sich als nicht fachgerecht. Um das Gebäude vor dem drückenden Wasser zu schützen, hätte er eine „weiße Wanne“ planen müssen.

     

    Der Auftraggeber machte Schadenersatz geltend und berief sich dabei auf das gesamtschuldnerische Verhältnis der Beteiligten. Der Tragwerksplaner hielt dagegen. Seine Leistung sei fachgerecht gewesen, weil er eine Planungsgrundlage als Basis für seine Leistungen überreicht bekommen habe, aus der schlüssig hervorgegangen sei, dass nicht mit drückendem Wasser zu rechnen sei.

     

    Der BGH hat klargestellt, dass der Tragwerksplaner in diesem Fall - die überreichte Arbeitsgrundlage war ein Baugrundgutachten, dass auf die vorliegenden Bodenverhältnisse nicht zutraf - nicht in das Haftungsboot gezogen werden kann. Darin säßen nur der Architekt und der Auftraggeber. Letzterer hatte seine Mitwirkungspflicht gegenüber dem Tragwerksplaner mangelhaft erfüllt.

    Vier bemerkenswerte Aussagen des BGH

    Der BGH hat dazu vier bemerkenswerte Aussagen getroffen (BGH, Urteil vom 15.5.2013, Az. VII ZR 257/11; Abruf-Nr. 132298):

     

    • 1.Den Bauherrn trifft in seinem Vertragsverhältnis zum Tragwerksplaner die Obliegenheit, ihm einwandfreie Arbeitsgrundlagen zur Verfügung zu stellen.
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    • 2.Der Tragwerksplaner kann und darf daher erwarten, dass der Auftraggeber ihm Angaben liefert, die es ihm ermöglichen, eine mangelfreie, den Boden- und Grundwasserverhältnissen gerecht werdende Tragwerksplanung zu erstellen. Er darf sich auf die übergebene Planungsgrundlage verlassen, wenn sie keinen Anlass zu fachtechnischen Zweifeln bietet. Er muss diese dann auch nicht kritisch hinterfragen oder kontrollieren.
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    • 3.Überlässt der Auftraggeber dem Tragwerksplaner fehlerhafte Pläne oder sonstige Grundlagen (zum Beispiel Baugrundgutachten), verletzt er seine Obliegenheit zur Lieferung einwandfreier Pläne im Sinne eines Verschuldens gegen sich selbst. Dann trägt er zu einer daraus resultierenden mangelhaften Tragwerksplanung bei und ist für einen daraus erwachsenden Schaden mitverantwortlich (§ 254 Abs. 1 BGB).
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    • 4.Hat der Auftraggeber die unzutreffenden Angaben nicht selbst gemacht, sondern der von ihm beauftragte planende Architekt, muss er sich dessen Mitverursachung des Schadens zurechnen lassen. Denn der Auftraggeber hat sich des Architekten bedient, um von ihm eine Obliegenheit erfüllen zu lassen, die eigentlich den Auftraggeber selbst trifft.

    Folgen für künftige Projektabwicklungen

    Die BGH-Entscheidung könnte für eine Trendwende bei Projektabwicklungen sorgen. Viele Diskussionen aus Erfa-Kreisen und den HOAI 2013-Seminaren belegen nämlich, dass die mangelnde Mitwirkung bzw. Entschlussfreudigkeit der Auftraggeber ein ständiges Thema in der Praxis ist. Gerade bei der Bereitstellung einwandfreier Planungsgrundlagen wird die Notwendigkeit von Fachleistungen oft nicht gesehen und damit eine Reihe von negativen Folgen (Verzögerungen, Mehrkosten) unbewusst in Kauf genommen.

     

    PRAXISHINWEIS | Wir empfehlen Ihnen deshalb, Ihre Beratungspflichten in Leistungsphase 1 genau zu erfüllen, indem Sie auf die Notwendigkeit der entsprechenden Fachplaner/-planungen hinweisen. Beachten Sie dabei drei Dinge:

    • Objektplaner geben den Fachplanern in vielen Fällen Planungsgrundlagen vor. Hat ein Objektplaner diese Grundlagen von Dritten erhalten (zum Beispiel vom Bauherrn), sollte er prüfen, ob diese Grundlagen für das in Rede stehende Projekt grundsätzlich geeignet und brauchbar sind.
    • Fachplaner sollten vorsorglich prüfen, ob diese Planungsgrundlagen schlüssig und plausibel sind und ob darauf vertraut werden darf (eine fachliche Richtigkeitsprüfung ist damit jedoch nicht gemeint).
    • Gibt es Zweifel an der Verwendbarkeit der vom Auftraggeber bereitgestellten Planungsgrundlage, sollte dies dem Auftraggeber mitgeteilt und auf die notwendige Einholung ergänzender Planungsgrundlagen hingewirkt werden; auch unter Hinweis auf etwaige Risiken. Das Erfordernis, gegebenenfalls Bedenken gegen die vorgesehene Art der Ausführung nach VOB/B zu erheben, findet sich sinngemäß nämlich auch in Planungsverträgen wieder.
     

     

    FAZIT | Auftraggeber müssen sich stärker darauf einrichten, ihren Anteil an der erfolgreichen Projektumsetzung zu leisten. Das betrifft insbesondere die Mitwirkung an der rechtzeitigen Bereitstellung von Fachplanerleistungen oder Gutachten (Baugrundgutachten, Bausubstanzuntersuchungen, etc.). Erbringt der Auftraggeber eine von ihm zu erfüllende Mitwirkungshandlung nicht und trägt er damit zur Entstehung eines Mangels bei, ist er für den daraus erwachsenden Schaden mitverantwortlich. Die Mitschuld droht schon dann, wenn erforderliche Besondere Leistungen trotz entsprechender Empfehlung durch den Planer zu spät beauftragt werden.

    Quelle: Ausgabe 11 / 2013 | Seite 12 | ID 42324183