· Fachbeitrag · Haftung
Rechtsdienstleistungen durch Planer am Bau: LG Gießen legt Finger in die Wunde
von Rechtsanwältin und Architektin Aleksandra Gleich, Mannheim
Die Frage, welche rechtlichen Aufgaben Planer am Bau im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit übernehmen dürfen, beschäftigt die Praxis seit der aufsehenerregenden BGH-Skontoentscheidung. Ein aktueller Beschluss des LG Gießen bietet Anlass, diese Diskussion erneut zu führen. Denn es geht nicht nur darum, welche rechtlichen Aufgaben im Einzelfall zulässig sind, sondern auch, wie Leistungen gestaltet sein müssen, um nicht bereits strukturell in den Bereich der Rechtsdienstleistung zu geraten.
Der Fall: Rechtsdienstleistung im Kleid technischer Beratung
Im konkreten Fall untersagte das LG Gießen einer Kommune, ein Vergabeverfahren fortzusetzen oder einen Zuschlag vorzubereiten, weil das ausgeschriebene Leistungsbild Tätigkeiten enthielt, deren Schwerpunkt nach Auffassung der Kammer eindeutig im Bereich der Rechtsdienstleistung lag. Formulierungen wie „rechtsichere Erstellung“ oder „rechtsichere Prüfung“ der Vertragsunterlagen verdeutlichten, dass der Auftragnehmer (Architekt/Ingenieur) nicht lediglich technische oder organisatorische Aufgaben übernehmen, sondern eine eigenständige rechtliche Bewertung vornehmen sollte (LG Gießen, Beschluss vom 21.03.2025, Az. 3 O 95/25, Abruf-Nr. 251604).
Für sich genommen ist diese Feststellung nicht überraschend. Bemerkenswert ist jedoch, wie früh das RDG eingreift. Das Gericht knüpft nicht an die Tätigkeit selbst an, sondern bereits an die Ausschreibung. Schon die Aufforderung an einen technisch geprägten Dienstleister, ein solches Leistungsbild anzubieten, sei wettbewerbswidrig. Damit zeigt die Entscheidung, dass das Rechtsdienstleistungsgesetz auch den Markt ordnet, in dem Architekten und Ingenieure tätig werden.
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