Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Fachbeitrag · Architekten- und Ingenieurrecht

    Erstellung der Planungsgrundlagen im neuen BGB ‒ erste Erfahrungen aus der Praxis

    | Durch einen Architekten- oder Ingenieurvertrag wird der Unternehmer verpflichtet, die Leistungen zu erbringen, die erforderlich sind, um die zwischen den Parteien vereinbarten Planungs- und Überwachungsziele zu erreichen. Soweit wesentliche Planungs- und Überwachungsziele noch nicht vereinbart sind, hat der Unternehmer zunächst eine Planungsgrundlage zur Ermittlung dieser Ziele zu erstellen. So steht es im neuen § 650p BGB . Was aber gehört in eine Planungsgrundlage? PBP versucht sich an einer Antwort. |

    Der Hintergrund der Notwendigkeit der Planungsgrundlage

    Eine Planungsgrundlage ist dann nicht erforderlich, wenn wesentliche Planungs- und Überwachungsziele schon feststehen, z. B. als Wettbewerbsauslobung oder als t„Eigenleistung“ des Auftraggebers. In allen anderen Fällen sind Sie in der Pflicht. Sie müssen eine Planungsgrundlage erarbeiten.

     

    Wie dies genau auszusehen hat, hat der Gesetzgeber nicht in allen Einzelheiten geregelt. Das geht auch gar nicht, weil die Planungsgrundlagen bei jedem Projekt unterschiedlich sein dürften. Mit anderen Worten: Jedes Projekt erfordert individuelle ‒ auf das jeweilige Projektziel zugeschnittene ‒ Planungsgrundlagen.

    So sehen Planungsgrundlagen in der BGB-2018-Praxis aus

    PBP hat sich umgehört, wie die Planungsgrundlagen in der 10-monatigen Anwendungsphase des neuen BGB in der Praxis ausgestaltet werden. Folgende Vorgaben werden vorrangig vereinbart:

     

    • Das Verfahren, wie die Projektziele erarbeitet werden (z. B. Planer ergreift Abfrageinitiative oder Auftraggeber macht Vorgaben, die der Planer prüft).
    • Kostenziele, die mit dem Projekt verbunden sind (Art der Kostenziele und der Umfang [Kostengruppen oder Gewerke).
    • Terminliche Projektziele.
    • Nutzungsziele; sie können durch ein Raum- und Funktionsprogramm oder allgemein (z. B. bei Verkehrsanlagen) beschrieben werden.
    • Anforderungen an die Flexibilität der Nutzung (z. B. möglichst einfache Umnutzungsmöglichkeit durch spätere Umbauten im laufenden Betrieb).
    • Anforderungen und Ziele zu übergreifenden technischen Standards oder zur Modernität des fertiggestellten Projekts.
    • Funktionalität (individuelle Vorgaben des Auftraggebers).
    • Energetische Ziele, Ziele im Hinblick auf Nachhaltigkeit.
    • Ansprüche an die Technische Ausrüstung von Gebäuden, Ingenieurbauwerken (Komfort, Behaglichkeit, Funktionalität, Energieverbrauch).
    • Ökologische Ziele (z. B. bei Verkehrsanlagen).
    • Gestalterische Ziele (z. B. stadtbildprägende Eigenschaften oder Einbindung in die Umgebung bei Verkehrsanlagen und Ingenieurbauwerken).
    • Organisatorische Ziele (z. B. von der Projektidee bis zur Inbetriebnahme soll wenig Zeit vergehen. Planungsänderungen sollen vermieden werden).
    • Rechtlicher Projektrahmen (z. B. Leasingprojekt oder normales Investorenprojekt).
    • Technische ‒ vom Bauherrn gewünschte ‒ Einzelheiten (z. B. signifikante Materialien für Fassade, Decken, Wände).
    • Allgemeine Angaben zur gewünschten Projektgröße (z. B. Campuslösung oder Hochhaus).
    • Anforderungen an Personen- oder Gebäudesicherheit (Kraftwerke, Industrieanlagen, Forschungsprojekte, Verwaltungsgebäude).
    • Grundleistungen der Lph 1 und problemorientierte Leistungen aus Lph 2 (z. B. Grundleistung a) und b) im Leistungsbild Gebäude).

     

    Wichtig | Die Fachwelt geht nach wie vor davon aus, dass die Grenze zwischen der Erarbeitung der Planungsgrundlagen und der Erbringung von Planungsleistungen beim Beginn der Grundleistung c) in Lph 2 gezogen wird.

    Empfehlung: Planungsgrundlagen systematisch erarbeiten

    PBP hat recherchiert, dass die Planungsgrundlagen in den allermeisten Fällen tatsächlich streng systematisch erarbeitet werden. Das hat den Vorteil, dass so wertvolle Projektzeit gespart wird. Zum Honorar ist zu sagen: Es hat sich eingebürgert, dass Auftraggeber für die Erarbeitung der Planungsgrundlagen gern ein Pauschalhonorar vereinbaren. Es ist dabei wichtig, einen Leistungszeitraum festzulegen, auf den sich die Vergütung bezieht, weil sonst eine „never ending story“ möglich ist. Gehen Sie wie folgt vor:

     

    • Erstellen Sie mit dem Auftraggeber eine Checkliste für mögliche Projektziele und arbeiten Sie diese systematisch ab (in dem Sinne: wird als Projektziel vereinbart, wird als Projektziel nicht vereinbart).

     

    • Entscheiden Sie, ob
      • Sie die Projektziele proaktiv durch Abfragen beim Bauherrn erarbeiten,
      • ein Dialogverfahren gewählt wird oder
      • ob der Bauherr bestimmte Projektziele als Eckpfeiler vorgibt.

     

    • Dokumentieren Sie die erarbeiteten Projektziele. Verwenden Sie „Legaldefinitionen“, d. h. Begriffe, die in der Fachwelt definiert sind. So können Sie die Projektziele recht präzise definieren. Je präziser Sie hier agieren umso mehr profitieren Sie im Projektverlauf, wenn von vereinbarten Projektzielen abgewichen wird und
      • z. B. Kostenerhöhungen und Mängelvorwürfe im Raum stehen
      • oder es für Sie darum geht, Ihren Aufwand für die dafür erforderlich gewordenen Planungsänderungen abzurechnen.

     

    Weiterführender Hinweis

    • Mehr Informationen zu den Erfahrungen mit 10 Monaten neues BGB finden Sie in der Sonderausgabe „Das neue Architekten- und Ingenieurrecht im BGB ‒ Praxiserfahrungen und Anwendungstipps“ auf pbp.iww.de → Abruf-Nr. 45564131
    Quelle: Ausgabe 11 / 2018 | Seite 8 | ID 45551558