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  • · Fachbeitrag · Kaution

    Zahlungen an den Immobilienmakler können als Erfüllung gegenüber dem Vermieter wirken

    von RA Dr. Martin Riemer, Brühl/Rheinland

    | Auch wenn laut Mietvertrag alle Zahlungen an den Vermieter erfolgen sollten, kann der Mieter schuldbefreiend an den Makler leisten ‒ jedenfalls in der besonderen Fallkonstellation des LG Köln. |

     

    Sachverhalt

    Der Vermieter hatte in einer entfernten Stadt eine Wohnung geerbt. Er bevollmächtigte eine ortsansässige Maklerin, einen Mieter auszuwählen und mit ihm einen Mietvertrag zu schließen. Laut Vertrag waren sämtliche Zahlungen auf das Konto des Vermieters zu überweisen. Gleichwohl forderte die Maklerin den Mieter auf, ihr die hälftige Kaution und die ersten beiden Mieten in bar auszuhändigen. Dies würde dem Willen des Vermieters entsprechen. Der Mieter übergab ihr gutgläubig 1.650 EUR. Anstatt den Betrag weiterzuleiten, verrechnete sie ihn mit eigenen Forderungen gegenüber dem Vermieter. Nachdem dieser davon erfuhr, forderte er die Maklerin mehrfach erfolglos zur Herausgabe auf, verklagte aber nicht sie, sondern den Mieter auf Zahlung. Zwischen den Parteien war streitig, ob die Maklerin auch zum Geldempfang bevollmächtigt war. Vor dem AG hatte die Klage Erfolg. In der Berufung wurde sie abgewiesen.

     

    • 1. Leisten Mieter die Kaution und den Mietzins abweichend vom Mietvertrag nicht an den Vermieter, sondern an dessen Immobilienmakler, wirkt die Aufforderung des Vermieters gegenüber dem vollmachtslosen Makler zur Herausgabe als nachträgliche Genehmigung.
    • 2. Das Herausgabeverlangen des Vermieters begründet die Erfüllungswirkung zugunsten des Mieters, auch wenn der Makler ursprünglich nicht zum Geldempfang bevollmächtigt war.
     

    Entscheidungsgründe

    Anders als das AG war das LG mit folgenden Argumenten der Auffassung, der Mieter habe an die Maklerin mit befreiender Wirkung geleistet, weil er gezahlt habe, um die Vermieterforderung zu tilgen:

     

    • Entweder war die Maklerin zum Geldempfang bevollmächtigt: Dann hätten Zahlungen an sie gem. § 362 Abs. 1 und 2 i. V. m. § 185 Abs. 1 BGB unmittelbare Erfüllungswirkung.

     

    • Oder die Maklerin besaß keine Geldempfangsvollmacht: Dann lag jedoch in der an sie gerichteten Aufforderung zur Geldherausgabe eine nachträg-liche Genehmigung i. S. v. § 185 Abs. 2 BGB, auf den § 362 Abs. 2 BGB verweist, wenn zum Zwecke der Erfüllung an einen Dritten geleistet wird.

     

    Vorliegend konnte dies auch die Immobilienmaklerin sein, der gegenüber dem Vermieter daher ein Herausgabeanspruch nach § 816 Abs. 2 BGB zustand. Indem er davon aber Gebrauch machte, war dies als Genehmigung auszulegen. Ansonsten hätte er sie ohne Rechtsgrund zu einer Zahlung aufgefordert. Da dem Vermieter diese Absicht nicht unterstellt werden konnte, musste er, indem er von der Maklerin Zahlung forderte, die Leistung an sie konkludent genehmigt haben. Ob die Maklerin tatsächlich zum Geldempfang bevollmächtigt war ‒ worüber das AG zuvor noch intensiv Beweis zu erheben versuchte ‒ spielte bei dieser Betrachtung keine Rolle.

     

    Relevanz für die Praxis

    Eine ungewöhnliche Lösung: Dem Mieter verhalfen nicht das Mietrecht, sondern das allgemeine Schuldrecht zu einem gerechten Ergebnis. Da Eigentümer, die nicht am Ort wohnen, mit der Vermietung oft Immobilienmakler beauftragen, kann sich ein solcher Fall jederzeit wiederholen. Vor Übergabe der Wohnungsschlüssel liegt es regelmäßig im Vermieterinteresse, zunächst die Kaution und eine Mietrate zur Sicherheit zu erhalten. Es bietet sich daher an, den Makler zugleich auch mit der Überwachung des Geldeingangs zu beauftragen. Was aber, wenn dieser noch eigene Forderungen dem Vermieter gegenüber hat und die Zahlungen zur Verrechnung nutzt oder gar veruntreut?

     

    Dem LG ist darin zuzustimmen, dass es unbillig erscheint, einen solchen Streit im Innenverhältnis zwischen Vermieter und Makler auf dem Rücken des gutgläubigen Mieters auszutragen. Insbesondere wenn der Makler den Vertrag auf Vermieterseite zugleich auch unterschrieben und erklärt hat, diese Form der Abwicklung würde dem Vermieterwillen entsprechen, werden sich vom objektiveren Erkenntnishorizont des Mieters kaum Anhaltspunkte für dessen Bösgläubigkeit ergeben. Die Vertragsparteien können schließlich von einem vereinbarten Zahlungsmodus übereinstimmend abweichen. Hätte der Mieter nicht zugestimmt, hätte er die Schlüssel nicht (sogleich) erhalten.

     

    Systematisch wären Mieter besser geschützt, würde statt auf die nachträgliche Genehmigungsfiktion auf die Risikosphären abgestellt. Die Erfüllung wirkt dann unabhängig vom weiteren Vorgehen und Erklärungsverhalten des Vermieters. Schließlich war es der Vermieter, der die Maklerin auswählte und beauftragte, nicht der Mieter. Ein Vermieter, der einen Abschlussmakler beauftragt, muss sich dessen Pflichtverletzung im Außenverhältnis gem. § 278 BGB zurechnen lassen, wenn dieser eine nicht vorhandene Geldempfangsberechtigung nur vortäuscht. Hätte also der Vermieter hier gegenüber der Maklerin nicht bloß Geldherausgabe verlangt, sondern ihr Verhalten zugleich ausdrücklich gerügt, würde der Lösungsweg des LG schon nicht mehr klappen.

     

    PRAXISTIPP | Verlangt der Immobilienmakler vom Mieter vor Übergabe der Schlüssel Barzahlung an sich, sollte dieser eine Sofortüberweisung auf das im Mietvertrag angegebene Konto anbieten.

     

    Alternativ kann er eine schriftliche Bestätigung für diese abweichende Zahlungsweise erbitten, um nachweisen zu können, von einem Beauftragten des Vermieters hierzu angehalten worden zu sein.

     
    Quelle: Ausgabe 06 / 2019 | Seite 109 | ID 45786801