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  • · Fachbeitrag · Betriebskostenabrechnung

    Einwendungsausschlussfrist gilt für alle auf den Mieter umgelegten Kostenarten

    von RiOLG Günther Geldmacher, Düsseldorf

    | Nach § 556 Abs. 3 S. 5 BGB muss der Mieter dem Vermieter Einwendungen gegen die Abrechnung bis zum Ablauf des zwölften Monats, nachdem sie ihm zugegangen ist, mitteilen. Danach kann er nichts mehr einwenden, es sei denn, er hat die Verspätung nicht zu vertreten. Der BGH entscheidet erstmals, dass der Einwendungsausschluss auch solche Kosten erfasst, die nicht als Betriebskosten auf den Mieter umgelegt werden können. |

     

    Sachverhalt

    Der Beklagte rechnete am 12.7.12 über die Betriebskosten des Vorjahres ab, indem er den Klägern in einem Anschreiben die Abrechnung der Hausverwaltung der Wohnungseigentümergemeinschaft in Kopie übermittelte. Diese wies die umlagefähigen Kosten für die an die Kläger vermietete Wohnung aus. Daneben waren noch weitere Kosten (Instandhaltung, Verwaltung, Instandsetzungsrücklage) aufgeführt, die ausdrücklich als nicht umlagefähige Gemeinschaftskosten bezeichnet waren. Der Beklagte übernahm den sich hieraus und aus den umlagefähigen Betriebskosten ermittelten Gesamtbetrag als „Kosten gemäß Abrechnung“. An Vorauszahlungen zog er statt der von den Klägern geleisteten 2.800 EUR nur 2.100 EUR ab. Die sich aus der Abrechnung ergebende Nachforderung glichen die Kläger zunächst aus.

     

    Erstmals am 10.5.14 rügten sie, dass die Abrechnung nicht umlagefähige Gemeinschaftskosten (789,35 EUR) beinhalte und ihre Vorauszahlungen nur teilweise berücksichtigt seien. Ihre Klage auf Rückzahlung (1.489,35 EUR) scheitert in zweiter Instanz. Die Revision hat in Höhe von 789,35 EUR Erfolg.

     

    Der Einwendungsausschluss gemäß § 556 Abs. 3 S. 6 BGB gilt grundsätzlich auch für solche Kosten, die gemäß § 556 Abs. 1 S. 1 BGB in Verbindung mit der Betriebskostenverordnung in der Wohnraummiete generell nicht auf den Mieter umgelegt werden können (Abruf-Nr. 186189).

     

    Entscheidungsgründe

    Das Berufungsgericht hat richtig entschieden, dass die Kläger einen überzahlten Betrag von 700 EUR nicht zurückfordern können, der auf der nur unvollständigen Berücksichtigung der geleisteten Vorauszahlungen beruht. Grund: Einem Rückforderungsanspruch steht der Einwendungsausschluss gemäß § 556 Abs. 3 S. 6 BGB entgegen. Bezüglich der den Klägern anteilig in Höhe von 789,35 EUR berechneten nicht umlagefähigen Kosten der Wohnungseigentümer (Verwaltung, Instandhaltung, Rücklage) hat das Berufungsgericht verkannt, dass der Beklagte mit Rücksicht auf Treu und Glauben (§ 242 BGB) daran gehindert ist, sich auf den Einwendungsausschluss zu berufen. Grund: Die genannten Positionen sind in der dem Abrechnungsschreiben beigefügten Abrechnung der Wohnungseigentümer ausdrücklich (und in Übereinstimmung mit § 1 Abs. 2 der BetrKV) als nicht umlagefähige Gemeinschaftskosten bezeichnet. Der Beklagte hat sich in seinem Abrechnungsschreiben selbst auf die beigefügte Abrechnung bezogen.

     

    Relevanz für die Praxis

    Das Urteil hat für die Betriebskostenberatung erhebliche Bedeutung. Bislang war nur geklärt, dass zu den Einwendungen i. S. d. § 556 Abs. 3 S. 5 BGB auch der Einwand gehört, für einzelne, nach § 556 Abs. 1 BGB grundsätzlich umlagefähige Betriebskosten fehle es an einer vertraglichen Vereinbarung über deren Umlage (BGH MK 08, 33, Abruf-Nr. 073847). Die Frage, ob der Einwendungsausschluss auch Kosten erfasst, die keine Betriebskosten i. S. d. Definition des § 556 Abs. 1 BGB i.V.m. § 1 Abs. 2 BetrKV sind, hatte der BGH ausdrücklich offengelassen. Diese Lücke wird nunmehr geschlossen. Das heißt: Den Fall des § 556 Abs. 3 S. 6 HS. 2 BGB ausgenommen, ist der Mieter mit sämtlichen Einwendungen präkludiert, die er verspätet gegen die materielle Berechtigung der Mieter der abgerechneten Kosten geltend macht.

     

    Beachten Sie | Der Einwendungsausschluss setzt gerade voraus, dass auch eine - an sich unrichtige - Abrechnung Bestand hat, wenn der Mieter inhaltliche Einwendungen nicht rechtzeitig erhebt. Der Grund für die falsche Abrechnung spielt dabei keine Rolle. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob im konkreten Fall überhaupt Streit darüber besteht, ob die verfristeten Einwendungen berechtigt waren.

     

    Eine Saldoklage des Vermieters hat bei verspäteten Einwendungen des Mieters daher selbst dann Erfolg, wenn die Abrechnung Kosten enthält, die per definitionem keine Betriebskosten sind. Dass der Vermieter hier zur Rückzahlung der zu Unrecht abgerechneten 789,35 EUR verurteilt worden ist, beruht allein darauf, dass er sich die Abrechnung der WEG zu eigen gemacht hat. Da diese aber die Positionen Instandhaltung, Verwaltung, Instandsetzungsrücklage als nicht umlegbare Gemeinschaftskosten bezeichnet, ist der Vermieter nach § 242 BGB an diesen Inhalt seiner Erklärung gebunden.

     

    Richtig entschieden hat das Berufungsgericht, dass die Kläger einen überzahlten Betrag von 700 EUR nicht zurückfordern können, der auf der nur unvollständigen Berücksichtigung der geleisteten Vorauszahlungen beruht. Auch insoweit greift zugunsten des Vermieters der Einwendungsausschluss gemäß § 556 Abs. 3 S. 6 BGB.

     

    MERKE | Der Mieter ist nach Ablauf der Frist des § 556 Abs. 3 S. 5 nur mit Einwendungen gegen die Abrechnung ausgeschlossen, wenn diese - wie hier - formell ordnungsgemäß ist (BGH MK 11, 77, Abruf-Nr. 110590).

     

    Sowohl die zu niedrig angesetzten Vorauszahlungen sowie die Abrechnung von nicht als Betriebskosten umlagefähigen Kostenarten stellen nur inhaltliche Fehler dar, die die formelle Ordnungsgemäßheit der Abrechnung nicht infrage stellen (BGH MK 12, 98, Abruf-Nr. 121062; MK 11, 174, Abruf-Nr. 112325).

     
    Quelle: Ausgabe 07 / 2016 | Seite 120 | ID 44093916