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  • · Fachbeitrag · Schönheitsreparaturen

    Bedarfsabhängige Reparaturen und Rückgabe in „bezugsfertigem Zustand“: Klauseln sind wirksam

    von RiOLG Günther Geldmacher, Düsseldorf

    Wird in einem Formularmietvertrag über gewerblich genutzte Räume der Mieter neben der bedarfsabhängigen Vornahme von Schönheitsreparaturen auch dazu verpflichtet, die Räume bei Beendigung des Mietverhältnisses in einem „bezugsfertigen Zustand“ zurückzugeben, ergibt sich daraus kein Summierungseffekt, der zur Unwirksamkeit beider Klauseln führt (BGH 12.3.14, XII ZR 108/13, Abruf-Nr. 141085).

     

    Sachverhalt

    Die Klägerin mietete von der Beklagten gewerbliche Räume. Der von dieser gestellte Formularvertrag lautet:

    • Auszug aus dem gewerblichen Formularmietvertrag
    • § 5 Übergabe des Mietobjekts: 2. Der vertragsgemäße Zustand besteht, wenn die Räume im Erd- und Untergeschoss renoviert (Glasfaser weiß) sind.
    • § 7 Haftung, Instandhaltung des Mietobjekts: 3. Der Mieter ist verpflichtet, die Schönheitsreparaturen in einem angemessenen Turnus auszuführen. Im Hinblick auf das Gewerbe des Mieters gehen die Parteien davon aus, dass alle drei Jahre Renovierungsbedürftigkeit eintreten kann.
    • § 12 Beendigung des Mietvertrages: 1. Bei Beendigung des Mietverhältnisses ist das Mietobjekt in bezugsfertigem Zustand und mit sämtlichen auch vom Mieter selbst beschafften Schlüsseln zurückzugeben.
     

    Die Klägerin zog nach Mietende aus, ohne während der mehr als fünfjährigen Mietzeit Schönheitsreparaturen durchgeführt zu haben. Bei Rückgabe wiesen die Wände an den Stellen, an denen Möbel standen bzw. Bilder hingen, Schattierungen auf, die einen Neuanstrich erforderlich machten. Ihre Klage auf Rückzahlung einer versehentlich zu viel geleisteten Miete scheitert zweitinstanzlich an der Aufrechnung der Beklagten mit einem Schadenersatzanspruch wegen nicht durchgeführter Schönheitsreparaturen.

    Entscheidungsgründe/Praxishinweis

    Der BGH bestätigt das OLG Köln (ZMR 13, 886). Der Anspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1 BGB ist durch Aufrechnung mit dem Schadenersatzanspruch wegen unterlassener Schönheitsreparaturen (§ 280 Abs. 1, § 281 Abs. 1 BGB) erloschen. Dieser Schadenersatzanspruch hätte der Beklagten nicht zugestanden, wenn bereits die formularmäßige Abwälzung der Schönheitsreparaturen auf die Klägerin unwirksam war oder zumindest die Kombination von Schönheitsreparatur- und Rückgabeklausel in ihrer Gesamtwirkung zu einer unangemessenen Benachteiligung der Mieterin geführt hätte. Beides verneint der BGH.

     

    (Un-)Wirksamkeit der Schönheitsreparaturklausel

    Eine formularmäßige Schönheitsreparaturklausel, mit der Schönheitsreparaturen nach einem „starren“ Fristenplan auf den Mieter übertragen werden, ist bekanntlich unwirksam. Starre Fristen liegen unabhängig von der rechtlichen Einordnung als Wohn- oder Geschäftsraummietverhältnis vor, wenn die Vertragsklausel die Renovierungspflicht des Mieters unabhängig vom Erhaltungszustand allein an feste zeitliche Grenzen knüpft (BGH MK 06, 113, Abruf-Nr. 061462; MK 09, 10, Abruf-Nr. 083287). Ob eine formularvertragliche Schönheitsreparaturklausel im Einzelfall eine starre oder weiche Frist enthält, hängt von ihrem Inhalt ab, der durch Auslegung zu ermitteln ist.

     

    Der BGH billigt die Auslegung des OLG, dass § 7 Nr. 3 des Mietvertrags die Klägerin zwar zu einer regelmäßigen Renovierung der Mieträume verpflichtete, die Mietvertragsparteien die Erforderlichkeit von Schönheitsreparaturen jedoch zusätzlich von einem tatsächlich vorhandenen Bedarf abhängig machen wollten. Das gründet auf § 7 Nr. 3 S. 2 des Mietvertrags, wonach die Parteien im Hinblick auf das Gewerbe des Mieters davon ausgehen, dass alle drei Jahre Renovierungsbedarf eintreten kann (nicht muss).

     

    Summierungseffekt von Schönheitsreparatur- und Rückgabeklausel

    Der BGH entscheidet die streitentscheidende Frage, ob die Klägerin durch die Übertragung der Schönheitsreparaturen deshalb unangemessen benachteiligt wird, weil sie zusätzlich durch § 12 Nr. 1 des Mietvertrags verpflichtet wird, bei Beendigung des Mietverhältnisses das Mietobjekt in bezugsfertigem Zustand zurückzugeben, wie aus dem Leitsatz ersichtlich.

     

    Mehrere sachlich zusammengehörige Klauseln können im Bereich der Schönheitsreparaturen einen Summierungseffekt auslösen, der wegen unangemessener Benachteiligung zur (Gesamt-)Unwirksamkeit der formularmäßigen Abwälzung der Schönheitsreparaturpflicht auf den Mieter führt. Der BGH (NJW 03, 3192) hat dies angenommen für die kumulative Übertragung von turnusmäßigen Schönheitsreparaturen und Endrenovierungspflicht in einem vom Vermieter verwendeten Formularmietvertrag über Wohnraum, auch wenn beide Klauseln äußerlich nicht in einem einzigen Klauselwerk zusammengefasst sind. Für die Unwirksamkeit der Gesamtregelung genügt es, wenn schon eine der Klauseln für sich gesehen unwirksam ist (BGH MK 03, 116, Abruf-Nr. 031476). Ferner kann ein zur Unwirksamkeit einer Formularklausel führender Summierungseffekt aufgrund des Zusammentreffens zweier - jeweils für sich genommen - unbedenklicher Klauseln auch vorliegen, wenn nur eine der beiden Klauseln formularmäßig, die andere dagegen individuell vereinbart worden ist (BGH MK 06, 122, Abruf-Nr. 061504). Allen Entscheidungen ist gemeinsam, dass dem Mieter neben den laufenden Schönheitsreparaturen auch eine Pflicht zur (Teil-)Endrenovierung übertragen war.

     

    Beachten Sie | Eine Regelung im Formularvertrag, die den Mieter verpflichtet, die Räume unabhängig vom Zeitpunkt der Vornahme der letzten Schönheitsreparaturen bei Vertragsende renoviert zu übergeben, ist wegen unangemessener Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam. Folge: Sowohl die Endrenovierungs- als auch die Schönheitsreparaturklausel ist unwirksam (BGH MK 03, 116, Abruf-Nr. 031476; MK 05, 114, Abruf-Nr. 051468).

     

    Hieran anknüpfend entscheidet der XII. Senat unter argumentativem Rückgriff auf fast schon vergessene ältere Rechtsprechung, dass § 12 Nr. 1 des Mietvertrags keine (versteckte) Endrenovierungsklausel enthält. So begründet der BGH seine Auffassung:

     

    • Nach dem Wortlaut der Vertragsklausel schuldet der Mieter die Rückgabe der Mieträume in bezugsfertigem Zustand. Um diese Verpflichtung zu erfüllen, muss er sie, jedenfalls grundsätzlich, nicht umfassend renovieren. Ausreichend ist vielmehr, wenn er die Mieträume in einem Erhaltungszustand zurückgibt, der es dem Vermieter ermöglicht, einem neuen Mieter die Räume in einem bezugsgeeigneten und vertragsgemäßen Zustand zu überlassen (BGHZ 49, 56; BGH NJW 71, 1839; ZMR 82, 180, 181).

     

    • Nur wenn die Räume diesen Anforderungen nicht genügen, muss der Mieter bei seinem Auszug Renovierungsarbeiten erbringen. So z.B. weil er während der Mietzeit keine Schönheitsreparaturen durchgeführt hat, die letzten Schönheitsreparaturen lange zurückliegen oder sich die Mieträume aufgrund übermäßig starker Abnutzung trotz durchgeführter Schönheitsreparaturen nicht in einem zur Weitervermietung geeigneten Zustand befinden. Dies folgt jedoch bereits aus der Verpflichtung des Mieters, Schönheitsreparaturen durchzuführen, wenn es der Erhaltungszustand der Mieträume erfordert (BGH NJW 91, 2416, 2417).

     

    Eine zusätzliche Belastung soll für den Mieter durch die Regelung, die Mieträume in bezugsfertigem Zustand zurückzugeben, nicht entstehen (a.A. Langenberg, Schönheitsreparaturen, Instandsetzung und Rückbau, 4. Aufl., 1. Teil Rn. 229), wenn auch der Unterschied zu einer Endrenovierungspflicht in der Praxis häufig nur graduell sein dürfte. Im Einzelfall kann zweifelhaft sein, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Mieter bei seinem Auszug Schönheitsinstandsetzungen vornehmen lassen muss, um die Räume in einen bezugsgeeigneten Zustand zu versetzen. Steht aber - wie hier - fest, dass der Mieter in fünfjähriger Mietzeit überhaupt keine Schönheitsreparaturen vorgenommen hat und die Mieträume deshalb zumindest hinsichtlich des Wandanstrichs dringend instandsetzungsbedürftig sind, so kann er sich nicht durch den Auszug seiner während der Vertragszeit vernachlässigten Instandsetzungspflicht entziehen. Er muss dann bei Vertragsende die Kosten aufwenden, die er bei vertragsgemäßem Verhalten schon vorher gehabt hätte.

     

    Beachten Sie | Mit der Klauselkombination Schönheitsreparaturen (mit weicher Frist) und Rückgabe in „bezugsfertigem Zustand“ bewegt sich der Vermieter - anders als bei einer Verbindung von Schönheitsreparatur- und Endrenovierungsklausel - AGB-rechtlich auf sicherem Terrain.

     

    Hier wäre die Klägerin nach § 7 Nr. 3 des Mietvertrags verpflichtet gewesen, den Wandanstrich vorzunehmen. Diese geschuldete Leistung hat sie nicht erbracht (§ 281 Abs. 1 S. 1 BGB). Der BGH geht mit dem OLG davon aus, dass unter den Umständen des Streitfalls gemäß § 281 Abs. 2 BGB eine Leistungsaufforderung und Fristsetzung entbehrlich war. Gleichwohl sollte der Vermieter in der Praxis hierauf nicht verzichten. Nur so kann er die rechtlichen Voraussetzungen des Schadenersatzanspruchs gerichtsfest sicherstellen.

     

    Quelle: Ausgabe 06 / 2014 | Seite 98 | ID 42688984