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  • · Fachbeitrag · Praxisbewertung

    Wie sieht die zeitgemäße Bewertung einer Steuerberaterkanzlei aus?

    von Dipl.-Kfm. Reiner Löbbers, WP StB Rechtsbeistand;externer Berater bei Glawe Köln

    | Wenn es um den Verkauf einer Kanzlei geht, schlägt die Verkäuferseite überwiegend noch mit „branchenüblichen“ Multiplikatoren auf. Die Käuferseite antwortet inzwischen mit knallharten Barwerten (Praxiswerten) aus einer Ertragswertrechnung in Verbindung mit Liquiditäts- und Kapitaldienstrechnungen und Due-Diligence-Checklisten. Doch hinter diesem vordergründigen Kampf der Methoden steckt mehr. Es geht um den fundamentalen Wandel im Steuerberatungsmarkt. |

    Die Rolle des Praxisinhabers bei der Bewertung

    Die Bewertung einer Steuerberaterpraxis war im Grunde immer eine Betrachtung über die Chancen, in Zukunft aus gestiegenen Umsätzen auf der Grundlage einer von fachlich professionell und betriebswirtschaftlich ausgebildeten Managerpersönlichkeiten geführten optimierten Betriebseinheit höhere entnahmefähige Erträge zu erwirtschaften. Die Investition muss sich schlicht und einfach bezahlbar machen. Damit rückt der Praxisinhaber gleich mehrfach in den Mittelpunkt der Bewertung (nicht abschließend):

    • Ein Teil der Umsätze ist vielleicht nur von ihm höchstpersönlich erzielbar (Gutachtentätigkeit, Testamentsvollstreckung).
    • Die besondere Personenbezogenheit erfordert eine Modifikation der reinen Ertragswertmethode mit ewiger Rente in Form einer Verkürzung des Amortisationszeitraums.
    • Die Verminderung der Personenabhängigkeit, wie dies bei Sozietäten, Beteiligungen steigend bei großen und ganz großen Gesellschaften der Fall ist, rechtfertigt hingegen einen längeren Betrachtungszeitraum bis hin zur ewigen Rente.

     

    Die Frage ist jedoch, ob das Merkmal der Personenbezogenheit auch in Zukunft noch diese Rolle spielen wird, wenn sich der Steuerberatungsmarkt weg vom persönlichen Dienstleister hin zu Dienstleistermarken entwickeln wird.

     

    Weiterführender Hinweis

    Kann man noch guten Gewissens Multiplikatorverfahren verwenden?

    Multiplikatorverfahren sind einfach zu handhaben, da man in kurzer Zeit einen groben Anhaltspunkt für den Wert der Praxis erhält. Der Jahresnettoumsatz wird mit einem „branchenüblichen“ Faktor multipliziert. Die Höhe der „branchenüblichen“ Faktoren wird aus den in der Vergangenheit realisierten Veräußerungspreisen bei Praxisverkäufen abgeleitet. Der so ermittelte Praxiswert kann aber nie mehr als ein erster Einstieg in Kaufpreisverhandlungen darstellen.

     

    Zu Recht zählt das IDW daher Multiplikatorverfahren nicht zu den Bewertungsverfahren, sondern stuft es lediglich als vereinfachtes Preisfindungsverfahren ein. Das Umsatzverfahren z. B. unterstellt durch Anwendung des „branchenüblichen“ Multiplikators eine bestimmte „branchenübliche“ Rentabilität und „übliche“ Amortisierbarkeit des Kaufpreises. Das Umsatzverfahren ist daher im Grunde kein eigenständiges Verfahren, sondern ein standardisiertes Ertragswertverfahren. Und auch die Rechtsprechung wendet sich von Multiplikatorverfahren ab (z. B. BGH 9.2.11, XII ZR 40/09).

     

    Weiterführender Hinweis

    • Kann man noch guten Gewissens Multiplikatorverfahren verwenden? (Löbbers, KP 20, Beitrag vom 14.2.20)

    Worin liegt der spezielle Vorteil von Ertragswertverfahren?

    Bei der Ertragswertmethode werden der Nettoüberschuss als Differenz zwischen zukünftig erwartbaren Einnahmen und Ausgaben für die Berechnung herangezogen. Diese prognostizierten Überschüsse werden über einen definierten Zeitraum auf den Gegenwartswert abgezinst. Das theoretische Konzept der Ertragswertrechnung mit einer ewigen Rente für ein „unsterbliches“ Unternehmen gilt überwiegend für kapitalmarktorientierte Unternehmen. Deshalb haben das IDW und auch die BStBK für die Bewertung von KMU, zu denen auch Steuerberatungspraxen zählen, besondere Hinweise gegeben.

     

    Es genügt jedoch nicht, den Ertragswertrechner mit Zahlen zu füllen und das Ergebnis als Kaufpreiswunsch auf den Tisch zu legen. Der wahre Erkenntniswert entsteht durch eine umfassende Due Dilligence, die die gesamte organisatorische Praxiseinheit als zuverlässige und nachhaltige existentielle Erwerbs- und Einkommensquelle mit Blick auf die Interdependenzen bei den Strukturen und Prozessen betrachtet.

     

    Weiterführender Hinweis

    • Worin liegt der spezielle Vorteil von Ertragswertverfahren? (Löbbers, KP 20, Beitrag vom 17.2.20)

    Ermittlung eines laufenden Praxiswerts

    Die Quintessenz kann nur heißen, sich rechtzeitig dieser Entwicklung bewusst zu werden und als Konsequenz daraus aktiv die fachliche und betriebswirtschaftliche Optimierung der Praxis fortlaufend zu prüfen. Als Steuerungsgröße sollte der laufend ermittelte Praxiswert verwendet werden. Er verkörpert die Wertschöpfung der Praxis. Aus der Gegenüberstellung der Jahreswerte sieht der Inhaber die Entwicklung seiner Kanzlei, die er durch effizienz- und produktivitätssteigernde Maßnahmen oder strategische Maßnahmen, wie die Erschließung neuer Geschäftsfelder, beeinflussen kann.

     

    Weiterführender Hinweis

    • Der laufende Praxiswert als Steuergröße für den Kanzleiinhaber (Löbbe, KP 20, Beitrag vom 28.02.20)
    Quelle: ID 46078131

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