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  • · Fachbeitrag · Formelle Wirksamkeit

    Betriebskostenabrechnungen in großen Wohnanlagen

    | Ist der Vermieter Eigentümer einer Wohnung in einer größeren Wohnungseigentumsanlage, ist er für die Aufstellung der Betriebskostenabrechnung auf die Zuarbeit der Hausverwaltung angewiesen. Umso größer die Anlage, umso schwieriger fällt dabei auch die Nachprüfung. Eine aktuelle Entscheidung des BGH zeigt, dass die Anforderungen an die formelle Wirksamkeit der Abrechnung nicht überspannt werden dürfen. |

     

    Sachverhalt

    Die Beklagten sind Mieter einer Wohnung der Klägerin, die sich in einer größeren Gesamtanlage (Wohn- und Gewerbeeinheiten) befindet. Die Betriebskostenabrechnungen der Klägerin für 2014 und 2015 sowie die Heizkostenabrechnung für 2015 weisen im Ergebnis Nachforderungen über 1.100 EUR aus. Die auf Zahlung dieses Betrags nebst Zinsen gerichtete Klage hatte vor dem AG und dem LG keinen Erfolg. Sie haben die Nebenkostenabrechnung für formell nicht hinreichend transparent erachtet. Auf die zugelassene Revision hat der BGH dies zurückgewiesen und die maßgeblichen Aspekte aufgezeigt.

     

    Entscheidungsgründe

    Der BGH setzt die Mindestanforderungen an eine Betriebskostenabrechnung in sehr großen Wohnanlagen niedriger an:

     

    • Leitsatz: BGH 29.1.20, VIII ZR 244/18
    • 1. Auf formeller Ebene genügt in einer Betriebskostenabrechnung die jeweilige Angabe der Gesamtfläche, die den nach dem Flächenmaßstab abgerechneten Betriebskostenpositionen zugrunde gelegt worden ist. Eine Aufschlüsselung der Gesamtflächen für verschiedene gebildete Abrechnungskreise ist nicht erforderlich.
    • 2. Informationen dazu, aus welchen einzelnen Gebäudeteilen oder Hausnummern sich die jeweils zugrunde gelegte Wirtschaftseinheit zusammensetzt, gehören nicht zu den Mindestanforderungen an eine Betriebskostenabrechnung.

    (Abruf-Nr. 214667)

     

     

    Der BGH hat die abweisende Begründung des LG nicht bestätigt. Die Abrechnungen der Klägerin sind formell wirksam.

     

    Nach der Rechtsprechung des BGH genügt eine Betriebskostenabrechnung den an sie in formeller Hinsicht zu stellenden Anforderungen, wenn sie den allgemeinen Anforderungen des § 259 BGB entspricht, also eine geordnete Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben enthält. Soweit keine besonderen Abreden getroffen sind, sind in die Abrechnung bei Gebäuden mit mehreren Wohneinheiten (st. Rspr.: BGH NJW 16, 866; WuM 10, 627; NZM 09, 78; NJW 08, 2260) regelmäßig folgende Mindestangaben aufzunehmen: eine Zusammenstellung der Gesamtkosten, die Angabe und Erläuterung der zugrunde gelegten Verteilerschlüssel, die Berechnung des Anteils des Mieters und der Abzug der geleisteten Vorauszahlungen.

     

    Beachten Sie | Dabei ist eine Erläuterung des angewandten Verteilungsmaßstabs (Umlageschlüssel) nur geboten, wenn dies zum Verständnis der Abrechnung erforderlich ist (BGH NJW 10, 3363; MDR 09, 196).

     

    Die Klägerin hatte hier für die einzelnen Betriebskostenarten jeweils in der ersten Spalte die Gesamtkosten (nach dem umzulegenden Betrag) benannt. Soweit sie hiervon bei der weiteren Abrechnung nicht den gesamten Betrag umgelegt hat, hat sie den damit vorgenommenen Vorwegabzug in den jeweils beigefügten Anlagen erläutert. Das genügte dem BGH. Im Umlageschlüssel (Flächenmaßstab) waren jeweils die Gesamtflächen und die Wohnfläche der Wohnung der Beklagten angegeben. Hieraus errechnete sich jeweils der Anteil der Beklagten. Auch das genügt dem BGH in formeller Hinsicht. Letztlich waren die Vorauszahlungen der Beklagten zutreffend berücksichtigt. Damit erfüllten die Abrechnungen die formellen Anforderungen.

     

    Soweit die Vorinstanzen Bedenken wegen der unzureichenden Erläuterung der „Fläche“ hatten, teilt der BGH diese nicht. Der Verteilungsmaßstab „Fläche“ sei aus sich heraus verständlich. Etwas anderes gilt auch nicht etwa, weil die Klägerin bei ihrer Abrechnung verschiedene Gesamtflächen zugrunde gelegt hat, nämlich bei einigen Positionen die Gesamtfläche der mehrere Gebäude umfassenden Gesamtanlage, während bei anderen Positionen kleinere „Abrechnungskreise“ (etwa einzelne Gebäude) gebildet und dementsprechend kleinere Gesamtflächen zugrunde gelegt wurden. Auch insoweit genügt auf der formellen Ebene die jeweilige Angabe der Gesamtfläche, die den nach dem Flächenmaßstab abgerechneten Betriebskostenpositionen zugrunde gelegt worden ist. Aus welchen einzelnen Gebäudeteilen oder Hausnummern sich die jeweils zugrunde gelegte Wirtschaftseinheit zusammensetzt, gehört nicht zu den Mindestanforderungen an eine Betriebskostenabrechnung, deren Verletzung die Abrechnung formell unwirksam macht (BGH WuM 12, 405).

     

    Der Einwand, die Vermieterin sei vom vereinbarten Umlageschlüssel abgewichen bzw. sie sei nach dem Mietvertrag nicht zur Zusammenfassung der Gesamtanlage zu einer Wirtschaftseinheit berechtigt gewesen, bleibt in formeller Hinsicht unerheblich. Dieser Einwand betrifft allenfalls die materielle Richtigkeit der Abrechnung, nicht aber deren formelle Ordnungsgemäßheit.

     

    Bei Heizkostenabrechnungen liegt kein formeller Abrechnungsfehler darin, dass Verbrauchsabweichungen gegenüber den in früheren Abrechnungen gemessenen Verbrauchsmengen nicht erläutert werden (BGH NJW 08, 2260). Wurde in einer Abrechnung eine zu hohe Verbrauchsmenge zugrunde gelegt, handelt es sich um eine Frage der materiellen Richtigkeit der Abrechnung.

     

    Relevanz für die Praxis

    Ist die Betriebskostenabrechnung danach formell nicht zu beanstanden, ist der Weg zur materiellen Prüfung eröffnet. Diese trägt ein viel höheres Risiko für den Mieter in sich, weil die meist notwendige sachverständige Begutachtung mit einem hohen Kostenaufwand verbunden ist. Das lässt dann die Tür zu einer gütlichen Einigung offen. An dieser sollte ‒ prozessual im Wege der Streitverkündung ‒ die Hausverwaltung beteiligt werden, da sie letztlich die Grundlagen für die Betriebskostenabrechnung aufbereiten muss.

    Quelle: Ausgabe 07 / 2020 | Seite 115 | ID 46561833