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  • 09.07.2024 · IWW-Abrufnummer 242582

    Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht: Urteil vom 01.03.2024 – 19 U 25/24

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Oberlandesgericht Schleswig

    Urteil vom 01.03.2024


    Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Kiel vom 23. März 2023, Az. 6 O 249/22, wie folgt abgeändert:

    Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 29.750,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 12. November 2021 zu zahlen.

    Die Beklagten haben als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

    Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

    Beschluss

    Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 29.750,00 € festgesetzt.

    Gründe

    I.

    1
    Die Klägerin macht gegenüber den Beklagten Forderungen aus Maklerverträgen geltend.

    2
    Die Klägerin schloss mit dem damaligen Eigentümer eines ungeteilten Zweifamilienhauses am 9. Juli 2020 einen Maklervertrag, demzufolge sie nach einem Käufer für das Haus mit zwei getrennten, etwa gleich großen Wohneinheiten in der X-straße 50 in Y suchen sollte. Für den Auftraggeber sollten keine Kosten und keine Courtage anfallen. Die Beklagten kontaktierten die Klägerin aufgrund eines Inserates über das Haus und schlossen im Frühjahr 2021 jeweils mit ihr einen Maklervertrag ab, in dem sie sich verpflichteten, im Falle des Abschlusses eines Kaufvertrages an die Klägerin eine Courtage in Höhe von 2,975 % (inkl. Mehrwertsteuer) des Kaufpreises zu zahlen. Am 11. Juni 2021 erwarben die Beklagten und ihre jeweiligen Partner als Käufer I und Käufer II das Objekt im Rahmen eines "Kaufvertrages über Wohnungseigentumsrechte". In § 1 Nr. 3 Satz 1 jenes Vertrages heißt es, das Grundstück sei mit einem Zweifamilienhaus bebaut. Der Vertrag stand gemäß § 1 Nr. 4 unter der aufschiebenden Bedingung, dass der Verkäufer das Zweifamilienhaus in Wohnungseigentum aufteile. Es wurde ein Kaufpreis in Höhe von 1.040.000,00 € vereinbart, wobei dieser sich dergestalt aufteilte, dass Käufer I und Käufer II jeweils für eine Wohnung 520.000,00 € zahlen sollten (§ 2 Nr. 1 Satz 1 und 2). Unter § 12 des Kaufvertrages wurde zugunsten der Klägerin eine Maklerklausel aufgenommen.

    3
    In der Folgezeit wurde das Zweifamilienhaus wie beabsichtigt geteilt.

    4
    Auf die entsprechenden Rechnungen der Klägerin lehnten die Beklagten mit anwaltlichem Schreiben vom 11. November 2021 die Zahlung einer Courtage unter Hinweis darauf ab, dass sie kein Mehrfamilienhaus, sondern zwei voneinander getrennte Eigentumswohnungen erworben hätten. Mangels hälftiger Teilung der Provision zwischen Verkäufer- und Käuferseite seien die Maklerverträge unwirksam, § 656c BGB.

    5
    Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,

    6
    die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an sie 29.750,00 € nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 12. November 2021 zu zahlen.

    7
    Die Beklagten haben beantragt,

    8
    die Klage abzuweisen.

    9
    Das Landgericht, auf dessen Urteil hinsichtlich der weiteren Einzelheiten gemäß § 540 Abs. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat die Klage abgewiesen. Die Maklerverträge seien unwirksam nach § 656c Abs. 2 Satz 1 BGB, da Vermittlungsgegenstand jeweils eine Wohnung i.S.d. § 656c Abs. 1 BGB gewesen sei. Bei Abschluss des Maklervertrages habe es sich bei dem Anwesen zwar um ein Zweifamilienhaus gehandelt, der Kaufvertrag sei aber erst wirksam geworden, als das Zweifamilienhaus in Wohnungseigentum aufgeteilt worden war. Abzustellen sei auf den Erwerbszweck der Käufer, die gerade kein Mehrfamilienhaus, sondern jeweils eine eigenständige Wohneinheit hätten erwerben wollen. Der Maklervertrag unterfalle daher dem Anwendungsbereich des § 656c BGB. Es liege ein Verstoß gegen den darin normierten Halbteilungsgrundsatz vor, der dazu führe, dass der Klägerin kein Courtageanspruch zustehe.

    10
    Mit der Berufung rügt die Klägerin zunächst, die Kammer sei fälschlicherweise von der Anwendbarkeit des neuen Rechts ausgegangen; dieses gelte nur, wenn beide (Makler-)Verträge nach dem 23. Dezember 2020 geschlossen worden seien. Zudem sei die Frage nach dem sachlichen Anwendungsbereich der Normen objektiv ex ante und gerade nicht subjektiv nach dem Erwerbszweck des Käufers zu bestimmen, zumal es bei Anlegung subjektiver Kriterien an einem geeigneten Beurteilungszeitpunkt fehle. Stellte man bei der Bestimmung des Erwerbszweckes auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses oder der Erbringung der Maklerleistung ab, sei der subjektive Nutzungswunsch des Erwerbers für den Makler in der Regel nicht erkennbar und daher nach dem Rechtsgedanken des § 116 BGB als geheimer Vorbehalt unbeachtlich. Wenn man - wie die Kammer - auf den Zeitpunkt des Hauptvertragsabschlusses abstellte, werde der Makler unbillig benachteiligt. Er habe zu diesem Zeitpunkt seine Maklerleistung bereits erbracht; da ihm im Beurkundungstermin kein Anwesenheitsrecht zustehe, könne der Käufer sogar in Unkenntnis des Maklers dessen Provision zu Fall bringen, indem er seinen subjektiven Erwerbswunsch in die Urkunde mit aufnähme. Zu guter Letzt habe die Kammer übersehen, dass der Klägerin auch aus der beurkundeten Maklerklausel ein eigener Anspruch aus § 328 BGB zustehe.

    11
    Die Klägerin beantragt,

    12
    das Urteil des Landgerichts Kiel vom 23. März 2023 zu Az. 6 O 249/22 dahingehend abzuändern, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verurteilt werden, an die Klägerin 29.750,00 EUR nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 12. November 2021 zu zahlen.

    13
    Die Beklagten beantragen,

    14
    die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

    15
    Die Beklagten verteidigen das erstinstanzliche Urteil. Maßgeblich für die Einordnung des Objekts als "Wohnung" oder "Einfamilienhaus" sei der Erwerbszweck der Käufer. Dieser sei der Klägerin bekannt gewesen und habe auch Ausdruck in dem notariellen Kaufvertrag gefunden.

    16
    Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung vom 9. Februar 2024 die Beklagten persönlich angehört. Bezüglich des Ergebnisses der Anhörung wird auf das Protokoll verwiesen. Hinsichtlich der Einzelheiten des Parteivorbringens im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

    II.

    17
    Die zulässige Berufung der Klägerin hat Erfolg und führt zu einer Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung. Anders als es das Landgericht gesehen hat, steht der Klägerin gegen die Beklagten ein Anspruch auf Zahlung der vereinbarten Maklercourtage zu.

    18
    Die Beklagten haben mit der Klägerin jeweils einen Maklervertrag i.S.d. § 652 Abs. 1 BGB geschlossen, der nicht unwirksam ist (dazu unter 1.). Die Beklagten haben den Vertrag auch weder wirksam widerrufen noch stellt sich das Provisionsverlangen der Klägerin als treuwidrig dar (dazu unter 2.). Die Beklagten haften als Gesamtschuldner und auch für die begehrten Nebenforderungen (dazu unter 3.).

    1.

    19
    Unstreitig haben die Beklagten zu 1) und 2) jeweils mit der Klägerin einen Maklervertrag geschlossen. Diese Verträge sind entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht unwirksam gemäß § 656c Abs. 2 Satz 1 BGB, denn der in Rede stehende Kaufvertrag über das Grundstück in Y hat keine Wohnung und kein Einfamilienhaus zum Gegenstand, sondern ein Zweifamilienhaus, für das der Halbteilungsgrundsatz des § 656c Abs. 1 BGB nicht gilt.

    a.

    20
    In zeitlicher Hinsicht ist der Anwendungsbereich des § 656c BGB allerdings eröffnet.

    21
    Die §§ 656a ff. BGB wurden mit dem Gesetz über die Verteilung der Maklerkosten bei der Vermittlung von Kaufverträge über Wohnungen und Einfamilienhäuser vom 12. Juni 2020 (BT Drucks. 19/15827) mit Wirkung vom 23. Dezember 2020 ins BGB eingefügt. In Art. 229 § 53 EGBGB heißt es, dass das alte Recht auf Rechtsverhältnisse anzuwenden sei, die vor dem 23. Dezember 2020 entstanden sind. Hier liegt zwar der Vertragsschluss mit dem Verkäufer des Grundstücks vor, die - hier allein streitentscheidenden - Vertragsschlüsse mit den Käufern liegen jedoch nach dem Stichtag. Damit unterfallen sie zeitlich dem Geltungsbereich der §§ 656a ff. BGB (ebenso Fischer: "Die Verteilung der Maklerkosten bei der Vermittlung von Kaufverträgen über Wohnimmobilien" in NJW 2020, 3553 (3557 f.); Würdinger in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 10. Aufl., § 656a BGB Rn. 7; ebenfalls: LG Tübingen, Urteil vom 7. Juli 2022, Az.: 7 O 71/22 unter Verweis auf den Wortlaut "Rechtsverhältnisse" im Plural).

    22
    Soweit Götz (in Grüneberg, EGBGB, 82. Aufl. 2023, Art. 229 § 53 Rn. 1) - allerdings ohne Begründung - die Auffassung vertritt, dass § 656c BGB nur gelte, wenn beide Verträge nach dem Stichtag geschlossen worden sind, und die Klägerin meint, die Rechtsprechung des BGH zu Art. 170 BGB (sie zitiert BGH, Beschluss vom 19. März 2019, Az.: XI ZR 44/18) streite ebenfalls für ein solches Verständnis, überzeugt dies nicht. Es geht nicht etwa um die Situation, dass rückwirkend der erste Maklervertrag "mit dem neuen Recht infiziert" werden soll (vgl. Wistokat, in NZM 2021, 905 (915) mit dem Gedanken des Art. 170 EGBGB zum intertemporalen Kollisionsrecht dahingehend argumentierend, dass beide Verträge nach dem Stichtag liegen müssten), sondern allein darum, auf die in 2021 abgeschlossenen Verträge das zu jenem Zeitpunkt geltende Recht anzuwenden. Ein Fall der Rückwirkung liegt gerade nicht vor. Auch das Telos des Gesetzes - insbesondere der Schutz des Käufers vor der "Ausnutzung einer faktischen Zwangslage" durch Einführung des Halbteilungsgrundsatzes und Stärkung der Möglichkeiten zur Bildung von Wohneigentum (BT Drucks. 19/15827, S. 1) - spricht für einen weit zu bemessenden zeitlichen Anwendungsbereich. Dadurch werden die betroffenen Makler auch nicht unangemessen benachteiligt, zumal der Gesetzgeber ihnen durch eine halbjährige Übergangsfrist vor Inkrafttreten des Gesetzes ausreichend Gelegenheit gegeben hat, ihren Geschäftsablauf den neuen Vorschriften anzupassen (BT Drucks. 19/15827, S. 20).

    b.

    23
    In formaler Hinsicht wahren die Verträge die Textform (§ 656a BGB). Auch unterfallen die Kläger als Verbraucher nach § 656b BGB dem persönlichen Anwendungsbereich des § 656c BGB. Dessen Voraussetzungen liegen jedoch in sachlicher Hinsicht nicht vor.

    24
    Der in Rede stehende Kaufvertrag hat keine Wohnung und kein Einfamilienhaus zum Gegenstand, was Voraussetzung für eine Unwirksamkeit des Maklervertrages wegen Verstoßes gegen den Halbteilungsgrundsatz wäre, § 656c Abs. 2 Satz 1 BGB.

    25
    Nach § 656c Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB kann der Makler sich von beiden Parteien eines Kaufvertrags über eine Wohnung oder ein Einfamilienhaus einen Maklerlohn nur in der Weise versprechen lassen, dass sich die Parteien in gleicher Höhe verpflichten. Vereinbart der Makler mit einer Partei des Kaufvertrags, dass er für diese unentgeltlich tätig wird, kann er sich auch von der anderen Partei keinen Maklerlohn versprechen lassen.

    26
    Die Begriffe der "Wohnung" bzw. des "Einfamilienhauses" in § 656c BGB werden entsprechend dem Verständnis zu § 656a BGB interpretiert (MüKoBGB/Althammer, 9. Aufl. 2023, BGB § 656c Rn. 9), so dass hier wie dort unter einer "Wohnung" eine Zusammenfassung von Räumen, welche zu Wohnzwecken bestimmt sind, zu verstehen ist. Hierunter fallen etwa das Wohnungseigentum nach § 1 Abs. 2 WEG, Wohnungserbbaurechte nach § 30 WEG und Dauerwohnrechte nach § 31 Abs. 1 Satz 1 WEG. Als Einfamilienhaus ist ein Gebäude anzusehen, welches primär zu Wohnzwecken von Personen bestimmt ist, die einem einzelnen Haushalt angehören (je: BT Drucks. 19/15827, S. 18). Auf dessen Größe bzw. die Werthaltigkeit der Bauausführung und Einrichtung kommt es dabei nicht an, soweit der Maßstab der Verkehrsanschauung nicht gravierend verlassen wird. Dass neben der Haushaltsgemeinschaft in dem Objekt noch eine weitere Wohnung untergeordneter Bedeutung existiert (Einliegerwohnung), ist kein Hindernis für die Anwendung der Vorschrift. Auf eine Doppelhaushälfte ist § 656a BGB anwendbar (zur Begrifflichkeit: MüKoBGB/Althammer, 9. Aufl. 2023, BGB § 656a Rn. 4).

    27
    Umstritten ist allerdings, nach welchen Kriterien die Unterscheidung konkret vorgenommen werden soll. Während nach einer Auffassung der Begriff der "Wohnung" bzw. des "Einfamilienhauses" objektiv und ex ante zu bestimmen ist (vgl. LG Wuppertal, Urteil vom 15. August 2023, Az.: 4 O 376/22; Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 22. März 2023, Az.: 2-15 O 26/22; Meier, ZfIR 2020, 765 (768); Wistokat in NZM 2021, 585 (595); ders. in NZM 2021, 905 (907); ders. in NJW 2023, 3065 (3065)), stellt die Gegenansicht (vgl. Fischer in NJW 2020, 3553 (3554); MüKoBGB/Althammer, 9. Aufl. 2023, BGB § 656a Rn. 8; BeckOK BGB/Kneller, 68. Ed. 1.11.2023, BGB § 656a Rn. 3; Würdinger in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 10. Aufl., § 656a BGB Rn. 5) den Erwerbszweck der Käufer in den Vordergrund.

    28
    Die den Erwerbszweck betonende subjektive Theorie führt für sich den Schutzzweck der Normen, hier insbesondere die Verhinderung der Ausnutzung einer Zwangslage beim Käufer, ins Feld. Das Schutzbedürfnis sei bei einer "klassischen" vierköpfigen Familie, die Eigentum für sich selbst erwerben möchte, identisch mit demjenigen einer in einem Haushalt lebenden mehrköpfigen Familie. Werde für eine kinderreiche Familie ein Zwei- oder Mehrfamilienhaus erworben, um es als Einfamilienhaus zu nutzen, sei daher die Immobilie als Einfamilienhaus zu betrachten (vgl. Fischer in: Erman BGB, Kommentar, 17. Aufl. 2023, Vorbemerkung vor § 656a Rn. 8). Eine unbillige Härte für Makler stelle dieses Verständnis nicht dar, da die Makler durch die Änderung der Rechtslage gerade hätten in die Pflicht genommen werden sollen, ihre Geschäftspraktiken anzupassen. Dafür habe der Gesetzgeber eine angemessene Übergangsfrist eingeräumt (s. BT Drucks. 19/15827, S. 20).

    29
    Die Kammer hat zudem betont, dass der Klägerin der Erwerbszweck der Beklagten vorher auch bekannt, jedenfalls erkennbar, gewesen sei. Dieser habe sich im Kaufvertrag niedergeschlagen, auf den - und nicht den Maklervertrag - zur Einordnung des vermakelten Objektes mit dem Wortlaut der §§ 656a, 656c BGB abzustellen sei. Da der Kaufvertrag unter der aufschiebenden Bedingung der Teilung des Zweifamilienhauses in zwei Einheiten nach dem Wohnungseigentumsgesetz stehe, handele es sich bei dem Vertragsgegenstand letztlich um zwei Einfamilienhäuser, von denen Käuferpaar I und Käuferpaar II jeweils eines für sich erworben haben.

    30
    Dem kann der Senat nicht beitreten. Die besseren, weil praktisch handhabbaren, Argumente sprechen für eine Einordnung des Kaufgegenstandes nach objektiven Kriterien (dazu unter i.). Hinzu kommt, dass es sich in der hier zu entscheidenden Situation auch nicht um diejenige handelt, die klassischerweise in der Literatur mit Blick auf den Schutz kinderreicher Familien bemüht wird, sondern jedenfalls aufgrund der Konstruktion des aufschiebend bedingt geschlossenen Kaufvertrages eine vertragliche Sondersituation vorliegt (dazu unter ii.).

    (i.)

    31
    Für eine Abgrenzung der Begriffe "Wohnung" und "Einfamilienhaus" gegenüber dem "Mehrfamilienhaus" nach objektiven Kriterien spricht insbesondere die Rechtssicherheit. Nur eine solche trägt dem praktischen Bedürfnis nach Rechtsklarheit Rechnung und vermeidet Wertungswidersprüche. Damit dient sie dem Ziel des Gesetzgebers, durch Schaffung von bundeseinheitlich verbindlichen Regelungen Transparenz, Sicherheit und eine klare Vertragsgrundlage für die Courtage herzustellen (vgl. BT Drucks. 19/15827, S. 1). Eine Abgrenzung nach subjektiven Kriterien diente dagegen auch nur scheinbar dem Verbraucherschutz und führte zu Rechtsunsicherheiten:

    32
    In Fällen wie dem vorliegenden, in dem der Makler von der Verkäuferseite mit der Vermarktung einer Immobilie beauftragt wird, wäre es ihm zuverlässig erst nach deren Beginn, nämlich nach Mitteilung der jeweiligen Erwerbszwecke von Käuferinteressenten, möglich, das Kaufobjekt als Ein- oder Mehrfamilienhaus zu qualifizieren. Ein und dieselbe Immobilie könnte gegenüber dem einen Interessenten als Mehrfamilienhaus zu betrachten sein, gegenüber dem anderen als Einfamilienhaus, mit der Folge, dass unterschiedliche Normen Anwendung fänden. Der Vertrag mit dem Verkäufer ist in dieser Konstellation aber bereits geschlossen worden. Wistokat (in NJW, a.a.O.) weist darauf hin, dass auch der Verkäufer in seinem Recht auf Provisionsfreiheit verletzt wäre, wenn er objektiv ein Mehrfamilienhaus verkauft, das der Käufer jedoch subjektiv als Einfamilienhaus nutzen will. Um sicherzustellen, dass er nicht ganz auf seine Courtage wird verzichten müssen, müsste der Makler in derartigen Situationen beide Kaufvertragsparteien mit einer Courtage belasten. Soll es bei der Provisionsfreiheit für den Verkäufer bleiben, müsste alternativ aus mehreren Interessenten mit unterschiedlichen Interessenlagen derjenige bevorzugt werden, der nicht unter die Vorschriften der §§ 656a ff. BGB fällt. Ein Gewinn für den Verbraucherschutz läge darin de facto nicht. Abgesehen davon ist es durchaus denkbar, dass sich Lebenssituationen und -planungen auf Käuferseite im Laufe der sich zuweilen über einen gewissen Zeitraum hinweg ziehenden Verhandlungen verändern und früher oder später zu anderen Erwerbszwecken führen können. Subjektive Kriterien sind daher wenig verlässlich.

    33
    Insofern kann es dahinstehen, ob der Klägerin die Erwerbszwecke der Beklagten bereits frühzeitig bekannt waren, sie die Teilung des Zweifamilienhauses noch forciert hat und ob sie - wie beklagtenseits behauptet - den tätig gewordenen Notar ausgesucht hat, denn auf ihre subjektive Zielsetzung kann es von vorneherein nicht ankommen. Es ist daher zwar in der Sache denkbar, aber für die Beurteilung der hier in Rede stehenden Rechtsfrage unerheblich, wenn die Beklagten mitteilen, sie hätten das Objekt ohne Teilung nicht erworben.

    (ii.)

    34
    Hinzu kommt, dass es sich hier um eine vertragliche Sondersituation handelt, die ebenfalls gegen die Anwendbarkeit des § 656c BGB spricht. Bei den Beklagten handelt es sich gerade nicht um eine vielköpfige Familie, die ein Mehrfamilienhaus als Einfamilienhaus nutzen möchte und daher keine schlechtere Behandlung gegenüber einer "klassischen" drei- bis vierköpfigen Familie verdient hat; die Beklagten hatten vielmehr die Intention, aus einem Zweifamilienhaus zwei getrennte Wohneinheiten für zwei unterschiedliche Familien zu generieren. Wenngleich ohnehin maßgeblich auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Maklervertrages abzustellen ist (s.o. unter i.), sich insbesondere aus dem Wortlaut der §§ 656a, 656c BGB nichts anderes ergibt (vgl. BeckOGK/Meier, 15.1.2024, BGB § 656a Rn. 13, 13.1), zeichnete sich vorliegend auch aus dem Kaufvertrag kein anderes Bild. Vielmehr spiegelt sich der Umstand, dass Kaufgegenstand das inserierte Zweifamilienhaus war, auch in dem konkreten Kaufvertrag nieder:

    35
    So ist der Kaufvertrag zwar überschrieben als "Kaufvertrag über Wohnungseigentumsrechte", allerdings ist das zu veräußernde Grundstück nach § 1 Nr. 3 bebaut mit einem "Zweifamilienhaus und Scheune". Der Kaufpreis ist in § 2 Nr. 1 Satz 1 des Vertrages mit 1.040.000,00 € ausgewiesen, der sich auf die beiden zu bildenden Wohnungen nach WEG "aufteilt" auf zweimal 520.000,00 € (Satz 2). Der Eigentumsübergang hinsichtlich mitverkaufter Gegenstände stand unter der aufschiebenden Bedingung der vollständigen Kaufpreiszahlung, § 2 Nr. 1 Satz 5 des Vertrages. Der Verkäufer erteilte den Käufern Vollmacht, alle Erklärungen abzugeben, die zur Eintragung von Kreditsicherheiten auf den gesamten Kaufgegenstand erforderlich waren, § 7 Nr. 4 des Vertrages. Die Kosten für die Erstellung der Abgeschlossenheitsbescheinigung sowie der Teilungserklärung trugen die Käufer, § 11 des Vertrages. All dies macht deutlich, dass Gegenstand des Kaufvertrages das Gebäude in seiner Gesamtheit war. Weder wäre es danach etwa dem einen Käuferpaar möglich gewesen, isoliert Gestaltungsrechte auszuüben, noch wäre eine (Teil-)Übereignung bei Kaufpreiszahlung nur durch ein Käuferpaar denkbar gewesen.

    36
    Daran ändert weder der Umstand etwas, dass der Kaufvertrag unter der aufschiebenden Bedingung der vollzogenen Teilung stand, noch, dass nunmehr - nach Teilung - beide Haushälften isoliert voneinander veräußert oder beliehen werden könnten. Im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages bildete das Haus nach wie vor eine rechtliche Einheit. Davon zu trennen ist die Frage danach, wann - unter welcher Bedingung - er wirksam werden sollte und wie sich die Wohneinheiten mit welchen Folgen zum jetzigen Zeitpunkt darstellen.

    2.

    37
    Die Beklagten haben den Vertrag auch nicht wirksam nach §§ 312b, 356 BGB widerrufen.

    38
    Zwar hat die Klägerin in ihren E-Mails vom 8. März 2021 (Anlage B2) unzutreffender Weise erklärt, dass sie "mit dem Verkäufer in gleicher Angelegenheit ebenfalls eine Maklerprovision in vorgenannter Höhe vereinbart" habe. Anders als die Beklagten meinen, ergibt sich daraus aber nicht, dass die Widerrufserklärung falsch wäre und die Widerrufsfrist nach § 356 Abs. 3 Satz 1 BGB nicht zu laufen begonnen hätte. Die nach § 356 BGB erforderlichen Angaben nach Artikel 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, Artikel 246b § 2 Abs. 1 EGBGB hat die Klägerin mit ihrem Dokument erfüllt. Der unrichtige Hinweis auf die Provisionsvereinbarung mit der Käuferseite befindet sich zwar in derselben E-Mail wie die Widerrufsbelehrung, allerdings räumlich - durch Absätze und neue Überschriften - deutlich abgegrenzt. Es ist dem Senat nicht ersichtlich, weshalb durch diese wenngleich falsche Information bezüglich des Vertrags zwischen Verkäuferseite und Klägerin der Inhalt der an die Beklagten gerichteten Widerrufsbelehrung falsch oder unzureichend werden und sich daraus ein Widerrufsrecht herleiten lassen sollte.

    39
    Das Provisionsverlangen der Klägerin stellt sich auch nicht als treuwidrig dar, § 242 BGB. Eine Treuwidrigkeit ergibt sich insbesondere nicht unter dem Gesichtspunkt des Verbots des venire contra factum proprium dergestalt, dass die Klägerin mitteilte, mit dem Verkäufer des Hauses ebenfalls eine Provisionsvereinbarung geschlossen zu haben. Diese Falschinformation mag die Beklagtenseite, wie dem Senat deutlich wurde, verärgert haben, sie war aber nicht geeignet, Vertrauen in eine eigene Provisionsfreiheit zu begründen. Vielmehr wäre doch in dem Fall, in dem der Hinweis zutreffend gewesen wäre, die Provision von beiden Seiten zu zahlen gewesen, hätte also an der Provisionspflicht der Käuferseite gerade nichts geändert.

    40
    Da die Klägerin ihren Courtageanspruch bereits aus den geschlossenen Maklerverträgen verlangen kann, kommt es auf den hilfsweise geltend gemachten Anspruch aus der - deklaratorischen - Maklerklausel, § 12 des Maklervertrages, nicht mehr an. Wäre der Vertrag wegen Verstoßes gegen den Halbteilungsgrundsatz unwirksam gewesen, spricht allerdings vieles dafür, dass eine Maklerklausel dasselbe Schicksal ereilt hätte (zur unzulässigen Umgehung vgl. auch MüKoBGB/Althammer BGB § 656c Rn. 17).

    3.

    41
    Die Beklagten haften als Gesamtschuldner, § 426 BGB. Dies ergibt sich zum einen daraus, dass sich die Courtageabreden in den Maklerverträgen jeweils auf das Gesamtobjekt und damit den Gesamtkaufpreis bezogen, zudem aus § 12 Satz 2 des Kaufvertrages.

    42
    Ab dem Zeitpunkt der endgültigen und ernsthaften Erfüllungsverweigerung in Gestalt des Schreibens vom 11. November 2021 der außergerichtlichen Bevollmächtigten der Beklagten befanden sich diese auch in Verzug, §§ 280 Abs. 1, 2, 286 Abs. 2 Nr. 3, 288 BGB.

    43
    Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1 und 2 ZPO.

    44
    Die Revision war zuzulassen, weil die Sache grundsätzliche Bedeutung hat, § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Frage, ob die Begriffe der "Wohnung" bzw. des "Einfamilienhauses" aus §§ 656a ff. BGB rein nach objektiven oder aber auch nach subjektiven Kriterien auszulegen sind, ist in der Literatur sowie in der erstinstanzlichen Rechtsprechung umstritten. Obergerichtliche Rechtsprechung existiert bis dato nicht.

    RechtsgebietMaklerrechtVorschriften§§ 656a, 656c BGB