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  • 21.08.2023 · IWW-Abrufnummer 236932

    Oberlandesgericht Saarbrücken: Urteil vom 26.05.2023 – 3 U 20/23

    1. Die gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB erforderlichen Kosten für einen Mietwagen können im Rahmen des § 287 ZPO auf Grundlage des Fraunhofer-Mietpreisspiegels zzgl. eines 15%igen Aufschlags (Normaltarif) geschätzt werden.

    2. Mietet der Geschädigte ein Ersatzfahrzeug zu einem darüber liegenden Preis an, kann er den ihm zugänglichen Normaltarif für Selbstfahrervermietfahrzeuge selbst dann verlangen, wenn es sich bei dem angemieteten Fahrzeug um ein Werkstattersatzfahrzeug handelt.


    Oberlandesgericht Saarbrücken

    Urteil vom 26.05.2023

    3 U 20/23

    Tenor:
    I.
    Die Berufung der Beklagten wird verworfen, soweit sie sich gegen die Drittwiderklägerin und die Drittwiderbeklagten richtet.

    II.
    Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 16.9.2022 - 5 O 93/21 - unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

    "Die Beklagten werden unter Abweisung der Klage im Übrigen gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Kläger 5.613,61 € sowie vorgerichtliche Anwaltskosten von 513,60 €, jeweils nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6.5.2021 zu zahlen.

    Die Drittwiderklage wird abgewiesen."

    III.
    Die Gerichtskosten der ersten Instanz tragen die Beklagten als Gesamtschuldner zu 44% und die Drittwiderklägerin zu 56%. Die Beklagten als Gesamtschuldner tragen die außergerichtlichen Kosten des Klägers. Die Drittwiderklägerin trägt die außergerichtlichen Kosten der Drittwiderbeklagten. Im Übrigen trägt jede Partei ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

    Die Gerichtskosten der zweiten Instanz tragen die Beklagten als Gesamtschuldner zu 85% und der Kläger zu 15%. Die außergerichtlichen Kosten des Klägers tragen die Beklagten als Gesamtschuldner zu 55%. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten trägt der Kläger zu 45%. Die außergerichtlichen Kosten der Drittwiderklägerin und der Drittwiderbeklagten tragen die Beklagten. Im Übrigen trägt jede Partei ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

    IV.
    Dieses Urteil und das angefochtene Urteil des Landgerichts Saarbrücken sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

    V.
    Die Revision wird nicht zugelassen.VI. Der Streitwert für das Verfahren erster Instanz wird in Abänderung der Streitwertfestsetzung im Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 16.9.2022 auf 13.516,39 € festgesetzt.

    Gründe

    I.
    Die Parteien streiten um restliche Schadensersatzansprüche aus einem Unfallereignis, das sich am 3.4.2021 in M.-W. ereignet hat.

    Die Drittwiderbeklagte zu 1 bog mit dem bei der Drittwiderbeklagten zu 2 haftpflichtversicherten Pkw des Klägers Toyota Aigo (amtl. Kz.: ...) von der vorfahrtsberechtigten Ludwigstraße nach links in die untergeordnete Gerberstraße ab. Dabei kam es zur Kollision mit dem von der Erstbeklagten geführten und bei der Zweitbeklagten haftpflichtversicherten Pkw der Drittwiderklägerin Mercedes-Benz (amtl. Kz.: ...). Auf die von dem Kläger geltend gemachten Schadensersatzansprüche von 10.827,07 € (7.775,09 € Reparaturkosten + 1.170,03 € Mietwagenkosten + 600,- € Wertminderung + 25,- € Kostenpauschale + 1.256,95 € SV-Kosten) zahlte die Zweitbeklagte auf Grundlage einer Haftungsteilung unter Kürzung der Reparatur- und Mietwagenkosten vorgerichtlich einen Betrag von 4.831,06 € sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 540,50 €.Mit seiner Klage hat der Kläger die Beklagten bei Geltendmachung deren Alleinhaftung auf Zahlung eines restlichen Betrags von 5.996,01 € nebst Zinsen und weiterer vorgerichtlicher Anwaltskosten in Anspruch genommen. Die Beklagten sind der Klage entgegengetreten.

    Das Landgericht hat das Verfahren gemäß § 147 ZPO mit dem ursprünglich zu dem Aktenzeichen - 5 O 134/21 - geführten Verfahren verbunden, in dem die Drittwiderklägerin die Drittwiderbeklagten auf Zahlung von 7.020,38 € nebst Zinsen und vorgerichtlichen Anwaltskosten sowie Feststellung der Ersatzpflicht des Rückstufungsschadens in Anspruch genommen hat (Bl. 113 ff. GA).

    Mit dem angefochtenen Urteil hat das Landgericht, auf dessen tatsächlichen Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO ergänzend Bezug genommen wird, die Beklagten antragsgemäß verurteilt. Daneben hat es die Drittwiderklage abgewiesen und die Kosten des Verfahrens zu 6/13 den Beklagten als Gesamtschuldnern und zu 7/13 der Drittwiderklägerin auferlegt. Zur Begründung hat es - soweit im Berufungsverfahren noch von Interesse - ausgeführt, die geltend gemachten Mietwagenkosten seien in geltend gemachtem Umfang ersatzfähig. Die von den Beklagten vorgenommene Kürzung auf 25,- €/Tag (= 327,25 € für 11 Tage) sei nicht gerechtfertigt, da das Autohaus für die Mietdauer von 11 Tagen entgegen der Auffassung der Beklagten nicht nur 11/7 einer Wochenpauschale, sondern - wie erfolgt - aufgeteilt nach Wochenpauschale, Dreitagespauschale und Tagessatz habe abrechnen dürfen.

    Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie sich gegen die Höhe der zuerkannten Mietwagenkosten und die Kostenentscheidung des Landgerichts wenden. Sie meinen u.a., es habe sich bei dem angemieteten Fahrzeug um einen Werkstattwagen gehandelt, für den die gängigen Mietwagentarife nicht gälten. Für diesen könne daher nicht mehr als 25,- € pro Tag abgerechnet werden.

    Der Kläger verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung. Die Drittwiderklägerin und die Drittwiderbeklagten halten die gegen sie gerichteten Berufungen für unzulässig.

    II.
    Die Berufung ist nicht statthaft und damit gemäß § 522 Abs. 1 Satz 2 ZPO zu verwerfen, soweit sie sich gegen die Drittwiderklägerin und die Drittwiderbeklagten richtet.

    1. Rechtsmittelgegner kann nur der aus dem angefochtenen Urteil ersichtliche Prozessgegner sein (vgl. MüKoZPO/Rimmelspacher, 6. Aufl. 2020, ZPO § 511 Rn. 30; Musielak/Voit/Ball, 20. Aufl. 2023, ZPO § 511 Rn. 15; Gerken in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 511 Rn. 35; Beck in: Kern/Diehm, ZPO, 2. Aufl. 2020, § 511 ZPO Rn. 18; Saenger, Zivilprozessordnung, ZPO § 511 Rn. 13, beck-online). Prozessgegner der Beklagten ist hier aber ausschließlich der Kläger, nicht hingegen die Drittwiderklägerin und Drittwiderbeklagten.2. Dass die Beklagten sich auch gegen die erstinstanzliche Kostenentscheidung wenden, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Denn ein zulässiges Rechtsmittel in der Hauptsache ergreift automatisch die gesamte Kostenentscheidung (vgl. Herget in: Zöller, Zivilprozessordnung, § 99 Rn. 4; Smid/Hartmann in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 99 Rn. 19). Das Rechtsmittelgericht hat diese daher insgesamt zu prüfen und ggf. gemäß § 308 Abs. 2 ZPO zu korrigieren (vgl. Goldbeck in: Kern/Diehm, ZPO, 2. Aufl. 2020, § 99 ZPO Rn. 16). Die Kostenentscheidung der Vorinstanz kann dabei auch zum Nachteil eines nicht mehr am Rechtsstreit Beteiligten geändert werden (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juli 1981 - VI ZR 35/79 -, juris; Feskorn in: Zöller, Zivilprozessordnung, § 308 Rn. 9 MüKoZPO/Musielak, 6. Aufl. 2020, ZPO § 308 Rn. 29; Rensen in: Wieczorek/Schütze, ZPO, 4. Aufl. 2015, § 308 Rn. 42). Ein Bedürfnis, die Berufung gegen die Drittwiderklägerin und die Drittwiderbeklagten zu gestatten, besteht damit nicht.

    III.
    Die gegen den Kläger gerichtete Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben. In der Sache hat sie teilweise Erfolg.

    1. Gegen die von dem Landgericht angenommene Alleinhaftung der Beklagten wendet sich die Berufung nicht. Mit Ausnahme der Mietwagenkosten steht auch die Schadenshöhe nicht mehr im Streit.

    2. Anders als die Berufung meint, hat der Kläger die Mietwagenkosten hinreichend substantiiert. Der Kläger hat dabei zunächst die Rechnung vom 16.4.2021 vorgelegt, aus der sich die Anmietung eines Unfallersatzwagens der Klasse 1 lt. Schwackeliste für 11 Tage ergibt (Bl. 12 GA). Darüber hinaus hat er den "Überlassungsvertrag für Mietfahrzeug" vom 6.4.2021 (Bl. 112 GA) vorgelegt, aus dem sich das Kennzeichen des Fahrzeugs sowie die während der Mietzeit gefahrenen Kilometer ergeben. Dies lässt Grund und Höhe der zum Ersatz gestellten Mietaufwendungen des Klägers hinreichend erkennen.

    3. Ohne Erfolg stellt die Berufung ferner die Erforderlichkeit der Anmietung eines Ersatzwagens infrage. Zwar kann diese entfallen, wenn die Anmietung unwirtschaftlich ist, insbesondere wenn das Ersatzfahrzeug nur für geringe Fahrleistungen benötigt wird (vgl. BGH, Urteil vom 5. Februar 2013 - VI ZR 290/11 -, Rn. 15, juris). Hierfür kann ein tägliches Fahrbedürfnis von weniger als 20 km einen Anhaltspunkt darstellen (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 23. Januar 2018 - 7 U 46/17 -, Rn. 25, juris; OLG München, Urteil vom 17. März 1992 - 5 U 6062/91 -, Rn. 6, juris). So liegt es hier hingegen nicht. Der Kläger hat vielmehr eine Gesamtfahrleistung von 286 km in 11 Tagen in Anspruch genommen. Dies entspricht einer täglichen Strecke von 26 km und ist nicht geeignet, die Erforderlichkeit der Anmietung eines Ersatzfahrzeugs in Zweifel zu ziehen.

    4. Mit teilweisem Erfolg wendet sich die Berufung aber dagegen, dass das Landgericht die vollen in Rechnung gestellten Mietwagenkosten von 1.170,03 € zuerkannt hat. Der Kläger kann als erstattungsfähige Mietwagenkosten lediglich einen Betrag von insgesamt 787,63 € beanspruchen.

    a) Der Geschädigte kann nach § 249 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand grundsätzlich den Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten durfte. Er ist hierbei nach dem sog. Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren möglichen Wegen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt - nicht nur für Unfallgeschädigte - erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs (innerhalb eines gewissen Rahmens) kann er daher grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis als zur Herstellung objektiv erforderlich ersetzt verlangen (vgl. BGH, Urteil vom 12. Februar 2019 - VI ZR 141/18 -, Rn. 21, juris; Urteil vom 26. April 2016 - VI ZR 563/15 -, Rn. 6, juris).

    b) Die tatsächlich entstandenen Mietwagenkosten kann der Kläger hier nicht deshalb verlangen, weil ihm unter Berücksichtigung seiner individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie der gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten unter zumutbaren Anstrengungen auf dem in seiner Lage zeitlich und örtlich relevanten Markt - zumindest auf Nachfrage - kein wesentlich günstigerer Tarif zugänglich gewesen wäre, wofür ihn die Darlegungs- und Beweislast trifft (vgl. BGH, Urteil vom 9. März 2010 - VI ZR 6/09 -, Rn. 13, juris). Zwar kann sich die Erforderlichkeit eines Unfallersatztarifs daraus ergeben, dass es dem Geschädigten aufgrund einer besonderen Eilbedürftigkeit in der konkreten Anmietsituation nicht zuzumuten war, sich vor Anmietung nach günstigeren Tarifen zu erkundigen. Eine Eil- oder Notsituation kann aber entgegen der Auffassung des Klägers grundsätzlich nicht angenommen werden, wenn die Anmietung - wie hier - nicht mehr am Unfalltag erfolgt (vgl. BGH, Urteil vom 5. März 2013 - VI ZR 245/11 -, Rn. 22, juris).

    c) Die Bemessung der erforderlichen Mietwagenkosten im Rahmen der Schadensschätzung ist in erster Linie Sache des nach § 287 ZPO besonders frei gestellten Tatrichters. Dieser ist dabei grundsätzlich nicht gehindert, seiner Schadensschätzung die Schwackeliste oder den Fraunhofer-Mietpreisspiegel zugrunde zu legen, wobei er im Rahmen seines Ermessens unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls von diesen etwa durch Abschläge oder Zuschläge auf den sich aus ihnen ergebenden Normaltarif abweichen kann (vgl. BGH, Urteil vom 18. Dezember 2012 - VI ZR 316/11 -, Rn. 10, juris).

    aa) Der für das Verkehrsrecht bisher zuständige 4. Zivilsenat hat die erforderlichen Mietwagenkosten in ständiger Rechtsprechung nach dem arithmetischen Mittel der Schwackeliste und des Fraunhofer-Mietpreisspiegels geschätzt (vgl. OLG Saarbrücken, Urteil vom 1. Oktober 2020 - 4 U 12/20 -, Rn. 40, juris). Demgegenüber schätzt die für Berufungen in Verkehrsunfallsachen zuständige 13. Zivilkammer des Landgerichts Saarbrücken den Normaltarif auf Grundlage des Fraunhofer-Mietpreisspiegels unter Berücksichtigung eines pauschalen Aufschlags von 15%.

    bb) Für die hiesige Region sind die Schwächen der offenen Preiserhebung der Schwackeliste wiederholt gutachterlich bestätigt worden (vgl. LG Saarbrücken, Urteil vom 26. März 2010 - 13 S 243/09 -, Rn. 9, juris). Auch aktuelle Internetrecherchen des Senats auf gängigen Vergleichsportalen (www.billiger-mietwagen.de, www.check24.de) zeigen - wie in der mündlichen Verhandlung aufgezeigt -, dass vergleichbare Fahrzeuge zu vergleichbaren Konditionen in der hiesigen Region kurzfristig zu Preisen angemietet werden können, die erheblich unterhalb der Werte der Schwackeliste und teilweise sogar noch unter denjenigen des Fraunhofer-Mietpreisspiegels liegen. Eine Anknüpfung an die Schwackeliste - und sei es auch nur zur Bildung eines arithmetischen Mittels - erscheint dem Senat daher nicht angemessen. Vor diesem Hintergrund und zur Gewährleistung einer einheitlichen Rechtsanwendung im Saarland unabhängig von der Eingangszuständigkeit der Amts- oder Landgerichte schätzt der nunmehr für das Verkehrsrecht zuständige Senat die erforderlichen Mietwagenkosten in Einklang mit der Rechtsprechung der Berufungskammer des Landgerichts Saarbrücken auf Grundlage des Fraunhofer-Mietpreisspiegels unter Berücksichtigung eines pauschalen Aufschlags von 15%.

    d) Zurecht weist die Berufung allerdings darauf hin, dass die in der von Klägerseite vorgelegten Rechnung des Mietwagenunternehmens vorgenommene Zusammenrechnung von Wochen-, Dreitages- und Tagestarif nicht angemessen erscheint. Vorzugswürdig zur Berechnung der Mietwagenkosten erscheint es demgegenüber, den von der tatsächlichen Gesamtmietzeit umfassten größten Anmietzeitraum (Tages-, 3-Tages-, 5-Tages- oder Wochenpauschale) heranzuziehen und den sich daraus ergebenden 1-Tages-Wert mit der Anzahl der Gesamtmiettage zu multiplizieren (so auch OLG Dresden, Urteil vom 12. Juni 2020 - 4 U 2796/19 -, Rn. 10, juris; OLG Schleswig, Urteil vom 28. November 2019 - 7 U 39/19 -, Rn. 32, juris; OLG Hamm, Urteil vom 18. März 2016 - 9 U 142/15 -, Rn. 25, juris; KG Berlin, Urteil vom 8. Mai 2014 - 22 U 119/13 -, Rn. 9, juris; OLG Düsseldorf, Urteil vom 21. April 2015 - 1 U 114/14 -, Rn. 10, juris; OLG Celle, Urteil vom 29. Februar 2012 - 14 U 49/11 -, Rn. 51, juris; OLG Köln, Urteil vom 11. August 2010 - 11 U 106/09 -, Rn. 14, juris; gebilligt von BGH, Urteil vom 14. Oktober 2008 - VI ZR 308/07 -, Rn. 26, juris). Denn die unterschiedliche Preisstruktur der verschiedenen Zeitabschnitte hat ihren Grund darin, dass mit Abschluss des Mietvertrages, der Fahrzeugübergabe und -rückgabe ein besonderer Mehraufwand besteht, der umso höher ins Gewicht fällt, je kürzer die Gesamtmietzeit ist (vgl. OLG Dresden a.a.O.; OLG Schleswig a.a.O.). Da bei Verlängerung der Mietzeit kein vergleichbar hoher Aufwand entsteht, bildet die Pauschale für den jeweils größten Zeitabschnitt in der Anmietdauer den durchschnittlichen Tagessatz am verlässlichsten ab. Auf dieser Grundlage ergibt sich anhand der Basistabelle nach ACRISS-Klassifikation, Klasse M, in die das Klägerfahrzeug einzugruppieren ist (vgl. S. 84 des Fraunhofer-Mietpreisspiegel), bei einem 7-Tage-Mittelwert von 301,89 € (= täglich 43,13 €) für 11 Tage unter Berücksichtigung eines 15%igen Aufschlags ein Gesamtbetrag von 545,59 €.

    e) Demgegenüber führt der Umstand, dass es sich bei dem Ersatzfahrzeug um ein Werkstattersatzfahrzeug gehandelt haben kann, zu keiner abweichenden Berechnung des ersatzfähigen Mietwagentarifs.

    aa) Allerdings wird teilweise vertreten, bei der Anmietung eines Werkstattersatzfahrzeugs könne nicht bzw. nicht ohne Abzüge auf die Schwackeliste oder den Fraunhofer-Mietpreisspiegel abgestellt werden, da diese sich auf Selbstfahrervermietfahrzeuge beziehen und die Kosten für solche Fahrzeuge höher seien als diejenigen für die Vorhaltung eines Werkstattersatzfahrzeugs (vgl. LG Mosbach, Urteil vom 14. Dezember 2022 - 5 S 35/21 -, Rn. 33, juris; LG Heilbronn Urt. v. 23.9.2022 - Bö 7 S 25/21, BeckRS 2022, 27494 Rn. 18, beck-online; LG Augsburg, Urteil vom 11. März 2022 - 42 S 2769/21 -, Rn. 17, juris; LG Gera, Urteil vom 12. November 2021 - 3 O 721/20 -, Rn. 41, juris; LG Aschaffenburg Endurteil v. 25.3.2021 - 22 S 2/19, BeckRS 2021, 41266 Rn. 18, beck-online; Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke/Wimber, 27. Aufl. 2022, BGB § 249 Rn. 221b; Ziegenhardt, NJW-Spezial 2020, 201; Balke, SVR 2022, 414).

    bb) Dem vermag der Senat sich indes nicht anzuschließen. Mietet der Geschädigte wie hier - ein Ersatzfahrzeug zu einem über dem Normaltarif liegenden Preis an, ist die Frage, ob es sich um ein Werkstattersatzfahrzeug handelt, für ihn ohne Belang. Denn ob der Kfz-Reparaturbetrieb das Fahrzeug als Selbstfahrervermietfahrzeug führt oder nicht, ist für den Geschädigten regelmäßig nicht erkennbar (vgl. OLG Dresden, Urteil vom 4. November 2020 - 1 U 995/20 -, Rn. 34, juris; LG Baden-Baden, Urteil vom 14. Januar 2021 - 3 S 23/20 -, Rn. 18, juris; LG Arnsberg, Urteil vom 15. Juli 2020 - 3 S 142/19 -, Rn. 2, juris). Der unbefangene Geschädigte kennt in der Regel nicht einmal den Unterschied zwischen Selbstfahrervermiet- und Werkstattersatzfahrzeugen (vgl. LG Aschaffenburg Endurteil v. 25.3.2021 - 22 S 2/19, BeckRS 2021, 41266 Rn. 10, beck-online; Balke, SVR 2022, 414). Einen entsprechenden Tarifunterschied kann der Geschädigte damit ebenfalls nicht erkennen (vgl. LG Mosbach, Urteil vom 14. Dezember 2022 - 5 S 35/21 -, Rn. 16, juris), zumal ihm die hinter der Vermietung stehenden betriebswirtschaftlichen Mechanismen nicht bekannt sind oder sein müssen (vgl. LG Göttingen, Beschluss vom 13. Januar 2023 - 1 S 11/22 -, Rn. 20, juris). Dem Geschädigten kann daher unabhängig davon, ob die Reparaturwerkstatt das Ersatzfahrzeug als Selbstfahrervermietfahrzeug zugelassen hat, die Verletzung der Pflicht zur Schadensgeringhaltung im Rahmen des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB oder § 254 BGB grundsätzlich nur insoweit vorgeworfen werden, als er keine Nachforschungen zu günstigeren (Normal-)Tarifen angestellt und entsprechende Konkurrenzangebote eingeholt hat (hierzu BGH, Urteil vom 14. Oktober 2008 VI ZR 210/07 -, Rn. 10, juris). Diese können sich aber stets nur auf den Normaltarif eines Selbstfahrervermietfahrzeugs beziehen. Denn ungeachtet der Wettbewerbswidrigkeit der gewerblichen Vermietung von Werkstattersatzfahrzeugen (vgl. Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 28. November 2017 - 6 U 23/16 -, juris) handelt es sich bei der Zurverfügungstellung eines Werkstattersatzfahrzeugs um einen "Dienst am Kunden" der jeweiligen Werkstatt (vgl. Thüringer Oberlandesgericht, Urteil vom 26. Oktober 2011 - 7 U 1088/10 -, Rn. 17, juris). Der Geschädigte hat daher nicht die Möglichkeit, einen Werkstattersatzwagen bei einer anderen als der von ihm beauftragten Werkstatt anzumieten; einen Markt für Werkstattersatzwagen gibt es insoweit nicht (vgl. LG Mosbach, Urteil vom 14. Dezember 2022 - 5 S 35/21 -, Rn. 26, juris). Die Anmietung eines anderen als des zu einem über dem Normaltarif angebotenen Fahrzeuges kann daher nur auf der Grundlage des Normaltarifs für Mietfahrzeuge erfolgen, weil dem Geschädigten in zumutbarer Weise kein günstigerer Tarif zugänglich ist. Die Frage, ob es sich bei dem von der Werkstatt angebotenen Fahrzeug um ein Selbstfahrervermiet- oder ein Werkstattersatzfahrzeug handelt, ist daher im Verhältnis zum Schädiger unbeachtlich (im Ergebnis ebenso OLG Dresden, Urteil vom 4. November 2020 - 1 U 995/20 -, Rn. 34, juris; LG Göttingen, Beschluss vom 13. Januar 2023 - 1 S 11/22 -, Rn. 20, juris; LG Baden-Baden, Urteil vom 14. Januar 2021 - 3 S 23/20 -, Rn. 16, juris; LG Arnsberg, Urteil vom 15. Juli 2020 - 3 S 142/19 -, Rn. 2, juris).

    f) Ferner kann der Kläger die Mehraufwendungen für den Vollkaskoschutz von 242,03 € brutto verlangen. Diese sind in der Regel als adäquate Schadensfolge anzusehen (vgl. BGH, Urteil vom 15. Februar 2005 - VI ZR 74/04 -, Rn. 11, juris). Zwar umfassen die Werte des maßgeblichen Fraunhofer-Mietpreisspiegels 2021 bereits eine Haftungsreduzierung bzw. -beschränkung mit typischer Selbstbeteiligung (meist zwischen 750 und 2.600,- €). Hier wurde ausweislich des Vertrags aber eine Selbstbeteiligung von lediglich 325,- € vereinbart. In einem solchen Fall entstehen Mehrkosten, die in den Werten von Fraunhofer oder Schwacke nicht enthalten und deshalb im Rahmen der Normalpreisberechnung zusätzlich zu berücksichtigen sind (vgl. OLG Celle, Urteil vom 26. Juni 2019 14 U 186/18 -, Rn. 44, juris; KG Berlin, Urteil vom 8. Mai 2014 - 22 U 119/13 -, Rn. 17, juris; OLG Köln, Urteil vom 30. Juli 2013 - 15 U 186/12 -, Rn. 39, juris).

    g) Der Abzug einer Eigenersparnis von 10% (vgl. hierzu OLG Saarbrücken, Urteil vom 9. Oktober 2014 - 4 U 46/14 -, Rn. 65, juris) ist vorliegend nicht angezeigt, da der Kläger ausgehend von der Schwacke-Klassifikation - ein klassenniedrigeres Ersatzfahrzeug angemietet hat. Der Abzug einer Eigenersparnis widerspricht in diesem Fall der Billigkeit, da der Schädiger doppelt entlastet würde (gebilligt von BGH, Urteil vom 5. März 2013 VI ZR 245/11 -, Rn. 26, juris).

    5. Der Kläger kann damit insgesamt 10.444,67 € (7.775,09 € Reparaturkosten + 787,63 € Mietwagenkosten + 600,- € Wertminderung + 25,- € Kostenpauschale 1.256,95 € SV-Kosten) verlangen. Unter Berücksichtigung der vorgerichtlichen Zahlung von 4.831,06 € verbleibt ein Anspruch von 5.613,61 €.

    6. Ferner steht dem Kläger nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB ein Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten aus dem Wert der berechtigten Forderung - hier: 10.444,67 € - zu (vgl. BGH, Urteil vom 9. Januar 2018 - VI ZR 82/17 -, Rn. 10, juris). Er kann dabei gemäß §§ 13, 14 RVG, Nrn. 2300, 7002, 7008 VV RVG eine 1,3 Geschäftsgebühr (vgl. BGH, Urteil vom 27. Mai 2014 - VI ZR 279/13 -, Rn. 20, juris) von 865,80 € zzgl. Kostenpauschale von 20,- € und Umsatzsteuer von 168,30 € = 1.054,10 € verlangen. Unter Berücksichtigung der vorgerichtlichen Zahlung von 540,50 € verbleibt ein Anspruch von 513,60 €.

    7. Die Zinsansprüche folgen aus §§ 280 Abs. 1, 2, 286 ff. BGB.

    IV.
    Die Kostenentscheidung der ersten Instanz folgt aus §§ 91, 92 Abs. 2, 100 ZPO. Sie ist gemäß §§ 308 Abs. 2, 525 Satz 1 ZPO zu korrigieren, da eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten nur innerhalb des jeweiligen Prozessrechtsverhältnisses erfolgt und das Landgericht zudem für die Drittwiderklage einen zu geringen Streitwert veranschlagt hat. Die Streitwertfestsetzung der ersten Instanz war daher von Amts wegen zu ändern (§ 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG).

    Die Kostenentscheidung für die 2. Instanz folgt aus §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 100 ZPO. Die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat und keine Veranlassung gibt, eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts sowie zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung herbeizuführen (§ 543 Abs. 2 ZPO).

    Rechtsgebiet§ 249 BGBVorschriftenVerkehrsunfall