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  • 10.06.2020 · IWW-Abrufnummer 216147

    Landgericht Frankfurt a. M.: Urteil vom 02.04.2020 – 24 O 47/19

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    LG Frankfurt
    24. Zivilkammer

    02.04.2020

    2-24 O 47/19

    Tenor

    1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, diese zu vollstrecken an dem Vorstand, zu unterlassen,

    in Bezug auf Beförderungsverträge, die mit Verbrauchern geschlossen werden, die ihren gewöhnlichen Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland haben und bei denen der Abflugs- oder Ankunftsort in der Bundesrepublik Deutschland liegt, die nachfolgenden oder inhaltsgleiche Bestimmungen als Allgemeine Geschäftsbedingungen einzubeziehen sowie sich auf die Bestimmung bei der Abwicklung derartiger Verträge zu berufen:

    3.4 Reihenfolge der Verwendung der Flugcoupons

    (a) ….

    „Der Flugpreis der am Ausstellungsdatum des Tickets zugrunde gelegt wurde, gilt ausschließlich für ein vollständig und in der Reihenfolge der Coupons verwendetes Ticket, für die auf dem Ticket eingetragenen Flüge und Daten.

    (b) Wenn am Reisetag festgestellt wird, dass der Passagier die Nutzungsvorgaben nicht eingehalten hat (wenn beispielsweise der erste Flugcoupon nicht genutzt wird oder Coupons nicht in der ausgegebenen Reihenfolge genutzt werden), ist dieser verpflichtet, am Flughafen folgende Zusatzgebühren zu entrichten: 125 € bei einem Kurzstreckenflug innerhalb von Kontinentalfrankreich und Korsika, 250 € bei einem Flug innerhalb von Europa in Economy, 500 € bei einem Flug innerhalb von Europa in der Business Class, 500 € bei einem Interkontinentalflug in Economy oder Premium Economy, 1.500 € bei einem Business Interkontinentalflug und 3.000 € bei einem ……….. La Premiere Interkontinentalflug (oder der Gegenwert in der Landeswährung).

    (c) Falls der Passagier nicht all seine Flugcoupons verwendet und die Reise vorzeitig abbricht, wird dem Passagier am Flughafen Schiphol und am Charles de Gaulle (Paris) für die Herausgabe seines Aufgabegepäcks eine Pauschalgebühr in Höhe von 275 € in Rechnung gestellt.“

    2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin vorgerichtliche Kosten in Höhe von 214,00 Euro zzgl. Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.5.2019 zu zahlen.

    3. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

    4. Das Urteil ist wegen des Tenors zu Ziffer 1. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 20.000 €, im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

    Tatbestand

    Der Kläger ist ein eingetragener Verein, der nach seiner Satzung Verbraucherinteressen wahrnimmt und der in die Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 UKlaG eingetragen ist.

    Die Beklagte ist eine Fluggesellschaft mit Sitz in den Niederlanden mit einer Niederlassung in Deutschland.

    Die Beklagte bietet auf ihrer deutschsprachigen Internetseite www…….com die Möglichkeit an, Flüge online zu buchen. In den hierbei verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen finden sich unter anderem in Ziffer 3.4 „Reihenfolge der Verwendung der Flugcoupons“ folgende Bestimmungen:

    (a) Der auf der Grundlage der auf dem Ticket angegebenen Reisedaten, Flugdaten und Routen ermittelte Flugpreis einschließlich Abgaben bezieht sich auf einen zum Zeitpunkt des Ticketkaufs eingeplanten Abflug- und einem Ankunftsort mit einer Zwischenstation und ist integraler Bestandteil des Beförderungsvertrags.

    Der Flugpreis der am Ausstellungsdatum des Tickets zugrunde gelegt wurde, gilt ausschließlich für ein vollständig und in der Reihenfolge der Coupons verwendetes Ticket, für die auf dem Ticket eingetragenen Flüge und Daten.

    (b) Wenn am Reisetag festgestellt wird, dass der Passagier die Nutzungsvorgaben nicht eingehalten hat (wenn beispielsweise der erste Flugcoupon nicht genutzt wird oder Coupons nicht in der ausgegebenen Reihenfolge genutzt werden), ist dieser verpflichtet, am Flughafen folgende Zusatzgebühren zu entrichten: 125 € bei einem Kurzstreckenflug innerhalb von Kontinentalfrankreich und Korsika, 250 € bei einem Flug innerhalb von Europa in Economy, 500 € bei einem Flug innerhalb von Europa in der Business Class, 500 € bei einem Interkontinentalflug in Economy oder Premium Economy, 1.500 € bei einem Business Interkontinentalflug und 3.000 € bei einem ……….. La Premiere Interkontinentalflug (oder der Gegenwert in der Landeswährung).

    (c) Falls der Passagier nicht all seine Flugcoupons verwendet und die Reise vorzeitig abbricht, wird dem Passagier am Flughafen Schiphol und am Charles de Gaulle (Paris) für die Herausgabe seines Aufgabegepäcks eine Pauschalgebühr in Höhe von 275 € in Rechnung gestellt.

    Wegen des weiteren Inhalts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten wird auf Bl. 10 ‒ 26 d.A. verwiesen.

    Der Kläger mahnte die Beklagte mit Schreiben vom 25.1.2019 wegen der in Ziffer 3.4 enthaltenen Klauseln ab. Wegen des Wortlauts des Schreibens wird auf Bl. 27 ‒ 32 d.A. verwiesen.

    Die Beklagte nahm zu diesem Schreiben keine inhaltliche Stellung.

    Der Kläger ist der Ansicht, die Klauseln unter Ziffer 3.4 verstoßen gegen §§ 309 Nr. 5, 308 Nr. 7 sowie § 307 Nr. 1 BGB.

    Der pauschale Tarifzuschlag stelle einen pauschalierten Schadensersatz i.S.d. § 309 Nr. 5 BGB dar, der nicht dem gewöhnlichen Lauf der Dinge entspreche. Es werde den Kunden auch nicht der Gegenbeweis eingeräumt, dass der beanspruchte Schaden auch nicht entstanden sei. Auch wenn die Beklagte die Pauschalen als Tarifzuschlag bezeichne, würden sie der Regelung in § 309 Nr. 5 BGB unterfallen.

    Zudem sei die in Ziffer 3.4 bestimmte Vergütung i.S.d. § 308 Nr. 7 BGB unangemessen hoch. Es sei nicht ersichtlich, dass die unvollständige Ausnutzung einer gebuchten Flugstrecke stets zu höheren Flugpreisen führen würde. Insbesondere sei es nicht ersichtlich, dass die Buchung eines Hin- und Rückfluges stets billiger sei als die Buchung eines One-way-Tickets.

    Es sei auch für den Fluggast nicht günstiger oder nicht weniger lästig, einen Pauschalbetrag zu bezahlen. Vielmehr sei der Fluggast i.S.d. Rechtsprechung des BGH allenfalls verpflichtet, die Differenz zu zahlen, die sich im Falle einer Neuberechnung des Flugentgelts tatsächlich ergeben hätte.

    Auch bestehe für die Beklagte die Möglichkeit, die von einem Fluggast nicht verwendeten Teile einer Flugbuchung an andere Fluggäste zu veräußern.

    Jedenfalls aber liege eine unangemessene Benachteiligung gemäß § 307 Abs. 1 BGB vor, weil das pauschale Verbot, die Coupons anders als in der vorgesehenen Reihenfolge zu benutzen, zu einer gravierenden und nicht hinnehmbaren Verschiebung des Äquivalenzverhältnisses der Leistungsbeziehungen zu Lasten des Kunden führe. Die Regelungen würden den Anforderungen des BGH an die Wirksamkeit von Teilleistungsklauseln nicht entsprechen.

    Auch die Pauschalgebühr für das Abbrechen einer Reise sei unangemessen und berücksichtige nicht die Gründe, die ein Fluggast für das Abbrechen einer Reise haben kann.

    Der Kläger ist ferner der Ansicht, ihm stünde eine Pauschale für die Abmahnkosten in Höhe von 200 € zzgl. 7 % MwSt. zu.

    Der Kläger beantragt,

    die Beklagte zu verurteilen,

    1. es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, diese zu vollstrecken an dem Geschäftsführer, zu unterlassen,

    in Bezug auf Beförderungsverträge, die mit Verbrauchern geschlossen werden, die ihren gewöhnlichen Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland haben, die nachfolgenden oder inhaltsgleiche Bestimmungen als Allgemeine Geschäftsbedingungen einzubeziehen sowie sich auf die Bestimmung bei der Abwicklung derartiger Verträge zu berufen:

    [3.4 Reihenfolge der Verwendung der Flugcoupons

    (a) Der auf der Grundlage der auf dem Ticket angegebenen Reisedaten, Flugdaten und Routen ermittelte Flugpreis einschließlich Abgaben bezieht sich auf einen zum Zeitpunkt des Ticketkaufs eingeplanten Abflug- und einem Ankunftsort mit einer Zwischenstation und ist integraler Bestandteil des Beförderungsvertrags.]

    Der Flugpreis der am Ausstellungsdatum des Tickets zugrunde gelegt wurde, gilt ausschließlich für ein vollständig und in der Reihenfolge der Coupons verwendetes Ticket, für die auf dem Ticket eingetragenen Flüge und Daten.

    (b) Wenn am Reisetag festgestellt wird, dass der Passagier die Nutzungsvorgaben nicht eingehalten hat (wenn beispielsweise der erste Flugcoupon nicht genutzt wird oder Coupons nicht in der ausgegebenen Reihenfolge genutzt werden), ist dieser verpflichtet, am Flughafen folgende Zusatzgebühren zu entrichten: 125 € bei einem Kurzstreckenflug innerhalb von Kontinentalfrankreich und Korsika, 250 € bei einem Flug innerhalb von Europa in Economy, 500 € bei einem Flug innerhalb von Europa in der Business Class, 500 € bei einem Interkontinentalflug in Economy oder Premium Economy, 1.500 € bei einem Business Interkontinentalflug und 3.000 € bei einem ……… La Premiere Interkontinentalflug (oder der Gegenwert in der Landeswährung).

    (c) Falls der Passagier nicht all seine Flugcoupons verwendet und die Reise vorzeitig abbricht, wird dem Passagier am Flughafen Schiphol und am Charles de Gaulle (Paris) für die Herausgabe seines Aufgabegepäcks eine Pauschalgebühr in Höhe von 275 € in Rechnung gestellt.

    2. an den Kläger 214,00 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Klageerhebung zu zahlen.

    Die Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Die Beklagte ist der Ansicht, die Aktivlegitimation des Klägers beschränke sich auf Flüge von Verbrauchern, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben und für Flüge, die ihren Abflugsort in Deutschland haben.

    Die Beklagte ist ferner der Ansicht, aufgrund ihrer Tarifstruktur habe sie ein schützenswertes Interesse daran, dass die Fluggäste nicht nur Teile der gebuchten Flüge tatsächlich in Anspruch nehmen dürfen, sondern verpflichtet seien, die gesamte gebuchte Flugstrecke wahrzunehmen.

    Würden die Fluggäste berechtigt sein, nur Teile der gebuchten Flüge in Anspruch nehmen zu dürfen, würde die Tarifstruktur der Beklagten unterlaufen. Dies werde durch die Bestimmungen in Ziffer 3.4 der AGB verhindert.

    Den Interessen der Verbraucher würde dadurch Rechnung getragen, dass sie für bestimmte Flugverbindungen weniger Entgelt zahlen müssten und auch zwischen Tarifklassen entscheiden könnten, die je nach Höhe des Entgelts mehr oder weniger Flexibilität ermöglichen.

    Indem ein Kunde nicht alle Segmente einer Flugverbindung oder bei Hin- und Rückflug nur einen Flug in Anspruch nimmt, würde er ein anderes Produkt nutzen, für das er einen anderen, ggf. höheren Preis zu zahlen gehabt hätte, weil es anderen Preiskonditionen unterliege.

    Damit Fluggäste die Preispolitik der Beklagten nicht umgehen können, seien die Regelungen in Ziffer 3.4 der AGB notwendig.

    Die Beklagte ist der Ansicht, § 309 Nr. 5 BGB sei auf die Regelung in Ziffer 3.4 der AGB nicht anwendbar, weil es nicht um die Festlegung eines Schadens gehe, sondern um einen pauschalen Tarifzuschlag als Nachzahlung auf ein Beförderungsentgelt.

    Die Beklagte verlange auch keine unangemessen hohe Vergütung i.S.d. § 308 Nr. 7 BGB, sondern vielmehr einen angemessenen und transparenten Pauschalbetrag. Durch die Festlegung von Pauschalsätzen sei der Fluggast auch nicht im Unklaren, welche Nachzahlung er leisten müsse, wenn er die gebuchte Flugstrecke nicht vollständig in Anspruch nimmt. Die bestimmten Pauschalbeträge würden den durchschnittlichen Zuschlägen entsprechen, die im Jahr 2016 von Passagieren im Wege des Nachberechnungsverfahrens gezahlt worden sind. Dem Durchschnittswert seien Verwaltungskosten, nämlich Änderungskosten für die Umstellung im nicht-flexiblen Tarif und Bearbeitungskosten hinzugerechnet worden. Wegen der Einzelheiten zur Berechnung der Pauschalen wird auf S. 11 ‒ 12 der Klageerwiderung (Bl. 56 ‒ 57 d.A.) verwiesen.

    Die Beklagte ist ferner der Ansicht, die Bestimmungen in Ziffer 3.4 der AGB würden auch keine unangemessene Benachteiligung der Fluggäste i.S.d. § 307 Abs. 1 BGB darstellen. Der Fluggast, der die gebuchte Flugstrecke nicht vollständig in Anspruch nehme, verliere nicht den Anspruch auf die Gegenleistung. Das Ticket behalte seine Gültigkeit. Der Fluggast müsse lediglich ein zusätzliches Entgelt bezahlen. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot liege ebenfalls nicht vor.

    Auch die Bestimmung in Ziffer 3.4 lit c der AGB sei nicht unwirksam. Es werde keine Gebühr für eine Dienstleistung erhoben, sondern ein Tarifzuschlag für die unvollständige Wahrnehmung eines gebuchten Fluges.

    Die Klage ist der Beklagten am 20.5.2019 zugestellt worden.

    Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

    Entscheidungsgründe

    Die Klage ist zulässig.

    Die Zuständigkeit der deutschen Gerichtsbarkeit folgt aus Art. 7 Nr. 2 der Verordnung (EU) 1215/2012 (EuGVVO). Zu den unerlaubten und diesen gleichgestellten Handlungen im Sinne dieser Vorschrift gehören auch Angriffe auf die Rechtsordnung durch die Verwendung missbräuchlicher Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Insoweit kommt es nicht darauf an, nach welcher Rechtsordnung die angegriffene Handlung materiell-rechtlich zu beurteilen ist. Auch muss eine Rechtsverletzung nicht tatsächlich eingetreten sein. Die Zuständigkeit folgt bereits aus der Behauptung des Klägers, die Beklagte verwende im Inland eine von der Rechtsordnung missbilligte Allgemeine Geschäftsbedingung (vgl. BGH, Urt. v. 20.5.2010, Az. Xa ZR 68/09 (KG), NJW 2010, 2719 m. w. N. [noch zu Art. 5 Nr. 3 EuGVVO a.F.]). Durch den im Schriftsatz vom 15.8.2019 und in der mündlichen Verhandlung am 3.3.2020 neu formulierten Antrag ist der Klageantrag zu 1. nunmehr hinreichend auf Verbraucher in Deutschland und auf Flüge von und nach Deutschland konkretisiert.

    Die Klage ist auch begründet.

    Der Kläger kann die Unterlassung der Verwendung der streitgegenständlichen Klausel gemäß § 1 UKlaG verlangen.

    Das Bestehen des geltend gemachten Unterlassungsanspruchs richtet sich nach § 1 UKlaG. Die Anwendbarkeit des deutschen Sachrechts folgt aus Art. 6 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 864/2007 (Rom-II-VO). Die Klage eines Verbraucherschutzvereins auf Untersagung der Verwendung vermeintlich missbräuchlicher Klauseln durch einen Gewerbetreibenden in Verträgen mit Privatpersonen betrifft ein außervertragliches Schuldverhältnis aus unerlaubter Handlung im Sinne des 2. Kapitels der Rom-II-VO (s. hierzu EuGH, Urt. v. 28.7.2016, Az. Rs C-191/15, NJW 2016, 2727; anders noch BGH, Urt. v. 20.5.2010, Az. Xa ZR 68/09 (KG), NJW 2010, 2719).

    Danach ist das Recht des Staats anzuwenden, in dessen Gebiet die Wettbewerbsbeziehungen oder die kollektiven Interessen der Verbraucher beeinträchtigt worden sind oder wahrscheinlich beeinträchtigt werden (Art. 6 Abs. 1 Rom-II-VO). Maßgeblich ist damit das Recht jenes Landes, in dem die Verbraucher, auf die das Unternehmen seine Geschäftstätigkeit ausrichtet und deren kollektive Interessen vom betreffenden Verbraucherschutzverein mittels dieser Klage geschützt werden, ihren Wohnsitz haben (EuGH, Urt. v. 28.7.2016, Az. Rs C-191/15, Pt. 43, NJW 2016, 2727, 2728). Die Beklagte verwendet die streitgegenständlichen Klauseln auf ihrer deutschsprachigen Internetseite und richtet sich damit an Kunden in Deutschland.

    Art. 4 Abs. 3 Rom II-VO, nach dem das Recht eines anderen Staats anzuwenden ist, wenn sich aus der Gesamtheit der Umstände ergibt, dass die unerlaubte Handlung eine offensichtlich engere Verbindung mit diesem als dem in Art. 4 Abs. 1 der Verordnung bezeichneten Staat aufweist, ist nicht einschlägig. Die Beklagte verwendet ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen für den Abschluss von Verträgen im deutsch-sprachigen Raum und insbesondere mit Fluggästen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben.

    Die Voraussetzungen des § 1 UKIaG sind erfüllt.

    Nach § 1 UKlaG kann auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer in Allgemeinen Geschäftsbedingungen Bestimmungen verwendet, die nach den §§ 307 bis 309 BGB unwirksam sind. Die streitgegenständliche Klausel muss sich an den §§ 307-309 BGB messen lassen.

    Deutsches Recht ist anwendbar. Dies folgt aus Art. 5 Abs. 2 S. 1 Rom-I-VO, wonach bei fehlender Rechtswahl das Recht des Staates anzuwenden ist, in dem die zu befördernde Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat, sofern sich in diesem Staat auch der Abgangs- oder der Bestimmungsort befindet.

    Für in Deutschland lebende Verbraucher, die bei der Beklagten Flüge buchen, die in Deutschland starten oder landen, ist damit deutsches Recht anwendbar.

    Eine anderweitige Rechtswahl behauptet die Beklagte nicht.

    Die von dem Kläger beanstandeten Klauseln in den AGB der Beklagten sind gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam, weil sie die Kunden, die Verbraucher sind, unangemessen benachteiligen (§ 307 Abs. 1 BGB).

    Die Bestimmungen unterliegen der Inhaltskontrolle, weil sie von Rechtsvorschiften abweichen (§ 307 Abs. 3 S. 1 BGB). Sie stellen keine Regelungen dar, die zu den Hauptleistungen gehören oder diese beschreiben. Grundsätzlich unterliegen auch Klauseln, die das Hauptleistungsversprechen abweichend vom Gesetz oder der nach Treu und Glauben geschuldeten Leistung verändern, ausgestalten oder modifizieren, der Inhaltskontrolle. Damit bleibt für die der Überprüfung entzogene Leistungsbeschreibung nur der enge Bereich der Leistungsbezeichnungen, ohne die mangels Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit des wesentlichen Vertragsinhalts ein wirksamer Vertrag nicht mehr angenommen werden kann (BGHZ 148, 74, 78; 141, 137, 141; 127, 35, 41; 123, 83, 84 sowie Urteil vom 29. April 2010 ‒ Xa ZR 5/09 ‒, Rn. 20, juris). Zu den Hauptleistungspflichten der von der Beklagten mit ihren Kunden geschlossenen Personenbeförderungsverträge gehören einerseits die Beförderungsleistung, gekennzeichnet durch Abflugort, Zielort und Termin sowie die zu befördernde(n) Person(en), und andererseits das für die Beförderungsleistung zu zahlende Entgelt. Mit einem Ausschluss des Rechts des Fluggasts, die vereinbarte Beförderungsleistung nur teilweise in Anspruch zu nehmen, wird weder die vertraglich geschuldete Leistung der Beklagten noch ihr Entgeltanspruch inhaltlich verändert (BGH, Urteil vom 29. April 2010 ‒ Xa ZR 5/09 ‒, Rn. 21, juris). Auch durch die Berechnung von Gebühren für den Fall, dass ein Ticket nicht vollständig verwendet wird, wird kein neuer Flugpreis festgelegt, sondern vielmehr ein Verhalten eines Fluggastes sanktioniert, das von der Beklagten nicht gebilligt wird.

    Die beanstandeten Klauseln weichen von der gesetzlichen Regelung ab.

    Denn der Gläubiger einer Leistung ist grundsätzlich berechtigt, nur einen teilbaren Teil der ihm vertraglich zustehenden Gesamtleistung vom Schuldner zu fordern, sofern dem nicht der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) entgegensteht. Diese Regel zählt zu den wesentlichen Grundgedanken des Schuldrechts, denn mit dem Recht zur Forderung von Teilleistungen soll der Gläubiger die Möglichkeit haben, von einer Gesamtleistung die Teile zu beziehen, die ihn daran (noch) interessieren. Gleiches gilt, wenn er die Gesamtleistung auf einen reduzierten Umfang beschränken möchte, um Risiken oder Nachteile, die mit einer Forderung der gesamten Leistung verbunden wären, auf ein erträgliches oder gewünschtes Maß zu reduzieren. Dieses Recht folgt aus dem allgemeinen, dem Leistungszweck entsprechenden Gerechtigkeitsgebot, eine Leistung nach Möglichkeit, Zumutbarkeit und Angemessenheit so zu erbringen, dass mit ihr der beabsichtigte Leistungserfolg, nämlich die jeweils mit ihr verbundene Befriedigung der Interessen des Gläubigers, eintritt (BGH, Urteil vom 29. April 2010 ‒ Xa ZR 5/09 ‒, Rn. 23, juris).

    Flugleistungen, die sich aus mehreren Beförderungsvorgängen zusammensetzen, so insbesondere Zubringer- und Anschlussflüge sowie Hin- und Rückflüge, sind grundsätzlich teilbar (BGH, Urteil vom 29. April 2010 ‒ Xa ZR 5/09 ‒, Rn. 25, juris).

    Der Anspruch des Fluggastes auf Teilleistungen ist auch nicht grundsätzlich nach Treu und Glauben ausgeschlossen. Die Annahme, dass ein Fluggast Teile der gebuchten Flugleistungen nur deswegen verfallen lässt, um die Tarifstruktur der Beklagten zu umgehen, ist in dieser Pauschalität nicht gerechtfertigt. Nicht selten können Fluggäste Teilleistungen nur deshalb nicht in Anspruch nehmen, weil sie einen Zubringerflug oder einen Hinflug verpasst haben und sie deshalb den Ort des Weiterfluges oder des Rückfluges auf andere Weise erreichen. Auch gibt es Fälle, in denen Fluggäste ihre insbesondere Urlaubsplanung verändern und an dem Ort des Hinfluges verweilen möchten und deshalb auf den Rückflug verzichten. Diese tatsächlichen Umstände stehen in keinem Zusammenhang mit den Kosten einer Flugbeförderung und werden nicht durch die Tarifstruktur der Beklagten motiviert.

    Die Interessen der Beklagten auf Wahrung ihrer Tarifstruktur stehen nicht über diesen Interessen des Fluggastes an einer Teilleistung. Indem die Beklagte durch ihre AGB dem Fluggast, der Verbraucher ist, die Zahlung einer pauschalen Zusatzgebühr auferlegt, wenn dieser einen Flugschein nur unvollständig oder nicht in der vereinbarten Reihenfolge verwendet, benachteiligt sie den Fluggast unangemessen.

    Zwar mag der Beklagten ein Interesse an ihrer Tarifstruktur zugebilligt werden, wonach es in ihrem Belieben steht, einfache Flüge zu einem höheren Preis zu vermarkten, als zusammengesetzte Flüge oder Hin- und Rückflüge (BGH, Urteil vom 29. April 2010 ‒ Xa ZR 5/09 ‒, Rn. 30, juris).

    Diesen Interessen der Beklagten steht jedoch das Interesse ihrer Kunden gegenüber, bei einer nachträglichen Änderung ihrer Planung oder bei Eintritt sonstiger Umstände, die sie an der Inanspruchnahme der ersten Teilleistung hindern oder ihr Interesse daran nachträglich entfallen lassen, nicht mit zusätzlichen Gebühren belastet zu werden.

    Soweit der BGH es für zulässig erachtet hat, wenn in den Beförderungsbedingungen bestimmt würde, dass bei Nichtinanspruchnahme einer Teilleistung für die verbleibende(n) Teilleistung(en) dasjenige Entgelt zu zahlen ist, das zum Zeitpunkt der Buchung für diese Teilleistung(en) verlangt worden ist, wenn dieses Entgelt höher ist als das tatsächlich vereinbarte (BGH, Urteil vom 29. April 2010 ‒ Xa ZR 5/09 ‒, Rn. 35, juris), wird die von der Beklagten verwendete Klausel diesen Anforderungen nicht gerecht. Die Regelung knüpft nicht an der tatsächlichen Differenz zwischen dem tatsächlich gezahlten Entgelt und dem Entgelt für eine Teilleistung an. Vielmehr werden die zusätzlichen Gebühren an abstrakten Kategorien, nämlich kurzen, mittleren und langen Strecken sowie an Tarifklassen ausgerichtet. Eine Anknüpfung an Abflugs- oder Zielorte oder an Flugtage, die nach dem Vortrag der Beklagten in der Klageerwiderung maßgebend für die Tarifstruktur sind, erfolgt hingegen nicht. Zudem wird nicht dahingehend differenziert, ob das Entgelt für eine Teilleistung tatsächlich höher war als das Entgelt für zusammengesetzte Flüge. Wenn nach Auffassung des BGH die Tarifstruktur einer Fluggesellschaft als schützenswertes Interesse anzusehen ist, dann kann diese nur verlangen, so gestellt zu werden, wenn der Fluggast die tatsächlich geflogene Strecke so gebucht hätte. Hätte er dann mehr zahlen müssen, ist die Fluggesellschaft berechtigt, die Differenz zu fordern. Den Fluggast zu verpflichten, eine pauschale Gebühr zahlen zu müssen ungeachtet dessen, ob überhaupt ein höheres Entgelt angefallen wäre und auch unabhängig der Gründe, die den Fluggast veranlasst haben, nur eine Teilleistung in Anspruch zu nehmen, benachteiligt diesen unangemessen i.S.d. § 307 Abs. 1 BGB. Die Bestimmung einer Pauschale dient zudem allein dem Interesse der Beklagten an einer Vereinfachung der Nachforderung. Eine Pauschale entledigt die Fluggesellschaft von der Notwendigkeit einer konkreten Nachberechnung, weil sie sich auf pauschale Gebühren nach abstrakten Kategorien zurückziehen kann. Ein Vorteil für den Fluggast ist nicht ersichtlich, weil er nicht nachvollziehen kann, ob er überhaupt ein höheres Entgelt hätte zahlen müssen und wenn ja, in welcher Höhe.

    Unerheblich ist, ob die Beklagte ihre AGB zwischenzeitlich verändert hat und ob die neue Formulierung im Lichte der Rechtsprechung des BGH zulässig wäre. Die Veränderung von AGB schließt nicht aus, dass sich die Beklagte bei vor der Veränderung abgeschlossene Verträgen noch auf ihre AGB in der alten Fassung beruft. Allein, dass die Beklagte ihre AGB verändert hat, berechtigt nicht zu der Annahme, dass sie Verträge nur noch nach den AGB in ihrer neuen Fassung abwickelt. Die neue Fassung der AGB ist nicht Gegenstand des Rechtsstreits.

    Die ungeschriebene materielle Anspruchsvoraussetzung des § 1 UKlaG, die Wiederholungsgefahr hinsichtlich der Klauselverwendung, liegt vor. Sie folgt bereits daraus, dass die Beklagte die Wirksamkeit der Klausel noch im Prozess verteidigt, diese fortgesetzt verwendet und keine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben hat (vgl. LG Köln, Urt. v. 5.6.2013, Az. 260 481/12, juris, Rn. 30).

    Dem Kläger steht auch ein Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten gemäß § 5 UKlaG i.V.m. § 12 Abs. 1 S. 2 UWG in Höhe von 214,00 Euro zu. Die insofern erforderliche Berechtigung der vorgerichtlichen Abmahnung ist wegen Unwirksamkeit der streitgegenständlichen Klausel nach § 307 Abs. 1 BGB gegeben. Gegen die Berechnung einer Kostenpauschale erhebt die Beklagten keine Einwände. Der Ansatz einer Pauschale in Höhe von 200 € netto erscheint angemessen.

    Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.

    Die Androhung von Ordnungsmitteln beruht auf § 890 Abs. 1 ZPO. Diese kann bereits in dem Unterlassungsurteil ausgesprochen werden (§ 890 Abs. 2 ZPO).

    Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte als unterlegene Partei zu tragen (§ 91 Abs. 1 ZPO).

    Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Unterlassungsanspruches beruht auf § 709 S. 1 ZPO. Um den Schadensersatzanspruch gemäß § 717 Abs. 2 ZPO zu sichern, dürfte eine Sicherheit in Höhe von 20.000 € ausreichend sein.

    Die Vollstreckbarkeit des Zahlungstenors und der Kostenentscheidung beruht auf § 709 S. 2 ZPO.

    RechtsgebietVertragsstrafeVorschriften§ 307 BGB