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  • 12.11.2019 · IWW-Abrufnummer 212212

    Oberlandesgericht Hamm: Urteil vom 27.03.2019 – 11 U 137/18

    Ein Anspruch auf Rückzahlung von Notarkosten, die aufgrund eines amtspflichtwidrigen Verhaltens des Notars entstanden sind, kann nicht gem. § 19 BNotO sondern nur im Beschwerdeverfahren gem. §§ 127 ff. GNotKG geltend gemacht werden.


    Oberlandesgericht Hamm

    11 U 137/18

    Tenor:

    Die Berufung der Klägerin gegen das am 10.10.2018 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Bochum wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage als unzulässig abgewiesen wird.Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

    1

    Gründe:

    2

    I.

    3

    Die Klägerin nimmt den Beklagten wegen einer behaupteten notariellen Pflichtverletzung in Anspruch.Der Beklagte betreute die Klägerin in der Vergangenheit bei der Abwicklung von Grundstücksgeschäften. Im vorliegenden Verfahren geht es um vier Fälle, in denen der Beklagte für die Klägerin Entwürfe für Anträge zur Löschung von Hypotheken aus dem Grundbuch fertigte. Für die Erstellung der Entwürfe und die nachfolgende, zur Löschung der Grundbucheinträge erforderliche Unterschriftenbeglaubigung erhob der Beklagte im Rahmen der Notarkostenrechnung jeweils eine 0,3 Gebühr gem. Nr.24102 der Anlage 1 des Kostenverzeichnisses zum GNotKG. Die Klägerin zahlte auf die Rechnung vom 10.10.2014 897,86 € brutto an den Beklagten sowie weitere 1.592,46 € (brutto) auf die Rechnung vom 01.02.2016. Im Nachgang wurde die Rechnung vom 10.10.2014 im Rahmen einer Notarprüfung mit der Begründung als fehlerhaft beanstandet, der Beklagte habe statt der 0,3 Gebühr nach § 92 Abs.2 GNotGK eine 0,5 Gebühr erheben müssen. Der Beklage beantragte wegen der beanstandeten Rechnung vom 10.10.2014 eine Entscheidung der Beschwerdekammer des Landgerichts. Mit Beschluss vom 10.04.2018, Az.: 7 OH 7/17, verfügte das Landgericht die Änderung der Rechnung. Nach dem von der Klägerin nicht angegriffenen Beschluss vom 10.04.2018 schuldet die Klägerin für die Erstellung des Entwurfs des Löschungsantrags zu Urk.Nr. ###/2014 nebst Unterschriftenbeglaubigung Notargebühren in Höhe von 1.483,15 € brutto. Auf der Grundlage des Beschlusses vom 10.04.2018 stellte der Beklagte der Klägerin am 04.07.2018 weitere 491,00 € (netto) in Rechnung.Die Klägerin hat vor dem Landgericht behauptet, sie habe erst im Beschwerdeverfahren zu Az.: 7 OH 7/17 davon Kenntnis erlangt, dass sie die Entwürfe des Löschungsantrags selber hätte fertigen können und den Beklagten lediglich wegen der Beglaubigung der Unterschriften hätte beauftragen müssen. Dies wäre für sie erheblich kostengünstiger gewesen. Für die Unterschriftenbeglaubigung wären nach dem GNotKG Kosten in Höhe von 402,00 € entstanden, während sie aufgrund der Rechnungen vom 10.10.2014 und 01.02.2016 Gebühren in Höhe von insgesamt 2.490,32 € brutto gezahlt habe. In Höhe der Differenz zwischen den gezahlten Gebühren und der Kosten für die Beglaubigung der Unterschrift hat sie Schadenersatz verlangt. Der Beklagte ist der Klage entgegen getreten. Er hat die Einrede der Verjährung erhoben und geltend gemacht, die Klägerin habe es unterlassen, in dem Beschwerdeverfahren zu Az.: 7 OH 7/17 des Landgerichts Rechtsmittel einzulegen, um eine obergerichtliche Klärung der Berechtigung seiner Gebührenrechnung zu erreichen. Daher fehle ihr für das hiesige Verfahren das Rechtsschutzbedürfnis. Im Übrigen habe er keine notariellen Amtspflichten verletzt. Aus § 24 BNotO ergebe sich keine Pflicht über anfallende Notarkosten zu belehren. Hätte die Klägerin die Entwürfe für die Löschungsanträge selbst gefertigt, hätte er die Entwürfe vor der Unterschriftsbeglaubigung prüfen müssen. Die damit verbundenen Notargebühren wären nicht geringer gewesen.Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, ob wegen der Möglichkeit, Kostenbeschwerde nach §§ 127 ff GNotKG gegen die streitgegenständlichen Rechnungen einzulegen, ein Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin bestehe, könne offen bleiben, da die Klage jedenfalls unbegründet sei. Der Beklagte habe die Klägerin nicht über das Entstehen der Kosten für eine beauftragte Leistung aufklären müssen. Er habe auch nicht darauf hinweisen müssen, dass die Klägerin den Entwurf für den Löschungsantrag einer Hypothek aus dem Grundbuch selber hätte erstellen und die damit verbundenen gesetzlichen Gebühren hätte einsparen können. Über entstehende Kosten müsse der Notar nicht von sich aus, sondern nur dann aufzuklären, wenn dies angefragt werde. Eine Aufklärungspflicht über die entstehenden Gebühren habe sich auch nicht deshalb ergeben, weil der Klägerin zur Erreichung des angestrebten Zwecks mehrere, gleichermaßen effektive und zweckmäßige Möglichkeiten zur Verfügung gestanden hätten. Aufgrund der mit Grundstücksgeschäften verbundenen Risiken sei die Erstellung und Einreichung notarieller Urkunden beim Grundbuchamt der sicherste Weg. Eine vergleichbare Sicherheit hätte nur durch eine Prüfung der von der Klägerin gefertigten Entwürfe vor der Unterschriftsbeglaubigung durch den Beklagten erreicht werden können. Dadurch wären die gleichen Gebühren entstanden wie bei der Fertigung der Entwürfe durch den Beklagten selbst. Wegen der weiteren Einzelheiten der landgerichtlichen Entscheidungsgründe sowie wegen der in erster Instanz gestellten Anträge wird auf das am 10.10.2018 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Bochum verwiesen.Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung.Sie macht geltend, das angefochtene Urteil beruhe auf der fehlerhaften Annahme, dass sie den Beklagten mit der Fertigung eines Entwurfs des Löschungsantrags beauftragt habe. Tatsächlich habe sie ihm nur die Löschungsbewilligungen übersandt. Ihr sei in diesem Zusammenhang lediglich bekannt gewesen, dass zur Löschung von Grundpfandrechten ein Notar einzuschalten sei. Der Beklagte hätte sie darüber aufklären müssen, dass zwei Möglichkeiten zu Erreichung des angestrebten Ziels zur Verfügung stünden und es der Klägerin möglich sei, den kostengünstigeren Weg zu wählen, indem sie den Entwurf des Antrags selber formuliere.

    4

    Sie beantragt,

    5

    unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Beklagten zu verurteilen, an sie 2.088,32 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

    6

    Der Beklagte beantragt,

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    die Berufung zurückzuweisen.Er hält die Berufung für nicht ausreichend begründet und äußert deshalb Zweifel an der Zulässigkeit der Berufung. Im Übrigen verteidigt er das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens.

    8

    II.

    9

    Die Berufung ist zulässig, sie bleibt aber in der Sache erfolglos.1. Bedenken an der Zulässigkeit der Berufung bestehen nicht. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt worden und hinreichend begründet, § 520 Abs.3 Nr.2 ZPO. Die Klägerin rügt auf der Grundlage eines unstreitigen Sachverhalts die unrichtige Rechtsanwendung des Landgerichts. Insbesondere vertritt sie die Auffassung, das Landgericht gehe zu Unrecht davon aus, dass sie den Beklagten mit der Erstellung der Entwürfe für die Löschungsanträge beauftragt habe, obgleich sie dem Beklagten lediglich die Löschungsbewilligungen ohne konkretes Mandat übersandt habe.2. Die Berufung ist jedoch unbegründet, da die ursprünglich erhobene Klage unzulässig ist.Das Landgericht hat zwar die Frage der Zulässigkeit der Klage wegen des möglichen Fehlens eines Rechtschutzbedürfnisses aufgeworfen. Es hat diese Frage jedoch nicht entschieden und die Klage als unbegründet abgewiesen. Dies erweist sich im Ergebnis als nicht haltbar. Die 4. Zivilkammer des Landgerichts Bochum durfte in dem vorliegenden Verfahren über den Streitgegenstand nicht entscheiden.In dem anhängigen Prozess kann die Klägerin ihre Ansprüche auf Rückzahlung bereits geleisteter Notarkosten mit der Begründung, die Kostenbelastung beruhe auf einer Amtspflichtverletzung, nicht verlangen (vgl. Arndt/Lerch/Sandkühler, BNotO, 8. Aufl., § 19 Rn.163).a) Anders als in dem angefochtenen Urteil ausgeführt, ist ausschließlich über notarielle Amtshaftungsansprüche gem. § 19 Abs.1 S.1 BNotO zu entscheiden. Etwaige (vor)vertragliche Ansprüche gegen den Beklagten aus §§ 675, 280 Abs.1 BGB bestehen nicht. Dies gilt auch dann, wenn ausschließlich Notarpflichten im Zusammenhang mit der sonstigen Betreuung des Mandanten aus § 24 BNotO betroffen sind (vgl. Arndt/Lerch/Sandkühler, BNotO, 8. Aufl., § 19 Rn.3).Streitgegenständlich sind etwaige notarielle Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit der Fertigung von Entwürfen für Löschungsanträge im Hinblick auf in das Grundbuch eingetragene Hypotheken. Die Klägerin macht geltend, der Beklagte habe bestehende Aufklärungspflichten verletzt, indem er nach Erhalt der Löschungsbewilligungen nicht darauf hingewiesen habe, dass die Klägerin den Entwurf der Löschungsanträge privatschriftlich verfassen könne mit der Folge, dass in diesem Fall nur die geringeren Kosten für die Unterschriftsbeglaubigung angefallen wären. In rechtlicher Hinsicht geht es um die Frage, ob der Beklagte Amtspflichten im Rahmen eines Betreuungsverhältnisses nach § 24 BNotO verletzt hat, das ihm die Klägerin jeweils durch die Übersendung der Löschungsbewilligungen angetragen hat (vgl. hierzu Arndt/Lerch/Sandkühler, BNotO, 8. Aufl., § 24 Rn.7 u. 10; OLG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 02.01.2012, Az.: 2 Wx 37/10, juris).b) Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 30.01.1961, Az.: III ZR 215/59 (veröffentlicht in DNotZ 1961, 430), entschieden, dass für die Entscheidung über einen Anspruch auf Rückzahlung von Notariatskosten mit der Begründung, der Notar habe unter Verletzung seiner Amtspflichten einen formungültigen Vertrag beurkundet und dürfe dafür keine Gebühren erheben, nicht das Prozessgericht zuständig ist. Vielmehr ist nur das Beschwerdeverfahren nach der Kostenordnung (jetzt GNotGK) gegeben.Dem liegt zu Grunde, dass die Kostenrechnung des Notars ein vollstreckbarer Titel ist (vgl. §§ 19, 89 GNotKG) und nach §§ 127 ff GNotGK Einwendungen gegen die Kostenberechnung nur in einem besonderen gerichtlichen Prüfungsverfahren im Wege der Beschwerde nach den Vorschriften des GNotKG und des FamFG geltend gemacht werden können (vgl. BGH DNotZ 1961, 430, Zif.2 A) zur KostO). In Schrifttum und Rechtsprechung besteht Einigkeit, dass alle Einwendungen gegen die Festsetzung der Kosten und ihre Höhe, auch wegen unrichtiger Sachbehandlung oder wegen Amtspflichtverletzungen, nur in diesem Verfahren geltend gemacht werden können (vgl. BGH DNotZ 1961, 430, Zif. 1 A); vgl. BGH NJW 1967, 931, 933; BGH DNotZ 1988, 379, Tz.22 u. 23, zitiert nach juris; Korintenberg, GNotGK, 20. Aufl., § 127 Rn.36; vgl. auch die Entscheidung des BayObLG, Beschl. v. 12.10.2000, Az.: 3Z BR 171/00, juris). Wie für die Kostenforderung selbst ist für alle diese Einwendungen das Prozessverfahren ausgeschlossen; lediglich Schadensersatzansprüche, die den Betrag der Kosten übersteigen, können unabhängig von dem Verfahren nach dem GNotKG im Prozessverfahren durchgesetzt werden (vgl. BGH DNotZ 1961, 430, Zif.2 B zur KostO).c) Unter Beachtung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann in diesem Verfahren über die Klage nicht entschieden werden, da nicht der Prozessrechtsweg sondern nur das Beschwerdeverfahren nach §§ 127 ff GNotKG eröffnet ist. Dabei ist im Beschwerdeverfahren über Ansprüche, die die Klägerin im Zusammenhang mit der Rechnung vom 10.10.2014 geltend macht, bereits abschließend und rechtskräftig (§ 45 FamFG) durch den Beschluss des Landgerichts Bochum vom 10.04.2018, Az.: 7 OH 7/17, entschieden (vgl. Korintenberg, GNotKG, 20. Aufl., § 127 Rn.59).3. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs.1, 92 Abs.2 Nr.1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr.10, 713 ZPO.Es besteht kein Anlass, die Revision zu zulassen, da Gründe nach § 543 Abs.2 ZPO nicht vorliegen. Die streitentscheidende Rechtsfrage ist durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs geklärt.

    RechtsgebietNotarkostenVorschriftenBNotO § 19; GNotKG §§ 19, 89, 127 ff.