07.10.2025 · IWW-Abrufnummer 250558
Oberlandesgericht Frankfurt a. M.: Beschluss vom 18.09.2025 – 6 UF 176/25
Nach Inkrafttreten von § 18 Abs. 1 PostG kann im Rahmen der Wahrung von Rechtsmittelfristen nicht mehr darauf vertraut werden, dass postalische Briefsendungen bereits vor den dort genannten Laufzeiten bei Gericht eingehen. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann daher nicht gewährt werden, wenn der Rechtsmittelführer erwartet hat, dass sein zur Post gegebenes Rechtsmittel bereits am nächsten Werktag beim Gericht eintrifft.
OLG Frankfurt 6. Senat für Familiensachen, Beschluss vom 18.09.2025, Az. 6 UF 176/25
Die Beschwerde wird verworfen.
Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird zurückgewiesen.
Der Beteiligte zu 3. trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Der Beteiligte zu 3. (im Folgenden Kindesvater) wendet sich mit Schreiben vom 12. August 2025, eingegangen beim Amtsgericht am 19. August 2025 gegen den ihm am 18. Juli 2025 zugestellten Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Michelstadt vom 16. Juli 2025, mit dem das Amtsgericht den Umgang des Kindesvaters mit seinem derzeit 11-jährigen Sohn geregelt hat. Wegen der Einzelheiten wird auf den Beschluss verwiesen.
Auf einen Hinweis des Senats vom 20. August 2025, dass die Beschwerde mangels Einhaltung der Beschwerdefrist unzulässig ist, hat der Kindesvater mit Schreiben vom 25. August 2025 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Zur Begründung führt er aus, er habe die Beschwerdefrist unverschuldet versäumt. Er sei guten Glaubens davon ausgegangen, dass die Beschwerde spätestens am Montag, dem 18. August 2025 beim Amtsgericht eingehe. Unter Vorlage des Einlieferungsbeleges, auf den wegen der Einzelheiten verwiesen wird, trägt er vor, das Schreiben am Samstag, dem 16. August 2025 per Einwurfeinschreiben aufgegeben zu haben. Dass die Sendung erst am Dienstag eingehen würde, sei für ihn nicht vorhersehbar gewesen und habe außerhalb seines Einflusses gelegen. Im Einzelnen wird auf das Schreiben vom 25. August 2025 verwiesen.
II.
Die Beschwerde war gemäß § 68 Abs. 2 Satz 2 FamFG als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht innerhalb der gesetzlichen Beschwerdefrist eingelegt wurde und die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht vorliegen.
Es handelt sich um das statthafte Rechtsmittel gegen eine Endentscheidung des Amtsgerichts gemäß § 58 Abs. 1 FamFG. Jedoch ist die nach § 63 Abs. 1, Abs. 3 FamFG einzuhaltende Beschwerdefrist nicht gewahrt worden. Gemäß der genannten Vorschrift ist die Beschwerde binnen einer Frist von einem Monat einzulegen, wobei der Fristlauf mit der schriftlichen Bekanntgabe an die Beteiligten beginnt. Gewahrt wird die Frist nach § 64 Abs. 1 Satz 1 FamFG durch Einreichung einer Beschwerdeschrift oder durch Erklärung zur Niederschrift der Geschäftsstelle bei dem Gericht, dessen Beschluss angefochten wird.
Vorliegend erfolgte die Bekanntgabe des angefochtenen Beschlusses ausweislich der zur Akte gelangten Zustellungsurkunde am 18. Juli 2025. Die Beschwerdefrist endete - wie sich aus § 16 Abs. 2 FamFG, 222 Abs. 1 ZPO, 187 Abs. 1, 188 Abs. 1 BGB ergibt - mit Ablauf des 18. August 2025. Bei Eingang der Beschwerdeschrift beim Amtsgericht Michelstadt am 19. August 2025 war die Frist zur Einlegung der Beschwerde damit bereits abgelaufen.
Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach §§ 17, 18 FamFG sind auch nicht erfüllt. Über die Dauer der Beschwerdefrist wurde der Kindesvater in dem angefochtenen Beschluss belehrt, so dass ein fehlendes Verschulden nicht gemäß § 17 Abs. 2 FamFG vermutet wird. Der Kindesvater hat auch nicht glaubhaft gemacht (§ 18 Abs. 3 Satz 2 FamFG), ohne sein Verschulden verhindert gewesen zu sein, die gesetzliche Frist einzuhalten. Ungeachtet der fehlenden Glaubhaftmachung durfte der Kindesvater auch nicht auf einen fristgemäßen Zugang der Beschwerde bis spätestens Montag, den 18. August 2025 vertrauen, wenn er sein Schreiben erst am späten Vormittag des 16. August 2025 - einem Samstag - bei der Deutschen Post zur Beförderung aufgibt. Angesichts der mittlerweile üblichen Postlaufzeiten kann nicht erwartet werden, dass ein erst samstags aufgegebener Brief den Empfänger garantiert bereits montags erreicht. § 18 Abs. 1 PostG sieht im Vergleich zur vorherigen Regelung in § 2 PUDLV deutlich längere Beförderungszeiten vor. Auf eine früher übliche Postlaufzeit von einem oder zwei Werktagen kann nicht mehr vertraut werden (vgl. zu § 44 StPO: OLG Stuttgart, Beschluss vom 18. Februar 2025 - 1 Ws 15/25, BeckRS 2025, 8246 Rn. 12). Es liegt schließlich allein im Verantwortungsbereich eines Beteiligten, der einen fristgebundenen Schriftsatz auf dem Postweg befördern lässt, das Schriftstück so rechtzeitig und ordnungsgemäß aufzugeben, dass es nach den organisatorischen und betrieblichen Vorkehrungen des Postdienstleisters den Empfänger fristgerecht erreichen kann (vgl. nur BGH, Beschluss vom 20. Mai 2009 - IV ZB 2/08 -, NJW 2009, 2379).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG. Es waren keine Gesichtspunkte zu erkennen, die es hätten nahelegen können, von der regelhaft vorgesehenen Überbürdung der Kosten erfolgloser Beschwerden auf den Beschwerdeführer abzusehen.
Die Festsetzung des Verfahrenswerts für das Beschwerdeverfahren richtet sich nach § 40 Abs. 1 S. 1, 45 Abs. 1 Nr. 2, 63 Abs. 1 Satz 2 FamGKG.
Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor.
Tenor
Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird zurückgewiesen.
Der Beteiligte zu 3. trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Der Beteiligte zu 3. (im Folgenden Kindesvater) wendet sich mit Schreiben vom 12. August 2025, eingegangen beim Amtsgericht am 19. August 2025 gegen den ihm am 18. Juli 2025 zugestellten Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Michelstadt vom 16. Juli 2025, mit dem das Amtsgericht den Umgang des Kindesvaters mit seinem derzeit 11-jährigen Sohn geregelt hat. Wegen der Einzelheiten wird auf den Beschluss verwiesen.
Auf einen Hinweis des Senats vom 20. August 2025, dass die Beschwerde mangels Einhaltung der Beschwerdefrist unzulässig ist, hat der Kindesvater mit Schreiben vom 25. August 2025 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Zur Begründung führt er aus, er habe die Beschwerdefrist unverschuldet versäumt. Er sei guten Glaubens davon ausgegangen, dass die Beschwerde spätestens am Montag, dem 18. August 2025 beim Amtsgericht eingehe. Unter Vorlage des Einlieferungsbeleges, auf den wegen der Einzelheiten verwiesen wird, trägt er vor, das Schreiben am Samstag, dem 16. August 2025 per Einwurfeinschreiben aufgegeben zu haben. Dass die Sendung erst am Dienstag eingehen würde, sei für ihn nicht vorhersehbar gewesen und habe außerhalb seines Einflusses gelegen. Im Einzelnen wird auf das Schreiben vom 25. August 2025 verwiesen.
II.
Die Beschwerde war gemäß § 68 Abs. 2 Satz 2 FamFG als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht innerhalb der gesetzlichen Beschwerdefrist eingelegt wurde und die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht vorliegen.
Es handelt sich um das statthafte Rechtsmittel gegen eine Endentscheidung des Amtsgerichts gemäß § 58 Abs. 1 FamFG. Jedoch ist die nach § 63 Abs. 1, Abs. 3 FamFG einzuhaltende Beschwerdefrist nicht gewahrt worden. Gemäß der genannten Vorschrift ist die Beschwerde binnen einer Frist von einem Monat einzulegen, wobei der Fristlauf mit der schriftlichen Bekanntgabe an die Beteiligten beginnt. Gewahrt wird die Frist nach § 64 Abs. 1 Satz 1 FamFG durch Einreichung einer Beschwerdeschrift oder durch Erklärung zur Niederschrift der Geschäftsstelle bei dem Gericht, dessen Beschluss angefochten wird.
Vorliegend erfolgte die Bekanntgabe des angefochtenen Beschlusses ausweislich der zur Akte gelangten Zustellungsurkunde am 18. Juli 2025. Die Beschwerdefrist endete - wie sich aus § 16 Abs. 2 FamFG, 222 Abs. 1 ZPO, 187 Abs. 1, 188 Abs. 1 BGB ergibt - mit Ablauf des 18. August 2025. Bei Eingang der Beschwerdeschrift beim Amtsgericht Michelstadt am 19. August 2025 war die Frist zur Einlegung der Beschwerde damit bereits abgelaufen.
Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach §§ 17, 18 FamFG sind auch nicht erfüllt. Über die Dauer der Beschwerdefrist wurde der Kindesvater in dem angefochtenen Beschluss belehrt, so dass ein fehlendes Verschulden nicht gemäß § 17 Abs. 2 FamFG vermutet wird. Der Kindesvater hat auch nicht glaubhaft gemacht (§ 18 Abs. 3 Satz 2 FamFG), ohne sein Verschulden verhindert gewesen zu sein, die gesetzliche Frist einzuhalten. Ungeachtet der fehlenden Glaubhaftmachung durfte der Kindesvater auch nicht auf einen fristgemäßen Zugang der Beschwerde bis spätestens Montag, den 18. August 2025 vertrauen, wenn er sein Schreiben erst am späten Vormittag des 16. August 2025 - einem Samstag - bei der Deutschen Post zur Beförderung aufgibt. Angesichts der mittlerweile üblichen Postlaufzeiten kann nicht erwartet werden, dass ein erst samstags aufgegebener Brief den Empfänger garantiert bereits montags erreicht. § 18 Abs. 1 PostG sieht im Vergleich zur vorherigen Regelung in § 2 PUDLV deutlich längere Beförderungszeiten vor. Auf eine früher übliche Postlaufzeit von einem oder zwei Werktagen kann nicht mehr vertraut werden (vgl. zu § 44 StPO: OLG Stuttgart, Beschluss vom 18. Februar 2025 - 1 Ws 15/25, BeckRS 2025, 8246 Rn. 12). Es liegt schließlich allein im Verantwortungsbereich eines Beteiligten, der einen fristgebundenen Schriftsatz auf dem Postweg befördern lässt, das Schriftstück so rechtzeitig und ordnungsgemäß aufzugeben, dass es nach den organisatorischen und betrieblichen Vorkehrungen des Postdienstleisters den Empfänger fristgerecht erreichen kann (vgl. nur BGH, Beschluss vom 20. Mai 2009 - IV ZB 2/08 -, NJW 2009, 2379).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG. Es waren keine Gesichtspunkte zu erkennen, die es hätten nahelegen können, von der regelhaft vorgesehenen Überbürdung der Kosten erfolgloser Beschwerden auf den Beschwerdeführer abzusehen.
Die Festsetzung des Verfahrenswerts für das Beschwerdeverfahren richtet sich nach § 40 Abs. 1 S. 1, 45 Abs. 1 Nr. 2, 63 Abs. 1 Satz 2 FamGKG.
Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor.
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