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  • 22.09.2023 · IWW-Abrufnummer 237493

    Landgericht Essen: Urteil vom 18.08.2022 – 6 O 92/22

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    6 O 92/22

    Landgericht Essen
     
    IM NAMEN DES VOLKES

    Urteil

    In dem Rechtsstreit

    xxx

    hat die 6. Zivilkammer des Landgerichts Essen
    auf die mündliche Verhandlung vom 07.07.2022
    durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht                 , die Richterin           und die Richterin am Landgericht für Recht erkannt:

    Die Klage wird abgewiesen.

    Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages.

    Tatbestand:

    Die Klägerin nimmt in ihrer Rolle als Insolvenzverwalterin die Beklagte auf Rückerstattung einer Zahlung auf eine Forderung, die der Beklagten im Jahr 2020 von der                    abgetreten worden war, in Anspruch.

    Durch Beschluss des Amtsgerichts Chemnitz vom 17.05.2021 (211 IK 826/21) wurde über das Vermögen des Herrn                das Insolvenzverfahren eröffnet und die Klägerin zur Insolvenzverwalterin bestellt. Dem Beschluss ging ein Eigenantrag des Schuldners vom 20.04.2021 voraus.

    Der Schuldner beauftragte zuvor im Jahr 2019 eine Hamburger Kanzlei ‒ die Kanzlei  ‒ mit der Durchführung eines Schuldenbereinigungsverfahrens, da er sich als zahlungsunfähig ansah.

    Auch die                     hatte einen Titel in Form eines Vollstreckungsbescheides gegen den Schuldner. Die                 wurde vorgerichtlich zunächst von der                      und später von einem Inkassounternehmen ‒ der                   ‒ vertreten. Ihr wurde mitgeteilt, es werde ein außergerichtlicher Schuldenbereinigungsplan unterbreitet, um ein Insolvenzverfahren abzuwenden.

    Unter dem 11.03.2019 unterbreitete die Kanzlei                    einen Vergleichsvorschlag, wonach die                 eine Quote von 16,9% auf ihre Forderung erhalten sollte. Unter dem 19.09.2020 teilte die               mit, dass der Vergleichsvorschlag nicht akzeptiert werde. Am 30.07.2020 war die Schuldenbereinigung gescheitert, was sämtlichen Gläubigern mitgeteilt wurde.

    Sodann trat die                   ihre Forderung an die Beklagte ab, die die                am 30.12.2020 mit der Beitreibung beauftragte.

    Am 03.12.2020 zahlt der Schuldner 5.097,68 € an die von der Beklagten beauftragte                          .

    Schon am 01.08.2018 konnte der Schuldner indes eine Forderung über 26.186,58 € der                  nicht bedienen. Schließlich wurden Forderungen in Höhe von 46.555,19 € zur Tabelle angemeldet.

    Mit Schreiben vom 29.07.2021 focht die Klägerin die Zahlung vom 03.12.2020 an und verlangte vergeblich unter Fristsetzung bis zum 19.08.2021 die Zahlung des Betrages von 5.097,68 € an sie als Insolvenzverwalterin. Mit anwaltlichem Schreiben vom 26.08.2021 forderte die Klägerin erneut vergeblich zur Zahlung des geltend gemachten Betrages nebst angefallener Rechtsanwaltskosten auf.

    Die Klägerin meint, der Schuldner sei im Zeitpunkt der Leistung der angefochtenen Zahlung bereits zahlungsunfähig i. S. d. Insolvenzordnung gewesen. Dies ergebe sich bereits aus dem Umstand, einen Insolvenzantrag gestellt zu haben und daraus, dass der Schuldner dies am 30.07.2020 selbst so gesehen habe.

    Die Klägerin ist der Ansicht, dass ihr gegen die Beklagte ein Rückzahlungsanspruch zustehe. Der Schuldner sei im Zeitpunkt der Zahlung zahlungsunfähig gewesen, was sich aus vorbenannten behaupteten objektiven Indizien ergebe, jedenfalls aber werden könne. Durch das gescheiterte Schuldenbereinigungsverfahren werde auch der Vorsatz der Gläubigerbenachteiligung vermutet. Der Beklagten sei aufgrund des gescheiterten Schuldenbereinigungsverfahrens die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners und die Existenz weiterer Gläubiger bekannt gewesen. Sie müsse sich jedenfalls die Kenntnis früherer Forderungsinhaber zurechnen lassen. § 404 BGB gelte zumindest analog.

    Die Klägerin beantragt,
    die Beklagte zu verurteilen, an sie 5.097,68 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.08.2021 sowie außergerichtlich angefallene vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 627,13 € zu zahlen.

    Die Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen.

    Die Beklagte ist der Ansicht, dass der Klägerin Ansprüche gegen sie nicht zustünden. Es fehle bereits an einer objektiven Gläubigerbenachteiligung. Es sei schon nicht vorgetragen, welche Verbindlichkeiten fällig gewesen seien und welche Gläubiger benachteiligt worden seien. Im Übrigen meint sie, der Schuldner habe nicht mit dem erforderlichen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz gehandelt. Denn es handele sich um eine kongruente Deckungshandlung bei der eine eingetretene oder drohende Zahlungsunfähigkeit nicht genüge. Insoweit behauptet er, der Schuldner habe im Zeitpunkt der Zahlung weder gewusst noch billigend in Kauf genommen, seine übrigen Gläubiger nicht befriedigen zu können.

    Jedenfalls habe ihr die Kenntnis von der Gläubigerbenachteiligung gefehlt. Sie müsse sich ‒ so meint die Beklagte ‒ insbesondere nicht die Kenntnis der Zedentin zurechnen lassen. § 404 BGB gelte weder direkt noch analog. Die vom BGH aufgestellten Grundsätze in einer Entscheidung vom 21.02.2013 ‒ IX ZR 32/12 ‒ beträfen eine andere Konstellation, nämlich den Fall, ob eine Forderung aus einem Gesellschafterdarlehen auch nach der Abtretung dem § 135 InsO unterliege. Aus dieser Entscheidung ließen sich keine allgemeinen Wertungen, die auf den vorliegenden Fall übertragbar wären, ableiten. § 135 InsO stelle eine besondere Anfechtungsregelung dar, die eigenen Wertungen unterliege und sich von anderen Anfechtungsregeln unterscheide.

    Auch eine Zurechnung nach § 166 Abs. 2 BGB scheide aus, da weder die              noch die von ihr beauftragten Unternehmen ihre ‒ der Beklagten ‒ Vertreter seien.

    Schließlich greife auch eine gesetzliche Vermutung ihrer Kenntnis gemäß § 17 Abs. 2 S. 2 InsO nicht durch. Denn gegenüber ihr ‒ als Beklagte und als Abtretungsempfängerin ‒ habe der Schuldner keine Zahlungen eingestellt, sondern auf die erste Aufforderung hin unverzüglich gezahlt. Die bisherige Nichtzahlung an die                     sei angesichts der geringen Forderungshöhe und des Umstandes des werthaltigen Verkaufs der Forderung an sie ‒ die Beklagte ‒ ebenfalls kein Indiz für eine objektive Zahlungsunfähigkeit, sondern lediglich eine Zahlungseinstellung.

    Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

    Entscheidungsgründe:

    Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

    A. Zulässigkeit

    Die Klage ist zulässig.

    Das Landgericht Essen ist für die Entscheidung über diesen Rechtsstreit zuständig. Die sachliche Zuständigkeit folgt aus §§ 23, Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG. Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich aus §§ 12, 13 ZPO. Die Beklagte hat ihren Sitz in Essen.

    Die Klägerin ist in ihrer Funktion als Insolvenzverwalterin gemäß § 80 Abs. 1 InsO prozessführungsbefugt.

    B. Begründetheit

    Die Klage ist jedoch unbegründet.

    I. kein Anspruch des Klägers gegen den Beklagten auf Zahlung von 5.097,68 € aus §§ 143 Abs. 1 S. 1, 130 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2, 129 InsO

    Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung von 5.097,68  € aus §§ 143 Abs. 1 S. 1, 130 Abs. 1 Nr. 2 InsO. Anfechtbar ist nach diesen Normen  eine Rechtshandlung im Sinne des § 129 Abs. 1 InsO, welche dem anderen Teil ‒ hier der Beklagten ‒ eine Befriedigung ermöglicht hat, a) wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, wenn zur Zeit der Zahlung der Schuldner zahlungsunfähig war und wenn der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte oder b) wenn sie nach dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und wenn der Gläubiger zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte. Ein solcher Anspruch ist vorliegend schon deshalb nicht entstanden, auch wenn eine Rechtshandlung im Sinne des § 129 Abs. 1 InsO vorliegt, die zu einer Benachteiligungshandlung führt, weil die in Rede Fristen für eine Anfechtung nach § 130 InsO nicht gewahrt wurden.

    1.  anfechtbare Rechtshandlung des Schuldners

    Zunächst stellt die Zahlung des Schuldners vom 3.12.2020 an die Beklagte eine Rechtshandlung im Sinne der InsO dar.

    Eine Rechtshandlung im Sinne des § 129 Abs. 1 InsO ist jedes von einem Willen getragene Handeln, das rechtliche Wirkungen auslöst und das Vermögen des Schuldners zum Nachteil der Insolvenzgläubiger verändern kann (Raupach, in: BeckOK InsO, 22. Edition, § 129 InsO, Rn. 19, m. w. N.).

    Dies ist vorliegend die Zahlung des Schuldners selbst auf die von der              gegen den Schuldner bestehende Zahlungsforderung, die mit Vollstreckungsbescheid vom 7.11.2019 tituliert und von             2020 an die Beklagte abgetreten worden ist.  

    2. Gläubigerbenachteiligung

    Indem durch diese Zahlung das Vermögen des Schuldners in Höhe des Zahlungsbetrages geschmälert wurde, sind die übrigen Gläubiger des Schuldners benachteiligt worden, da die Beträge zur Erfüllung ihrer Forderungen nicht mehr zur Verfügung standen. Die Beklagte selbst hat durch die Zahlungen die Befriedigung der an sie abgetretenen Forderung gegen den Schuldner in der jeweiligen Höhe erlangt.

    3.  zeitliche Voraussetzungen

    Eine Anfechtung scheidet sowohl nach § 130 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 InsO schon deshalb aus, weil die angefochtene Zahlung in keinen der dort genannten Anfechtungszeiträume fällt. Der Schuldner zahlte hier auf die in dem Vollstreckungsbescheid vom 7.11.2019 titulierte und an die Beklagte abgetretene Forderung bereits am 3.12.2020. Der Insolvenzantrag wurde ausweislich der Anlage K 1 am 17.4.2021, eingegangen bei Gericht am 20.4.2021 gestellt. Die angefochtene Zahlung damit vor Stellung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und zwar rund 13 Monate und damit sowohl außerhalb des Anfechtungszeitraums im Sinne des § 130 Abs. 1 Nr. 1 als auch der Nr. 2 InsO.

    II. Kein Zahlungsanspruch über 5.097,68 € aus §§ 143 Abs. 1 S. 1, 131, 129 InsO

    Die Klägerin kann einen Zahlungsanspruch auch nicht aus §§ 143 Abs. 1 S. 1, 131 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 3, 129 InsO herleiten, da kein Fall einer inkongruenten Deckung vorliegt. Eine inkongruente Deckung liegt vor, wenn der Gläubiger eine Befriedigung bzw. Sicherung erhält, auf die er keinen Anspruch hatte oder die er nicht in der Art oder zu der Zeit, in der sie erfolgte, zu beanspruchen hatte (Borries/Hirte, in: Uhlenbruck, InsO, 15. Auflage, 2019, § 130 InsO, Rn. 5). Vorliegend hat die Beklagte aber durch Leistung des Schuldners auf die an sie wirksam abgetretene Forderung aus dem Vollstreckungsbescheid vom 7.11.2019 eine Befriedigung erhalten, auf die sie einen Anspruch hatte. Die an sie wirksam abgetretene Forderung auf Rückzahlung des gewährten Kredits aus dem Kreditkartenvertrag war auch fällig. Es liegt daher ein Fall der kongruenten Deckung vor, d. h. eine Befriedigung zur Erfüllung oder Sicherung einer Forderung, auf die der Gläubiger in dieser Form und zu dieser Zeit einen Anspruch hatte.

    III. Kein Zahlungsanspruch über 5.097,68  € aus §§ 143 Abs. 1 S. 1, 133, 129 InsO

    Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von 5.097,68  € aus §§ 143 Abs. 1, 133 Abs. 1 S. 2, 129 InsO. Ein solcher Anspruch, der sowohl in Fällen der kongruenten als auch der inkongruenten Deckung möglich ist und auch nicht durch die Regelungen der §§ 130, 131 InsO gesperrt ist, sondern selbstständig daneben steht, ist ebenfalls nicht entstanden. Es kann dahinstehen, ob der Schuldner hier mit seiner Zahlung vom 3.12.2020 mithin binnen zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom 17.4.2021, eingegangen bei Gericht am 21.4.2021 ‒ mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen ‒ gehandelt hat. Denn die Beklagte kannte zum Zeitpunkt der Handlung, d. h. der Zahlung am 3.12.2020, nicht den Vorsatz des Schuldners von der Gläubigerbenachteiligung, selbst wenn man einen Benachteiligungsvorsatz des Schuldners zu Gunsten der Klägerin annehmen wollte. Insbesondere greift auch nicht die Vermutungswirkung des § 133 Abs. 1 S. 2 InsO für das Bestehen einer Kenntnis der Beklagten ein, weil diese etwa wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und dass die Zahlung die Gläubiger benachteiligen würde. Im Einzelnen:

    1.    Anfechtbare Rechtshandlung im Sinne des § 129 Abs. 1 InsO

    Die Zahlung des Schuldners am 3.12.2020 auf den Vollstreckungsbescheid vom 17.11.2019 stellt eine anfechtbare Rechtshandlung im Sinne des § 129 Abs. 1 InsO dar (s. oben I. 1.)

    2.    Gläubigerbenachteiligung

    Die Zahlung hat die übrigen Gläubiger auch benachteiligt. Insoweit wird auf die Ausführungen unter Ziffer I 2. zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen.

    3.    Zeitliche Voraussetzungen gemäß § 133 Abs. 1 S. 1 InsO

    Die zeitlichen Voraussetzungen der Anfechtung nach § 133 Abs. 1 S. 1 InsO sind erfüllt. Denn die angefochtene Zahlung des Schuldners vom 3.12.2020 erfolgte binnen zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom 17.4.2021, eingegangen bei Gericht am 21.4.2021.

    4.    Vorsatz des Schuldners zur Gläubigerbenachteiligung  

    Es kann dahinstehen, ob der Schuldner am 3.12.2020 zahlte, um vorsätzlich ‒ d. h. wissentlich und willentlich ‒ die übrigen Gläubiger zu schädigen. Für die Erkenntnis der Gläubigerbenachteiligung (Wissenselement) ist es ausreichend, dass der Schuldner entweder weiß, dass seine Rechtshandlung die Gläubiger benachteiligt, oder dass er sich diese Folge zumindest als möglich vorstellt (Raupach, BeckOK Insolvenzrecht, Fridgen/Geiwitz/Göpfert, 24. Edition, Stand: 15.07.2021, § 133 InsO, Rn. 16 m. w. N.). Dies ist jedenfalls dann regelmäßig der Fall, wenn der Schuldner bei Vornahme der Rechtshandlung seine bestehende Zahlungsunfähigkeit kennt, weil er in diesem Fall regelmäßig weiß, dass sein Vermögen nicht ausreicht, um sämtliche Gläubiger zu befriedigen (Raupach, a. a. O., Rn. 16.1 m. w. N.). Nach § 17 Abs. 2 S. 1 InsO ist ein Schuldner zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Dies ist nach Satz 2 regelmäßig anzunehmen, wenn er seine Zahlungen eingestellt hat. Für das Vorliegen der (drohenden) Zahlungsfähigkeit ist der Kläger als Anspruchsteller darlegungs- und beweisbelastet. Zur Feststellung der Zahlungsunfähigkeit kann zunächst eine Liquiditätsbilanz aufgestellt werden. Diese ist im Anfechtungsprozess entbehrlich, wenn eine Zahlungseinstellung nach § 17 Abs. 2 InsO die Zahlungsunfähigkeit begründet (BGH, Urt. v. 30.06.2011 ‒ IX ZR 134/10). Die Zahlungseinstellung ist dasjenige nach außen hervortretende Verhalten des Schuldners, in dem sich typischerweise ausdrückt, dass er nicht in der Lage ist, seine fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Es muss sich mindestens für die beteiligten Verkehrskreise der berechtigte Eindruck aufdrängen, dass der Schuldner außerstande ist, seinen fälligen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen. Dabei genügt die tatsächliche Nichtzahlung eines erheblichen Teils der fälligen Forderungen. Haben im fraglichen Zeitpunkt fällige Verbindlichkeiten bestanden, die bis zur Verfahrenseröffnung nicht mehr beglichen worden sind, so ist regelmäßig von einer Zahlungseinstellung auszugehen (BGH, a. a. O.).

    Die Zahlungseinstellung kann sich aus einem einzelnen, aber auch aus einer Gesamtschau mehrerer darauf hindeutender, in der Rechtsprechung entwickelter Beweisanzeichen gefolgert werden. Sind derartige Indizien vorhanden, so bedarf es nicht einer darüber hinausgehenden Darlegung und Feststellung der genauen Höhe der gegen den Schuldner bestehenden Verbindlichkeiten oder gar einer Unterdeckung von mindestens zehn Prozent. Dafür kann auch ein Vortrag ausreichend sein, der zwar in bestimmten Punkten lückenhaft ist, eine Ergänzung fehlender Tatsachen aber schon auf der Grundlage von Beweisanzeichen zulässig. Ob eine Zahlungseinstellung gegeben ist, ist durch eine Gesamtabwägung der festgestellten Indizien durch den Tatrichter zu bewerten (BGH, a. a. O.).

    Im Rahmen des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes ist es für die Bejahung des sog. Wollenselements erforderlich, dass der Schuldner die Zahlungsunfähigkeit erkannte bzw. für möglich gehaltene Gläubigerbenachteiligung als Erfolg seiner Rechtshandlungen will oder zumindest als mutmaßliche Folge erkennt und billigt (Raupach, a. a. O., Rn. 18). Die Klägerin trägt auch insoweit die Darlegungs- und Beweislast.

    Hat ein Schuldner ‒ wie hier ‒ eine kongruente Deckung geleistet, so ist ein Benachteiligungsvorsatz nicht von vornherein ausgeschlossen. An den Nachweises seines Vorliegens sind jedoch erhöhte Anforderungen zu stellen, da sich im Fall einer kongruenten Deckung der Wille des Schuldners meist darin erschöpft, seinen Verbindlichkeiten gerecht zu werden, ohne die Benachteiligung Anderer in den Blick zu nehmen (Kayser/Freudenberg, in: Müko InsO, 4. Auflage 2019, § 133 InsO, Rn. 33 m. w. N.). Die Feststellung setzt voraus, dass es dem Schuldner weniger auf die Erfüllung seiner Vertragspflichten als vielmehr auf die Schädigung der anderen Gläubiger durch Beseitigung von Zugriffsobjekten oder auf die Begünstigung des Leistungsempfängers ankam. Diese Maßstäbe zu Grunde gelegt vermag die Kammer schon keinen Benachteiligungsvorsatz des Schuldners festzustellen. Mit Blick auf die unter Ziffer III. 5 erfolgenden Ausführungen kann dies ohnehin dahinstehen und die Kammer musste auch nicht in eine Beweisaufnahme eintreten:

    Die relevante Handlung des Schuldners bestand hier in der Erfüllung seiner mit Vollstreckungsbescheid vom 17.11.2019 titulierten und offenen und von der      B an die Beklagte abgetretenen Zahlungsforderung. Durch Zahlung am 3.12.2020 wurde die im Vollstreckungsbescheid titulierte Forderung erfüllt. Die Zahlung erfolgte auch direkt auf erste Aufforderung der                , die nach Abtretung der Forderung durch die                    an die Beklagte von der Beklagten mit der Durchsetzung beauftragt worden war.

    Die Kammer verkennt einerseits nicht, dass der Schuldner bereits am 01.08.2018 eine Forderung einer weiteren Bank ‒ der                  ‒ über 26.186,58 € nicht bedienen konnte und letztlich ein Betrag von 46.555,19 € zur Tabelle angemeldet wurde.

    Für eine Zahlungseinstellung des Schuldners könnte auch der Umstand sprechen, dass ein Schuldenbereinigungsverfahren ‒ wenn auch erfolglos ‒ durchgeführt wurde. Aus dem Abschluss einer Ratenzahlungsvereinbarung kann grundsätzlich der Schluss auf eine Zahlungseinstellung geschlossen werden, da sich die Schuldnerin im Zeitpunkt der Fälligkeit zur Zahlung außerstande sah und aus diesem Grund eine Stundung in Form der Ratenzahlungsvereinbarung getroffen hat (BGH, Urt. v. 30.06.2011 ‒ IX ZR 134/10 m. w. N.).

    Da andererseits der hier in Rede stehende und am 3.12.2020 gezahlte Betrag über 5.097,68 € jedoch vergleichsweise überschaubar ist, kann schon angesichts der Höhe dieses Betrages, dessen Zahlung nunmehr durch die Klägerin angefochten wird, nicht zwingend auf einen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz geschlossen werden. Nur bloße Zahlungsverzögerungen, auch wenn sie wiederholt auftreten, sind für die Annahme einer Zahlungseinstellung nicht ausreichend (BGH, Urt. v. 06.05.2021 ‒ IX ZR 72/20). Es scheint nicht fernliegend, dass ein Schuldner eine Forderung in dieser Höhe trotz mehrfacher Zahlungsverzögerung nicht doch erfüllen kann. Der Schuldner hat vorliegend zumindest nach Abtretung der Forderung aus dem Vollstreckungsbescheid der                      an die Beklagte nach deren Beauftragung der sog.                       mit der Durchsetzung der Forderung am 3.12.2020 ‒ wie ausgeführt ‒ unmittelbar die gesamte Forderung in einer Zahlung beglichen, auch wenn zuvor Durchsetzungsbemühungen der             als ursprünglicher Forderungsinhaberin, die sich wiederum insoweit der                    und später der                   bedient hatte, gescheitert waren.


    5.    Kenntnis der Beklagten von einem etwaigen Vorsatz des Schuldners zur Gläubigerbenachteiligung

    Selbst wann man entgegen der Ausführungen unter I. 4. zu Gunsten der Klägerin einen Schuldnerbenachteiligungsvorsatz feststellen wollte, fehlt es jedenfalls an einer Kenntnis der Beklagten von einem solchen Vorsatz des Schuldners, seine übrigen Gläubiger zu benachteiligen. Eine solche Kenntnis kann entgegen § 133 Abs. 1 S. 2 InsO nicht vermutet werden. Denn dies ist nur möglich, wenn die Beklagte wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners droht und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligt. Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil ‒ wie hier ‒ eine Befriedigung gewährt, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Die Vermutung tritt folglich nur ein, wenn die Beklagte von der Zahlungsunfähigkeit und der Gläubigerbenachteiligung wusste. Dies vermochte die Kammer nicht festzustellen. Die Beklagte bekam die Forderung gegen den Schuldner von der                      abgetreten, §§ 398 ff. BGB.

    a.

    Eine selbst erlangte (Hervorhebung durch die Kammer) Kenntnis der Beklagten und Zessionarin kann schon aus diesem Grund nicht festgestellt werden. Es ist weder dargelegt noch ersichtlich, dass die                    als Zedentin der Beklagten als Zessionarin vor oder bei Abtretung mitgeteilt hat, dass zuvor ein Schuldenbereinigungsverfahren erfolglos durchgeführt wurde, in dem sie ohnehin nur eine geringe Quote auf die Forderung hätte erhalten sollen, wäre es "erfolgreich" gewesen.

    b.

    Soweit die                      als Zedentin vor der Abtretung der streitgegenständlichen Forderung aus dem Vollstreckungsbescheid der                   und später der                   mit der Beitreibung beauftragt hatte musste sie ‒ d. h. die                       ‒ sich etwaige Kenntnisse der                   und/oder der                 zurechnen lassen, nicht aber die Beklagte, die die Forderung 2020 im Wege der Abtretung von der              erhielt. Die Beklagte muss sich weder etwaige Kenntnisse der                 zurechnen lassen, noch Kenntnisse der von der                    mit der Beitreibung der Forderung beauftragten Unternehmen, namentlich der                 und der            . Es fehlt schon an einer entsprechenden Zurechnungsnorm. § 404 BGB ist weder direkt noch analog anwendbar; ebenso scheitert eine Zurechnung über § 166 Abs. 2 BGB.

    aa) keine Zurechnung über § 404 BGB direkt

    Die Anwendung des § 404 BGB bei Insolvenzanfechtungen scheitert bereits am Wortlaut der Norm. Nach § 404 BGB kann der Schuldner dem Zessionar die Einwendungen entgegensetzen, wenn diese zum Zeitpunkt der Zession bereits begründet waren. Dabei ist der Begriff der Einwendung i.S.v. § 404 BGB weit zu verstehen und umfasst alle rechtshindernde und rechtsvernichtende Tatbestände (LG Kiel, Urteil vom 10.09.220 ‒ 6 O 161/19, BeckRS 2020, 48878, Rn. 23; Busche, in Staudinger, Neubearbeitung 2017, § 404 BGB Rn. 10; vgl. Roth/Kieninger, in: MüKo-BGB, 8. Aufl. 2019, § 404 Rn. 5). Insolvenzanfechtungen sind aber keine Einreden oder Einwendungen, sondern bürgerlich-rechtliche Ansprüche (Raupach, in: BeckOK-InsO, 19. Edit. 15.04.2020; § 129 Rn. 4; Borries/Hirte, in: Uhlenbruck, 15. Aufl. 2019, § 129 InsO Rn. 6; vgl. de Bra, in: Braun, Insolvenzordnung, 8. Aufl. 2020, § 129 InsO Rn. 5 ff.).

    Auch war der Anspruch auf Insolvenzanfechtung zum Zeitpunkt der Zession noch nicht entstanden. Der Anspruch der Insolvenzanfechtung entsteht mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens (vgl. Schoon, in: BeckOK-InsO, 19. Edit. 15.04.2020, § 147 Rn. 6). Das Insolvenzverfahren wurde mit Beschluss vom 17.5.2021(211 IK 826/21 AG Chemnitz) eröffnet. Der Schuldner leistete bereits am 3.12.2020, also rund 1 Jahr und 5 Monate vorher, auf die Forderung.

    bb) keine analoge Anwendung des § 404 BGB

    Es fehlt bereits an der Analogievoraussetzung der vergleichbaren Interessenlage, selbst wenn man eine planwidrige Regelungslücke als weitere Analogievoraussetzung annähme, was ausdrücklich seitens der Kammer dahin zu stehen hat. Ziel des § 404 BGB ist es sicherzustellen, dass der Schuldner durch die Abtretung nicht besser, aber auch nicht schlechter gestellt wird (Busche, in Staudinger, Neubearbeitung 2017, § 404 BGB Rn. 11; vgl. Roth/Kieninger, in: MüKo-BGB, 8. Aufl. 2019, § 404 Rn. 1). Dem Insolvenzschuldner standen keine Verteidigungsmittel gegen die                        als Zedentin zu, welche durch die Abtretung verloren gegangen wären. Die Insolvenzanfechtung ist kein Recht des Insolvenzschuldners, sondern ein Mittel der Gläubiger. Ziel der Insolvenzanfechtung ist es, die Gläubiger zu schützen, die Masse anzureichern und so insgesamt das Verfahren zu fördern (Kirchhof/Freudenberg in: MüKo-InsO, 4. Aufl. 2019, vor § 129 Rn. 1 ff.).
    Etwas anderes folgt auch nicht aus dem Urteil BGH ZIP 2015, 1303 Rn. 12. Der BGH bestätigt hier nur, dass sich der Insolvenzverwalter für den Verjährungsbeginn der Insolvenzanfechtung die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis i.S.v. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB seines Vorgängers zurechnen lassen muss. Es wird ausschließlich eine Aussage dazu getroffen, wie die Verjährungseinrede bei der Zession des Insolvenzanfechtungsanspruchs zu behandeln ist. Bei §§ 214 Abs. 1, 199 Abs. 1 BGB handelt es sich ‒ anders als bei der Insolvenzanfechtung ‒ um eine peremptorische Einrede, die in den Anwendungsbereich von § 404 BGB fällt (Roth/Kieninger, in: MüKo-BGB, 8. Aufl. 2019, § 404 Rn. 5). Auch aus dem Urteil BGH NZI 2013, 308 ergibt sich nichts Anderes. Die Entscheidung kann nicht unmittelbar auf den vorliegenden Fall übertragen werden. Dem vorgenannten Urteil lag eine Insolvenzanfechtung nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO zugrunde. Der Insolvenzverwalter ging dort nicht gegen den Zessionar, sondern gegen den Zedenten vor. Zugerechnet wurde weiter nicht die Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit ‒ auf die es bei § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO nicht ankommt ‒, sondern es ging um die Frage, ob die abgetretene Forderung auch nach Abtretung noch eine Forderung aus einem Gesellschafterdarlehen ist (vgl. BGH NZI 2013, 308 Tz. 24). Aus dem Urteil BGH NZI 2013, 308 können auch keine allgemeinen Grundsätze zur Anwendung des § 404 BGB auf insolvenzrechtliche Anfechtungsansprüche gezogen werden. Bei § 135 Abs. 1 InsO handelt es sich um einen besonderen Anfechtungsanspruch, dem andere Wertungen zugrunde liegen als den übrigen Ansprüchen. Der Anfechtungsanspruch des § 135 Abs. 1 InsO findet seinen Grund darin, dass Gesellschafter, die zugleich Gläubiger sind, weniger schützenswert als andere Gläubiger sind, da sie etwa am Gewinn beteiligt sind (Hirte, in: Uhlenbruck, 15. Aufl. 2019, § 135 InsO Rn. 1). Die besondere Bedeutung des § 135 Abs. 1 InsO zeigt sich auch darin, dass er neben den anderen Anfechtungsansprüchen greift (Hirte, in: Uhlenbruck, 15. Aufl. 2019, § 135 InsO Rn. 6 m.w.N.; vgl. zu vorstehendem ausführlich auch: LG Kiel, Urteil vom 10.09.2020, 6 O 161/19, BeckRS 48878).

    Auch wenn der BGH das Anfechtungsrecht des § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO auf den Zessionar erstreckt, der neben dem Zedenten Anfechtungsgegner sein kann (BGH NZI 2013, 308; zustimmend etwa Gehrlein, in: MüKo-InsO, 4. Aufl. 2019, § 135 Rn. 22; Hirte, in: Uhlenbruck, 15. Aufl. 2019, § 135 InsO Rn. 12), weil § 404 BGB einen gutgläubigen einredefreien Erwerb einer Forderung nicht zulasse (BGH NZI 2013, 308 Tz. 24) und durch die Abtretung sich folglich der Charakter der Forderung als Forderung aus einem Gesellschafterdarlehen (BGH NZI 2013, 308 Tz. 24 f.) ändere, lässt sich dies nicht ohne weiteres verallgemeinern (s. LG Kiel, Urteil vom 10.09.2020 ‒ 6 O 161/19 ‒, BeckRS 48878, Rn. 26 ff). Die Frage, ob es sich bei einer Forderung um einen Anspruch aus einem Gesellschafterdarlehensvertrag handelt, kann anders als die Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit objektiv bestimmt werden. Diese Eigenschaft haftet der Forderung unmittelbar an. Bei der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit i.S.v. §§ 130, 131 InsO ‒ aber auch von § 133 InsO wie hier ‒ handelt es sich hingegen um eine subjektive Eigenschaft, die in der Person des Forderungsinhabers begründet liegt und nicht in der Forderung selbst. Die Kenntnis tritt ‒ anders als die Eigenschaft der Gesellschafterstellung ‒ nicht erkennbar nach außen. Daneben führt die Eigenschaft der Forderung als Anspruch aus einem Gesellschafterdarlehen dazu, dass diese nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO nachrangig zu bedienen sind. Sie hat neben dem Auslösen der Anfechtbarkeit folglich noch eine weitere Bedeutung. Die Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit hingegen führt nur zu einer Anfechtbarkeit etwa nach §§ 130, 131 (s. LG Kiel, Urteil vom 10.09.2020, - 6 O 161/19, a. a. O., Rn. 35 f.) oder ‒ wie hier ‒ ggf. nach § 133 InsO.

    cc. keine Zurechnung über § 166 Abs. 1 BGB

    Eine mögliche Kenntnis der                oder                    , die für die                die Forderung vor Abtretung einzutreiben versuchten, die am Schuldenbereinigungsverfahren beteiligt waren und dadurch um die finanziellen Schwierigkeiten des Schuldners und dessen Zahlungsunfähigkeit wussten, muss sich die Beklagte ferner nicht über § 166 BGB zurechnen lassen (so auch LG Kiel, Urteil vom 1009.2020, - 6 O 161/19, a. a. O., Rn. 38 ff.). Nach § 166 Abs. 1 BGB muss sich der Vertretene die Kenntnis seines Wissensvertreters zurechnen lassen. Dies gilt auch für die Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit bei Insolvenzanfechtungen (BGH NZI 2013, 253 Tz. 28 m.w.N.). § 166 BGB wird nicht nur auf die rechtsgeschäftliche Vertretung angewendet, sondern auch bei Personen, die mit der Aufgabe betraut sind, für den Geschäftsherren im Geschäftsverkehr aufzutreten (Herrler, in: Staudinger (2019), § 166 BGB Rn. 5, Schubert, in: MüKo-BGB, 8. Aufl. 2018, § 166 BGB Tz. 28; Bork, BGB AT, Rn. 1662 f.). Die                und die                 waren jedoch nicht Vertreterin der Beklagten, sondern der                             als Zedentin. Auch eine Zurechnung als Wissensvertreterin nach § 166 BGB analog ist nicht möglich. Die vorgenannten Unternehmen haben den Schuldner schon nicht zur Zahlung an die Beklagte, sondern an die Zedentin aufgefordert. Sie waren nicht mit der Durchsetzung der Forderung zu Gunsten der Beklagten, sondern für die Zedentin betraut und handelten nicht für die Zessionarin. Daneben handelte die Beklagte auch unstreitig im eigenen Interesse, als sie den Schuldner über die von ihr beauftragte                   mit der Durchsetzung der aus Abtretung erhaltenen Forderung betraute. Auch diese hatte keine Kenntnis, die sich die Beklagte zurechnen lassen müsste, denn auf ihre erste Aufforderung hin beglich der Schuldner die Forderung in einer Summe. Der Betrag war auch ‒ wie bereits ausgeführt ‒ vergleichsweise gering, so dass aus der Zahlung als solcher sich keine Anhaltspunkte für eine Zahlungsunfähigkeit des Schuldners und dessen ‒ vorliegend einzig zu Gunsten der Klägerin angenommenen ‒ Gläubigerbenachteiligungsvorsatz ergaben.

    Dieser Sichtweise, die bereits das LG Kiel wie vorstehend ausgeführt hat, eingenommen hat, und der sich die Kammer nach eigener kritischer Würdigung angeschlossen hat, steht im Ergebnis die Entscheidung des OLG Schleswig nicht entgegen (OLG Schleswig, Urteil vom 23.06.2021 ‒ 9 U 109, 20 - , BeckRS 2021, 17503, Leitsatz und Rn. 44 ff). Das OLG Schleswig hat insoweit ausgeführt, dass über seinen Wortlaut hinaus § 166 Abs. 1 BGB entsprechend auf solche Personen anwendbar ist, die, ohne Stellvertreter zu sein, mit der eigenverantwortlichen Erledigung bestimmter Angelegenheiten betraut, dabei einem Dritten gegenüber aber als für den Geschäftsherrn handelnd auftreten. Selbst bei dieser extensiven Auslegung des § 166 Abs. 1 BGB muss sich die Beklagte allenfalls Wissen der von ihr mit der Durchsetzung beauftragten                     zurechnen lassen. Diese hatte aber ‒ wie bereits ausgeführt ‒ aufgrund der unmittelbaren Zahlung des vergleichsweise überschaubaren Betrages von rund 5.000,- € ‒ keine Anhaltspunkte, von einer Zahlungsunfähigkeit und einem Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners auszugehen. Die übrigen mit der Eintreibung vor Abretung von der                  beauftragten Unternehmen, nämlich die                 und die               sind auch bei extensiver Auslegung keine Wissensvertreter der Beklagten sondern der Zedentin.

    IV. Kein Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten auf Verzinsung der Hauptforderung aus §§ 280 Abs. 1, 2, 286, 249 ff. BGB sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten aus Gesichtspunkten des Verzuges, § 286 Abs. 1 BGB
    Mangels bestehender Hauptforderung hat der Kläger gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Verzinsung derselben aus §§ 280 Abs. 1, 2, 286, 249 ff. BGB oder Erstattung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten aus Gesichtspunkten des Verzuges, § 286 Abs. 1 BGB.

    C. Nebenentscheidungen

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1, 2 ZPO.

    D. Streitwert

    Der Streitwert wird auf 5.097,68 € festgesetzt.

    Verkündet am 18.08.2022