18.04.2023 · IWW-Abrufnummer 234756
Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht: Urteil vom 24.03.2023 – 1 U 67/22
1. Ein Käufer, der die vereinbarte Vorauszahlung auf den Kaufpreis trotz Rechnung und Mahnung nicht leistet, worauf die von ihm vorzunehmende Abholung der Kaufsache Zug um Zug gegen Zahlung des Restkaufpreises scheitert, kommt in Annahmeverzug.
2. Ein Verkäufer, der eine verkaufte Maschine nach Abschluss des Kaufvertrages bis zur Abholung durch den Käufer weiter benutzt, handelt nicht allein deswegen grundsätzlich vorsätzlich oder grob fahrlässig.
SchlHOLG, 1. Zivilsenat
Urteil v. 24.03.2023
1 U 67/22
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Kiel vom 22.07.2022 hinsichtlich der Klage teilweise abgeändert. Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I.
Die Parteien schlossen am 10./12.07.2017 einen Kaufvertrag über einen Stabbearbeitungscenter X des Herstellers Y (Anlage B 1, AB). Der Kaufpreis wurde mit 100.000,00 € netto vereinbart. Davon sollten 70.000,00 € nach Rechnungseingang vorausgezahlt werden. Weitere 40.000,00 € sollten bei Abholung der Maschine Zug um Zug gezahlt werden. Die Demontage und der Abtransport sollten auf Kosten und auf Risiko der Klägerin erfolgen. Die Gewährleistung wurde ausgeschlossen.
Mit E-Mail vom 21.09.2017 fragte der Geschäftsführer der Beklagten bei dem Geschäftsführer der Klägerin wegen eines Termins zur Abholung an. Der Geschäftsführer der Klägerin teilte mit E-Mail vom 22.09.2019 mit, er wolle die Abholung auf die 42. Kalenderwoche verschieben (Anlage B 17, AB). Mit E-Mail vom 29.09.2017 (Anlage B 12, AB) erklärte der Geschäftsführer der Klägerin den Rücktritt von dem Kaufvertrag. Die Beklagte ließ daraufhin durch ihren Rechtsanwalt die Klägerin mit Schreiben vom 10.10.2017 (Anlage B 5, AB) zur Zahlung auffordern.
Alternativ bot sie an, die Maschinen anderweitig zu verkaufen, wenn die Klägerin die Differenz zu dem mit ihr vereinbarten Kaufpreis ersetze. Für die Klägerin antwortete deren Rechtsanwalt mit Schreiben vom 18.10.2017 (Anlage B 6, AB). Er schlug einen Vergleich vor, nach dem die Zahlungen über ein Anwaltskonto abgewickelt und die Maschine bis zum 11.11.2017 abgeholt werden sollte. Die Klägerin sollte die Rechtsanwaltskosten wegen der anwaltlichen Mahnung nach einem Geschäftswert von 70.000,00 € tragen. Dem Vergleich stimmte die Beklagte durch Schreiben ihres Rechtsanwalts vom 18.10.2017 (Anlage B 7, AB) zu.
Am 10.11. ließ die Klägerin die Maschine im Betrieb der Beklagten demontieren. Vom 13. bis zum 15.11.2017 ließ die Klägerin die Maschine in ihrem Betrieb durch einen Mitarbeiter der Herstellerin wieder aufbauen. Dieser notierte in seinem Servicebericht (Anlage K 6, AB), dass die Maschine ohne Transportsicherung angeliefert worden sei. Die Spindel mache Pfeifgeräusche, die auf einen Lagerschaden hindeuteten. Die Laufzeit der Spindel betrug zu diesem Zeitpunkt 522 Betriebsstunden.
Mit Schreiben ihres Rechtsanwalts vom 17.11.2017 (Anlage K 8, AB) ließ die Klägerin die Beklagte unter Fristsetzung zur Beseitigung des Schadens auffordern. Das ließ die Beklagte mit Schreiben ihres Rechtsanwalts vom 23.11.2017 (Anlage B 15, AB) zurückweisen.
Die Spindel habe beim Betrieb im Betrieb der Beklagten einen Lagerschaden erlitten. Es liege kein Transportschaden vor. Die Maschine sei beim Transport auf dem LKW ordnungsgemäß durch Spanngurte gesichert gewesen. Auf einen Arretierungsbolzen habe verzichtet werden können.
Die Klägerin hat zunächst die Abwicklung des von ihr behaupteten Kaufes einer Maschine durch die Beklagte bei ihr verlangt. Sie hat ihre ursprünglichen Anträge später für erledigt erklärt.
Sie hat die Klage wegen der Rückabwicklung des Kaufvertrages vom 10./12.07.2017 erweitert. Zuletzt hat sie diesbezüglich die Zahlung von 130.900,00 € Zug um Zug gegen Rückübereignung der Maschine sowie vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen und die Feststellung des Annahmeverzuges verlangt. Die Beklagte hat Klagabweisung beantragt und widerklagend die Zahlung von 1.752,90 € nebst Zinsen nach dem zwischen den Parteien geschlossenen Vergleich verlangt. Die Klägerin hat die Abweisung der Widerklage beantragt.
Die Beklagte hat behauptet, die Parteien hätten eine Abholung der Maschine für die 38. Kal<enderwoche vereinbart. Der Geschäftsführer der Klägerin habe das telefonisch am 19.09.2017 zugesagt, die Maschine aber nicht abholen lassen.Die Spindel habe einen Transportschaden erlitten. Sie sei nicht gegen das Herabfallen auf das Maschinenbett gesichert gewesen.
Das Landgericht, auf dessen Urteil wegen der näheren Einzelheiten gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat die Beklagte nach der Einholung eines Sachverständigengutachtens und der Vernehmung von Zeugen unter Klagabweisung im Übrigen nach den zuletzt gestellten Anträgen der Klägerin zur Rückabwicklung des Kaufvertrages verurteilt. Es hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Maschine habe einen Mangel in Form eines Schadens des Spindellagers aufgewiesen, der sich in einem Pfeifgeräusch geäußert habe. Der Gewährleistungsausschluss im Vertrag habe sich nicht auf nach Vertragsschluss aufgetretene Mängel bezogen. Die Maschine sei zur Zeit des Vertragsschlusses und noch am 16.10.2017 bei der Wartung durch den Servicetechniker der Herstellerin einwandfrei gewesen. Es sei auszuschließen, dass der Lagerschaden bei dem Transport der Maschine zu der Klägerin aufgetreten sei. Im Betrieb der Beklagten sei die Maschine nach der Wartung noch zwei Stunden genutzt worden. Das Pfeifgeräusch sei nach der Aussage des Zeugen A bei der Wiederinbetriebnahme im Betrieb der Klägerin aufgetreten. Nach den Angaben des Sachverständigen habe es auf einen Lagerschaden hingedeutet. Das Spindellager habe bei der Untersuchung durch den Sachverständigen einen Lagerschaden aufgewiesen. Es gebe keinen Hinweis auf einen fehlerhaften Zusammenbau der Maschine durch den Zeugen A. Nach den Angaben des Sachverständigen sei ein Transportschaden auszuschließen.
Zur Begründung ihrer frist- und formgerecht eingelegten und begründeten Berufung führt die Beklagte aus, das Landgericht habe nicht beachtet, dass der Gefahrübergang bereits vor der Abholung der Maschine am 10.11.2017 eingetreten sei. Die Klägerin habe sich in Annahmeverzug befunden. Sie habe den Kaufpreis auf die Rechnung und die Mahnung nicht gezahlt. Sie habe die Maschine nicht abgeholt. Der von ihr erklärte Rücktritt sei ohne Grund erfolgt. In dem Vergleich zwischen den Parteien seien nur neue Zahlungsmodalitäten und Abholungstermine vereinbart worden.
Die Beweiswürdigung durch das Landgericht sei mangelhaft. Es sei nicht bewiesen, dass ein Spindelschaden während der Laufzeit von zwei Stunden in ihrem Betrieb eingetreten sei. Die Spindel sei erst am 21.10.2020 durch den Sachverständigen begutachtet worden, nachdem die Maschine noch über einen längeren Zeitraum hinweg von der Klägerin genutzt worden sei.
Der Sachverständige habe angegeben, dass er aus dem Schadensbild nicht auf den Zeitpunkt der Beschädigung schließen könne. Es stehe nicht einmal fest, dass die Spindel aus der Maschine von dem Sachverständigen begutachtet worden sei.
Die Beklagte beantragt,
das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage vollen Umfangs abzuweisen. Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen;hilfsweise für den Fall einer Entscheidung über die Hilfsaufrechnung,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 23.157,29 € nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt insoweit,
die Hilfswiderklage abzuweisen. Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vortrages. Sie führt im Wesentlichen aus, die Beklagte habe ihr die Maschine nicht wörtlich angeboten. Sie habe nicht zu erkennen gegeben, dass sie leistungsbereit und -willig gewesen sei. Die Beklagte habe die Maschine in einen demontage- und transportfähigen Zustand verbringen müssen. Durch den von ihr am 29.09.2017 erklärten Rücktritt sei ein Rückgewährschuldverhältnis entstanden. Die Beklagte habe den Schaden, der bei der Benutzung durch sie eingetreten sei, zu vertreten und damit den Vertragszweck vereitelt.
Die Schriftsätze der Klägerin vom 06.03.2023 und 13.03.2023 haben vorgelegen.
II.
Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache Erfolg.
1. Es trifft zu, dass der im Kaufvertrag vom 10./12.07.2017 vereinbarte Gewährleistungsausschluss nicht für Mängel gilt, die nach Vertragsschluss eintraten. Ein Gewährleistungsausschluss ist in der Regel interessengerecht dahin auszulegen, dass er nicht für Mängel gilt, die nach der Vereinbarung und vor Gefahrübergang entstehen (BGH, Urteil vom 24.01.2003, V ZR 248/02, Rn. 9 ff. bei juris). Denn der Käufer kann sich vor diesen Mängeln nicht schützen, etwa durch eine Begutachtung der Kaufsache vor Abschluss des Kaufvertrages. Der Verkäufer kann die Gefahr für die Kaufsache nach Abschluss des Kaufvertrages in der Regel beherrschen. Er kann sich zudem gegen die Gefahr versichern.
Für eine solche Auslegung im vorliegenden Fall spricht zusätzlich die Formulierung der Vereinbarung. Die Klägerin hat die Maschine gekauft wie besehen und auf Funktion geprüft. Der folgende Gewährleistungsausschluss kann mit dieser Formulierung in Bezug gebracht werden. Er umfasst so nur den besichtigten Zustand. Dass die Klägerin auch das Risiko für später eintretende Mängel übernehmen wollte, lässt sich der Formulierung nicht entnehmen.2. Ein bei der Beklagten etwa beim Betrieb der Maschine durch sie eingetretener Spindellagerschaden wäre nach Übergang der Sachgefahr entstanden. Die Beklagte hätte einen solchen Mangel nicht zu vertreten, so dass ein Rücktritt nach §§ 437 Nr. 2, 440, 323 BGB durch die Klägerin ausgeschlossen ist.
Der Mangel ist jedenfalls nach dem 26.10.2017 eingetreten. An diesem Tag war die Maschine nach dem Wartungsbericht des Servicetechnikers (Anlage B 16) noch funktionsfähig. Die entsprechende Feststellung des Landgerichts wird von keiner Seite angegriffen. Die Sachgefahr ist bereits vor der Wartung am 26.10.2017 und vor der Abholung der Maschine am 10.11.2017 auf die Klägerin übergegangen. a) Nach § 446 S. 1 u. 3 BGB geht die Sachgefahr auf den Käufer über, wenn er mit der Annahme der Kaufsache in Verzug gerät. Während des Annahmeverzuges liegt das Risiko einer zufälligen Verschlechterung der Kaufsache bei dem Käufer. Zufall bedeutet dabei, dass die Verschlechterung von keiner Partei zu vertreten ist. Hinsichtlich des Vertretenmüssens greift im Falle des Annahmeverzuges zu Gunsten des Verkäufers die Regelung des § 300 Abs. 1 BGB ein (MK-BGB/Westermann, 8. Auflage, § 446, Rn. 2, 8). Nach § 300 Abs. 1 BGB hat der Gläubiger während des Annahmeverzuges nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten.
b) Die Klägerin hat sich ab Juli 2017, spätestens aber ab September 2017 in Verzug mit der Annahme der Maschine befunden.
aa) Nach § 293 BGB kommt der Gläubiger in Annahmeverzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt. Nach § 295 BGB genügt ein wörtliches Angebot, wenn der Gläubiger die Annahme der Leistung ablehnt oder zur Bewirkung der Leistung eine Handlung des Gläubigers erforderlich ist. Dem Angebot steht die Aufforderung an den Gläubiger gleich, die erforderliche Handlung vorzunehmen. Die vom Gläubiger vorzunehmende Handlung kann in einer Vorleistung seinerseits bestehen. Für ein wörtliches Angebot kann es ausreichen, wenn der Schuldner zu erkennen gibt, dass er zur Leistung bereit und in der Lage ist (BGH NJW 2003, 1601 f.).
bb) Die Klägerin hatte zum Bewirken der Leistung Handlungen vorzunehmen. Sie hatte zum einen eine Vorleistung zu erbringen. Sie hatte einen Teil des Kaufpreises in Höhe von 70.000,00 € netto als Vorauszahlung nach Rechnungsstellung zu leisten. Den restlichen Kaufpreis hatte sie Zug um Zug gegen Herausgabe der Maschine zu zahlen. Die Beklagte hat die notwendige Rechnung am 24.07.2017 gestellt (Anlage B 10). Die Klägerin hat darauf und auf die Mahnung vom 11.08.2017 (Anlage B 11) keine Zahlungen geleistet.
Die Klägerin kann sich nicht darauf berufen, dass eine Vorauszahlung nicht von ihr verlangt worden oder ihr die Herausgabe der Maschine nicht unter Verweis auf die fehlende Zahlung verweigert worden sei. Denn die Regelung im Kaufvertrag hinsichtlich der Vorauszahlung ist eindeutig.
Die Klägerin kann sich weiter nicht darauf berufen, dass der streitgegenständliche Kaufvertrag und der weitere behauptete Kaufvertrag im Vertrauen aufeinander hätten abgewickelt werden und nur ein Überschuss hätte ausgeglichen werden sollen. Denn das Landgericht hat den Abschluss des weiteren Kaufvertrages über eine von der Klägerin angebotene Maschine nicht für bewiesen erachtet.
Der neue Vortrag in dem Schriftsatz vom 06.03.2023 ist gemäß § 296a ZPO nach Schluss der mündlichen Verhandlung unbeachtlich. Eine Wiedereröffnung des Verfahrens nach § 156 Abs. 2 Nr. 1 ZPO ist nicht veranlasst. Der Senat hatte bereits in der Ladungsverfügung vom 01.11.2022 (Bl. 635 d. A.) darauf hingewiesen, dass ein Annahmeverzug in Betracht kommt.
Dass vereinbart worden sei, den Kaufpreis erst nach der Vereinbarung eines Termins zu zahlen, hat die Klägerin vor Schluss der mündlichen Verhandlung nicht behauptet. Im Übrigen erklärt sie nicht, aus welchem Grund sie die Zahlung nicht vorgenommen hat, obwohl nach ihrem Vortrag Termine vereinbart worden sind. Grund kann nicht gewesen sein, dass die Maschine von der Beklagten im Internet angeboten wurde. Denn das soll „zwischenzeitlich“ erfolgt sein, also nicht anfänglich nach Abschluss des Kaufvertrages oder bereits vor dem ersten vereinbarten Abholungstermin. Worauf sonst der Eindruck beruht haben soll, die Beklagte werde die Abholung der Maschine - trotz Zahlung des Kaufpreises - nicht zulassen, legt die Klägerin nicht dar. Die Ablehnung der Herausgabe der Maschine allein kann bei dem Geschäftsführer der Klägerin kein Misstrauen geweckt haben, da der Kaufpreis eben nicht gezahlt war.
Die Frage, aus welchem Grund die Maschine wieder zum Kauf angeboten wurde, hätte man durch eine Nachfrage bei der Beklagten leicht klären können. Aus der vorliegenden Kommunikation zwischen den Parteien ergibt sich eine solche Nachfrage indes nicht. Es ist aus ihr auch nicht erkennbar, dass der Geschäftsführer der Klägerin eine Nichtlieferung trotz Kaufpreiszahlung befürchtet hätte. Selbst den Rücktritt vom 29.09.2017 (Anlage B 12) hat er nicht mit einer solchen Befürchtung begründet.
Die Klägerin hatte nach dem Kaufvertrag zum anderen die Maschine abzuholen. Sie hat die Abholung mangels Vorauszahlung und mangels Angebots der Zahlung des restlichen Kaufpreises Zug um Zug nicht ordnungsgemäß durchgeführt. Es kann deswegen dahinstehen, ob der Geschäftsführer der Klägerin sich viermal erfolglos zu dem Betrieb der Beklagten begeben hat. Die Beklagte musste ohne Vorauszahlung und Angebot der Zug-um-Zug-Zahlung die Maschine nicht herausgeben.
Die Beklagte hat die Klägerin erfolglos zur Vornahme der die Leistung voraussetzenden Handlung aufgefordert. Sie hat die Zahlung des Kaufpreises mit Mahnung vom 11.08.2017 gefordert.
Die Klägerin kam spätestens in Annahmeverzug, indem sie mit E-Mail vom 29.09.2017 (Anlage B 12) den Rücktritt vom Vertrag erklärte. Sie erklärte damit gleichzeitig, dass sie die Leistung nicht annehmen werde. Das Vertragsverhältnis wurde durch diesen Rücktritt nicht in ein Rückgewährschuldverhältnis umgestaltet. Denn der Rücktritt erfolgte ohne Grund.
cc) Die Klägerin war leistungswillig und -bereit. Dazu reichte es aus, dass sie die Abholung gegen Zahlung des Kaufpreises zugelassen hätte. Was die Klägerin damit meint, die Beklagte habe die Maschine in einen demontage- und transportbereiten Zustand versetzen müssen, erschließt sich nicht. Nach dem Kaufvertrag oblag die Demontage ihr. Irgendwelche Voraussetzungen dafür musste die Beklagte nicht schaffen.
Die Leistungsbereitschaft war für die Klägerin erkennbar. Das ergibt sich bereits aus dem E-Mail-Verkehr vom 21. und 22.09.2017 (Anlage B 17), in dem der Geschäftsführer der Beklagten nochmals wegen eines Termins zur Abholung anfragte. Dem ging eine E-Mail des Geschäftsführers der Beklagten vom 12.09.2017 (Anlage BB 3, Bl. 693 R d. A.) voraus, in der er mitteilte, es liege bei der Klägerin, wann sie die Maschine abhole, und einen Terminvorschlag unterbreitete. Soweit die Klägerin meint, das sei widersprüchlich, weil die Beklagte in erster Instanz vorgetragen habe, die E-Mail vom 12.09.2017 beziehe sich auf das andere, von der Klägerin behauptete, Geschäft, greift das nicht durch. Denn die von der Klägerin gemeinte E-Mail (Anlage B 3, AB) ist zu einem anderen Zeitpunkt und von dem Geschäftsführer der Klägerin übersandt worden.
Die Beklagte hat noch mit dem Schreiben ihres Rechtsanwalts vom 10.10.2017 (Anlage B 5) ihre Leistungsbereitschaft erkennen lassen. Denn dort wurde eine Klage auf Zahlung Zug um Zug gegen Übereignung der Maschine angekündigt.
Die Leistungsbereitschaft der Beklagten wird nicht ausgeschlossen, wenn sie die Maschine zwischenzeitlich im Internet anderweitig zum Kauf angeboten haben sollte. Daraus kann nicht gefolgert werden, dass sie die Maschine nicht durch die Klägerin hätte abholen lassen, wenn diese die geschuldete Vorauszahlung geleistet hätte. Die Beklagte hat keinen anderweitigen Kaufvertrag geschlossen. Ein Angebot zu einem anderweitigen Verkauf kann einer Schadensminderung gedient haben. Die Beklagte hatte Anlass zu der Annahme, dass die Klägerin die Maschine nicht abnehmen werde, da die Zahlung des Kaufpreises nicht erfolgte. Sie hatte Anlass dazu zu ermitteln, ob es andere Interessenten gab und welchen Kaufpreis sie zahlen würden. In diese Richtung deutet auch das Angebot ihres Rechtsanwalts im Schreiben vom 10.10.2017 (Anlage B 5) das Vertragsverhältnis unter Zahlung eines zu erwartenden Mindererlöses zu beenden.
Dass der Annahmeverzug durch die Vereinbarung nicht aufgehoben werden sollte, ist auch daran erkennbar, dass die Klägerin sich verpflichtete, die für die Anmahnung der Vorauszahlung entstandenen Rechtsanwaltskosten zu tragen. Sie erkannte den Zahlungsverzug damit an. Dieser führte seinerseits zum Annahmeverzug.
c) Ein Eintritt des Lagerschadens bei der Beklagten wäre von ihr nicht zu vertreten. Sie hatte während des Annahmeverzuges nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten. Dass die etwaige Beschädigung bei der Bearbeitung eines Werkstückes vorsätzlich oder grob fahrlässig erfolgt sei, hat die Klägerin vor Schluss der mündlichen Verhandlung nicht behauptet.
Der Kaufvertrag kann nicht dahin ausgelegt werden, dass die Maschine sich durch die Weiterbenutzung nicht mehr in einem vertragsgerechten Zustand befand. Nach dem Kaufvertrag vom 10./.12.07.2017 (Anlage B 1) hat die Klägerin die Maschine zwar wie besichtigt bzw. auf Funktion geprüft gekauft. Besichtigt hat sie sie mit einer bestimmten Anzahl von Betriebsstunden. Allerdings wurde die wesentliche Eigenschaft der Maschine durch eine Weiternutzung nicht geändert. Im Mittelpunkt der Vereinbarung stand nämlich die von der Klägerin geprüfte Funktionsbereitschaft der Maschine. Dass eine wesentliche Änderung der Maschine bereits durch bloße die Weiterbenutzung eingetreten und dadurch ein Mangel gegeben sei, hat die Klägerin nicht geltend gemacht.
Auch insoweit bleibt der neue Vortrag der Klägerin in den Schriftsätzen vom 06.03.2023 und 13.03.2023 gemäß § 296a ZPO unbeachtlich. Auch insoweit ist eine Wiedereröffnung der Verhandlung nicht veranlasst. Die Rechtsfolgen eines Annahmeverzuges ergaben sich aus §§ 346, 300 ZPO, was die anwaltlich beratene Klägerin erkennen konnte.
Es steht zudem nicht fest, dass die Beklagte die Maschine unsachgemäß behandelt haben muss. Aus dem Sachverständigengutachten ergibt sich nicht, dass der Schaden durch eine grobe und unsachgemäße Handhabung entstanden ist. Aus dem Gutachten ergibt sich auch nicht, dass der Schaden nicht durch eine normale Benutzung der Maschine ausgelöst worden sein könne, sondern nur durch einen massiven Crash der Spindel, dadurch starke Beschädigungen einträten und das Werkzeug breche und die Maschine wegen Überlast in den Notaus ginge. Der Sachverständige hat das in seinem schriftlichen Gutachten nicht ausgeführt (GA v. 10.11.2020, S. 4, Bl. 236 d. A.). In seiner Anhörung hat er nur ausgeführt, es sei eine Kollision mit einem Werkstück denkbar (Prot. v. 31.05.2022, S. 4 f., Bl. 544 f. d. A.). Dass es nicht auch bei dem normalen Betrieb der Maschine versehentlich zu einer solchen Kollision kommen kann, folgt daraus nicht. Wenn Ursache für eine Kollision gewesen sein sollte, dass ein Schraubstock nicht in seiner Position programmiert worden sein sollte, was ebenfalls nicht vom Sachverständigen festgestellt wurde, folgt daraus noch keine grobe Fahrlässigkeit.
Es steht nicht fest, dass die Mitarbeiter der Beklagten einen beim Betrieb der Maschine durch sie eingetretenen Schaden bemerkt haben müssen. So steht nicht fest, dass die Werkzeugträger bereits bei der Demontage im Betrieb der Beklagten gebrochen waren. Der Zeuge A, der die Maschine im Betrieb der Klägerin aufgebaut hat, hat nach dem Transport festgestellt, dass Klammern gebrochen waren (Anlage K 6, AB). Andererseits hat der Zeuge B, der die Maschine im Auftrag der Klägerin im Betrieb der Beklagten demontiert hat, bestätigt, dass er sie in ordnungsgemäßem Zustand erhalten habe (Anlage B 16, AB). Der Sachverständige hat keine Ausführungen zu unmittelbar bemerkbaren Folgen einer Beschädigung gemacht.
Aber selbst wenn die Mitarbeiter der Beklagten eine Beschädigung festgestellt und der Klägerin verschwiegen haben sollten, ist das nicht gleichbedeutend mit einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Beschädigung der Maschine. Ein etwaiges Verschweigen eines Schadens wäre zudem folgenlos geblieben. Denn der Schaden hätte an der Abnahmepflicht der Klägerin nichts geändert, da er nach Übergang der Sachgefahr eingetreten war.
Ob die Klägerin wegen der Weiterbenutzung der Maschine durch die Beklagte einen Schadensersatzanspruch geltend machten könnte, muss nicht entschieden werden. Einen solchen macht die Klägerin nicht geltend.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
RechtsgebietAnnahmeverzugVorschriften§§ 293, 295, 300, 446 BGB