31.10.2022 · IWW-Abrufnummer 232032
Oberlandesgericht Dresden: Beschluss vom 28.02.2022 – 22 U 1010/21
Fälligkeit und Verjährung von vorsätzlich vorenthaltenen Ansprüchen auf Beitragszahlung zur Krankenversicherung.
In dem Rechtsstreit
XXX, ...
vertreten durch den Vorstand
- Klägerin und Berufungsklägerin -
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte R......, L...... & W......, ...
gegen
D...... P......, ...
- Beklagter und Berufungsbeklagter -
Prozessbevollmächtigter:
Rechtsanwalt J...... D......, ...
wegen Schadensersatz
hat der 22. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden durch
Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht J......,
Richter am Oberlandesgericht A...... und
Richter am Oberlandesgericht Dr. S......
ohne mündliche Verhandlung am 28.02.2022
beschlossen:
Tenor:
1.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Dresden vom 31.05.2021, Az.: 10 O 2448/19, wird zurückgewiesen.
2.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
3.
Das angefochtene Urteil und dieser Beschluss sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4.
Der Gegenstandswert des Berufungsverfahrens wird auf 157.595,53 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Die Klägerin begehrt Schadensersatz aus unerlaubter Handlung für die Nichtabführung der Arbeitnehmeranteile der beim Kläger bzw. einer von ihm repräsentierten Gesellschaft abhängig Beschäftigten Personen sowie die Feststellung, dass die Forderung auf einer vorsätzlich begangenen Handlung beruht.
Die Klägerin tritt als Einzugsstelle von Sozialversicherungsleistungen gegen den Beklagten auf. Die Erkenntnisse der Klägerin beruhen auf Ermittlungen der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland, die mit Schreiben vom 08.05.2012 (Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Leipzig zu Az. 213 Js 66999/07, Bl. 630 ff.) der Staatsanwaltschaft mitteilte, dass der Beklagte - handelnd unter "S...... R...... E......" bzw. "V...... Bauservice GmbH" - im Zeitraum September 2005 bis Dezember 2007 eine Vielzahl von namentlich nicht näher bekannten Arbeitnehmers beschäftige und für diese Beiträge zur Sozialversicherung nicht abführte.
Auf der Basis dieser Mitteilung erhob die Staatsanwaltschaft am 14.06.2012 Anklage zum Amtsgericht - Schöffengericht - Leipzig und bezog sich dabei vollumfänglich auf die Schadensberechnung der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland vom 08.05.2012. Nicht berücksichtigt wurden lediglich gegenüber der C...... W...... erbrachte und abgerechnete Leistungen. Wiederum ausschließlich auf der Berechnung der Deutschen Rentenversicherung basierend verurteile das Amtsgericht den Beklagten mit Urteil vom 15.01.2016 (Anl. K5) - rechtskräftig seit 23.01.2016 - u.a. wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 26 Fällen.
Zudem stellte die Deutsche Rentenversicherung Mitteldeutschland mit Bescheid vom 31.08.2016 (Anl. K1 und K3) gegenüber dem Beklagten fest, dass "die Auswertung der aufgrund einer Prüfung nach § 2 Abs. 2 SchwarzArbG durch das HZA Dresden FKS Leipzig, Hamburger Straße 5, 04129 Leipzig, bereitgestellten Unterlagen zur Feststellung eines Betrags beitragsrechtlichen Schadens geführt hat. Aus diesem Sachverhalt ergeben sich Nachforderung zur Sozialversicherung in Höhe von insgesamt ****** EUR." Zur Begründung wird auf das Urteil des Amtsgerichts Leipzig vom 15.1.2016 Bezug genommen. Die in der Begründung des Bescheides - nicht aber in dessen Tenor - aufgelisteten Schadensbeträge sind wiederum mit denen aus der Berechnung vom 08.05.2012, der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Leipzig und dem Urteil des Amtsgerichts Leipzig inhaltsgleich.
Die Klägerin erhob am 04.12.2019 Klage vor dem Landgericht Leipzig. Sie behauptet, dass die abzuführenden Gesamtsozialversicherungsbeiträge auf der Grundlage des Nettoumsatzes des Beklagten bemessen worden seien. Es sei ein branchenspezifischer Lohnkostenanteil ermittelt worden, da der Beklagte seine Aufzeichnungspflichten nicht erfüllt habe. Die Zuständigkeit der Klägerin als Einzugsstelle ergebe sich aus der Betriebsnummer des Beklagten 00000000.
Der Beklagte erhob die Einrede der Verjährung.
Das Landgericht wies die Klage ab, da die Klägerin hinsichtlich ihrer Aktivlegitimation beweisfällig geblieben sei. Zwar richte sich die Zuständigkeit der Klägerin nach der Betriebsnummer des Beklagten. Die Vorgabe der Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger vergeben dabei die Zuordnung der Betriebe an die einzelnen Krankenkassen neu, was das durch IT-Fachleute umgesetzt werde. Es verblieben bei der Kammer aber gewichtige Zweifel, ob diese Umsetzung gelungen sei. Es sei angezeigt, diese Zuständigkeit durch den Sachbearbeiter zu prüfen. Diese habe die als Zeugin vernommene Sachbearbeiterin der Klägerin, Frau T...... nicht durchgeführt.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer fristgerecht erhobenen und begründeten Berufung. Die Klägerin als gesetzliche Krankenkasse ziehe lediglich die Beiträge für die Deutsche Rentenversicherung ein. Ihre Zuständigkeit folge entsprechend der veröffentlichten Vereinbarung der Spitzenverbände der Krankenkasse, der Deutschen Rentenversicherung Bund und der Bundesagentur für Arbeit vom 23./24.04.2007 aus der Endziffer -55 der nicht im streitigen Zeitraum nicht geänderten Betriebsnummer des Beklagten. Das Landgericht kenne nicht die Bindungswirkung des Strafurteils des Amtsgerichts Leipzig und des Bescheides der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland, wonach sich die Beitragspflicht des Beklagten ergebe. Deren Nachprüfung komme den ordentlichen Gerichten nicht mehr zu.
Die Klägerin beantragt
das Endurteil des Landgerichts Dresden vom 31.05.2021 abzuändern und
- den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin einen Beitrag von 152.595,53 EUR aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszins hieraus seit 16.11.2019 zu zahlen sowie
- festzustellen, dass die Forderung der Klägerin gegen den Beklagten in Höhe von 152.595,53 EUR auf einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung beruht.
Der Beklagte beantragt
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte wiederholt seinen Vortrag zur behauptet fehlenden Aktivlegitimation der Klägerin und zur Verjährung der Forderung.
Der Senat hat mit Beschluss vom 11.11.2021 darauf hingewiesen, dass das Urteil im jedenfalls Tenor - wenn auch nicht in der Begründung - fehlerfrei sei, so dass es keiner Abänderung bedürfe. Nach vorläufiger Rechtsauffassung des Senats sei der Leistungsanspruch verjährt und für den Feststellungsanspruch bestehe kein Feststellungsinteresse. Die Klägerin könne wegen des fehlenden Erfolges der Leistungsklage gegen den Beklagten aus keinem Titel vollstrecken, so dass der Beklagte einen möglichen Einwand der Restschuldbefreiung - die mit der Feststellung, dass die Forderung aus einer unerlaubten Handlung entstamme, verhindert werden soll - nicht werde vorbringen können. Die Parteien erhielten Gelegenheit zum ergänzenden Vortrag.
Die Klägerin führte daraufhin mit Schriftsatz vom 03.12.2021 in rechtlicher Hinsicht aus, dass ihr Anspruch erst mit Erlass des Bescheides der Deutschen Rentenversicherung fällig und entstanden sei. Die Zuständigkeit der Rentenversicherung als Prüfstelle umfasse dabei nicht nur die Kontrollfunktionen, sondern auch die Vollzugsfunktionen. Sie sei ermächtigt, Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe zu erlassen. Die Zuständigkeit der Einzugsstelle trete demnach zurück. Der Anspruch könne daher erst geltend gemacht werden, wenn dieser vom Rentenversicherungsträger geprüft und durch Verwaltungsakt festgestellt worden sei. Bis dahin sei der Anspruch weder dem Grunde nach der Höhe nach bestimmbar gewesen. Im Übrigen verjähre der Anspruch als rein versicherungsrechtlicher Anspruch nach § 25 Abs. 1 SGB IV erst nach 30 Jahren. Die Verjährung sei nach § 25 Abs. 2 SGB IV während der Prüfung durch den Rentenversicherungsträger gehemmt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das angefochtene Urteil, die zu den Akten gelangten Schriftsätze samt Anlagen sowie den Akteninhalt im Übrigen Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung war gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, da sie offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg bietet, der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, die Fortbildung des Rechts und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil nicht erfordert und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Zur Begründung wird, um Wiederholungen zu vermeiden, auf den Hinweisbeschluss des Senats vom 11.11.2021 umfassend Bezug genommen. Die Stellungnahme der Klägerin vom 03.12.2021 gibt zu einer abweichenden Beurteilung im Ergebnis keinen Anlass. Der Leistungsanspruch ist verjährt (dazu nachfolgend 1.). Für den Feststellungsanspruch besteht kein Feststellungsinteresse (dazu nachfolgend 2.).
1. Der Leistungsanspruch war bereits verjährt, bevor die Klägerin verjährungshemmende Maßnahmen - hier die Erhebung der Klage vor dem Landgericht Dresden am 04.12.2019 - einleitete.
a) Maßgeblich ist hier die 10-jährige Verjährungsfrist nach § 199 Abs. 3 Satz 1 BGB.
aa) Danach verjährt der geltend gemachte deliktische Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis der Klägerin in zehn Jahren von ihrer Entstehung an. Voraussetzung ist damit lediglich, dass der Anspruch (objektiv) entstanden ist, nicht aber, dass die Klägerin von der Existenz eines eventuellen Anspruchs wusste oder hätte wissen müssen. Der Anspruch muss zudem fällig sein.
Ein Anspruch entsteht in diesem Sinne, wenn der Gläubiger die Möglichkeit hat, verjährungshemmende Maßnahmen einzuleiten, insbesondere, wenn er wegen dieses Anspruchs eine Klage erheben kann (BGH, Urteil vom 17. Juli 2014 - IX ZR 301/12, WM 2014, 2009 Rn. 13). Die Vorschrift des § 206 BGB, nach welcher die Verjährung gehemmt ist, solange der Gläubiger innerhalb der letzten sechs Monate der Verjährungsfrist durch höhere Gewalt an der Rechtsverfolgung gehindert ist, bringt diese Wertung klar zum Ausdruck (BGH, Urteil vom 16. Juli 2015 - IX ZR 127/14 -, Rn. 14, juris). Es genügt dabei, wenn der Gläubiger zwar die Höhe seines Anspruchs noch nicht bekannt ist, er jedoch eine Feststellungsklage erheben kann (BGH, Versäumnisurteil vom 18. Juni 2009 - VII ZR 167/08 -, BGHZ 181, 310-317, Rn. 19; BGH, Urteil vom 08. November 2016 - VI ZR 200/15 -, Rn. 12, juris; Peters/Jacoby in Staudinger BGB, § 199, Rn. 3). Damit der Lauf der Verjährung in Gang gesetzt werden kann, muss nur die Möglichkeit der Klage gegeben sein. Diese Möglichkeit braucht nur objektiv und unabhängig von der Kenntnis des Gläubigers zu bestehen (Grothe in Münchner Kommentar BGB, § 199 Rn. 5, Peters/Jacoby a.a.O., Rn. 6).
Ansprüche auf Zahlung der Anteile zur Krankenversicherung sind nach § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB IV spätestens am drittletzten Bankarbeitstag des Folgemonats fällig. Der Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit §§ 266 a Abs. 1, 14 Abs. 1 StGB entstand mit dem Ablauf des Tages, an dem die Beiträge gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB IV fällig waren (BGH, Urteil vom 18. November 1997 - VI ZR 11/97 - Rn. 12, juris und Urteil vom 09. Januar 2001 - VI ZR 119/00 -, Rn. 14, juris).
Keine notwendige Voraussetzung für den Eintritt der Verjährung ist, dass die Klägerin - wie sie meint - im Zeitpunkt des Schadenseintritts von der Pflicht des Beklagten zur Zahlung der Arbeitnehmeranteile zur Krankenversicherung im Einzelnen wusste. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der genannten Vorschrift ("ohne Rücksicht auf die Kenntnis..."). Auch ohne ihre Kenntnis war aber der Anspruch grundsätzlich hinsichtlich Gläubiger, Schuldner und Inhalt bestimmbar, was für die Entstehung eines Anspruchs erforderlich, aber auch ausreichend ist (vgl. BGH, Urteil vom 16. April 2014 - IV ZR 153/13 - Rn 14 und OLG München, Beschluss vom 23. Januar 2020, - 21 U 6009/19 - Rn. 13, jeweils juris).
bb) Dies vorausgeschickt waren die jüngsten der hier eingeklagten Ansprüche - für den Beitragsmonat Dezember 2007 - spätestens am 28.01.2008 entstanden und fällig. Damit war auch zu diesem Zeitpunkt der mit der Klage verfolgte Schadensersatzanspruch entstanden und fällig. Denn die Ansprüche zur Sozialversicherung sind von der Entgelthöhe der abhängig Beschäftigten im Betrieb des Beklagten abhängig und werden weder durch die tatsächliche Zahlung des (Netto-)Entgeltes noch durch nachfolgend eingetretene andere Umstände beeinflusst. Ebenso ist ohne Einfluss auf die Entstehung der Forderung, dass - hier unterstellt - weder die Deutsche Rentenversicherung Mitteldeutschland noch die Klägerin zu diesem Zeitpunkt Kenntnis von der Entstehung des Anspruchs und der Umstände hierzu hatten.
cc) Entgegen der Auffassung der Klägerin kommt es für die Frage der Entstehung des zivilrechtlichen Schadensersatzanspruches aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266a StGB gegen den Beklagten nicht auf den Erlass des Beitragsbescheides der Deutschen Rentenversicherung vom 31.08.2016 an, mit dem die rückständigen Sozialversicherungsbeiträge gegen den Beklagten berechnet - wenn auch nicht förmlich festgesetzt - wurden. Denn die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge bereits aus dem Gesetz (vgl. §§ 5 Abs. 1 SGB V, 20 Abs. 1 SGB XI, 25 Abs. 1 SGB III i.V.m. §§ 22, 23 SGB IV). Es kommt deshalb auch für die Verjährung des Anspruchs der Sozialversicherungsträger gegen den Arbeitgeber nicht auf den Erlass eines Verwaltungsaktes an (BGH, Urteil vom 12. Mai 2009 - VI ZR 294/08 -, Rn. 10, juris), durch den der Anspruch lediglich konkretisiert wird, jedenfalls dann, wenn - wie hier - es sich um Ansprüche handelt, die per Gesetz und unabhängig von einem Ermessen der Festsetzungsbehörde entstehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Januar 1966 - VI C 112.63 -, BVerwGE 23, 166-174, Rn. 20; BVerwG, Urteil vom 25. November 1982 - 2 C 32/81 -, BVerwGE 66, 256-261, Rn. 15).
dd) Da zum Zeitpunkt der Klageerhebung am 04.12.2019 als erste für die Hemmung der Verjährung des begehrten Anspruchs in Betracht kommende Maßnahme ein Zeitraum mehr als 10 Jahren nach dessen Entstehung und Fälligkeit spätestens am 28.01.2008 verstrichen war, ist Verfolgungsverjährung eingetreten. Die Einrede hat sich der Kläger bereits erstinstanzlich wirksam erhoben.
b) Überdies ist der Leistungsanspruch auch nach §§ 195, 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB verjährt. Denn nach Ablauf des Jahres, in dem die Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland als zuständiger Rentenversicherungsträger Kenntnis von der Entstehung des Anspruchs erlangte, war ein Zeitraum von mehr als drei Jahren vergangen, bevor verjährungshemmende Maßnahme ergriffen wurden.
aa) Dabei ist auf die Kenntnis des Rentenversicherungsträgers als verfügungsberechtigter Behörde und auf die Kenntnis der Klägerin als Einzugsstelle abzustellen (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2009 - Az.: VI ZR 294/08 -). Als verfügungsberechtigt ist die Behörde anzusehen, der die Entscheidungskompetenz für die zivilrechtliche Verfolgung von Schadensersatzansprüchen zukommt (BGH, a.a.O., Rn. 12). Die Entscheidungskompetenz für die Verfolgung zivilrechtlicher Schadensersatzansprüche wegen Vorenthaltung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen kommt dem Träger der Rentenversicherung zu, dieser ist - wie bereits festgestellt - Prüfungsstelle in Bezug auf die Einhaltung der Meldepflichten und der sonstigen Pflichten des Arbeitgebers nach dem SGB IV, § 28p Abs. 1 SGB IV. Die Zuständigkeit als Prüfungsstelle umfasst dabei nicht nur die Kontrollfunktion, sondern auch Vollzugsfunktionen; soweit letztere von den Krankenkassen als Einzugsstellen ausgeübt werden, liegt lediglich ein gesetzlich geregeltes Auftragsverhältnis vor (§ 93 SGB X), das an der Zuständigkeit nichts ändert. Nicht nur die Verfügungsberechtigung zur Geltendmachung von Beitragsrückständen gegen die Arbeitgeber, sondern auch zur Verfolgung zivilrechtlicher Ansprüche steht den Prüfungsstellen im Sinne einer "Annexkompetenz" zu (BGH, a.a.O., Rn. 16). Da die Krankenkassen lediglich als Einzugsstellen im Auftrag der Rentenversicherungsträger tätig werden, denen eine vorrangige Prüfungs- und Entscheidungskompetenz zusteht, ist es sachgerecht, für die Verjährung auf die Kenntnis der Bediensteten der Rentenversicherungsträger abzustellen (BGH, a.a.O., Rn. 16, KG Berlin, Beschluss vom 16. Februar 2015 - 8 U 67/14 -, Rn. 15, juris).
bb) Gemessen daran ist bereits mit Ablauf des Jahres 2015 Verfolgungsverjährung eingetreten, denn die Deutsche Rentenversicherung Mitteldeutschland hatte seit spätestens 08.05.2012 Kenntnis von dem zugrundeliegenden Sachverhalt. Sie übermittelte an jenem Tage der Staatsanwaltschaft Leipzig eine Schadensberechnung aus der behaupteten Tätigkeit des Beklagten, handelnd unter "S...... R...... E......" bzw. "V...... Bauservice GmbH", aus der sich auch die im vorliegenden Verfahren verfolgten Ansprüche sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach ergeben und berechnen.
c) Ein abweichendes Ergebnis lässt sich entgegen der Auffassung der Klägerin nicht mit dem Hinweis auf die bei vorsätzlicher Vorenthaltung von Beiträgen geltende dreißigjährige Verjährungsfrist des § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV begründen. Diese Bestimmung war nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs keine die Verjährung nach § 852 Abs. 1 BGB a.F. verdrängende Spezialvorschrift (vgl. BGH, Urteil vom 09. Januar 2001 - VI ZR 119/00 -, Rn. 14, juris; BGH, Beschluss vom 06. April 2006 - IX ZR 240/04 -, Rn. 3, juris; OLG Frankfurt, Beschluss vom 18. April 2005 - 19 W 9/05 -, Rn. 13, juris). An dieser Rechtsprechung ist auch zu den neuen Verjährungsvorschriften - §§ 195, 199 n.F. BGB - festzuhalten (BGH, Urteil vom 12. Mai 2009 - VI ZR 294/08 -, Rn. 19, juris).
2. Hinsichtlich des Feststellungsantrages fehlt es an einem Feststellungsinteresse.
Ein Feststellungsinteresse für die Klägerin bestünde vorliegend allein darin, einer späteren Vollstreckungsabwehrklage des Beklagten vorzubeugen. Denn der Einwand des Schuldners (hier des Beklagten) aus einem gegen ihn ergangenen Titel könne wegen Erteilung der Restschuldbefreiung nicht mehr vollstreckt werden, ist im Wege der Vollstreckungsabwehrklage zu verfolgen (BGH, Beschluss vom 25. September 2008, Az.: IX ZB 205/06, Rn. 8 ff. - juris). Gegen diese Abwehrklage könnte die Vollstreckungsgläubigerin (hier die Klägerin) jederzeit einwenden, ihr Vollstreckungstitel sei von der Restschuldbefreiung nach § 302 Nr. 1 InsO nicht ergriffen. Den Vollstreckungsgläubiger trifft dabei die Beweislast für diese Einwendung, die als solche nicht verjährt (BGH, Urteil vom 02. Dezember 2010, Az.: IX ZR 247/09, Rn. 16 - juris).
Eine solche Situation ist jedoch für die Klägerin im hiesigen Fall nicht ersichtlich. Wegen des fehlenden Erfolgs ihre Leistungsklage wird sie nicht in der Lage sein, ihre behaupteten Ansprüche gegen den Beklagten - aus einem Titel - vollstrecken zu können, so dass der Beklagte auch keine Vollstreckungsabwehrklage erheben kann. Deshalb ist ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung für die Klägerin nicht erkennbar.
Soweit die Klägerin dazu auf die Entscheidung des BGH mit Urteil vom 02.12.2010, Az.: IX ZR 247/09, Bezug nimmt, lag dort der Sachverhalt in einem entscheidenden Punkt anders. Dort existierte gegen den Schuldner bereits aus einem früheren gerichtlichen Verfahren ein rechtskräftiger Vollstreckungstitel, bei dem auch noch keine Vollstreckungsverjährung eingetreten war. Es bestand deshalb für die dortige Klägerin ein Interesse an der Feststellung, dass die - anderweitig titulierte - bezifferte Forderung auf einer unerlaubten Handlung beruhe, da jederzeit die Möglichkeit einer Vollstreckungsabwehrklage durch den dortigen Beklagten wegen einer Restschuldbefreiung nach einem Insolvenzverfahren bestand. Da eine solche Situation hier - mangels rechtskräftigen Vollstreckungstitel der Klägerin gegen den Beklagten - nicht eintreten wird, besteht auch für die hiesige Klägerin kein Feststellungsinteresse (so auch: BGH, Beschluss vom 06. April 2006, Az.: IX ZR 240/04, Rn. 7 - juris).
3. Weitere Ergänzungen sind nicht veranlasst. Der Hinweis des Senats gibt seine fortgeltenden Erwägungen im Übrigen umfassend wieder.
Da nach dem Ergebnis der Prüfung durch den Senat der Tenor des Urteils des Landgerichts nicht abzuändern ist, ist die Berufung der Klägerin insgesamt zurückzuweisen. Dabei ist unbeachtlich, dass das Senatsergebnis auf einer anderen rechtlichen Bewertung beruht.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
IV.
Der Gegenstandswert wurde gemäß §§ 47, 48 Abs. 1 GKG, § 3 ZPO festgesetzt. Dabei hat der Senat den Wert des Feststellungsantrages auf 5.000,- EUR geschätzt.
Hinweis:
Hinweise
Die Entscheidung wurde mit Beschluss vom 22.03.2022 unter II. 1. b) bb) der Gründe ergänzt.