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  • 09.03.2020 · IWW-Abrufnummer 214656

    Oberlandesgericht Dresden: Urteil vom 18.10.2019 – 9 U 841/19

    Hat der Darlehensnehmer den mit dem Darlehen verbundenen Kaufvertrag angefochten,kann er die Zahlung weiterer Raten auf das Darlehen verweigern (§ 359 Abs. 1 Satz 1 BGB) und die bereits gezahlten Darlehensraten von der Bank zurückverlangen (§§ 813 Abs. 1, 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB).


    Oberlandesgericht Dresden

    Urteil vom 18.10.2019

    Az.: 9 U 841/19

    In dem Rechtsstreit

    XXX Bank GmbH, ...
    vertreten durch den Vorstand
    - Klägerin, Widerbeklagte und Berufungsklägerin -
    Prozessbevollmächtigte:
    Rechtsanwälte S......, M...... & Partner, ...
    Autohaus YYY GmbH, ...
    vertreten durch die Geschäftsführer J...... F...... und F...... F......
    - Streithelferin u. Berufungsklägerin -
    Prozessbevollmächtigte:
    B...... Rechtsanwälte, ...
    gegen
    C...... M......, ...
    - Beklagter, Widerkläger und Berufungsbeklagter -
    Prozessbevollmächtigte:
    Rechtsanwälte R...... & F......, ...

    wegen Forderung aus Darlehensvertrag

    hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden durch

    Richterin am Oberlandesgericht L......,
    Richterin am Oberlandesgericht S...... und
    Richter am Oberlandesgericht K......

    aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 08.10.2019

    für Recht erkannt:

    Tenor:

    I. Die von der Streithelferin geführte Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 14.03.2019, Az.: 4 O 2567/17, wird zurückgewiesen.

    II. Die Streithelferin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

    III. Das Urteil des Landgerichts und dieses Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

    IV. Die Revision wird zugelassen.

    Beschluss:

    Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 17.795,67 EUR festgesetzt.

    Gründe

    I.

    Der Beklagte erwarb bei der Streithelferin ein Fahrzeug, das von der Klägerin finanziert wurde. Nach Kündigung des Darlehens durch die Klägerin und Verwertung des Fahrzeugs verlangt sie die Zahlung der sich ergebenden Restforderung. Der Beklagte begehrt im Hinblick auf die von ihm erklärte Anfechtung des Kaufvertrags widerklagend, soweit in der Berufung noch von Interesse, die Rückzahlung der an die Klägerin geleisteten Darlehnsraten.

    Der Senat verweist zunächst auf die Feststellungen im landgerichtlichen Urteil. Ergänzend ist auszuführen:

    Der Beklagte unterzeichnete am 22.08.2013 eine "Verbindliche XXX-Bestellung". Darin heißt es vorgedruckt: "Unter Anerkennung der nachfolgend auf den Seiten 2 und 3 abgedruckten Neuwagen-Verkaufsbedingungen bestelle(n) ich/wir bei oben genannter Firma in serienmäßigem Lieferumfang: ..." Es folgt die genaue Bezeichnung des gekauften Fahrzeuges, eines ZZZ Cabriolet, samt Sonderausstattungen mit einzeln aufgeführten Preisen. Ergänzend ist auf dem Formular handschriftlich festgehalten: "ZZZ Cabrio wird als Tageszulassung vom Autohaus YYY als Erstzulassung 1 Monat + 1 Tag genutzt."

    Der Wagen befand sich bereits bei der Streithelferin, als er besichtigt und die Bestellungunterzeichnet wurde. Der Beklagte behauptet, das Fahrzeug sei im August 2011 produziertworden. Die Streithelferin behauptet, der Wagen sei ihr am 31.03.2013 von der XXXAG geliefert worden.

    Am 26.08.2013 wurde der Wagen zunächst auf die Streithelferin zugelassen und einige Wochen später dem Beklagten übergeben. Die Finanzierung des Kaufpreises, bis auf eine Anzahlung von 1.580,00 EUR, erfolgte durch die Klägerin, der das Fahrzeug sicherungsübereignet wurde.

    Nachdem der Beklagte im Jahr 2013 seinen Zahlungsverpflichtungen teilweise nicht nachgekommen war und eine Nachfristsetzung auch nicht zur Zahlung der fälligen Beträge führte, kündigte die Klägerin das Darlehen mit Schreiben vom 27.08.2015.

    Mit Schreiben seines damaligen Rechtsanwaltes vom 24.09.2015 erklärte der Beklagte gegenüber der Streithelferin die Anfechtung des Kaufvertrages und begründet dies damit, dass das Fahrzeug am 24.08.2011 produziert worden sei.

    Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben, soweit der Beklagte von der Klägerin die Rückzahlung der gezahlten Darlehensraten verlangte. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Beklagte den Kaufvertrag wirksam angefochten habe. Er könne daher gemäß § 359 BGB die Rückzahlung des Darlehens verweigern und gemäß §§ 813 Abs. 1 Satz 1, 812 Abs. 1 Satz 1 BGB die bereits gezahlten Darlehensraten zurückverlangen.

    Hiergegen wendet sich die Streithelferin mit ihrer für die Klägerin eingelegten Berufung. Sie meint, dass sie den Beklagten nicht über die Neuwageneigenschaft getäuscht habe. Vielmehr sei von Beginn an der Erwerb eines Gebrauchtwagens vereinbart worden. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes beseitige die Tageszulassung die Neuwageneigenschaften nur dann nicht, wenn es sich um eine kurzfristige Zulassung handele. Von daher sei im Lichte dieser Rechtsprechung der Verkauf eines Gebrauchtwagens vereinbart worden. Es fehle auch an der Arglist. Das Baujahr des Pkw sei der Streithelferin im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses unbekannt gewesen und sei im Übrigen mit Nichtwissen bestritten worden. Das Baujahr eines Fahrzeuges ergebe sich einzig aus dem Kfz-Brief. Die Streithelferin habe die Fahrzeuge ihrerseits finanziert, was dazu führe, dass die Kfz-Briefe, wie auch der des streitgegenständlichen Fahrzeugs, vom Hersteller zur finanzierenden Bank als Sicherheit gelangen. Dies sei vorliegend ebenso der Fall gewesen. Die Streithelferin habe auch keine Angaben ins Blaue hinein getätigt. Es fehle an der Kausalität zwischen Irrtum und Vertragsabschluss. Es sei dem Beklagten gar nicht darauf angekommen, einen Neuwagen zu erwerben, sondern lediglich darauf, dass der Fahrzeugkauf habe finanziert werden können. Der Beklagte habe auch die Anfechtungsfrist nicht eingehalten. Er habe den Kfz-Brief, aus welchem sich das Baujahr ergebe, zur Zulassung des Pkws im Jahr 2013 erhalten. Das Baujahr ergebe sich zudem aus der Zulassungsbescheinigung.

    Die Streithelferin beantragt,

    das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 14.03.2019 zum Az.: 4 O 2567/17 abzuändern und

    1. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 11.624,22 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 11.549,22 EUR seit dem 06.04.2017 sowie ausgerechnete Verzugszinsen für den Zeitraum vom 13.09.2015 bis 05.04.2017 in Höhe von 805,82 EUR zu zahlen,

    2. die Widerklage abzuweisen.

    Die Klägerin stellt keinen Antrag.

    Der Beklagte beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen.

    Er verteidigt das angegriffene Urteil.

    Wegen des weiteren Vortrages der Parteien wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

    II.

    Die zulässige, von der Streithelferin geführte Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.

    Zu Recht hat das Landgericht angenommen, dass der Beklagte nicht verpflichtet ist,weitere Zahlungen auf das Darlehen zu leisten (§ 359 Abs. 1 Satz 1 BGB) und dass er Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Darlehensraten hat (§§ 813 Abs. 1 Satz 1, 812 Abs. 1 Satz 1 1. Fall BGB).

    1.

    Der Beklagte hat den Kaufvertrag mit Schreiben seines Rechtsanwaltes vom 24.09.2015wirksam angefochten.

    a)

    Das Fahrzeug wurde im August 2011 produziert. Hiervon hat der Senat auszugehen. Das Bestreiten der Streithelferin mit Nichtwissen ist unbehelflich. Als Vertragshändlerin von Volkswagen ist es ihr ohne weiteres möglich, das Produktionsdatum des Fahrzeugs anhand der Fahrzeugidentifizierungsnummer über die Fahrzeughistorie herauszufinden, notfalls über eine Nachfrage beim Hersteller. Ein Bestreiten mit Nichtwissen ist daher nicht zulässig. Im Übrigen ergibt sich das Produktionsdatum nicht, wie sie behauptet, aus dem Kfz-Brief (gemeint sein dürfte: die Zulassungsbescheinigung Teil 2). Sie ergibt sich auch nicht aus der Zulassungsbescheinigung Teil 1. Das ist allgemeinkundig. Aus der dort angegebenen Fahrzeugidentifizierungsnummer kann lediglich das Modelljahr ersehen werden. Im Klartext ist es dort aber nicht aufgeführt, sondern lediglich mit einer Ziffer oder einem Buchstaben gekennzeichnet (vgl. www.adac.de/rund-ums-fahrzeug/auto-kaufen-verkaufen/gebrauchtwagenkauf/auto-alter/). Als Daten sind in den Zulassungsbescheinigungen nur dasjenige der Erstzulassung (Feld B) und dasjenige der Erteilung der Allgemeinen Betriebserlaubnis (Feld 6) angegeben. Der Produktionszeitpunkt ist in den Zulassungsbescheinigungen hingegen nicht aufgeführt.

    b)

    Der Beklagte wurde von der Streithelferin bei dem Abschluss des Kaufvertrages darüber getäuscht, dass das Fahrzeug länger als zwölf Monate, nämlich 24 Monate, vor dem Verkauf produziert worden war.

    Die Parteien streiten darüber, inwieweit sie sich auf ein Neufahrzeug als Kaufgegenstand geeinigt haben. Der Streit besteht jedoch nicht über die zugrunde liegenden Tatsachen, die das Fahrzeug betreffen, oder die getroffenen Vereinbarungen. Vielmehr ist die Streithelferin der Auffassung, dass aufgrund der Vereinbarung über die Tageszulassung ein Neufahrzeug im Rechtssinne nicht mehr vorgelegen habe. Sie verweist auch darauf, dass in der Rechnung, die die Streithelferin dem Beklagten erteilte, der Wagen als Gebrauchtwagen ausgewiesen war.

    Auf die Wortwahl bei der Bezeichnung in der Rechnung und selbst im Vertrag kommt es jedoch nicht entscheidend an. Entscheidend ist, dass der Wagen null Kilometer gefahren und bei der Streithelferin als Neuwagen angeboten worden war. Die Streithelferin trägt selbst ausdrücklich vor, dass es sich aus Sicht des Verkäufers und des Beklagten um einen Neuwagen gehandelt habe. Die Besonderheit gegenüber dem üblichen Verkauf eines Neuwagens war lediglich die Zusatzvereinbarung, dass das Fahrzeug noch eine Tageszulassung erhalten sollte und von der Streithelferin noch einen Monat und einen Tag genutzt werden durfte.

    Bei dieser Sachlage erklärte die Streithelferin aber gleichwohl, dass es sich bei dem zu verkaufenden Fahrzeug um ein Neufahrzeug handelte. Denn es hatte zu diesem Zeitpunkt ja noch null Kilometer gefahren und war auch noch nicht zugelassen gewesen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt im Verkauf eines Neuwagens durch einen Kraftfahrzeughändler grundsätzlich die Zusicherung, dass das verkaufte Fahrzeug die Eigenschaft hat, "fabrikneu" zu sein. Dies ist der Fall, wenn und solange das Modell dieses Fahrzeugs unverändert weitergebaut wird, wenn es keine durch eine längere Standzeit bedingte Mängel aufweist und wenn zwischen Herstellung des Fahrzeugs und Abschluss des Kaufvertrages nicht mehr als zwölf Monate liegen (BGH, Urt. v. 12.01.2005, VIII ZR 109/04, juris, Rn. 11 f. noch zu § 459 BGB a. F.). Daran ändert sich nichts, wenn beim Abschluss des Kaufvertrages die Vereinbarung getroffen wird, dass das Fahrzeug noch eine Tageszulassung erhält, bevor es dem Käufer übergeben wird. Denn dies betrifft lediglich die Zeit nach Abschluss des Kaufvertrages, aber nicht die Vereinbarung, dass der Wagen zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses neu war.

    Im Übrigen entspricht selbst ein als Jahreswagen verkauftes Gebrauchtfahrzeug regelmäßig nicht der vereinbarten Beschaffenheit, wenn zwischen der Herstellung und der Erstzulassung mehr als zwölf Monate lagen (BGH, Urt. v. 07.06.2006, VIII ZR 180/05, juris).

    Die Streithelferin hat somit bei Abschluss des Kaufvertrages konkludent erklärt, dass das Fahrzeug höchstens zwölf Monate vor Abschluss des Kaufvertrages hergestellt worden sei. Tatsächlich war es 24 Monate vorher hergestellt worden. Hierüber wurde der Beklagte getäuscht.

    c)

    Die Täuschung erfolgte auch arglistig. Arglist liegt vor, wenn der Täuschende vorsätzlich gehandelt hat. Dazu reicht es aus, wenn der Täuschende eine Erklärung ins Blaue hinein abgibt, er also weiß, dass er über die erklärte Tatsache nicht informiert ist oder wenn eine Erkundigungspflicht besteht, ob die Erklärung tatsächlich zutrifft (vgl. BGH, Urt. v. 19.06.2013, VIII ZR 183/12, juris, Rn. 22 ff.).

    So lag der Fall hier. Die Neuwageneigenschaft ist beim Kauf eines Fahrzeugs regelmäßig von zentraler Bedeutung. Die Streithelferin war daher gehalten, sich über den Produktionszeitpunkt des von ihr angebotenen Fahrzeugs zu informieren. Wenn der Hersteller, wie sie behauptet, den Produktionszeitpunkt von sich aus nicht mitteilt, ist sie gehalten, nachzufragen. Jedenfalls darf sie sich, wenn sie das Herstellungsdatum nicht kennt, nicht darauf verlassen, dass der Hersteller den Wagen unmittelbar nach der Produktion anliefert, und so eine Erklärung über etwas abgeben, das sie nicht kennt.

    d)

    Die Täuschung war auch kausal für den Vertragsschluss.

    Für die Annahme eines Zusammenhangs zwischen Täuschung und Abgabe der Willenserklärung genügt es, dass der Getäuschte Umstände dargetan hat, die für seinen Entschluss von Bedeutung sein konnten, und dass die arglistige Täuschung nach der Lebenserfahrung bei der Art des zu beurteilenden Rechtsgeschäfts Einfluss auf die Entschließung hat (BGH, Urt. v. 12.05.1995, V ZR 34/94, juris, Rn. 17).

    Die Neuwageneigenschaft ist regelmäßig zentral für die Kaufentscheidung. Sie beeinflusst wesentlich den Preis eines Fahrzeugs. Es ist damit davon auszugehen, dass der Beklagte den Wagen jedenfalls nicht zu dem vereinbarten Preis erworben hätte, wenn ihm die Tatsache, dass der Wagen bereits 24 Monate alt war, bewusst gewesen wäre.

    Daran änderte sich nichts, wenn der Beklagte tatsächlich in Betracht gezogen hätte, gegebenenfalls ein Gebrauchtfahrzeug zu erwerben. Denn der Beklagte hat sich im Ergebnis seiner Überlegungen für einen Neuwagen entschieden. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass er den Wagen zu diesem Preis auch gekauft hätte, wenn er über das Alter informiert gewesen wäre.

    e)

    Die Anfechtungsfrist von einem Jahr ab Kenntnis der Täuschung (§ 124 BGB) ist eingehalten.

    Die Anfechtung wurde mit anwaltlichen Schreiben vom 24.09.2015 erklärt. Das ist innerhalb der Jahresfrist, weil eine frühere Kenntnis des Beklagten von der Täuschung als im Jahr 2015 nicht anzunehmen ist.

    Der Beklagte hat dargelegt, dass er im Jahr 2015 erwogen hat, den Wagen zu verkaufen und die Finanzierung abzulösen und sich deshalb zum Zwecke der Wertschätzung eine Expertise in einer Werkstatt eingeholt habe. Darin habe man ihm mitgeteilt, dass es sich bei dem Fahrzeug zum Zeitpunkt des Kaufes nicht mehr um einen Neuwagen gehandelt habe. Weitere Nachforschungen hätten dann ergeben, dass das Fahrzeug bereits im August 2011 produziert worden sei.

    Das ist von der Klägerseite nicht widerlegt worden. Sie trägt die Beweislast für das Versäumen der Anfechtungsfrist (BGH, Urt. v. 11.03.1992, VIII ZR 291/90, juris, Rn. 18; Armbrüster, in: Münchner Kommentar zum BGB, 8. Aufl., § 124 Rn. 9). Die Streithelferin kann sich nicht darauf berufen, dass der Beklagte schon aus dem Kfz-Brief das tatsächliche Produktionsdatum gekannt hat. In der Zulassungsbescheinigung Teil 2, ebenso wie in Teil 1, ist der Herstellungszeitpunkt, wie dargestellt, schon nicht angegeben. Andere Anhaltspunkte für eine frühere Kenntnis als im Jahr 2015 liegen nicht vor.

    2.

    Damit ist der Kaufvertrag als von Anfang an nichtig anzusehen (§ 142 Abs. 1 BGB) und der Beklagte berechtigt, weitere Zahlungen auf das Darlehen zu verweigern (§ 359 Abs. 1 Satz 1 BGB) sowie die geleisteten Raten von der Klägerin zurückzuverlangen (§§ 813 Abs. 1, 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB).

    a)

    Gemäß § 359 Abs. 1 Satz 1 BGB kann der Verbraucher die Rückzahlung des Darlehens verweigern, soweit Einwendungen aus dem verbundenen Vertrag ihn gegenüber dem Unternehmer, mit dem er den verbundenen Vertrag geschlossen hat, zur Verweigerung seiner Leistung berechtigen würden.

    Diese Voraussetzungen sind gegeben. Der Beklagte hat den Kaufvertrag als Verbraucher geschlossen. Der Kaufvertrag und der Darlehensvertrag sind gemäß § 358 Abs. 3 BGB verbundene Verträge, weil sich die Klägerin bei dem Abschluss des Darlehensvertrages der Mitwirkung der Streithelferin bedient hat. Der Beklagte wäre wegen der Nichtigkeit des Kaufvertrages berechtigt, den Kaufpreis insgesamt nicht zu zahlen und muss daher das Darlehen nicht zurückzahlen.

    b)

    Der Beklagte hat zudem gegen die Klägerin einen Anspruch auf Erstattung der bereits gezahlten Darlehensraten aus §§ 813 Abs. 1, 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB.

    Das zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete kann zurückgefordert werden, wenn dem Anspruch eine Einrede entgegenstand, durch welche die Geltendmachung des Anspruchs dauernd ausgeschlossen war. Steht dem Käufer wegen der anfänglichen Nichtigkeit des Kaufvertrages das Recht zu, die Kaufpreiszahlung auf Dauer zu verweigern, so kann er dies nach § 359 BGB auch dem Anspruch des Kreditgebers entgegenhalten. Er hat dann auch einen Anspruch auf Rückzahlung der bereits geleisteten Darlehnsraten aus §§ 813 Abs. 1, 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB (BGH, Urt. v. 04.12.2007, XI ZR 227/06, juris, Rn. 31 für § 9 Abs. 3 Satz 1 VerbrKrG a.F. für den Fall der Nichtigkeit des finanzierten Vertrages mangels Vertretungsmacht; OLG Dresden, Urt. v. 03.11.1999, 8 U 1305/99, juris, Rn. 34, für den Fall der Nichtigkeit gem. § 138 Abs. 1 BGB).

    Ob dies auch dann gilt, wenn die Nichtigkeit auf einer Anfechtung beruht, ist umstritten.

    aa) Nach einer Meinung besteht auch in diesem Fall ein Anspruch nach §§ 813 Abs. 1, 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB (Grüneberg, in: Palandt, BGB, 78. Aufl., § 359 Rn. 7; Hönninger, in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 8. Aufl., § 359 BGB, Rn. 15)

    bb) Eine weitere Meinung hält die Voraussetzungen des § 813 BGB nicht für gegeben, leitet den Anspruch aber aus einer analogen Anwendung des § 358 Abs. 4 Satz 5 BGB her (Koch, in: Erman, BGB, 15. Aufl., § 359 Rn. 6).

    cc) Nach einer dritten Auffassung besteht ein Rückzahlungsanspruch in dieser Konstellation nicht (Habersack, in: Münchner Kommentar zum BGB, 8. Aufl., § 359 Rn. 34 f., 67 f.; Müller-Christmann, in: BeckOK BGB, 51. Ed. 1.5.2019, § 359 Rn. 42 f.) oder nur für Raten, die nach einer Kündigung des Darlehensvertrages durch den Darlehensnehmer gemäß § 313 Abs. 1, 3 BGB gezahlt wurden (Herresthal, in: Staudinger, BGB [2017] § 359, Rn. 83).

    dd) Der Senat folgt der zuerst genannten Auffassung. Die Gegenmeinung hält die Voraussetzungen des § 813 Abs. 1 BGB nicht für gegeben, weil die Anfechtbarkeit des Darlehensvertrages kein Leistungsverweigerungsrecht des Verbrauchers begründe und somit die Forderung des Darlehensgebers im Zeitpunkt der Leistungen nicht einredebehaftet gewesen sei. Auf die Anfechtbarkeit des Darlehensvertrages kommt es jedoch nicht an. Die Einrede in Sinne des § 813 Abs. 1 BGB lag mit dem Leistungsverweigerungsrecht des § 359 BGB vor. Sie bestand wegen der ex tunc eingetretenen Wirkung der Anfechtung (§ 142 Abs. 1 BGB) auch schon von Anfang an. Der Senat sieht daher keinen Grund, die Nichtigkeit des finanzierten Geschäfts im Falle der Anfechtung anders zu behandeln als die Nichtigkeit mangels Einigung oder wegen Sittenwidrigkeit.

    Einer Kündigung des Darlehensvertrages nach den Vorschriften über den Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 Abs. 1, 3 BGB) bedarf es nicht, da sich das Leistungsverweigerungsrecht des Verbrauchers bei Nichtigkeitdes finanzierten Vertrages bereits aus § 359 BGB unmittelbar ergibt.

    c)

    Im Gegenzug kann die Klägerin die Abtretung der Kondiktionsansprüche des Beklagten gegen die Streithelferin verlangen. Das Landgericht hielt sich mit der Aufnahme dieser Zug um Zug zu erfolgenden Abtretung in den Tenor im Rahmen der Anträge des Beklagten. Weder die Klägerin noch die Streithelferin machen geltend, dass ein höherer Anspruch abzutreten sei, so dass der Senat hierüber nicht zu befinden hatte.

    III.

    Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97, 101 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

    Die Revision ist zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Die Frage, ob der Käufer nach Anfechtung des finanzierten Kaufvertrages die auf den verbundenen Darlehensvertrag gezahlten Raten zurückverlangen kann, ist höchstrichterlich nicht geklärt und wird von gewichtigen Stimmen in der Literatur, wie dargestellt, unterschiedlich beantwortet.

    RechtsgebietBGBVorschriften§ 813 Abs. 1 S. 1 BGB; § 812 Abs. 1 S. 1 BGB; § 359 Abs. 1 S. 1 BGB