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  • 07.03.2019 · IWW-Abrufnummer 207593

    Oberlandesgericht Hamm: Urteil vom 04.12.2018 – 19 U 27/18

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Tenor:

    Auf die Berufung des Klägers wird das am 23.01.2018 verkündete Urteil der 25. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

    Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollstrecken an den Vorstandsmitgliedern, zu unterlassen, nachfolgende Bestimmungen in Verbraucherkreditverträge einzubeziehen, sowie sich auf diese oder mit diesen inhaltsgleiche Bestimmungen bei der Abwicklung derartiger Verträge, geschlossen nach dem 01. April 1977, zu berufen:

    1.

    [4. Sonstige Kredite

    4.8 Sonstige Entgelte

    (…)]

    Bearbeitungsentgelt für Treuhandaufträge Ablösung Kundendarlehen

    100,00 €.

    2.

    [4. Sonstige Kredite

    4.8 Sonstige Entgelte

    (…)]

    Entgelt für den mit der (Teil-) Nichtabnahme eines Immobiliar- (…) Darlehens verbundenen Aufwand zur Berechnung der Entschädigung

    125,00 €.

    3.

    [4. Sonstige Kredite

    4.8 Sonstige Entgelte

    (…)]

    Entgelt für die mit der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung bei einer vorzeitigen vollständigen oder teilweisen Ablösung/Rückzahlung eines Immobiliar- (…) Darlehens verbundenen Aufwand* 125,00 €

    *[…] Das Entgelt für den Aufwand für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung wird nur berechnet, wenn der Kunde nach § 490 Abs. 2 BGB das Darlehen kündigt.

    Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 214,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.10.2017 zu zahlen.

    Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen trägt die Beklagte.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, hinsichtlich der Unterlassungsverpflichtung jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 30.000,00 €. Im Übrigen darf die Beklagte die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn der Kläger nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

    Die Revision wird zugelassen.
     
    1

    Gründe
    2

    I.
    3

    Der Kläger als Verbraucherverband nimmt die Beklagte auf Unterlassung der Verwendung von drei Klauseln in ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen sowie auf Erstattung von Abmahnkosten in Anspruch.
    4

    Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des Urteils des Landgerichts vom 23.01.2018 (Bl. 81 ff. d. A.) Bezug genommen.
    5

    Das Landgericht hat der Klage bezüglich zwei der AGB-Klauseln sowie bezüglich 2/3 der geltend gemachten Abmahnkosten stattgegeben. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen und die Kosten des Rechtsstreits zu 1/3 dem Kläger und zu 2/3 der Beklagten auferlegt. Zur Begründung der teilweisen Klageabweisung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die zweitinstanzlich noch streitgegenständliche Klausel betreffend das „Bearbeitungsentgelt für Treuhandaufträge Ablösung Kundendarlehen“ weder gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB verstoße noch gem. § 307 Abs. 3 BGB der Inhaltskontrolle unterliege. Die Bestimmung sei nicht deshalb unklar, weil der Begriff Treuhandaufträge nicht weiter beschrieben sei. Einem aufmerksamen und sorgfältigen Teilnehmer am Wirtschaftsverkehr, auf den insoweit abzustellen sei, sei verständlich, dass er bei Erteilung eines Treuhandauftrages bei der Ablösung von Kundendarlehen ein Bearbeitungsentgelt an die Beklagte zu entrichten habe. Da die Beklagte im Rahmen der Kreditablösung nicht zu einer Übertragung der Sicherheiten im Wege eines Treuhandauftrages verpflichtet sei, beziehe sich die Klausel auf eine rechtlich nicht geregelte zusätzlich angebotene Sonderleistung der Beklagten im Interesse des Verbrauchers. Es handele sich demnach um eine Preisabrede für eine gesondert vergütungsfähige Leistung der Beklagten, die keiner Inhaltskontrolle unterliege. Soweit die Abmahnung berechtigt gewesen sei, könne der Kläger von der Beklagten Ersatz der hierfür erforderlichen Aufwendungen verlangen. Dieser Anspruch sei nicht verjährt.
    6

    Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er seine erstinstanzlichen Schlussanträge weiterverfolgt, soweit diese abgewiesen wurden. Bei der Verpflichtung der Beklagten zur Freigabe der Sicherheiten im Zusammenhang mit einem Verbraucherdarlehensvertrag handele es sich um einen Zug um Zug zu erfüllenden Anspruch, für dessen Entstehung die Befriedigung des Gläubigers nicht Tatbestandsvoraussetzung sei. Die Treuhandabwicklung sei daher Bestandteil der Erfüllung Zug um Zug und stelle keine Sonderleistung der Beklagten dar. Diese komme vielmehr lediglich ihrer aus dem Darlehensvertrag herrührenden Verpflichtung nach. Bei der Ablösung eines Darlehens mittels eines Darlehens einer anderen Bank sei regelmäßig eine Abwicklung mit Hilfe eines Treuhandauftrages erforderlich. Beteilige sich die Bank hieran nicht, werde das Recht des Verbrauchers aus § 500 Abs. 2 S. 2 BGB erheblich erschwert. Die Übertragung der Ablösesumme und der Sicherheiten mittels Treuhandaufträgen erfolge in erster Linie im Sicherungsinteresse der beteiligten Banken. Indem die Beklagte sich hierfür ein Entgelt beanspruche, wälze sie den Aufwand für eine im eigenen Interesse erbrachte Leistung auf den Verbraucher ab. Zudem verstoße die Klausel gegen das Transparenzgebot, da sich aus ihr nicht ergebe, dass zwangsweise der Kunde den Treuhandauftrag erteile. Es ergebe sich auch nicht, welchen Inhalt der Treuhandauftrag haben müsse, um von der Klausel erfasst zu werden, zumal es üblich sei, dass die an der Ablösung beteiligten Banken selbst Treuhandaufträge erteilten. Hinsichtlich der geltend gemachten Abmahnkosten habe eine Quotelung selbst nach der Entscheidung des Landgerichts nicht erfolgen dürfen, da die Abmahnung – nach Auffassung des Landgerichts zumindest teilweise – begründet gewesen sei, was für eine vollständige Erstattungspflicht der Beklagten ausreiche.
    7

    Der Beklagte beantragt, unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen,
    8

    -       es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollstrecken an den Vorstandsmitgliedern, zu unterlassen, nachfolgende Bestimmung in Verbraucherkreditverträge einzubeziehen, sowie sich auf diese oder mit dieser inhaltsgleiche Bestimmungen bei der Abwicklung derartiger Verträge, geschlossen nach dem 01. April 1977, zu berufen:
    9

    [4. Sonstige Kredite
    10

    4.8 Sonstige Entgelte
    11

    (…)]
    12

    Bearbeitungsentgelt für Treuhandaufträge Ablösung Kundendarlehen 100,00 €;
    13

    -       an ihn weitere 71,33 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.10.2017 zu zahlen.
    14

    Die Beklagte beantragt,
    15

                  die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.
    16

    Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Entgegen der Ansicht des Klägers sei sie im Rahmen der Ablösung von Darlehen weder vertraglich noch gesetzlich zur treuhänderischen Übertragung der diesbezüglich vereinbarten Sicherheiten verpflichtet, sodass es sich hierbei um eine Sonderleistung handele. Damit unterliege die streitgegenständliche Klausel nicht der Inhaltskontrolle und es sei auch kein Verstoß gegen § 500 BGB festzustellen. Ohnehin habe der Verbraucher erst nach Ablösung des Darlehens einen Anspruch auf Freigabe der Sicherheiten. Eine treuhänderische Abwicklung der Darlehensablösung erfolge nicht in ihrem Interesse, sondern im Interesse des Verbrauchers und daneben allenfalls im Interesse der ablösenden Bank. Entgegen dem Vortrag des Klägers erfordere die treuhänderische Abwicklung auch stets einen entsprechenden Auftrag des Darlehensnehmers. Insoweit sei zu beachten, dass bei der Auslegung von AGB-Klauseln fernliegende Auslegungsmöglichkeiten außen vor zu bleiben hätten.
    17

    Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
    18

    II.
    19

    Die Berufung ist zulässig und hat in der Sache Erfolg.
    20

    1.
    21

    Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Unterlassung der Verwendung der zweitinstanzlich noch streitgegenständlichen Klausel aus § 1 UKlaG.
    22

    Nach § 1 UKlaG kann derjenige, der in Allgemeinen Geschäftsbedingungen Bestimmungen, die nach §§ 307 bis 309 BGB unwirksam sind, verwendet, auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.
    23

    Die in der Berufung noch streitgegenständliche Klausel benachteiligt die Verbraucher entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen i. S. d. § 307 Abs. 2, Nr. 1, Abs. 1 S. 1 BGB und ist daher unwirksam.
    24

    a)
    25

    Bei der streitgegenständlichen Klausel handelt es sich um eine von der Beklagten für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingung und somit um eine Allgemeine Geschäftsbedingung i. S. d. § 305 Abs. 1 BGB. Dies ist zwischen den Parteien unstreitig.
    26

    b)
    27

    Entgegen der Ansicht des Landgerichts unterliegt die Klausel der Inhaltskontrolle.
    28

    § 307 Abs. 3 S. 1 BGB beschränkt die Inhaltskontrolle auf solche Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat fallen hierunter zwar weder Bestimmungen über den Preis der vertraglichen Hauptleistung noch Klauseln über das Entgelt für eine rechtlich nicht geregelte zusätzlich angebotene Sonderleistung. Um eine solche Bestimmung handelt es sich vorliegend jedoch nicht, vielmehr beinhaltet die Klausel eine Preisnebenabrede, die keine echte (Gegen-)Leistung der Beklagten zum Gegenstand hat, sondern mit der diese Aufwand für die Erfüllung einer nebenvertraglich begründeten eigenen Pflicht auf den Kunden abwälzt. Preisnebenabreden in diesem Sinne sind der Inhaltskontrolle unterworfen (BGH, Urteil v. 13.05.2014, Az. XI ZR 405/12 in BeckRS 2014, 12423, Rn. 24 f.).
    29

    Wie die Beklagte im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Senat durch ihren Prozessbevollmächtigten vortragen lassen hat, sollen der Klausel insbesondere Fallgestaltungen unterfallen, in denen Darlehen ihrer Kunden in deren Auftrag von Fremdinstituten abgelöst werden und in diesem Zusammenhang Sicherheiten unter Erteilung von Treuhandauflagen übertragen werden. Für ihre Mitwirkung an einem solchen Treuhandverhältnis lasse sie sich mit der Klausel das dort genannte Entgelt versprechen.
    30

    Ein Verständnis der Klausel in diesem Sinne liegt angesichts ihres Wortlautes nicht fern. Damit lässt die Beklagte sich mit der streitgegenständlichen Klausel jedoch ein Entgelt von ihren Kunden für eine Leistung versprechen, zu der sie diesen gegenüber im Einzelfall ohne gesonderte Vereinbarung (neben)vertraglich verpflichtet sein kann.
    31

    Eine der Beklagten obliegende Verpflichtung, im Rahmen der Ablösung eines Kundendarlehens mitzuwirken, ergibt sich zwar nicht aus dem Darlehensvertrag. Sie ergibt sich jedoch aus dem neben dem Darlehensvertrag regelmäßig mit dem Darlehensnehmer geschlossenen Sicherungsvertrag. Aus dem ergeben sich nebenvertragliche Schutz- und Treuepflichten, nach denen der Sicherungsnehmer die Beklagte hier zur Rücksichtnahme auf die Belange ihrer Vertragspartner verpflichtet ist. Solche letztlich nicht normierten Nebenpflichten kommen nach dem Grundsatz von Treu und Glauben für alle Verträge zur Anwendung und gelten insbesondere für Verträge, in denen die Vertragspartner zu einem dauerhaften und vertrauensvollen Zusammenwirken verbunden sind und sich aus dieser Verbundenheit die verstärkte Verpflichtung zur wechselseitigen Beachtung der beiderseitigen wirtschaftlichen Interessen aufdrängen muss (vgl. OLG Schleswig, Beschluss v. 23.02.2011, Az. 5 W 8/11 in BeckRS 2011, 8326). Gerade die Geschäftsbeziehung zu einem Kreditinstitut beruht auf gegenseitigem Vertrauen und beiderseitiger Abhängigkeit, sodass eine gesteigerte Sorgfaltspflicht der daran Beteiligten besteht (vgl. OLG Schleswig a. a. O.). Aus dem Sicherungsvertrag und der zugrunde liegenden Zweckerklärung ergeben sich Rücksichtnahmepflichten des Gläubigers auf die Interessen des Sicherungsgebers (vgl. OLG Schleswig a. a. O.). Der Umfang vertraglicher Rücksichtnahmepflichten richtet sich jeweils nach dem Vertragszweck, der Verkehrssitte sowie den Anforderungen des redlichen Geschäftsverkehrs (Grüneberg in Palandt, BGB, 77. Aufl., § 241, Rn. 6). Sie können nach in der Rechtsprechung teilweise vertretener Ansicht im Einzelfall so weitreichend sein, dass aus ihnen unter bestimmten Umständen sogar eine Verpflichtung des Sicherungsnehmers zu einem ersatzlosen Verzicht auf die Sicherheit folgen kann (vgl. OLG Köln, Urteil v. 12.06.1995, Az. 16 U 102/92 in BeckRS 1995, 8461).
    32

    Bei der Ablösung eines bestehenden Darlehens im Wege der Anschlussfinanzierung bei einem anderen Kreditinstitut ist der Darlehensnehmer regelmäßig darauf angewiesen, dem ablösenden Institut die bislang der Besicherung des Altdarlehens dienende Sicherheit zur Verfügung zu stellen. Im Ergebnis ist er daher auf die Mitwirkung der bisherigen Darlehensgeberin angewiesen, um die ihm gesetzlich zugebilligte Möglichkeit, sich von einem bestehenden Darlehensvertrag zu lösen, in Anspruch nehmen zu können. Dass diese Problematik auch von der Beklagten erkannt wurde, ergibt sich aus der Existenz der streitgegenständlichen Klausel. Tatsächlich ist die Abgabe einer Freigabeerklärung der bisherigen Sicherungsnehmerin unter Treuhandauflagen im Falle der Ablösung eines Darlehens in der finanzwirtschaftlichen Praxis üblich, wie dem Senat aus einer Vielzahl von Rechtsstreitigkeiten bekannt ist. Bei dieser Sachlage ist die Beklagte verpflichtet, an der Ablösung des von ihr ausgegebenen Darlehens durch Freigabe der insoweit bestellten Sicherheit unter der Erteilung von Treuhandauflagen mitzuwirken. Weil der Kunde letztlich auf diese Mitwirkung angewiesen ist, um die ihm gesetzlich zugebilligten Rechte effektiv auszuüben, dürfte die Beklagte ihm diese unter Berücksichtigung ihrer nebenvertraglichen Schutz- und Treuepflichten nur verweigern, wenn die Wahrung ihrer eigenen Interessen dies erfordern würde. Da die Interessen der Beklagten durch die Erteilung der Treuhandauflage jedoch hinreichend geschützt sind, ist sie zur Mitwirkung im vorgenannten Sinne verpflichtet. Durch die Treuhandauflage ist nämlich in ausreichendem Maße sichergestellt, dass die Beklagte die Sicherheiten nicht vor ihrer vollständigen Befriedigung verliert.
    33

    Aus diesem Grund steht die vorgenannte Mitwirkungspflicht der Beklagten auch nicht im Widerspruch zu der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach die Verpflichtung eines Sicherungsnehmers zur Freigabe der Sicherheit nicht vor Erfüllung seiner gesicherten Forderungen besteht, da der Anspruch auf Rückgewähr des Sicherungsmittels aus der Sicherungsabrede i. S. einer beständigen Vorleistungspflicht regelmäßig durch den Wegfall des Sicherungszwecks aufschiebend bedingt ist (vgl. BGH, Beschluss v. 17.01.2017, Az. XI ZR 170/16 in BKR 2017, 152 f. [153]). Weil die Beklagte zur Abgabe der Freigabeerklärung nämlich nur unter der Treuhandauflage verpflichtet ist, dass hierüber erst nach Erfüllung ihrer gesicherten Forderungen verfügt werden darf (§ 137 S. 2 BGB), treten die Rechtswirkungen der Freigabe erst nach ihrer Befriedigung ein.
    34

    Indem die Beklagte sich durch die streitgegenständliche Klausel von ihren Kunden für eine im Einzelfall nebenvertraglich geschuldete Leistung ein Entgelt versprechen lässt, weicht diese Bestimmung von Rechtsvorschriften i. S. d. § 307 Abs. 3 S. 1 BGB ab, sodass sie der Inhaltskontrolle unterliegt. Dass es sich insoweit um eine nebenvertragliche und somit nicht normierte Pflicht der Beklagten handelt, ist unerheblich. Der Begriff der „Rechtsvorschriften“ i. S. d. § 307 BGB ist sehr weit zu verstehen. Erfasst werden nicht nur die Gesetzesbestimmungen selbst, sondern die dem Gerechtigkeitsgebot entsprechenden allgemein anerkannten Rechtsgrundsätze, d. h. auch alle ungeschriebenen Rechtsgrundsätze, die Regeln des Richterrechts oder die aufgrund ergänzender Auslegung nach §§ 157, 242 BGB und aus der Natur des jeweiligen Schuldverhältnisses zu entnehmenden Rechte und Pflichten (vgl. BGH, Urteil v. 10.12.1992, Az. I ZR 186/90 in BeckRS 9998, 166222).
    35

    c)
    36

    Die streitgegenständliche Klausel hält der Inhaltskontrolle nicht stand. Sie ist gem. § 307 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam, weil sie den jeweiligen Verwendungsgegner entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt, indem sie mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der sie abweicht, nicht zu vereinbaren ist.
    37

    Wie ausgeführt lässt die Beklagte sich durch die Klausel von ihren Kunden ein Entgelt für eine Leistung versprechen, zu der sie im Einzelfall nebenvertraglich verpflichtet ist. Entgelte können jedoch nur für Leistungen verlangt werden, die auf rechtsgeschäftlicher Grundlage für den einzelnen Kunden erbracht werden. Wird der Unternehmer hingegen kraft vertraglicher Treuepflichten tätig, handelt es sich nicht um gesondert vergütungsfähige Dienstleistungen für den Kunden (vgl. BGH, Urteil v. 13.05.2014, Az. XI ZR 405/12 in BeckRS 2014, 12423, Rn. 57). Daher stellt jede Entgeltregelung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die Aufwendungen für die Erfüllung eigener Pflichten abzuwälzen versucht, eine Abweichung von Rechtsvorschriften dar und verstößt deshalb gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB (vgl. zu der wortgleichen Vorgängervorschrift des § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG: BGH, Versäumnisurteil v. 13.02.2001, Az. XI ZR 197/00 in BeckRS 2001, 2376).
    38

    d)
    39

    Ob die angegriffene Klausel auch gegen das Transparenzgebot nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB verstößt, bedarf hiernach keiner Entscheidung
    40

    e)
    41

    Dass die Beklagte die streitgegenständliche Klausel in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen verwendet, ist unstreitig. Zutreffend hat das Landgericht ausgeführt, dass die Gefahr der wiederholten Verwendung der unwirksamen Klausel als ungeschriebene materielle Anspruchsvoraussetzung aufgrund der erstmaligen Verwendung vermutet wird (vgl. Grüneberg in Palandt, BGB, 77. Aufl., § 1 UKLaG, Rn. 6 m. w. N.). Zudem ergibt sich die Wiederholungsgefahr daraus, dass die Beklagte die Wirksamkeit der Klausel verteidigt und die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung abgelehnt hat (vgl. hierzu BGH, Urteil v. 20.03.2018, Az. XI ZR 309/16 in BeckRS 2018, 9222, Rn. 23).
    42

    2.
    43

    Die Androhung von Ordnungsmitteln beruht auf § 890 Abs. 2 ZPO.
    44

    3.
    45

    Ebenso ist der Beklagten antragsgemäß zu untersagen, sich bei der Abwicklung von Verbraucherkreditverträgen auf die in zweiter Instanz noch streitgegenständliche Klausel zu berufen.
    46

    Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der sich der Senat anschließt, ist anerkannt, dass mit der Verbandsklage nicht nur die Unterlassung der beanstandeten Klausel beim künftigen Abschluss neuer Verträge verlangt werden kann, sondern der Kläger den Verwender gleichzeitig darauf in Anspruch nehmen kann, es zu unterlassen, sich bei der Abwicklung bereits geschlossener Verträge auf die Klausel zu berufen (vgl. BGH, Urteil v. 18.04.2002, Az. III ZR 199/01 in BeckRS 2002, 4695; Grüneberg in Palandt, BGB, 77. Aufl., § 1 UKlaG, Rn. 7 m. w. N.).
    47

    4.
    48

    Der Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten ergibt sich aus § 5 UKlaG i. V. m. § 12 Abs. 1 S. 2 UWG.
    49

    Da die Abmahnung vollumfänglich begründet war, sind auch die Abmahnkosten in vollem Umfang ersatzfähig. Die hinsichtlich der Höhe von dem Landgericht vorgenommene Schätzung ist nach § 287 ZPO zulässig (vgl. BGH, Urteil v. 08.05.2013, Az. IV ZR 84/12, Rn. 29) und inhaltlich nicht zu beanstanden.
    50

    Die insoweit von der Beklagten erstinstanzlich erhobene Einrede der Verjährung geht – wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat – ins Leere. Bei dem Verweis des § 5 UKlaG auf § 12 UWG handelt es sich um einen Rechtsfolgenverweis; die Verjährungsregelung des § 11 UWG gilt für den Erstattungsanspruch aus § 5 UKlaG ebenso wenig wie für den Unterlassungs- bzw. Beseitigungsanspruch selbst (Micklitz/Rott in MünchKomm, ZPO, 5. Aufl., § 5 UKlaG, Rn. 11 m. w. N.).
    51

    5.
    52

    Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 10, 709, 711 ZPO.
    53

    6.
    54

    Der Senat hat die Revision in Bezug auf die Rechtsfragen zugelassen, ob ein Kreditinstitut zur Mitwirkung bei der Ablösung von Kundendarlehen durch Freigabe der von dem Darlehensnehmer bestellten Sicherheiten unter Treuhandauflagen vor Befriedigung der eigenen Forderungen verpflichtet sein kann und Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, nach denen sich ein Kreditinstitut für diese Mitwirkungshandlung ein Entgelt versprechen lässt, wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 2, Nr. 1, Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam ist. Eine Entscheidung des Revisionsgerichts ist hierzu bislang – soweit ersichtlich – nicht ergangen. Das OLG Köln (Urteil v. 27.05.2009, Az. 13 U 202/08 in BeckRS 2011, 17348) hat die Rechtsfragen in der Vergangenheit abweichend vom Senat entschieden. Da – wofür auch die Befassung des OLG Köln mit dieser Frage spricht - zudem davon auszugehen ist, dass entsprechende Klauseln von einer Vielzahl von Kreditinstituten verwendet werden, liegen die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO vor. Angesichts der abweichenden Entscheidung des OLG Köln (a. a. O.) liegt zudem der Zulassungsgrund des § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO vor.

    RechtsgebietDarlehenVorschriften§ 305 BGB