25.01.2017 · IWW-Abrufnummer 191475
Oberlandesgericht Bremen: Urteil vom 04.02.2016 – 5 U 7/15
Die für die Bewertung als Forderungskauf in Abgrenzung zur Inkassozession notwendige Übernahme des wirtschaftlichen Risikos der Forderungseinziehung liegt auch dann vor, wenn der Forderungskäufer die Forderung mit einem Abschlag von 3,75% des Nennwertes der Forderung vom Verkäufer übernimmt (Abgrenzung zu BGH NJW 2015, 397 [BGH 21.10.2014 - VI ZR 507/13]).
Oberlandesgericht Bremen
Urt. v. 04.02.2016
Az.: 5 U 7/15
In dem Rechtsstreit
[...],
Klägerin und Berufungsbeklagte,
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte [...]
gegen
[...],
Beklagter und Berufungskläger,
Prozessbevollmächtigter:
Rechtsanwalt [...]
hat der 5. Zivilsenat des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen auf die mündliche Verhandlung vom 7. Januar 2016 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Lüttringhaus, die Richterin am Amtsgericht von Guenther und den Richter am Oberlandesgericht Hoffmann für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bremen - 3. Zivilkammer - vom 13. März 2015 (3-O-1589/14) wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung trägt der Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Die Klägerin macht aus übergegangenem Recht die Bezahlung einer zahnärztlichen Honorarforderung geltend.
Der Beklagte hatte sich bei dem Zahnarzt X im Zeitraum vom 10.12.2013 bis zum 20.02.2014 in privat-zahnärztlicher Behandlung befunden.
In diesem Zusammenhang hatte er am 10.12.2013 eine Einverständniserklärung unterzeichnet, in der er sich unter anderem mit der Weitergabe dieser Erklärung sowie der zum Zwecke der Abrechnung und Geltendmachung der Honorare jeweils erforderlichen Informationen an die Klägerin und der Abtretung der sich aus der Behandlung ergebenden Forderungen an die Klägerin einverstanden erklärte (Anl. K2 = Bl. 11 der Akte). Darüber hinaus gab er an, privat versichert zu sein (Anl. BB6 = Bl. 176 der Akte). Vor dem Hintergrund einer beabsichtigten Zahnimplantation unterzeichnete der Beklagte ein Formular über die Information und seine Einwilligung in diesen Eingriff (Bl. 50/51 der Akte). Darüber hinaus erhielt und unterzeichnete er am 18.12.2013 einen Heil- und Kostenplan, der mit einem voraussichtlichen Endbetrag von 7.246,34 € schloss (Bl. 48/49 der Akte). Aufgrund einer Abrechnungsvereinbarung der Klägerin mit dem Zahnarzt X vom 18.10.2012 (Anl. BB1 = Bl. 107 60 der Akte) übersandte die Klägerin dem Beklagten am 24.02.2014 die Rechnung des Zahnarztes X vom gleichen Datum, endend mit einem Betrag i.H.v. 5.735,57 € (Bl. 13-16 d.A.). Trotz Mahnungen vom 7.04., 28.04. und 16.05.2014 bezahlte der Beklagte die Rechnung nicht. Mit Anwaltsschreiben vom 10.07.2014 mahnte die Klägerin erneut Zahlung an.
Die Klägerin hat behauptet, dass der Beklagte aufgrund der vorliegenden Unterlagen insbesondere in wirtschaftlicher Hinsicht hinreichend aufgeklärt worden sei. Die abgerechneten Leistungen seien vollumfänglich und mangelfrei erbracht und korrekt abgerechnet worden. Die Honorarforderung des Zahnarztes X sei ihr im Rahmen eines Factoringvertrages abgetreten worden, wobei der Beklagte in die Abtretung eingewilligt habe.
Nachdem der Beklagte im schriftlichen Vorverfahren keine fristgerechte Verteidigungsanzeige beigebracht hatte, erließ die Kammer am 30.10.2014 antragsgemäß ein Versäumnisurteil, mit dem der Beklagte zur Zahlung von 5.735,57 € nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 9.04.2014 sowie vorgerichtlicher Mahn- und Rechtsanwaltskosten in Höhe von 12,00 € bzw. 480,20 € verurteilt wurde. Gegen die ihm am 13.11.2014 zugestellte Entscheidung legte der Beklagte am 27.11.2014 Einspruch ein, den er mit Schriftsatz vom 15.01.2015, eingegangen am 29.01.2015 - einen Tag vor dem Termin zur Verhandlung über den Einspruch - begründete.
Die Klägerin hat beantragt,
das Versäumnisurteil vom 30.10.2014 aufrecht zu erhalten.
Der Beklagte hat beantragt,
das Versäumnisurteil vom 30.10.2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat vorgetragen, die Forderung sei in der geltend gemachten Höhe nicht begründet, ihm sei die Forderungsabtretung nicht angezeigt worden und er habe dieser auch nicht zugestimmt. Er sei auch nicht genügend gemäß § 630 b BGB über die Behandlungen, insbesondere deren Kosten aufgeklärt worden. An einen Heil- und Kostenplan könne er sich nicht erinnern. Die streitgegenständliche Rechnung habe er in der Höhe weder erwartet, noch könne er sie nachvollziehen. Soweit Rechnungspositionen den Faktor 3,5 beinhalteten, sei die Begründung dafür ungenügend. Mit einem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 05.03.2015 machte er darüber hinaus geltend, dass die Abtretung der Honorarforderung an die Klägerin wegen eines Verstoßes gegen das RDG gemäß § 134 BGB nichtig sei.
Das Landgericht - 3. Zivilkammer - hat der Klage - unter Abweisung des Anspruchs auf Erstattung vorgerichtlicher Anwalts- und eines Teils der Mahnkosten - durch Urteil vom 13.03.2015 hinsichtlich der geltend gemachten Hauptforderung und der Zinsen durch Aufrechterhaltung des Versäumnisurteils stattgegeben und dem Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt (Bl. 90 ff. d.A.). Es hat darüber hinaus den mit der Einspruchsbegründung gestellten Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass der Beklagte die aufgrund eines wirksamen Behandlungsvertrages entstandenen Honoraransprüche schulde, wobei die Rechnung des Zedenten den Anforderungen des § 10 GOZ genüge. Soweit der 2,3-fache Gebührensatz überschritten werde, genüge die kurze Begründung am Ende der Rechnung. Die Kritik des Beklagten an der Verständlichkeit einiger Begründungen in seinem nicht nachgelassenen und nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangenen Schriftsatz vom 05.03.2015 greife nicht durch, da sich die Bedeutung der verwendeten Fachwörter zum einen mit zumutbarem Aufwand ermitteln lasse und der Vortrag zum anderen gemäß § 296a ZPO keine Berücksichtigung mehr finden könne. Der Vorwurf mangelhafter Aufklärung in wirtschaftlicher Hinsicht sei unbegründet, denn es liege ein Heil- und Kostenplan vor. Der Vorwurf der unzureichenden Eingriffsaufklärung sei nicht erheblich, weil er einerseits wegen Verspätung zurückzuweisen sei, da er ohne genügende Entschuldigung erst mit dem unmittelbar vor der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsatz vorgetragen sei. Darüber hinaus fehle jeder Vortrag dazu, dass der Beklagte sich bei gehöriger Aufklärung der Behandlung nicht unterzogen hätte, so dass eine Kausalität der angeblich unterbliebenen Aufklärung für einen etwaigen Schaden des Beklagten nicht festzustellen sei. Bedenken gegen die Wirksamkeit der Abtretung bestünden nicht, weil der Beklagte ausweislich der vorgelegten schriftlichen Erklärung in die Weitergabe seiner Daten eingewilligt habe, so dass ein Verstoß gegen die Schweigepflicht nicht festzustellen sei. Der weitere Vortrag des Beklagten vom 05.03.2015 zur vermeintlichen Nichtigkeit des Abtretungsvertrages gemäß § 134 BGB wegen Verstoßes gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz sei gemäß § 296 a ZPO unbeachtlich.
Gegen das dem Beklagten zu Händen seines Prozessbevollmächtigten am 19.03.2015 zugestellte Urteil hat dieser mit einem am 16.04.2015 beim Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung und zugleich sofortige Beschwerde gegen die Versagung der Prozesskostenhilfe eingelegt. Die Berufungsbegründung hat er mit Telefax vom 19.05.2015 eingereicht.
Mit seiner Berufungsbegründung rügt der Beklagte die seiner Meinung nach mangelhafte wirtschaftliche Aufklärung, denn der Zedent habe ihn nicht darüber aufgeklärt, dass die von ihm durchgeführten Maßnahmen und eingesetzten Materialien nicht in jedem Fall von der Krankenversicherung des Beklagten übernommen würden. Darüber hinaus sei die Rechnungslegung mangelhaft, weil sie keine hinreichenden Hinweise darüber enthalte, woraus der Zedent die Berechtigung herleite, in Einzelfällen den 3,5 fachen Gebührensatz abzurechnen.
Schließlich habe die Kammer verkannt, dass die Abtretung an die Klägerin nichtig sei, weil eine derartige Abtretung im Rahmen eines Factoringvertrages nur dann rechtswirksam sei, wenn das Abrechnungsunternehmen das volle wirtschaftliche Risiko der Durchsetzung der Forderung übernehme (so genanntes "echtes Factoring").
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des LG Bremen vom 13.03.2015 (Az. 3-O-1589/14) insoweit aufzuheben, als dass es den Beklagten und Berufungskläger zur Zahlung in Höhe von 5.737,57 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 9.04.2014 sowie von 5,00 € Mahnkosten verurteilt.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und legt nunmehr den mit dem Zedenten am 18.10.2012 geschlossenen Abrechnungsvertrag (Bl. 167/168 d.A.) vor.
Mit Beschluss vom 28.07.2015 hat der Senat - in anderer Besetzung - die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den die Gewährung von Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss des Landgerichts und den Antrag des Beklagten auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren zurückgewiesen (Bl. 131 ff. d.A.). Ferner hat der Senat angekündigt, dass er beabsichtige, die Berufung durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Zur Begründung hat der Senat ausgeführt, dass die Rechnung des Zedenten den Anforderungen des § 10 Abs. 1 GOZ entspreche. Insbesondere enthalte sie auch ausreichende Begründungen im Sinne von § 10 Abs. 3 GOZ für diejenigen Gebührenpositionen, welche das 2,3-fache des Gebührensatzes überschreiten. Hierbei sei eine stichwortartige, kurze Begründung als ausreichend anzusehen, wobei im vorliegenden Fall sämtliche Rechnungspositionen mit einem 3,5-Faktor am Ende der Rechnung ausnahmslos in zwar kurzer, aber ausreichender Weise begründet worden seien. Soweit der Beklagte die Verständlichkeit der Begründung beanstande, sei dieses Vorbringen einerseits verspätet, andererseits aber auch nicht erfolgversprechend, denn soweit der Zedent medizinische Fachbegriffe verwendet habe, sei es einem Patienten zuzumuten, die Bedeutung einzelner verwendeter Fachbegriffe mit zumutbarem Aufwand in einem medizinischen Wörterbuch oder dem Internet nachzuschauen. Der Vorwurf einer Verletzung der wirtschaftlichen Aufklärung sei ebenfalls nicht erfolgversprechend, denn der behandelnde Arzt sei nicht verpflichtet, sich über die Abrechnungspraxis jeder einzelnen privaten Krankenkasse Kenntnis zu verschaffen. Der Zahnarzt erfülle seine Pflicht zur wirtschaftlichen Aufklärung grundsätzlich durch Fertigung eines Heil- und Kostenplans, den der Patient vor Aufnahme einer umfangreichen Behandlung abwarten und an dem er sich wegen seiner Kostenfragen orientieren könne. Diesen habe der Beklagte - was nicht mehr streitig sei - erhalten, so dass er die Möglichkeit gehabt habe, ihn bei seiner privaten Krankenversicherung einzureichen und damit zu prüfen, ob der Privatversicherer die Kosten der beabsichtigten Behandlung übernehmen werde. Der Einwand des Beklagten zur vermeintlichen Nichtigkeit des Abtretungsverbotes sei ebenfalls vom Landgericht zutreffend gemäß § 296 a ZPO zurückgewiesen worden, denn der entsprechende Vortrag sei erst mit dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 05.03.2015 nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung erfolgt. Damit sei das Verteidigungsmittel in der Berufungsinstanz nach § 531 Abs. 1 ZPO ausgeschlossen.
In seiner Stellungnahme dazu weist der Beklagte unter anderem darauf hin, dass es sich bei der Frage eines Verstoßes der Abtretung gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz um eine Rechtsauffassung handele, die den Verspätungsvorschriften nicht zugänglich sei. Die Klägerin habe sich bereits in der Klage nicht darauf beschränken dürfen, lediglich eine Abtretung zu behaupten, sondern habe zur Wirksamkeit des Abtretungsvertrages auch darlegen müssen, dass es sich um einen Fall des so genannten echten Factorings gehandelt habe, was indes unterblieben sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrages wird ergänzend auf die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze der Parteien verwiesen.
Die gem. § 511 Abs. 1 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung (§§ 511 Abs. 2, 517, 519, 520 ZPO) des Beklagten bleibt ohne Erfolg.
Der Klägerin steht gem. §§ 398, 630 a, 630 b, 612 BGB i.V.m. den Vorschriften der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) aus dem übergegangenen Recht des Zahnarztes X ein Anspruch auf Zahlung des Honorars für die zahnärztliche Behandlung in Höhe von 5.735,57 € zu. Dabei stehen in der Berufungsinstanz sowohl der Abschluss des Behandlungsvertrages als auch die Tatsache der Erbringung der abgerechneten Leistungen nicht mehr im Streit.
Es bestehen auch keine Bedenken gegen die Wirksamkeit der Abtretung der Honorarforderung an die Klägerin. Zwar kann die Abtretung einer Forderung zu Einziehungszwecken wegen Verstoßes gegen § 2 Abs. 2 S. 1 2. Fall RDG nach § 134 BGB nichtig sein, wenn das einziehende Unternehmen als Inkassodienstleister i.S.d. RDG anzusehen ist und über keine Registrierung gem. § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 RDG verfügt (BGH, Urt. v. 21.10.2014 VI ZR 507/13, NJW 2015, 397; BGH Urt. v. 11.12.2013 IV ZR 137/13 - juris-). So liegt es hier aber nicht, denn die Klägerin hat die Forderung im Wege eines sog. echten Factorings erworben. Maßgebliches Kriterium für die Differenzierung zwischen der Übertragung zu Einziehungszwecken (Inkassozession) und dem Forderungserwerb im Wege des Forderungskaufs ist die Übernahme des wirtschaftlichen Risikos durch den Erwerber (BGH Urt. v. 11.12.2013 Rn. 18): die Einziehung einer abgetretenen Forderung auf fremde Rechnung (Inkassozession) soll nach der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung vom 30. November 2006 unter Erlaubnisvorbehalt stehen, weil hier nur die formale Forderungsinhaberschaft auf den Einziehenden übertragen wird, die Einziehung aber weiterhin auf Risiko und Rechnung des Zedenten erfolgt und die Forderung für den Zessionar wirtschaftlich fremd bleibt (BT-Drucks. 16/3655, S. 36, 48). Sie ist von den Fällen des Forderungskaufs abzugrenzen, "bei denen ein endgültiger Forderungserwerb stattfindet und das Risiko des Forderungsausfalls auf den Erwerber übergeht" (aaO. S. 48), so dass die Einziehung auf eigene Rechnung erfolgt. Vorliegend belegen die Regelungen des nunmehr vorliegenden Abrechnungsvertrags vom 18.10.2012, dass die Klägerin die Forderung des Zedenten unter Übernahme des Ausfallrisikos übernommen hat. Das folgt mit hinreichender Deutlichkeit aus Ziff. 4 der "weiteren Vereinbarungsbestandteile", in der es heißt, dass "mit Zustandekommen des jeweiligen Kaufvertrages ... das Risiko der Zahlungsunfähigkeit in vollem Umfang" auf die Klägerin übergeht. Dem steht nicht entgegen, dass sich der Zedent im Rahmen des Verkaufs der Forderung einen Abzug von 3,75 % des Nennwertes der Forderung gefallen lassen muss, denn hierbei handelt es sich um die Prämie, die das Risiko der Klägerin durch die Übernahme des Einziehungserfolgs abbildet. Diese Prämie ist auch - anders als in dem vom BGH in seiner Entscheidung vom 21.10.2014 entschiedenen Fall, in dem sich der Zedent unter ungünstigen Umständen einen Abzug von 20% gefallen lassen musste - nicht so hoch, dass die volle Übernahme des Einziehungsrisikos bezweifelt werden könnte. Dabei muss nämlich berücksichtigt werden, dass es aus kaufmännischer Sicht kaum zu erwarten ist, dass ein echter Forderungserwerb zum Nennwert stattfinden wird. Vielmehr stellt der Erwerb einer Forderung im Rahmen des sog. Factoring ein typengemischtes Rechtsgeschäft mit kauf-, kredit- und geschäftsbesorgungsvertraglichen Elementen dar, dessen Hauptbedeutung als Finanzierungs- bzw. Kreditinstrument in der Einräumung einer kurzfristigen umsatzkongruenten Finanzierung liegt (Müko-Roth/Kieninger 7° § 398 BGB Rn. 156 m.w.N.). Dabei bezahlt der Factor dem Altgläubiger sofort den Wert der Forderung abzüglich eines Abschlags für seine Leistungen und Risiken. Mithin ist ein Abschlag vom Nennwert der Forderung dem Rechtsgeschäft des Forderungskaufs immanent. Der hier vereinbarte Satz von 3,75% ist im Hinblick auf seine Höhe jedenfalls nicht geeignet, Zweifel an der vollen Übernahme des Einziehungsrisikos durch die Klägerin zu wecken. Auch die Regelungen der Ziff. 5 und 6 der "weiteren Vereinbarungsbestandteile" führen zu keiner anderen Würdigung des Vertrages. Vielmehr handelt es sich um Normen, die Regelungen für den Fall fehlender Verität der verkauften Forderung enthalten. Von der Übernahme des Einziehungsrisikos, also der Bonität einer Forderung, ist die Haftung für deren Verität, also für den Bestand des verkauften Rechts, zu unterscheiden, weil insoweit bereits kraft Gesetzes eine Haftung des Verkäufers nach allgemeinem Leistungsstörungsrecht besteht (vgl. BeckOK Bamberger/Roth § 453 BGB Rn. 16 ff.). Die Ausgestaltung dieser gesetzlich angelegten Haftung hat nichts mit der Frage der Übernahme des Einziehungsrisikos zu tun.
Die Argumente des Beklagten in seinem am 28.01.2016 eingereichten Schriftsatz führen zu keiner anderen Betrachtung. Die Regelung in Ziff. 3 der "weiteren Vereinbarungsbestandteile" über die mögliche Anpassung des Kaufpreises bezieht sich ersichtlich auf die nach dem jeweiligen Abrechnungsvolumen gestaffelten Kaufpreisabschläge gem. lit. c) des Vertrages. Indes ist diese Abschlagsregelung von den Parteien gar nicht in den Vertrag einbezogen worden, wie sich aus der Streichung dieser Passage ergibt, so dass auch die Anpassungsregelung in Ziff. 3 nicht zur Anwendung kommt. Die Ausführungen zu Ziff. 5 c) und 5 b) der "weiteren Vereinbarungsbestandteile" vermengen unzulässig die Zusicherungen des Zedenten über bestimmte Qualitätsmerkmale der verkauften Forderungen (gültige Anschrift des Patienten, zutreffende Angaben über den Bestand der Forderungen) mit der hier entscheidenden Frage der Zahlungsfähigkeit des Schuldners. Maßgeblich für die Einordnung des Vertrages als echter Forderungskauf ist die - hier gegebene - Übernahme dieses Risikos (s.o.).
Soweit der Beklage geltend machen will, ihm sei keine ausreichende Gelegenheit gegeben worden, mit seinem - verspätet eingetroffenen - Mandanten eine Rücknahme der Berufung zu erörtern, lässt sich weder dem Sitzungsprotokoll noch dem Vortrag des Beklagten entnehmen, dass er dieserhalb - erfolglos - um eine Sitzungsunterbrechung gebeten hätte; überdies wäre dies auch nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung ohne weiteres möglich gewesen (§ 516 ZPO).
Im Hinblick auf die Rüge der Berufung, die Rechnung des Zedenten genüge hinsichtlich ihrer Detaillierung und Begründung der Steigerungsfaktoren nicht den Anforderungen des § 10 GOZ, verweist der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf seine ausführliche Begründung im Hinweisbeschluss vom 28.07.2015 (sub 2.a)), die der Beklagte ausweislich seine Schriftsatzes vom 28.08.2015 immerhin für vertretbar hält. Der Senat hält auch daran fest, dass der Zedent durch die Hingabe des Heil- und Kostenplans seiner Pflicht zur wirtschaftlichen Information hinreichend genügt hat. Auch insoweit ist auf den Hinweisbeschluss vom 28.07.2015 (sub 2. B)) zu verweisen.
Der Beklagte verkennt insoweit in seinem Schriftsatz vom 28.08.2015, dass die Maßstäbe der Informationspflicht sich je nach Art der Krankenversicherung des Patienten unterscheiden. Während im Falle eines gesetzlich versicherten Patienten dem Behandelnden regelmäßig das überlegene Wissen unterstellt werden kann, weil dieser aus seiner eigenen Abrechnungspraxis mit der kassen(zahn)ärztlichen Vereinigung um deren Regulierungsverhalten im Rahmen des Leistungskataloges weiß. Anders verhält es sich aber mit Privatpatienten wie dem Kläger. Hier besteht dieser Wissensvorsprung des (Zahn-) Arztes nicht, weil der Privatpatient selbst die angefallenen Kosten mit seiner Krankenkasse und ggf. der staatlichen Beihilfestelle abrechnet, wobei die genaue Erstattungsfähigkeit auch von der individuellen Vertragsgestaltung des Patienten abhängt (K. Schmidt in: Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., jurisPK-BGB, 7. Aufl. 2014, § 630c BGB).
Die Nebenentscheidungen beruhen auf der Anwendung der §§ 97 Abs. 1, 708 Ziff. 10, 711 ZPO. Die Revision ist nicht zuzulassen, denn die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 2 Satz 1 ZPO).
Urt. v. 04.02.2016
Az.: 5 U 7/15
In dem Rechtsstreit
[...],
Klägerin und Berufungsbeklagte,
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte [...]
gegen
[...],
Beklagter und Berufungskläger,
Prozessbevollmächtigter:
Rechtsanwalt [...]
hat der 5. Zivilsenat des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen auf die mündliche Verhandlung vom 7. Januar 2016 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Lüttringhaus, die Richterin am Amtsgericht von Guenther und den Richter am Oberlandesgericht Hoffmann für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bremen - 3. Zivilkammer - vom 13. März 2015 (3-O-1589/14) wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung trägt der Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Die Klägerin macht aus übergegangenem Recht die Bezahlung einer zahnärztlichen Honorarforderung geltend.
Der Beklagte hatte sich bei dem Zahnarzt X im Zeitraum vom 10.12.2013 bis zum 20.02.2014 in privat-zahnärztlicher Behandlung befunden.
In diesem Zusammenhang hatte er am 10.12.2013 eine Einverständniserklärung unterzeichnet, in der er sich unter anderem mit der Weitergabe dieser Erklärung sowie der zum Zwecke der Abrechnung und Geltendmachung der Honorare jeweils erforderlichen Informationen an die Klägerin und der Abtretung der sich aus der Behandlung ergebenden Forderungen an die Klägerin einverstanden erklärte (Anl. K2 = Bl. 11 der Akte). Darüber hinaus gab er an, privat versichert zu sein (Anl. BB6 = Bl. 176 der Akte). Vor dem Hintergrund einer beabsichtigten Zahnimplantation unterzeichnete der Beklagte ein Formular über die Information und seine Einwilligung in diesen Eingriff (Bl. 50/51 der Akte). Darüber hinaus erhielt und unterzeichnete er am 18.12.2013 einen Heil- und Kostenplan, der mit einem voraussichtlichen Endbetrag von 7.246,34 € schloss (Bl. 48/49 der Akte). Aufgrund einer Abrechnungsvereinbarung der Klägerin mit dem Zahnarzt X vom 18.10.2012 (Anl. BB1 = Bl. 107 60 der Akte) übersandte die Klägerin dem Beklagten am 24.02.2014 die Rechnung des Zahnarztes X vom gleichen Datum, endend mit einem Betrag i.H.v. 5.735,57 € (Bl. 13-16 d.A.). Trotz Mahnungen vom 7.04., 28.04. und 16.05.2014 bezahlte der Beklagte die Rechnung nicht. Mit Anwaltsschreiben vom 10.07.2014 mahnte die Klägerin erneut Zahlung an.
Die Klägerin hat behauptet, dass der Beklagte aufgrund der vorliegenden Unterlagen insbesondere in wirtschaftlicher Hinsicht hinreichend aufgeklärt worden sei. Die abgerechneten Leistungen seien vollumfänglich und mangelfrei erbracht und korrekt abgerechnet worden. Die Honorarforderung des Zahnarztes X sei ihr im Rahmen eines Factoringvertrages abgetreten worden, wobei der Beklagte in die Abtretung eingewilligt habe.
Nachdem der Beklagte im schriftlichen Vorverfahren keine fristgerechte Verteidigungsanzeige beigebracht hatte, erließ die Kammer am 30.10.2014 antragsgemäß ein Versäumnisurteil, mit dem der Beklagte zur Zahlung von 5.735,57 € nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 9.04.2014 sowie vorgerichtlicher Mahn- und Rechtsanwaltskosten in Höhe von 12,00 € bzw. 480,20 € verurteilt wurde. Gegen die ihm am 13.11.2014 zugestellte Entscheidung legte der Beklagte am 27.11.2014 Einspruch ein, den er mit Schriftsatz vom 15.01.2015, eingegangen am 29.01.2015 - einen Tag vor dem Termin zur Verhandlung über den Einspruch - begründete.
Die Klägerin hat beantragt,
das Versäumnisurteil vom 30.10.2014 aufrecht zu erhalten.
Der Beklagte hat beantragt,
das Versäumnisurteil vom 30.10.2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat vorgetragen, die Forderung sei in der geltend gemachten Höhe nicht begründet, ihm sei die Forderungsabtretung nicht angezeigt worden und er habe dieser auch nicht zugestimmt. Er sei auch nicht genügend gemäß § 630 b BGB über die Behandlungen, insbesondere deren Kosten aufgeklärt worden. An einen Heil- und Kostenplan könne er sich nicht erinnern. Die streitgegenständliche Rechnung habe er in der Höhe weder erwartet, noch könne er sie nachvollziehen. Soweit Rechnungspositionen den Faktor 3,5 beinhalteten, sei die Begründung dafür ungenügend. Mit einem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 05.03.2015 machte er darüber hinaus geltend, dass die Abtretung der Honorarforderung an die Klägerin wegen eines Verstoßes gegen das RDG gemäß § 134 BGB nichtig sei.
Das Landgericht - 3. Zivilkammer - hat der Klage - unter Abweisung des Anspruchs auf Erstattung vorgerichtlicher Anwalts- und eines Teils der Mahnkosten - durch Urteil vom 13.03.2015 hinsichtlich der geltend gemachten Hauptforderung und der Zinsen durch Aufrechterhaltung des Versäumnisurteils stattgegeben und dem Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt (Bl. 90 ff. d.A.). Es hat darüber hinaus den mit der Einspruchsbegründung gestellten Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass der Beklagte die aufgrund eines wirksamen Behandlungsvertrages entstandenen Honoraransprüche schulde, wobei die Rechnung des Zedenten den Anforderungen des § 10 GOZ genüge. Soweit der 2,3-fache Gebührensatz überschritten werde, genüge die kurze Begründung am Ende der Rechnung. Die Kritik des Beklagten an der Verständlichkeit einiger Begründungen in seinem nicht nachgelassenen und nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangenen Schriftsatz vom 05.03.2015 greife nicht durch, da sich die Bedeutung der verwendeten Fachwörter zum einen mit zumutbarem Aufwand ermitteln lasse und der Vortrag zum anderen gemäß § 296a ZPO keine Berücksichtigung mehr finden könne. Der Vorwurf mangelhafter Aufklärung in wirtschaftlicher Hinsicht sei unbegründet, denn es liege ein Heil- und Kostenplan vor. Der Vorwurf der unzureichenden Eingriffsaufklärung sei nicht erheblich, weil er einerseits wegen Verspätung zurückzuweisen sei, da er ohne genügende Entschuldigung erst mit dem unmittelbar vor der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsatz vorgetragen sei. Darüber hinaus fehle jeder Vortrag dazu, dass der Beklagte sich bei gehöriger Aufklärung der Behandlung nicht unterzogen hätte, so dass eine Kausalität der angeblich unterbliebenen Aufklärung für einen etwaigen Schaden des Beklagten nicht festzustellen sei. Bedenken gegen die Wirksamkeit der Abtretung bestünden nicht, weil der Beklagte ausweislich der vorgelegten schriftlichen Erklärung in die Weitergabe seiner Daten eingewilligt habe, so dass ein Verstoß gegen die Schweigepflicht nicht festzustellen sei. Der weitere Vortrag des Beklagten vom 05.03.2015 zur vermeintlichen Nichtigkeit des Abtretungsvertrages gemäß § 134 BGB wegen Verstoßes gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz sei gemäß § 296 a ZPO unbeachtlich.
Gegen das dem Beklagten zu Händen seines Prozessbevollmächtigten am 19.03.2015 zugestellte Urteil hat dieser mit einem am 16.04.2015 beim Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung und zugleich sofortige Beschwerde gegen die Versagung der Prozesskostenhilfe eingelegt. Die Berufungsbegründung hat er mit Telefax vom 19.05.2015 eingereicht.
Mit seiner Berufungsbegründung rügt der Beklagte die seiner Meinung nach mangelhafte wirtschaftliche Aufklärung, denn der Zedent habe ihn nicht darüber aufgeklärt, dass die von ihm durchgeführten Maßnahmen und eingesetzten Materialien nicht in jedem Fall von der Krankenversicherung des Beklagten übernommen würden. Darüber hinaus sei die Rechnungslegung mangelhaft, weil sie keine hinreichenden Hinweise darüber enthalte, woraus der Zedent die Berechtigung herleite, in Einzelfällen den 3,5 fachen Gebührensatz abzurechnen.
Schließlich habe die Kammer verkannt, dass die Abtretung an die Klägerin nichtig sei, weil eine derartige Abtretung im Rahmen eines Factoringvertrages nur dann rechtswirksam sei, wenn das Abrechnungsunternehmen das volle wirtschaftliche Risiko der Durchsetzung der Forderung übernehme (so genanntes "echtes Factoring").
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des LG Bremen vom 13.03.2015 (Az. 3-O-1589/14) insoweit aufzuheben, als dass es den Beklagten und Berufungskläger zur Zahlung in Höhe von 5.737,57 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 9.04.2014 sowie von 5,00 € Mahnkosten verurteilt.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und legt nunmehr den mit dem Zedenten am 18.10.2012 geschlossenen Abrechnungsvertrag (Bl. 167/168 d.A.) vor.
Mit Beschluss vom 28.07.2015 hat der Senat - in anderer Besetzung - die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den die Gewährung von Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss des Landgerichts und den Antrag des Beklagten auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren zurückgewiesen (Bl. 131 ff. d.A.). Ferner hat der Senat angekündigt, dass er beabsichtige, die Berufung durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Zur Begründung hat der Senat ausgeführt, dass die Rechnung des Zedenten den Anforderungen des § 10 Abs. 1 GOZ entspreche. Insbesondere enthalte sie auch ausreichende Begründungen im Sinne von § 10 Abs. 3 GOZ für diejenigen Gebührenpositionen, welche das 2,3-fache des Gebührensatzes überschreiten. Hierbei sei eine stichwortartige, kurze Begründung als ausreichend anzusehen, wobei im vorliegenden Fall sämtliche Rechnungspositionen mit einem 3,5-Faktor am Ende der Rechnung ausnahmslos in zwar kurzer, aber ausreichender Weise begründet worden seien. Soweit der Beklagte die Verständlichkeit der Begründung beanstande, sei dieses Vorbringen einerseits verspätet, andererseits aber auch nicht erfolgversprechend, denn soweit der Zedent medizinische Fachbegriffe verwendet habe, sei es einem Patienten zuzumuten, die Bedeutung einzelner verwendeter Fachbegriffe mit zumutbarem Aufwand in einem medizinischen Wörterbuch oder dem Internet nachzuschauen. Der Vorwurf einer Verletzung der wirtschaftlichen Aufklärung sei ebenfalls nicht erfolgversprechend, denn der behandelnde Arzt sei nicht verpflichtet, sich über die Abrechnungspraxis jeder einzelnen privaten Krankenkasse Kenntnis zu verschaffen. Der Zahnarzt erfülle seine Pflicht zur wirtschaftlichen Aufklärung grundsätzlich durch Fertigung eines Heil- und Kostenplans, den der Patient vor Aufnahme einer umfangreichen Behandlung abwarten und an dem er sich wegen seiner Kostenfragen orientieren könne. Diesen habe der Beklagte - was nicht mehr streitig sei - erhalten, so dass er die Möglichkeit gehabt habe, ihn bei seiner privaten Krankenversicherung einzureichen und damit zu prüfen, ob der Privatversicherer die Kosten der beabsichtigten Behandlung übernehmen werde. Der Einwand des Beklagten zur vermeintlichen Nichtigkeit des Abtretungsverbotes sei ebenfalls vom Landgericht zutreffend gemäß § 296 a ZPO zurückgewiesen worden, denn der entsprechende Vortrag sei erst mit dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 05.03.2015 nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung erfolgt. Damit sei das Verteidigungsmittel in der Berufungsinstanz nach § 531 Abs. 1 ZPO ausgeschlossen.
In seiner Stellungnahme dazu weist der Beklagte unter anderem darauf hin, dass es sich bei der Frage eines Verstoßes der Abtretung gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz um eine Rechtsauffassung handele, die den Verspätungsvorschriften nicht zugänglich sei. Die Klägerin habe sich bereits in der Klage nicht darauf beschränken dürfen, lediglich eine Abtretung zu behaupten, sondern habe zur Wirksamkeit des Abtretungsvertrages auch darlegen müssen, dass es sich um einen Fall des so genannten echten Factorings gehandelt habe, was indes unterblieben sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrages wird ergänzend auf die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze der Parteien verwiesen.
Die gem. § 511 Abs. 1 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung (§§ 511 Abs. 2, 517, 519, 520 ZPO) des Beklagten bleibt ohne Erfolg.
Der Klägerin steht gem. §§ 398, 630 a, 630 b, 612 BGB i.V.m. den Vorschriften der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) aus dem übergegangenen Recht des Zahnarztes X ein Anspruch auf Zahlung des Honorars für die zahnärztliche Behandlung in Höhe von 5.735,57 € zu. Dabei stehen in der Berufungsinstanz sowohl der Abschluss des Behandlungsvertrages als auch die Tatsache der Erbringung der abgerechneten Leistungen nicht mehr im Streit.
Es bestehen auch keine Bedenken gegen die Wirksamkeit der Abtretung der Honorarforderung an die Klägerin. Zwar kann die Abtretung einer Forderung zu Einziehungszwecken wegen Verstoßes gegen § 2 Abs. 2 S. 1 2. Fall RDG nach § 134 BGB nichtig sein, wenn das einziehende Unternehmen als Inkassodienstleister i.S.d. RDG anzusehen ist und über keine Registrierung gem. § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 RDG verfügt (BGH, Urt. v. 21.10.2014 VI ZR 507/13, NJW 2015, 397; BGH Urt. v. 11.12.2013 IV ZR 137/13 - juris-). So liegt es hier aber nicht, denn die Klägerin hat die Forderung im Wege eines sog. echten Factorings erworben. Maßgebliches Kriterium für die Differenzierung zwischen der Übertragung zu Einziehungszwecken (Inkassozession) und dem Forderungserwerb im Wege des Forderungskaufs ist die Übernahme des wirtschaftlichen Risikos durch den Erwerber (BGH Urt. v. 11.12.2013 Rn. 18): die Einziehung einer abgetretenen Forderung auf fremde Rechnung (Inkassozession) soll nach der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung vom 30. November 2006 unter Erlaubnisvorbehalt stehen, weil hier nur die formale Forderungsinhaberschaft auf den Einziehenden übertragen wird, die Einziehung aber weiterhin auf Risiko und Rechnung des Zedenten erfolgt und die Forderung für den Zessionar wirtschaftlich fremd bleibt (BT-Drucks. 16/3655, S. 36, 48). Sie ist von den Fällen des Forderungskaufs abzugrenzen, "bei denen ein endgültiger Forderungserwerb stattfindet und das Risiko des Forderungsausfalls auf den Erwerber übergeht" (aaO. S. 48), so dass die Einziehung auf eigene Rechnung erfolgt. Vorliegend belegen die Regelungen des nunmehr vorliegenden Abrechnungsvertrags vom 18.10.2012, dass die Klägerin die Forderung des Zedenten unter Übernahme des Ausfallrisikos übernommen hat. Das folgt mit hinreichender Deutlichkeit aus Ziff. 4 der "weiteren Vereinbarungsbestandteile", in der es heißt, dass "mit Zustandekommen des jeweiligen Kaufvertrages ... das Risiko der Zahlungsunfähigkeit in vollem Umfang" auf die Klägerin übergeht. Dem steht nicht entgegen, dass sich der Zedent im Rahmen des Verkaufs der Forderung einen Abzug von 3,75 % des Nennwertes der Forderung gefallen lassen muss, denn hierbei handelt es sich um die Prämie, die das Risiko der Klägerin durch die Übernahme des Einziehungserfolgs abbildet. Diese Prämie ist auch - anders als in dem vom BGH in seiner Entscheidung vom 21.10.2014 entschiedenen Fall, in dem sich der Zedent unter ungünstigen Umständen einen Abzug von 20% gefallen lassen musste - nicht so hoch, dass die volle Übernahme des Einziehungsrisikos bezweifelt werden könnte. Dabei muss nämlich berücksichtigt werden, dass es aus kaufmännischer Sicht kaum zu erwarten ist, dass ein echter Forderungserwerb zum Nennwert stattfinden wird. Vielmehr stellt der Erwerb einer Forderung im Rahmen des sog. Factoring ein typengemischtes Rechtsgeschäft mit kauf-, kredit- und geschäftsbesorgungsvertraglichen Elementen dar, dessen Hauptbedeutung als Finanzierungs- bzw. Kreditinstrument in der Einräumung einer kurzfristigen umsatzkongruenten Finanzierung liegt (Müko-Roth/Kieninger 7° § 398 BGB Rn. 156 m.w.N.). Dabei bezahlt der Factor dem Altgläubiger sofort den Wert der Forderung abzüglich eines Abschlags für seine Leistungen und Risiken. Mithin ist ein Abschlag vom Nennwert der Forderung dem Rechtsgeschäft des Forderungskaufs immanent. Der hier vereinbarte Satz von 3,75% ist im Hinblick auf seine Höhe jedenfalls nicht geeignet, Zweifel an der vollen Übernahme des Einziehungsrisikos durch die Klägerin zu wecken. Auch die Regelungen der Ziff. 5 und 6 der "weiteren Vereinbarungsbestandteile" führen zu keiner anderen Würdigung des Vertrages. Vielmehr handelt es sich um Normen, die Regelungen für den Fall fehlender Verität der verkauften Forderung enthalten. Von der Übernahme des Einziehungsrisikos, also der Bonität einer Forderung, ist die Haftung für deren Verität, also für den Bestand des verkauften Rechts, zu unterscheiden, weil insoweit bereits kraft Gesetzes eine Haftung des Verkäufers nach allgemeinem Leistungsstörungsrecht besteht (vgl. BeckOK Bamberger/Roth § 453 BGB Rn. 16 ff.). Die Ausgestaltung dieser gesetzlich angelegten Haftung hat nichts mit der Frage der Übernahme des Einziehungsrisikos zu tun.
Die Argumente des Beklagten in seinem am 28.01.2016 eingereichten Schriftsatz führen zu keiner anderen Betrachtung. Die Regelung in Ziff. 3 der "weiteren Vereinbarungsbestandteile" über die mögliche Anpassung des Kaufpreises bezieht sich ersichtlich auf die nach dem jeweiligen Abrechnungsvolumen gestaffelten Kaufpreisabschläge gem. lit. c) des Vertrages. Indes ist diese Abschlagsregelung von den Parteien gar nicht in den Vertrag einbezogen worden, wie sich aus der Streichung dieser Passage ergibt, so dass auch die Anpassungsregelung in Ziff. 3 nicht zur Anwendung kommt. Die Ausführungen zu Ziff. 5 c) und 5 b) der "weiteren Vereinbarungsbestandteile" vermengen unzulässig die Zusicherungen des Zedenten über bestimmte Qualitätsmerkmale der verkauften Forderungen (gültige Anschrift des Patienten, zutreffende Angaben über den Bestand der Forderungen) mit der hier entscheidenden Frage der Zahlungsfähigkeit des Schuldners. Maßgeblich für die Einordnung des Vertrages als echter Forderungskauf ist die - hier gegebene - Übernahme dieses Risikos (s.o.).
Soweit der Beklage geltend machen will, ihm sei keine ausreichende Gelegenheit gegeben worden, mit seinem - verspätet eingetroffenen - Mandanten eine Rücknahme der Berufung zu erörtern, lässt sich weder dem Sitzungsprotokoll noch dem Vortrag des Beklagten entnehmen, dass er dieserhalb - erfolglos - um eine Sitzungsunterbrechung gebeten hätte; überdies wäre dies auch nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung ohne weiteres möglich gewesen (§ 516 ZPO).
Im Hinblick auf die Rüge der Berufung, die Rechnung des Zedenten genüge hinsichtlich ihrer Detaillierung und Begründung der Steigerungsfaktoren nicht den Anforderungen des § 10 GOZ, verweist der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf seine ausführliche Begründung im Hinweisbeschluss vom 28.07.2015 (sub 2.a)), die der Beklagte ausweislich seine Schriftsatzes vom 28.08.2015 immerhin für vertretbar hält. Der Senat hält auch daran fest, dass der Zedent durch die Hingabe des Heil- und Kostenplans seiner Pflicht zur wirtschaftlichen Information hinreichend genügt hat. Auch insoweit ist auf den Hinweisbeschluss vom 28.07.2015 (sub 2. B)) zu verweisen.
Der Beklagte verkennt insoweit in seinem Schriftsatz vom 28.08.2015, dass die Maßstäbe der Informationspflicht sich je nach Art der Krankenversicherung des Patienten unterscheiden. Während im Falle eines gesetzlich versicherten Patienten dem Behandelnden regelmäßig das überlegene Wissen unterstellt werden kann, weil dieser aus seiner eigenen Abrechnungspraxis mit der kassen(zahn)ärztlichen Vereinigung um deren Regulierungsverhalten im Rahmen des Leistungskataloges weiß. Anders verhält es sich aber mit Privatpatienten wie dem Kläger. Hier besteht dieser Wissensvorsprung des (Zahn-) Arztes nicht, weil der Privatpatient selbst die angefallenen Kosten mit seiner Krankenkasse und ggf. der staatlichen Beihilfestelle abrechnet, wobei die genaue Erstattungsfähigkeit auch von der individuellen Vertragsgestaltung des Patienten abhängt (K. Schmidt in: Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., jurisPK-BGB, 7. Aufl. 2014, § 630c BGB).
Die Nebenentscheidungen beruhen auf der Anwendung der §§ 97 Abs. 1, 708 Ziff. 10, 711 ZPO. Die Revision ist nicht zuzulassen, denn die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 2 Satz 1 ZPO).