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  • 23.07.2015 · IWW-Abrufnummer 144981

    Oberlandesgericht Saarbrücken: Beschluss vom 04.09.2014 – 2 W 13/14

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    In dem Rechtsstreit
    ... pp. KG
    Beklagte und Beschwerdeführerin,
    - Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte -gegen
    M. E.,
    Kläger und Beschwerdegegner,
    - Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte -
    hat der 2. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts durch die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Madert-Groß als Einzelrichterin
    am 4. September 2014
    beschlossen:
    Tenor:

    1.

    Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Landgerichts Saarbrücken vom 27.5.2014 - 15 O 39/14 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
    2.

    Beschwerdewert: bis 6.000 EUR.

    Gründe

    Das gemäß §§ 99 Abs. 2, 567 ff ZPO statthafte und im Übrigen zulässige Rechtsmittel der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.

    Zu Recht hat das Landgericht der Beklagten in Abweichung von § 93 ZPO gemäß § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Verfahrens nach Abgabe des sofortigen Anerkenntnisses mit Schriftsatz vom 6.5.2014 auferlegt. Der angefochtene Beschluss vom 27.5.2014, auf den Bezug genommen wird, lässt Rechtsfehler zum Nachteil der Beklagten nicht erkennen. Die von der Beklagten vorgebrachten Einwendungen sind im Ergebnis nicht geeignet, zu einer abweichenden Beurteilung zu führen. Ergänzend zu den tragenden Gründen des angefochtenen Beschlusses sowie des Nichtabhilfebeschlusses vom 16.6.2014 ist folgendes auszuführen:

    Entgegen der Auffassung der Beklagten fehlt der von dem Kläger erhobenen Feststellungsklage weder das Feststellungsinteresse noch das Rechtsschutzbedürfnis. Der Kläger, über dessen Vermögen durch Beschluss des Amtsgerichts - Insolvenzgericht - Hannover vom 18.7.2013 das Insolvenzverfahren eröffnet worden war, hat, nachdem die Beklagte mit Schreiben vom 15.9.2013 eine Forderung in Höhe von 352.908,75 EUR aus Gründen der unerlaubten Handlung zur Insolvenztabelle angemeldet hatte, gegen die Beklagte negative Feststellungsklage erhoben mit dem Ziel festzustellen, dass die beim Amtsgericht - Insolvenzgericht - Hannover von der Beklagten angemeldete Forderung nicht aus dem Forderungsgrund einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung herrührt. Bei dieser Sachlage war der Kläger nicht verpflichtet, die Beklagte vor Klageerhebung zunächst vorprozessual "abzumahnen" bzw. zur Abgabe von Erklärungen aufzufordern; denn die Beklagte hat, indem sie ihre Forderung in Höhe von 352.908,75 EUR zur Tabelle unter Hinweis auf eine Forderung aus unerlaubter Handlung angemeldet und dies auch ausführlich begründet hat, hinreichend Veranlassung zur Klage gegeben, wobei anerkanntermaßen die Erhebung einer negativen Feststellungsklage keine vorgerichtliche Abmahnung bzw. Aufforderung voraussetzt (statt aller: Zöller/ Herget, ZPO, 30. Aufl., § 93, Rz. 6 "Feststellungsklage", m.w.N.; Jaspersen/ Wache in: Beck'scher Online-Kommentar ZPO, Stand 15.6.2014, § 93, Rz. 82 ff, m.w.N.). Soweit unter Umständen eine andere Beurteilung dann angezeigt sein kann, wenn im Rechtsstreit neue Klagegründe vorgebracht werden, liegt eine solche Fallkonstellation offensichtlich nicht vor, weil die negative Feststellungsklage ausschließlich die Anmeldung der Forderungen der Beklagten aus Gründen der unerlaubten Handlung zum Gegenstand hat, und auch im Übrigen nicht ersichtlich ist, dass insoweit eine Veränderung der tatsächlichen Umstände zwischen dem Zeitpunkt der Forderungsanmeldung durch die Beklagte und dem der Klageerhebung eingetreten ist. Auch im Übrigen liegen nach dem sich im Beschwerdeverfahren darbietenden Sach- und Streitstand keine hinreichenden Anhaltspunkte vor, die die Annahme rechtfertigten, der Kläger sei gehalten gewesen, die Beklagte vor Erhebung der Klage abzumahnen oder ein "negatives Schuldanerkenntnis" einzufordern. Soweit die Beklagte darauf verweist, dass es sich bei ihrer Forderungsanmeldung nur um eine "vorläufige Einschätzung" gehandelt habe, erschließt sich dies weder aus der Diktion noch dem Inhalt des Schreibens vom 15.9.2013 im Übrigen. Dass die angemeldete Forderung ggf. nur in Höhe eines Betrages von 258.380,10 EUR, wie von der Beklagten geltend gemacht, festgestellt und der überschießende Betrag vom Insolvenzverwalter vorläufig bestritten worden ist, rechtfertigt keine andere Sicht, weil es entscheidend auf den Zeitpunkt der Forderungsanmeldung durch die Beklagte und die von ihr angegebenen Gründe ankommt und über die Gesamthöhe der angemeldeten Forderung noch keine endgültige Entscheidung getroffen worden ist. Das rechtlich anerkennenswerte Interesse des Schuldners an der Feststellung, dass die Forderung, der widersprochen worden ist, nach § 302 Nr. 1 InsO nicht von der Restschuldbefreiung ausgenommen ist, wird hiervon im Übrigen nicht berührt. Auch bietet der Widerspruch ungeachtet des Umstandes, dass "tituliert" im Sinne von § 184 Abs. 2 InsO der Anspruch nur dann ist, wenn der Schuldner nicht nur zur Zahlung verurteilt, sondern auch der Rechtsgrund der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung festgestellt worden ist, für den Schuldner nicht den gleichen effektiven Rechtsschutz wie die negative Feststellungsklage (BGH, Urt. v. 10.10.2013 - IX ZR 30/13 -, WM 2013, 2077). Endgültige Gewissheit kann der Schuldner dann, wenn eine Forderung als Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung angemeldet worden ist, nur durch ein rechtskräftiges Urteil gegen (oder für) den jeweiligen Insolvenzgläubiger erlangen. Eine rechtskräftige Entscheidung über den Bestand der Forderung kann er nicht mittels Widerspruchs herbeiführen (BGH, aaO).

    Ohne Erfolg verweist die Beklagte darauf, dass erst durch die Entscheidung des BGH vom 10.10.2013 - IX ZR 30/13 - (aaO) die in Rechtsprechung und Literatur umstrittene Frage, ob der Schuldner die Möglichkeit hat, gegen eine Forderungsanmeldung aus dem Rechtsgrund der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung negative Feststellungsklage zu erheben, geklärt sei, und dass der Schuldner deshalb entsprechend der "bisher geltenden Praxis" - der im Falle eines Widerspruchs klageberechtigte Gläubiger sei gehalten, den widersprechenden Insolvenzverwalter außergerichtlich zur Anerkennung der Forderung aufzufordern -zu verfahren habe. Ungeachtet der Frage, ob und in welchen Fallkonstellationen die von der Beklagten bemühte bisher geltende Praxis Gültigkeit beansprucht, ist zu berücksichtigen, dass die Klage eines Insolvenzgläubigers auf Feststellung des Forderungsgrundes bei Widerspruch des Schuldners oder Insolvenzverwalters gegen die Einordnung einer Insolvenzforderung als eine solche aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung eigenen Anspruchsvoraussetzungen folgt und sich bereits aus diesem Grund eine unterschiedslose Anwendung auf Fallkonstellationen der vorliegenden Art verbietet. Umstände, die es bei erhobener negativer Feststellungsklage rechtfertigten, den Kläger in der Pflicht zur Abgabe einer vorgerichtlichen Abmahnung oder dergl. zu sehen, bestehen nach Lage der Akten nicht.

    Demgemäß hat das Rechtsmittel der Beklagten insgesamt keinen Erfolg.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist nicht veranlasst.

    gez. Dr. Madert-Groß

    RechtsgebietInsolvenzVorschriften§ 184 Abs. 1 InsO § 302 Nr. 1 InsO §93 ZPO