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  • 29.01.2014 · IWW-Abrufnummer 140330

    Amtsgericht Köln: Urteil vom 21.03.2013 – 137 C 566/12

    Verletzt ein Treuhänder i.S.v. § 292 InsO eine Pflicht gegenüber dem Schuldner, kommt als Anspruchsgrundlage nicht § 60 InsO in Frage, sondern nur § 280 Abs. 1 BGB.

    Einem Treuhänder obliegt es grundsätzlich nicht, zu Lasten des Schuldners einen Antrag auf Herabsetzung des pfändungsfreien Betrages gem. § 850 c Abs. 4 ZPO i.V.m. § 36 Abs. 4 InsO zu stellen.


    Amtsgericht Köln

    137 C 566/12

    Tenor:

    Die Klage wird abgewiesen.

    Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

    Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 800,- € abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

    Tatbestand:

    Der Kläger macht Ansprüche geltend, hinsichtlich derer er mit seiner Ehefrau (im Folgenden auch Zedentin genannt) die Abtretung an sich vereinbarte.

    Hinsichtlich deren Vermögen wurde beim AG Köln, Geschäftsnummer 75 IK 628/05 das Insolvenzverfahren eröffnet. Sie trat den pfändbaren Teil ihrer Bezüge aus einem Dienstverhältnis an den Beklagten ab, der vom Gericht als Treuhänder bestimmt wurde.

    Da der Kläger als Ehemann ihr gegenüber unterhaltsberechtigt war, erhöhte sich der unpfändbare Betrag gemäß § 830 c Abs. 1 Satz 2 ZPO. Da er aber eigene Einkünfte hatte, machte der Beklagte im Schreiben vom 05.03.2007 nebst Anlage (Anlage K 1, Blatt 8-10 der Gerichtsakte) gegenüber der Zedentin geltend, dass dieser sich teilweise selbst unterhalten könne und deswegen der Abzug gemäß § 850 c Abs. 1 Satz 2 ZPO zu hoch sei. Er forderte Zahlungen aus den nicht gepfändeten Bezügen von der Zedentin.

    Diese leistete sie in den Monaten Januar 2009 bis Dezember 2011 in Höhe von insgesamt 4.919,29 € mit Teilbeträgen zwischen 50,- € und 150,- €. Wegen der Einzelheiten wird auf Anlage K 14, Blatt 39-79 der Gerichtsakte, verwiesen.

    Durch rechtskräftigen Beschluss vom 26.03.2012 wurde der Zedentin Restschuldbefreiung erteilt, wodurch das Insolvenzverfahren endete.

    Der Kläger verlangt Rückzahlung der geleisteten Zahlungen. Er beanstandet, dass der Beklagte keinen Beschluss des Insolvenzgerichts gemäß § 850 c Abs. 4 Satz 2 ZPO in Verbindung mit § 36 Abs. 4 InsO herbeiführte.

    Er erklärt, er habe am 16.10.2006 eine geringfügige Beschäftigung in Berlin begonnen. Hier habe er monatliche Einkünfte in Höhe von durchschnittlich 369,03 € gehabt, dem gegenüber jedoch gleichzeitig Kosten für Fahrten und Haushaltsführung sowie Lebenserhaltungskosten angefallen seien.

    Der Kläger beantragt,

    den Beklagten zu verurteilen, an ihn 4.919,29 € nebst Zinsen in Höhe von

    5 %-Punkten über dem Basiszins seit dem 07.03.2012 zu zahlen.

    Der Beklagte beantragt

    Klageabweisung.

    Das Gericht hat im Verhandlungstermin den Kläger darauf hingewiesen, dass die Kausalität zwischen dem Unterlassen des Antrags gemäß § 840 c Abs. 4 ZPO und einem Schaden in bestimmter Höhe unklar sei.

    Entscheidungsgründe:

    Die Klage ist unbegründet.

    Der Kläger hat, auch in Verbindung mit § 398 BGB, gegen den Beklagten keinen Anspruch darauf, die von der Zedentin geleisteten Zahlungen auch nur teilweise erstattet zu bekommen.

    Ein solcher ergibt sich nicht aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB.

    Der Beklagte hat nichts durch die Zahlungen der Zedentin erlangt. Die Beträge verließen dadurch nicht ihr Vermögen. Der Beklagte war ihr Treuhänder und hielt die Zuflüsse – anderes ist nicht vorgetragen – gemäß § 292 Abs. 1 Satz 2 InsO getrennt von seinem Vermögen, bis er sie, seiner Pflicht nach dieser Vorschrift entsprechend, an die Gläubiger weiterleitete.

    Der Kläger kann von dem Beklagten Erstattung geleisteter Zahlungen nicht als Schadensersatz verlangen.

    § 60 InsO scheidet als Anspruchsgrundlage aus, da er nur für Insolvenzverwalter gilt, nicht jedoch für Treuhänder. Das wird dadurch deutlich, dass in § 292 Abs. 3 Satz 2 InsO, anders als in § 313 Abs. 1 InsO, auf diese Vorschrift nicht verwiesen wird, wohl aber im Detail auf die beiden vorangehenden (vgl. Ehricke in Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung, 2. Auflage, Rn. 70).

    Der Kläger kann – zumindest einen der Höhe nach bestimmbaren – Betrag nicht gemäß § 280 Abs. 1 BGB verlangen.

    Ob, zumindest aber in wie weit, die Ausführungen des Beklagten durch Schreiben vom 05.03.2007 unrichtig sind, bleibt offen. Monatliche Einkünfte erwähnt der Kläger nur in Höhe von 369,03 € „durchschnittlich“. Welche Kosten insbesondere für Fahrten und doppelte Haushaltsführung ihn trafen, wird nicht exakt dargestellt. Selbst wenn dies der Fall gewesen wäre, wäre unklar, in wie weit dies dem Beklagten bekannt war, so dass seine Darstellung im Schreiben vom 05.03.2007 pflichtwidrig unzutreffend war. Auszuschließen ist auch nicht, dass die Zedentin mit gutem Grund, also nicht getäuscht durch eine Darstellung des Beklagten, die Zahlungen leistete. Immerhin erfolgten diese in enger Abstimmung mit dem Kläger, der am besten wusste, welche Bezüge und welche Kosten er hatte.

    Erhielt der Beklagte die Zahlungen einmal, liegt keine Pflichtwidrigkeit vor, wenn er diese in gewissen Abständen an die Gläubiger weiterleitete. Dazu war er sogar gemäß § 292 Abs. 1 Satz 2 InsO verpflichtet.

    Der Beklagte beging keine Pflichtwidrigkeit, indem er es unterließ, einen Antrag gemäß § 830 c Abs. 4 ZPO zu stellen. Nach der Vorschrift unmittelbar kann der Gläubiger diesen Antrag zu Lasten des Schuldners stellen. Folgerichtig eröffnet § 36 Abs. 4 Satz 2 InsO die Möglichkeit dem Insolvenzverwalter. Der Treuhänder gemäß § 292 Abs. 1 InsO ist jedoch auch Sachverwalter des Schuldners. Wenn er danach überhaupt berechtigt ist, den Antrag gemäß § 36 Abs. 4 Satz 2 InsO zu stellen, so ist er aber jedenfalls nicht verpflichtet, einen solchen zu Lasten des Schuldners, seines Treugebers, zu stellen, durch den der pfändungsfreie Betrag herabgesetzt wird.

    Ob es anders liegt, wenn der Treuhänder gemäß § 292 Abs. 2 InsO von den Gläubigern beauftragt wird, kann auf sich beruhen. Der Kläger trägt nicht vor, dass es einen solchen Auftrag gab, bei dessen Nichtbeachtung im Übrigen die Gläubiger Schadensersatzansprüche haben dürften.

    Danach kann auf sich beruhen, welches Ergebnis ein Antrag gemäß § 830 c Abs. 4 ZPO gehabt hätte. Nicht ausschließbar ist, dass die Pfändungsfreigrenzen sich jeweils um Beträge gesenkt hätten, die die Zedentin freiwillig an den Beklagten abführte. Dann hätte sie sich mit und ohne die vermeintliche Pflichtverletzung gleich gestanden.

    Die Entscheidungen über die Kosten, die vorläufige Vollstreckbarkeit und die Vollstreckungsabwendungsbefugnis beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO.

    RechtsgebietInsolvenzVorschriften§ 850c ZPO