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  • · Fachbeitrag · Treuhänder

    Haftung des Treuhänders für Pflichtverletzungen

    • 1. Verletzt ein Treuhänder im Sinne von § 292 InsO eine Pflicht gegenüber dem Schuldner, kommt als Anspruchsgrundlage nicht § 60 InsO infrage, sondern nur § 280 Abs. 1 BGB.
    • 2. Einem Treuhänder obliegt es grundsätzlich nicht, zulasten des Schuldners einen Antrag auf Herabsetzung des pfändungsfreien Betrages gemäß § 850c Abs. 4 ZPO i.V.m. § 36 Abs. 4 InsO zu stellen.

    (AG Köln 21.3.13, 137 C 566/12, Abruf-Nr. 140330)

     

    Sachverhalt

    Der Kläger macht aus abgetretenem Recht des Insolvenzschuldners Schadenersatzansprüche gegen den Treuhänder geltend. Die Schuldnerin trat den pfändbaren Teil ihrer Bezüge aus einem Dienstverhältnis an den Treuhänder ab. Da der Kläger als Ehemann ihr gegenüber unterhaltsberechtigt war, erhöhte sich der unpfändbare Betrag gemäß § 850c Abs. 1 S. 2 ZPO. Da er aber eigene Einkünfte hatte, machte der Treuhänder gegenüber der Schuldnerin geltend, dass dieser sich teilweise selbst unterhalten könne und deswegen der Abzug gemäß § 850c Abs. 1 S. 2 ZPO zu hoch sei. Er forderte weitergehende Zahlungen aus den nicht gepfändeten Bezügen von der Schuldnerin, die dem von 2009 bis 2011 mit insgesamt rund 5.000 EUR nachkam. 2012 wurde ihr Restschuldbefreiung erteilt und das Insolvenzverfahren aufgehoben.

     

    Der Kläger verlangt Rückzahlung der 5.000 EUR mit der Begründung, dass der Treuhänder keinen Beschluss des Insolvenzgerichts gemäß § 850c Abs. 4 S. 2 ZPO in Verbindung mit § 36 Abs. 4 InsO herbeigeführt habe. Er erklärt, er habe am 16.10.06 eine geringfügige Beschäftigung in Berlin begonnen. Er habe zwar monatliche Einkünfte in Höhe von durchschnittlich 369,03 EUR gehabt, demgegenüber jedoch gleichzeitig Kosten für Fahrten und Haushaltsführung sowie Lebenserhaltungskosten angefallen seien.

     

    Entscheidungsgründe/Praxishinweis

    Das AG hat die Klage im konkreten Fall für unbegründet erachtet. Der Kläger hat, auch in Verbindung mit § 398 BGB, gegen den Beklagten keinen Anspruch darauf, die von der Zedentin geleisteten Zahlungen auch nur teilweise erstattet zu bekommen.

     

    • Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht aus § 812 Abs. 1 S. 1 BGB. Der Treuhänder hat nichts durch die Zahlungen der Schuldnerin erlangt. Die Beträge verließen dadurch nicht ihr Vermögen. Der Beklagte war ihr Treuhänder und hielt die Zuflüsse - anderes ist nicht vorgetragen - gemäß § 292 Abs. 1 S. 2 InsO getrennt von seinem Vermögen, bis er sie, seiner Pflicht nach dieser Vorschrift entsprechend, an die Gläubiger weiterleitete.

     

    • Der Kläger kann von dem Beklagten Erstattung geleisteter Zahlungen auch nicht als Schadensersatz verlangen. § 60 InsO scheidet als Anspruchsgrundlage aus, da er nur für Insolvenzverwalter gilt, nicht jedoch für Treuhänder. Das wird dadurch deutlich, dass in § 292 Abs. 3 S. 2 InsO, anders als in § 313 Abs. 1 InsO, auf diese Vorschrift nicht verwiesen wird, wohl aber im Detail auf die beiden vorangehenden (MüKo/Ehricke, InsO, 2. Aufl., Rn. 70).

     

    • Der Kläger kann schließlich - zumindest einen der Höhe nach bestimmbaren - Betrag auch nicht gemäß § 280 Abs. 1 BGB verlangen.

     

    MERKE | Dies ist für einen Deliktsgläubiger im Sinne des § 302 InsO insoweit von Relevanz, als er auf einen solchen Schadenersatzanspruch im Wege der Forderungspfändung zugreifen kann. Da die angemeldete Deliktsforderung nicht von der Restschuldbefreiung erfasst wird, darf er nach Abschluss des Insolvenzverfahrens die Zwangsvollstreckung beginnen oder fortsetzen. Der Schadenersatzanspruch steht ihm dann als Zugriffsobjekt der Forderungspfändung zur Verfügung.

     

    Das AG moniert, dass der Vortrag des Klägers nicht erkennen lässt, der Treuhänder gehe wider besseren Wissens davon aus, dass der Kläger nicht nur Einkommen, sondern dieses auch aufbrauchende außerordentliche Ausgaben hat. Es sei deshalb schon keine Pflichtverletzung gegenüber der Schuldnerin feststellen. Auszuschließen sei nicht, dass die Schuldnerin mit gutem Grund, also nicht getäuscht durch eine Darstellung des Treuhänders, die Zahlungen leistete.

     

    MERKE | Dies ist allerdings im Einzelfall zu prüfen und kann sich auch durchaus abweichend verhalten. Die Praxis zeigt immer wieder, dass von Insolvenzverwaltern und Treuhändern gegenüber dem Schuldner offensichtlich unbegründete Forderungen erhoben werden.

     

    Der Treuhänder beging keine Pflichtwidrigkeit, indem er es unterließ, einen Antrag gemäß § 850c Abs. 4 ZPO zu stellen. Nach der Vorschrift unmittelbar kann der Gläubiger diesen Antrag zulasten des Schuldners stellen. Folgerichtig eröffnet § 36 Abs. 4 S. 2 InsO die Möglichkeit dem Insolvenzverwalter. Der Treuhänder gemäß § 292 Abs. 1 InsO ist jedoch auch Sachverwalter des Schuldners. Wenn er danach überhaupt berechtigt ist, den Antrag gemäß § 36 Abs. 4 S. 2 InsO zu stellen, ist er aber jedenfalls nicht verpflichtet, einen solchen zulasten des Schuldners, seines Treugebers, zu stellen, durch den der pfändungsfreie Betrag herabgesetzt wird.

     

    MERKE | Der Treuhänder kann allerdings von den Gläubigern nach § 292 Abs. 2 InsO beauftragt werden, entsprechende Anträge zu stellen. Wenn es einen solchen Auftrag gab und der Treuhänder dem nicht nachgekommen wäre, würde dies eine Pflichtverletzung gegenüber den Gläubigern darstellen, die dem Grunde nach zu einer Schadenersatzpflicht führen könnten. Vorliegend wäre eine solche Pflichtverletzung aber ohne Folge geblieben, weil die Schuldnerin freiwillig den höheren pfändbaren Betrag unter Nichtberücksichtigung ihres unterhaltsberechtigten Ehemannes entrichtet hat.

    Quelle: Ausgabe 02 / 2014 | Seite 30 | ID 42505103