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  • · Fachbeitrag · Tilgung

    Auf welches Konto muss der Schuldner zahlen?

    | Widersprüchliche Angaben zu Konten, auf die der Schuldner zahlen soll, können zu erheblichen Problemen in der Abwicklung des Mandats führen. Das gilt auch für den Fall eines Lesers, in dem dies allerdings unbeabsichtigt geschah. |

     

    Frage: Grundsätzlich hat die Zahlung auf ein anderes als das vom Gläubiger angegebene Konto keine Tilgungswirkung. Was aber, wenn die anwaltlich geltend gemachte Forderung in der Forderungsaufstellung ein Konto des Anwalts bei der X-Bank nennt, in den anwaltlichen Kontaktdaten auf der ersten Seite der Schreiben aber ein Konto bei der Y-Bank genannt ist? In der Korrespondenz steht einmal: „... den in der Forderungsaufstellung genannten Betrag auf unser genanntes Konto zu überweisen ...“ und in einem anderen Schreiben „... auf unser im Briefkopf genanntes Konto zu zahlen ...“. Auf welches Konto soll der Mandant nun zahlen?

     

    Unsere Antwort: Eine Geldschuld kann anstatt durch Barzahlung auch im Wege einer Banküberweisung getilgt werden, wenn die Parteien dies vereinbart haben. Dabei ist streitig, ohne dass dem wirklich eine Bedeutung zukommt, ob dann eine Leistung gemäß § 362 Abs. 1 BGB oder eine Leistung an Erfüllung statt im Sinne der §§ 363, 364 Abs. 1 BGB vorliegt (vgl. zur Problematik BGHZ 98, 24; BGH NJW 99, 210). Das stillschweigend erklärte Einverständnis des Gläubigers liegt in der Regel in der Bekanntgabe des Girokontos auf Briefen, Rechnungen und dergleichen an den Schuldner. In der Praxis sind dabei meist die folgenden Fälle von Bedeutung:

     

    Es werden mehrere Konten benannt

    Danach kann der Schuldner die Erfüllungsleistung grundsätzlich durch Überweisung auf jedes Konto erbringen, mit dem der Gläubiger ihm gegenüber im Rechtsverkehr auftritt. Hat der Gläubiger also auf einer Rechnung oder einem Mahnschreiben mehrere Konten gleichzeitig angegeben, obliegt die Auswahl dem Schuldner.

     

    Nur ein Konto wird benannt

    Teilt der Gläubiger dem Schuldner jedoch lediglich ein bestimmtes Girokonto mit auf das die Überweisung zu erfolgen hat, liegt darin nicht das Einverständnis mit der Überweisung auch auf ein anderes Konto des Gläubigers. Folglich hat die Überweisung auf ein anderes als das angegebene Konto grundsätzlich keine Tilgungswirkung (BGHZ 98, 24; BGHZ 128, 135; BGH NJW-RR 04, 1281).

     

    Mehrere Konten werde nacheinander benannt

    Den von dem Leser aufgegriffenen Fall hat der BGH mit seinem Urteil vom 17.3.04 entschieden (VIII ZR 161/03, ZIP 04, 1354): Das mit einer der Kontoangabe stillschweigend erklärte Einverständnis mit der Erfüllung der geschuldeten Leistung auf dieses Konto gilt bei der Benennung eines anderen Kontos nicht fort. Das einmal erteilte Einverständnis ist im Zweifel bis zur Vornahme der Überweisung frei widerruflich (Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 472).

     

    Die Angabe (allein) einer neuen Bankverbindung ist bei verständiger Würdigung aus der Sicht des Erklärungsempfängers als konkludent erklärter Widerruf der Einverständniserklärung hinsichtlich des zuvor angegebenen Kontos auszulegen (§§ 133, 157 BGB). Die Mitteilung einer Bankverbindung in einer Rechnung lässt mangels anderer Anhaltspunkte keinen anderen Schluss zu, als dass das Einverständnis des Gläubigers mit einer Überweisung des Rechnungsbetrags sich auf die nun angegebene Bankverbindung beschränkt. Nichts anderes kann gelten, wenn die Kontoangaben sich in aufeinanderfolgenden Mahnschreiben ändern.

     

    Folge: Der Schuldner muss auf das im jeweils zuletzt zugegangenen Schreiben benannte Konto zahlen. Ergeben sich daraus mehrere Konten, hat er die Wahl.

     

    Wird vom Gläubiger eine neue Bankverbindung angegeben und wurden frühere Zahlungsverpflichtungen vom Schuldner beanstandungsfrei über eine andere Bankverbindung beim Schuldner datenmäßig erfasst, ist der Gläubiger verpflichtet, den Schuldner auf die neue Bankverbindung hinzuweisen (OLG Frankfurt NJW 98, 387). Kommt der Gläubiger dem nicht nach, soll er sich gegenüber dem Schuldner schadenersatzpflichtig machen, was in der Konsequenz dazu führt, dass der Schuldner so gestellt wird, als habe er ordnungsgemäß gezahlt.

     

    Ein Mitverschulden wird verneint, da dem Schuldner in ständiger Geschäftsbeziehung keine Kontrollpflicht zukommt.

     

    PRAXISHINWEIS | Überweist der Schuldner die Leistung auf ein nicht vom Gläubiger im vorstehenden Sinne fortwährend benanntes Konto, muss der Gläubiger aktiv werden. Nimmt er die Leistung in diesem Fall widerspruchslos entgegen, kann in seinem Schweigen

    • entweder eine nachträgliche Zustimmung gesehen werden (OLG Karlsruhe NJW-RR 96, 752) oder
    • dem Gläubiger wird jedenfalls gemäß § 242 BGB verwehrt, sich auf die unzureichende Erfüllung zu berufen (BGH NJW 91, 3209; BGH NJW-RR 04, 1281).
     
    Quelle: Ausgabe 01 / 2013 | Seite 17 | ID 37358260