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  • · Fachbeitrag · Scoring

    Forderungsausfälle aus Versorgungsforderungen vorbeugend vermeiden

    | Die Anzahl der säumigen Zahler besonders im Energiesektor steigt stetig. Arbeitslosigkeit, Krankheit aber auch unverantwortliches kreditfinanziertes Konsumverhalten haben zur Folge, dass Gas, Strom und Wasser, durch den Energieverbraucher nur schleppend oder gar nicht mehr bezahlt werden können. Das gilt für Privatpersonen wie Gewerbetreibende. Der letzte Schritt wäre somit die Einstellung der Versorgung in Form einer Liefersperre. Besser ist es, mit vorbeugenden und begleitenden Maßnahmen zu versuchen, diese Problematik in den Griff zu bekommen. |

     

    • Beispiel

    Familie S. besitzt ein Einfamilienhaus, das der örtliche Energielieferant mit Wasser und Gas versorgt. Der monatliche Abschlag für die Belieferung beträgt bei dem Vierpersonen-Haushalt 150 EUR. In den letzten fünf Monaten sind Energieschulden in Höhe von 750 Euro aufgelaufen. Trotz Mahnungen und Sperrandrohungen zahlte S. die Schulden nicht.

     

    1. Vollstreckungstitel nur zweitbeste Lösung

    Hier wäre der nächste formale Schritt über die Höhe der Forderungen einen Vollstreckungstitel zu erwirken. Aber ist der Schuldner unpfändbar, bringt dies nicht sehr viel, da der Gläubiger zwar den Titel hat, aber dennoch die Belieferung mit Gas und Wasser fortführt. Energieversorgungsunternehmen (EVU) haben hier einen Vorteil, den andere Gläubiger nicht nutzen können: das Einstellen der Energielieferung. Die Voraussetzungen richten sich nach den Versorgungsverordnungen (GasGVV bzw. AVBWasserV).

    2. Vorsorgen und Bonität prüfen

    Allerdings setzt die Lösung auch schon früher an. Um massiven Forderungsausfällen vorzubeugen, haben EVU ebenso wie andere Gläubiger die Möglichkeit vor einem Vertragsabschluss die Bonität des Kunden zu überprüfen.

     

    MERKE | Dies geschieht in den meisten Fällen über die Auskunftsdatei der SCHUFA. Hier gibt es ca. 479 Mio. gespeicherte Informationen zu ca. 66 Mio. Privatpersonen. Dazu kommt das geringe Kostenrisiko pro Abfrage. Allerdings sind auch andere Anbieter, wie arvarto infocore, Creditreform oder Bürgel zu beachten.

     

    Die Auswertung der gewonnenen Informationen zeigt einen bestimmten Grenzscorewert zwischen 1000 und 0. Liegt dieser oberhalb einer definierten Grenze von 1000 bis 470, steht dem Abschluss eines Liefervertrags nichts im Weg (Scoring-Tabelle laut SCHUFA). Liegt der Wert unterhalb der Scoregrenze 469 bis 0, kann der Lieferant den Vertrag, sei es Strom oder Gas, aus Unwirtschaftlichkeit ablehnen. Der Scoregrenzwert wird von der SCHUFA anhand der jeweiligen gespeicherten Kundendaten errechnet. Hier spielen z.B. Zahlungsmoral oder ein eröffnetes Insolvenzverfahren eine Rolle. Es handelt sich um einen Richtwert. Die Scoregrenzen kann jedes Unternehmen selbst festlegen.

     

    Auch sind ein Blick ins Internet unter www.insolvenzbekanntmachungen.de oder die Nutzung eines entsprechenden Dienstleisters unumgänglich. Hier kann der Gläubiger Kunden abgreifen und Informationen über eine Insolvenz ermitteln.

     

    PRAXISHINWEIS | Wird eine entsprechende Eintragung erst nachträglich festgestellt, muss wegen § 302 InsO und § 850f Abs. 2 ZPO auch an die deliktische Titulierung gedacht werden.

     

    Schlechte Bonität, niedriges Kreditlimit, negative wirtschaftliche Entwicklung von Unternehmen, sowie Negativmerkmale in Bilanzen sind Beurteilungen, um eventuelle Ausfallrisiken zu reduzieren. Diese Art der effektiven Kundenselektion kann im Prinzip von allen wirtschaftlichen Unternehmen genutzt werden.

     

    Hierbei ist allerdings zu beachten, dass das EVU in dem Liefergebiet kein Grundversorger sein darf. Aber auch dieser hat Möglichkeiten: Er kann von seinen Kunden eine Vorauszahlung oder eine Sicherheitsleistung erheben, die sich auf Höhe der doppelten monatlichen Abschlagszahlungen begrenzt. Diese Zahlung soll das finanzielle Sicherheitsrisiko des Versorgers minimieren, da dieser bei Lieferung der Energie sozusagen in Vorkasse tritt.

     

    PRAXISHINWEIS | Eine geringe Bonität kann aber für den Grundversorger auch Anlass sein, mit dem Schuldner in regelmäßigem Kontakt zu bleiben, um seine Zahlungsbereitschaft zu erhalten und einen möglichen Lastschrifteinzug jeweils auf die Zahlungseingänge (etwa Kindergeld, Sozialleistungen, Gehalt) zu optimieren. Auch kann mit dem Schuldner erörtert werden, wie er seine finanzielle Lage verbessert (Sozialmanagement), etwa ob er schon Wohngeld beantragt hat oder weitere Mitmieter auch in den Versorgungsvertrag aufgenommen werden können. Gleiches gilt bei Versorgungsverträgen, bei denen die Zahlungsschwierigkeiten erst während des Vertragsverhältnisses auftreten, sodass eine Bonitätsprüfung bei Vertragsabschluss leer läuft.

     

     

    Weiterführende Hinweise

    • Auskunft über und Wert von Scores, FMP 14, 67
    • Umfang einer von der SCHUFA zu erteilenden Auskunft, FMP 14, 39
    • LG Berlin gibt weiten Auskunftsanspruch zum Score, FMP 12, 71
    • Einmeldungen bei Auskunfteien als Beitreibungsmittel, FMP 13, 89
    Quelle: Ausgabe 08 / 2014 | Seite 145 | ID 42775876