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  • · Maklerrecht

    Schwierige Abgrenzungen bei der Anwendung des Halbteilungsgrundsatzes

    Bild: © SRD - stock.adobe.com / KI-generiert

    | Lässt sich der Makler von beiden Parteien des Kaufvertrags über eine Wohnung oder ein Einfamilienhaus einen Maklerlohn versprechen, kann dies nach § 656c Abs. 1 S. 1 und 2 BGB nur so erfolgen, dass sich die Parteien in gleicher Höhe verpflichten. Vereinbart der Makler mit einer Partei des Kaufvertrags, dass er für diese unentgeltlich tätig wird, kann er sich auch von der anderen Partei keinen Maklerlohn versprechen lassen. Ein Maklervertrag, der davon abweicht, ist nach § 656c Abs. 2 BGB unwirksam und begründet überhaupt keinen Vergütungsanspruch. Der persönliche Anwendungsbereich ist für einen Verbraucher nach § 13 BGB eröffnet. Ist dies noch meist einfach feststellbar, kann es komplizierter werden, wenn es um den sachlichen Anwendungsbereich geht, nämlich die Frage, ob ein Einfamilienhaus vermakelt wurde. Das zeigt eine aktuelle Entscheidung des BGH. |

    Sachverhalt

    Die beklagten Käufer einer Immobilie hatten mit der Maklerin eine von dieser vorformulierte Courtagevereinbarung unterzeichnet, in der sie die Zahlung einer Courtage von 3,57 % inklusive gesetzlicher Mehrwertsteuer vom gesamten Wirtschaftswert des Vertrags versprachen.

     

    Der den Käufern von der klagenden Maklerin dann nachgewiesene Grundbesitz ist mit einem Einfamilienhaus mit Anbau eines Büros und einer Garage bebaut. Er verfügt für Haus und Anbau jeweils über einen separaten Eingang und eine separate Hausnummer. Die Käufer erwarben von dem Eigentümer die Immobilie zum Kaufpreis von 950.000 EUR. Die Maklerin war zuvor von der Ehefrau des Eigentümers ‒ also einer Dritten ‒ mit der Vermarktung der Immobilie beauftragt worden. Dabei hatte sie mit dieser eine von der Provisionsvereinbarung mit den Beklagten abweichende Provisionshöhe vereinbart.

     

    Das LG hat die Klage auf Zahlung von Maklerprovision in Höhe von 33.915 EUR nebst Zinsen abgewiesen. Die Berufung blieb vor dem OLG ebenso erfolglos.

    Entscheidungsgründe

    Auch der BGH kommt zu dem Ergebnis, dass die Klage unbegründet ist und kein Anspruch auf den Maklerlohn besteht. Dabei klärt er wichtige Grundsätze zum Maklerrecht.

     

    • 1. Um ein Einfamilienhaus im Sinne der §§ 656a ff. BGB handelt es sich, wenn der Erwerb des nachzuweisenden oder zu vermittelnden Objekts für den Makler bei Abschluss des Maklervertrags mit dem Erwerber erkennbar Wohnzwecken der Mitglieder eines einzelnen Haushalts dient.
    • 2. Der Annahme, dass ein Einfamilienhaus Wohnzwecken dient, steht nicht entgegen, dass darin eine Einliegerwohnung oder eine anderweitige gewerbliche Nutzungsmöglichkeit von jeweils nur untergeordneter Bedeutung (hier: ein 1/5 der Gesamtfläche umfassender Büroanbau) vorhanden sind.
    • 3. § 656c BGB, der lediglich den Fall des Abschlusses von Maklerverträgen zwischen dem Makler einerseits und andererseits jeweils den Parteien des Hauptvertrags regelt, ist entsprechend anzuwenden, wenn anstelle einer Partei des Hauptvertrags ein Dritter den Maklervertrag abschließt.
     

    Das OLG hat zu Recht angenommen, dass der aus § 652 Abs. 1 BGB folgende Provisionsanspruch der Klägerin nicht besteht, weil der zwischen ihr und den Beklagten geschlossene Maklervertrag gemäß § 656c Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 BGB unwirksam ist.

     

    Zeitlicher, persönlicher und sachlicher Anwendungsbereich

    Der zeitliche und persönliche Anwendungsbereich des § 656c BGB ist im Streitfall eröffnet.

     

    Zeitlich ist § 656c BGB anwendbar, weil es hierfür genügt, dass der Vertrag des Käufers mit dem Makler nach dem Inkrafttreten dieser Vorschrift am 23.12.20 geschlossen worden ist.

     

    Der in § 656b BGB definierte persönliche Anwendungsbereich des § 656c BGB ist eröffnet, weil die beklagte Käuferin die Immobilie als Verbraucher im Sinne des § 13 BGB erworben hat.

     

    Das nachgewiesene Objekt ist nach dem BGH auch als Einfamilienhaus i. S. d. § 656c Abs. 1 S. 1 BGB anzusehen. §§ 656a, 656c und 656d BGB sehen keine Legaldefinition des Begriffs des Einfamilienhauses vor. Unter Berücksichtigung des Schutzzwecks dieser Regelungen ist für die Einordnung entscheidend, dass der Erwerb des nachzuweisenden oder zu vermittelnden Objekts bei Abschluss des Maklervertrags mit dem Erwerber für den Makler erkennbar vorrangig Wohnzwecken der Mitglieder eines einzelnen Haushalts dient (BT-Drucksache 19/15827, S. 18). Nach dem Gesetzeszweck ist die Abgrenzung zur Gewerbeimmobilie oder einem an eine Vielzahl von Parteien vermietetem Wohnhaus entscheidend.

     

    Das OLG hatte dazu festgestellt, dass die Immobilie nach dem Gesamteindruck des Objekts, der sich aus der Beschreibung im Exposé und den beigefügten Abbildungen ergebe, in erster Linie den Wohnzwecken der Mitglieder eines einzelnen Haushalts diene. Eine untergeordnete gewerbliche Nutzung, die sich im vorliegenden Fall auf etwa 1/5 belaufe, sei unschädlich. Der Umstand, dass das Büro über einen eigenen Eingang und eine eigene Hausnummer verfüge, ändere hieran nichts. Dem folgt der BGH.

     

    MERKE | Wie der Wohnzweck der zu erwerbenden Immobilie festzustellen ist, ist streitig. Die eine Ansicht stellt auf die objektive Eignung des Objekts ab, während die andere Auffassung den Erwerbszweck in den Vordergrund stellt. Der BGH entscheidet dies nun dahin, dass für die Einordnung als Einfamilienhaus im Sinne der §§ 656a ff. BGB der für den Makler erkennbare Erwerbszweck maßgeblich ist. Um ein Einfamilienhaus im Sinne dieser Vorschriften handelt es sich mithin, wenn der Erwerb des nachzuweisenden oder zu vermittelnden Objekts für den Makler bei Abschluss des Maklervertrags mit dem Erwerber erkennbar Wohnzwecken der Mitglieder eines einzelnen Haushalts dient.

     

    Nebennutzung bleibt unerheblich

    Der Annahme einer Nutzung zu Wohnzwecken steht nicht entgegen, dass das im Streitfall nachgewiesene Einfamilienhaus über den Anbau eines Büros und einer Garage mit einem eigenen Eingang und einer eigenen Hausnummer verfügt. Schon das Vorhandensein einer weiteren Wohnung ‒ etwa einer Einliegerwohnung ‒ sei von untergeordneter Bedeutung für die Einordnung als Einfamilienhaus im Sinne der §§ 656a ff. BGB (BT-Drucksache 19/15827, S. 18).

     

    Lässt aber eine untergeordnete, potenziell nicht Wohnzwecken des Erwerbers dienende Nutzungsmöglichkeit den Schutzzweck der §§ 656c und 656d BGB unberührt, zur Förderung der Eigentumsbildung von Familien schutzbedürftige Käufer von Maklerkosten zu entlasten, besteht nach dem BGH keine Veranlassung, Einfamilienhäuser mit einer (anderweitigen) gewerblichen Nutzungsmöglichkeit von gleichfalls nur untergeordneter Bedeutung aus dem Anwendungsbereich dieser Vorschriften herauszunehmen.

     

    Abschluss des Maklers durch nahestehenden Dritten

    § 656c Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 S. 1 BGB erfasst nach dem BGH auch den Fall, dass nicht der Verkäufer, sondern dessen Ehefrau den Maklervertrag geschlossen habe. Damit entscheidet der BGH eine zweite wichtige Streitfrage.

     

    Bereits das OLG hatte angenommen, § 656c Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 S. 1 BGB seien auch in Ansehung des Umstands anwendbar, dass nicht der Verkäufer, sondern dessen Ehefrau den Maklervertrag mit der Klägerin geschlossen habe. Die im Maklerrecht anerkannten Grundsätze der persönlichen Kongruenz seien in diese Vorschrift hineinzulesen, sodass es keinen Unterschied mache, ob sich die Partei des Hauptvertrags selbst oder eine ihr nahestehende dritte Person zur Zahlung der Provision verpflichte, weil die Vorschrift andernfalls leicht umgangen werden könnte. Dem folgt der BGH ebenfalls.

     

    PRAXISTIPP | Für den Begriff der nahestehenden Person kann zumindest auf die Definition in § 138 InsO abgestellt werden, wo u. a. neben den Ehegatten und Lebenspartnern, den Verwandten auch Personen in häuslicher Gemeinschaft oder mit dienstvertraglicher Verbindung benannt werden.

     

    § 656c Abs. 1 BGB regelt seinem Wortlaut nach nur den Fall des Abschlusses eines Maklervertrags zwischen dem Makler einerseits und andererseits jeweils den Parteien des Hauptvertrags, nicht jedoch den Abschluss des Maklervertrags mit einem Dritten anstelle einer Partei des Hauptvertrags. Eine entsprechende Anwendung einer Vorschrift setzt voraus, dass die Interessenlage des gesetzlich geregelten Falls mit der des zu entscheidenden Falls übereinstimmt. Weiter darf die Übertragung der gesetzlichen Regelung auf den ungeregelten Fall nicht durch gesetzgeberische Entscheidung ausgeschlossen sein, es muss sich also um eine planwidrige Lücke handeln. Diese Voraussetzungen sieht der BGH als gegeben an. Die Interessenlage und die gesetzgeberische Interessenbewertung treffen auf diese Konstellation gleichermaßen zu. Es erweise sich zudem als planwidrige Regelungslücke, dass § 656c BGB den Abschluss des Maklervertrags durch einen Dritten anstelle einer Partei des Hauptvertrags nicht erfasst. Jede andere Sichtweise würde der Umgehung und dem Missbrauch Tür und Tor öffnen.

     

    Ungleichgewichtige Provisionsvereinbarung

    Der BGH sieht den geschlossenen Maklervertrag gemäß § 656c Abs. 2 S. 1 i. V. m. § 656c Abs. 1 S. 1 BGB für unwirksam an, weil die von der Maklerin mit der Ehefrau des Verkäufers einerseits und den Käufern andererseits geschlossenen Maklerverträge keine Provision in gleicher Höhe vorsahen. Allerdings kommt er aufgrund des prozessualen Verhaltens der Maklerin zu diesem Ergebnis. Die Maklerin sei nämlich ihrer sekundären Darlegungslast zur Höhe der mit der Ehefrau des Verkäufers vereinbarten Provision nicht nachgekommen. Mangels substanziierter Entgegnung zu der mit der Ehefrau des Verkäufers getroffenen Provisionsvereinbarung gilt der Vortrag der Käuferin, dass eine von ihrer Vereinbarung abweichende Provision vereinbart wurde, gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden.

     

    PRAXISTIPP | In seiner Entscheidung vom 21.3.24 (I ZR 185/22) hat der BGH ausgesprochen, dass jedem Vertragspartner gegenüber dem Makler gemäß § 242 BGB ein Auskunftsanspruch sowie ein Anspruch auf Vorlage des Maklervertrages mit dem anderen Vertragspartner zusteht. Ein solcher Auskunftsanspruch wurde hier aber nicht geltend gemacht. Für die Praxis kann sich empfehlen, hier im Wege der Stufenklage zu verfahren.

     

    Zeitlich versetzte Verträge fallen auch unter § 656c BGB

    Schon im Jahr 2024 hat der BGH (21.3.24, I ZR 185/22) entschieden, dass § 656c BGB auch für die Fälle gilt, in denen die Maklerverträge erst nacheinander geschlossen werden, d. h. er zunächst einen Veräußerungs- oder Suchauftrag erhält und erst unmittelbar vor dem Nachweis dann mit dem anderen Vertragspartner auch einen Maklervertrag abschließt. Auch für diesen Fall ist § 656c BGB anwendbar. Die Maklerverträge sind nur wirksam, wenn sie identische Provisionsvereinbarungen enthalten.

    Relevanz für die Praxis

    Wurde in der Vergangenheit Maklerprovision gezahlt und bestehen nun Zweifel, ob dem Halbteilungsgrundsatz Rechnung getragen wurde, kann die Maklerprovision nach § 812 BGB zurückgefordert werden. Dies gilt umso mehr als der BGH mit der jetzigen Entscheidung deutlich macht, dass er Umgehungstatbestände kritisch sieht und diesen entgegentritt.

     

    Taktisch dürfte es für diese Fälle klug sein, zunächst einen Auskunftsanspruch geltend zu machen. Beachtet werden muss die Verjährung des Bereicherungsanspruchs nach §§ 195, 199 BGB. Betrachtet werden können also noch alle Zahlungen an einen Makler für die Jahre 2022 oder später. Rückforderungsansprüche aus dem Jahr 2022 verjähren mit Ablauf des Jahres 2025.

     

    Checkliste / Anwendungsfälle des § 656c BGB

    Zur Anwendung des Halbteilungsgrundsatzes des § 656c BGB sind folgende Voraussetzungen zu prüfen:

     

    • Der Vertrag über die Immobilie wurde nach dem 22.12.20 geschlossen.
    • Es muss sich um einen Kaufvertrag handeln.
    • Käufer der Immobilie muss gemäß § 656b BGB ein Verbraucher sein.
    • Die Immobilie muss eine Eigentumswohnung oder ein Einfamilienhaus sein, also ein Anwesen, das Wohnzwecken der Mitglieder eines einzelnen Haushalts dient.
    • Die Maklertätigkeit muss für den Abschluss des Kaufvertrags kausal geworden sein.
    • Es muss jeweils ein Maklervertrag mit beiden Parteien geschlossen worden sein.
    • Die Maklerverträge müssen von den Parteien des Kaufvertrags oder diesen nahestehenden Personen geschlossen worden sein.
    • In den Maklerverträgen müssen identische Provisionsvereinbarungen getroffen worden sein.
     
    Quelle: Ausgabe 08 / 2025 | Seite 137 | ID 50457248