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  • · Fachbeitrag · Fluggastrechte

    Verschenken Sie keine Gebühren

    | Eine vom Kläger entsprechend Art. 5 Abs. 1 Buchst. c i. V. m. Art. 7 FluggastrechteVO verlangte Ausgleichszahlung und der hilfsweise begehrte Ersatz zusätzlicher Kosten für die Weiterreise vom Ort der Landung zum eigentlichen Zielort, sowie für infolge der Verspätung entgangenen Verdienst, sind wirtschaftlich nicht identische Gegenstände, die im Fall der vollständigen Klageabweisung für die Ermittlung des Werts des Beschwerdegegenstands zu addieren sind, ohne dass dadurch die Frage der eventuellen Anrechnung nach Art. 12 Abs. 1 S. 2 FluggastrechteVO berührt wäre. Das hat jetzt der BGH entschieden. |

     

    Relevanz für die Praxis

    Die Entscheidung des BGH ist zur Frage des Rechtsmittelwertes ergangen, hat aber gleichermaßen Einfluss auf die Streitwertfestsetzung als Grundlage der anwaltlichen Gebühren, § 23 Abs. 1 S. 1 RVG i. V. m. §§ 39 ff. GKG (8.8.17, X ZR 101/16, Abruf-Nr. 196594). Er hält fest, dass bei der Berechnung des Streitwerts der Wert erfolglos gebliebener Haupt- und Hilfsanträge nach § 5 ZPO zu addieren ist, es sei denn, die Anträge wären wirtschaftlich zweifelsfrei (!) identisch.

     

    MERKE | Nach der „Identitätsformel“ (BGH NJW-RR 05, 506) besteht zwischen dem Gegenstand des Haupt- und eines Hilfsantrags wirtschaftliche Identität, wenn beiden ‒ das durch die Antragstellung hergestellte Eventualverhältnis hinweggedacht ‒ nicht gleichzeitig stattgegeben werden könnte, sondern die Verurteilung nach dem einen Antrag notwendigerweise die Abweisung des anderen nach sich zöge.

     

    Wirtschaftlich unterscheiden sich die drei denkbaren Streitgegenstände nach der FluggastrechteVO aber:

     

    • Die Ausgleichszahlung setzt keinerlei konkrete Vermögenseinbußen beim Betroffenen voraus.
    • Der Ersatz für zusätzliche Reisekosten beruht dagegen auf einer konkreten Vermögensminderung durch entsprechend getätigten Aufwand.
    • Der Ersatz für Verdienstausfall gleicht demgegenüber nicht erzielten Vermögenszuwachs aus.

     

    Angesichts dieser Unterschiede wäre es wirtschaftlich nicht ausgeschlossen, dem Kläger alle drei Leistungen zuzusprechen. Eine zweifelsfreie Identität liegt nicht vor. Das ergibt sich nach dem BGH auch nicht aus der wechselseitigen Anrechnung in Art. 12 Abs. 1 FluggastrechteVO. Danach gilt die Verordnung unbeschadet eines weitergehenden Schadenersatzanspruchs des Fluggastes. Die nach der Verordnung gewährte Ausgleichsleistung kann aber auf einen solchen Schadenersatzanspruch angerechnet werden.

     

    PRAXISHINWEIS | Verzichten Sie nicht auf die sich durch die Entscheidung ergebende Streitwerterhöhung und die daraus folgende höhere Vergütung. In Verfahren, in denen die Streitwertfestsetzung nicht länger als sechs Monate zurückliegt, können Sie nach § 68 i. V. m. § 63 GKG noch eine Anpassung erreichen.

     
    Quelle: Ausgabe 01 / 2018 | Seite 7 | ID 45042063