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  • · Fachbeitrag · Bankrecht

    Ein klarer Blick durch den Dschungel der Gebühren

    | Niedrigzinsen und Kosten für strengere Regulierung setzen die Banken zunehmend unter Druck. Die Branche klagt über eine Milliardenbelastung. Zur Kompensation treten die Institute auf die Kostenbremse und drehen zugleich an der Gebührenschraube. Aber sind die vielschichtigen Gebührenregelungen auch zulässig? Die Rechtslage zu dieser Frage wirkt unübersichtlich. Dabei gibt es klare Regeln, die der Finanzdienstleister kennen sollte, um seine Gebühren rechtskonform zu begründen und der Rechtsdienstleister, gleich ob Rechtsanwalt oder Inkassodienstleister, um die Grundlagen und Risiken der Rechtsverfolgung abzusehen. Nicht zuletzt sind die Erkenntnisse wichtig, um unberechtigte Ansprüche abwehren zu können. |

    1. Inhaltskontrolle für die Erhebung von Gebühren

    Für die von den Kunden zu zahlenden Zinsen und Entgelte weisen die Banken und Sparkassen in ihren AGB (Nr. 12 AGB Banken bzw. Nr. 17 AGB Sparkassen) auf die jeweiligen Preisverzeichnisse hin. Soweit AGB wirksam in den Vertrag einbezogen worden sind, unterliegen sie der Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB.

     

     

    Eine Inhaltskontrolle ist allerdings gemäß § 307 Abs. 3, S. 1 BGB nur eröffnet, wenn in der Preisklausel Regelungen getroffen werden, die von Rechtsvorschriften abweichen oder diese ergänzen.

    2. Preisvereinbarungen vs. Preisnebenabreden

    Dabei möchte der Gesetzgeber das Verhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung grundsätzlich den Marktbedingungen überlassen und der richterlichen Überprüfung entziehen. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH sind daher Vereinbarungen über den Preis der vertraglichen Hauptleistung als auch Klauseln über das Entgelt für eine gesetzlich nicht geregelte, zusätzlich angebotene Sonderleistung nicht Gegenstand der Inhaltskontrolle. Preisnebenabreden hingegen, die keine echte Gegenleistung zum Gegenstand haben, sondern mit denen der Klauselverwender allgemeine Betriebskosten, Aufwand für die Erfüllung gesetzlicher oder nebenvertraglich begründeter eigener Pflichten oder für sonstige Tätigkeiten auf den Kunden abwälzt, sind als solche der Inhaltskontrolle unterworfen (vgl. zuletzt BGH 18.6.19, XI ZR 768/17, Abruf-Nr. 209930). Dementsprechend unterscheidet der BGH zwischen kontrollfreier „Preisvereinbarung“ und kontrollierbarer „Preisnebenabrede.“

     

     

    Beispiel für eine Preisvereinbarung ist die Gebührenregelung für die Ausführung einer Überweisung, das Entgelt für die Kraftloserklärung eines verlorenen Sparbuches oder den Auslandseinsatz einer Kreditkarte. Hier erbringt die Bank eine tatsächliche Leistung im Interesse und für den Kunden.

     

    Eine kontrollfähige Preisnebenabrede ist hingegen z. B. eine Gebührenerhebung für die Bearbeitung von Pfändungen. Hier möchte die Bank allgemeine Betriebskosten auf der Grundlage gesetzlicher Pflichten auf den Kunden abwälzen, die ihr für die Bearbeitung solcher Vorgänge entstehen. Eine Leistung für den Kunden wird dabei nicht erbracht.

     

    MERKE | Die Abgrenzung ist im Einzelfall durch Auslegung zu ermitteln. Bestehen Zweifel daran, ob dem Entgelt tatsächlich eine konkrete Gegenleistung gegenübersteht, ist unter Anwendung der Regelung in § 305c BGB im Zweifelsfall von einer Preisnebenabrede auszugehen.

     

    3. Besonderheiten beim Zahlungsdienstevertrag

    Durch die Umsetzung der EU-Zahlungsdiensterichtlinie wurden in den Jahren 2009 und 2018 die Regelungen zum Zahlungsdienstevertrag in das BGB eingefügt (§§ 675c ff. BGB). Daraus ergeben sich verschiedene Sonderregelungen:

     

    • In § 675f Abs. 5 S. 1 BGB wird zunächst die Zahlungsverpflichtung für die vertraglich geschuldete Hauptleistung anerkannt. Für die Erfüllung von Nebenpflichten kann nach S. 2 dieser Vorschrift nur ein Entgelt vereinbart werden, sofern dies ausdrücklich zugelassen ist.

     

    • Darüber hinaus verbietet das Gesetz auch an anderen Stellen nochmals ausdrücklich die Berechnung eines Entgelts, z. B. in § 675h Abs. 4 BGB für die Kündigung des Zahlungsdiensterahmenvertrags oder nach § 675m Abs. 1 Nr. 4 BGB für die Sperranzeige bei einem abhandengekommenen Zahlungsinstrument, wie z. B. einer Debit-Karte.

     

    • Daneben beschränkt § 675f Abs. 5 S. 2 BGB die Höhe der Entgelte für Nebenleistungen insoweit, als ein Entgelt für die Erfüllung von Nebenleistungen stets angemessen und an den tatsächlichen Kosten des Zahlungsdiensteleisters ausgerichtet sein muss.

     

    Vor diesem Hintergrund ist die Kontrollfähigkeit und Zulässigkeit von Entgelten im Bereich der Zahlungsdienste anders zu bewerten als nach dem vorstehenden, vom BGH entwickelnden Modell.

     

     

    Im Bereich der Zahlungsdienste gilt die Besonderheit, dass für Nebenleistungen nur ein Entgelt verlangt werden darf, wenn es ausdrücklich gesetzlich zugelassen worden ist. Soweit ein Entgelt für Nebenleistungen nach §§ 675c ff. BGB zulässig ist, kommt es auf das Vorliegen einer Gegenleistung der Bank nicht an. In diesem Fall kann das Entgelt aber hinsichtlich der Höhe inhaltlich überprüft werden.

     

    MERKE | Besondere Bedeutung gewinnen diese Regelungen z. B. bei der Nichteinlösung von Lastschriften oder bei unterlassener Ausführungen von Überweisungsaufträgen mangels Deckung. § 675o Abs. 1 S. 4 BGB lässt ausdrücklich die Vereinbarung eines Entgelts zu, soweit die Ausführung eines Zahlungsauftrags berechtigterweise nicht erfolgt.

     

    4. Transparenzgebot und Verstoß gegen § 138 BGB

    Alle Preisklauseln sind ferner im Hinblick auf ihre Transparenz (§ 307 Abs. 3 S. 2 BGB) sowie im Hinblick auf eine etwaige Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB zu überprüfen. Maßstab für das Transparenzgebot ist die Frage, ob die Vertragsklausel klar und verständlich und damit transparent ist. Entscheidend ist dabei, ob die entsprechende Vertragsbestimmung von einem aufmerksamen und sorgfältigen Teilnehmer am Wirtschaftsverkehr verstanden werden kann.

     

    Als Fälle der Intransparenz werden regelmäßig folgende vertragliche Klauseln genannt:

     

    • Unklarheit über das Preis-Leistungs-Verhältnis;

     

    • der AGB-Verwender behält sich Gestaltungsmöglichkeiten für die Vertragsentwicklung vor und schafft damit für den Vertragspartner unüberschaubare Risiken;

     

    • der Verwender der AGB legt seinen Vertragsbeziehungen eine fehlerhafte und/oder undurchsichtige Rechtsauffassung zugrunde (vgl. dazu Palandt/Heinrichs, BGB, § 307, Rn. 320 ff.).

     

    Auf der Basis dieser rechtlichen Aspekte prüft die Rechtsprechung fortlaufend die Wirksamkeit von konkreten Vereinbarungen für die Geltendmachung von Gebühren und Entgelten. Im Folgenden finden Sie eine beispielhafte Übersicht der dazu ergangenen BGH-Entscheidungen der letzten Jahre:

     

    Übersicht / BGH-Entscheidungen

    Gericht
    Gegenstand
    Entscheidung

    BGH 30.6.20

    XI ZR 119/19

    Gebühr für Basiskonto

    8,99 EUR/Monat sind zu viel, da Mehraufwand allein auf die Kontoinhaber umgelegt wird.

    BGH 18.6.19

    XI ZR 768/17

    Abheben und Einzahlen am Schalter

    Gebührenerhebung zulässig; sie dürfen jedoch nur die tatsächlich entstandenen Kosten abdecken.

    BGH 12.9.17

    XI ZR 590/15

    Nichteinlösung einer Lastschrift

    Entgelt grundsätzlich zulässig (§ 675o Abs. 1 S. 4 BGB), aber nur für Kosten, die tatsächlich der Unterrichtung des Kunden dienen.

    BGH 25.7.17

    XI ZR 260/15

    Entgelt für SMS-TAN

    Grundsätzlich zulässig, aber nicht für überlassene, jedoch nicht genutzte SMS-TAN. Daher Regelung insgesamt unzulässig.

    BGH 8.11.16

    XI ZR 552/15

    BGH 9.5.17

    XI ZR 308/15

    Darlehensgebühr für Bausparvertrag

    Eine Darlehensgebühr in Höhe von zwei Prozent der Darlehenssumme und eine Kontogebühr in Bausparverträgen zwischen Verbrauchern und Unternehmern sind unwirksam.

    BGH 25.10.16

    XI ZR 9/15 und

    XI ZR 387/15

    Pauschale beim Überziehungskredit

    Kunden müssen keine pauschalen Mindestgebühren für das Überziehen des Konto-Dispositionsrahmen bezahlen.

    BGH 28.7.15

    XI ZR 434/145

    Buchungspostenentgelt

    Ein allgemeines Buchungspostenentgelt von 0,32 EUR für jede angefallene Buchung ist unwirksam.

    BGH 28.10.14

    XI ZR 17/14

    Bearbeitungsentgelte in Darlehensverträgen

    Unzulässig, da Gegenleistung im vereinbarten Zins enthalten sein muss.

    BGH 7.6.11

    XI ZR 388/10

    Führung eines Darlehenskontos

    Vergibt die Bank ein Darlehen und eröffnet dazu ein eigenes Konto, darf sie kein Entgelt verlangen, da dies allein in ihrem Interesse liegt.

     
    Quelle: Ausgabe 10 / 2020 | Seite 170 | ID 46833969