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  • 17.02.2009 | Ratenzahlungsvereinbarung

    Schuldanerkenntnis: Formen, Folgen, Formulierungen

    Wird mit dem Schuldner eine Ratenzahlungsvereinbarung geschlossen, sollte dies mit einem Schuldanerkenntnis verbunden werden. Der Beitrag stellt Ihnen verschiedene Formen von Schuldanerkenntnissen mit Musterformulierungen vor und zeigt deren Vor- und Nachteile. Zudem werden die Folgen in Mahn-, streitigem Erkenntnisverfahren oder Zwangsvollstreckung dargestellt, wenn der Schuldner der Vereinbarung nicht nachkommt.  

     

    Unterscheiden Sie die Arten von Schuldanerkenntnissen richtig

    Das Zivilrecht unterscheidet grundsätzlich drei Arten von Anerkenntnissen:  

    • abstraktes oder auch konstitutives Schuldanerkenntnis (s.u.);
    • deklaratorisches Schuldanerkenntnis (s.u., S. 31);
    • Tatsachenanerkenntnis (s.u., S. 32).

     

    Abstraktes Schuldanerkenntnis

    Gesetzlich geregelt ist in § 781 BGB nur das abstrakte Schuldanerkenntnis (§ 781 BGB). Durch ein abstraktes Schuldanerkenntnis wird eine neue, vom ursprünglichen Schuldgrund unabhängige und selbstständige Verbindlichkeit begründet, die sich vom eigentlichen Grund- oder Kausalgeschäft löst, sodass die Forderung selbstständig versprochen und anerkannt wird.  

     

    Checkliste: Die 5 wichtigsten Folgen des abstrakten Schuldanerkenntnisses
    • Bestand die ursprüngliche Schuld (Kausal- oder Grundgeschäft) nicht, führt dies nicht zur Unwirksamkeit des Anerkenntnisses, sondern begründet nur einen bereicherungsrechtlichen Anspruch des Schuldners nach § 812 BGB auf Rückgewähr des Schuldanerkenntnisses.

     

    • Während der ursprüngliche Anspruch nach der allgemeinen Beweislastverteilung, dass jeder die ihm günstigen Tatsachen zu beweisen hat, vom Gläubiger darzulegen und im Falle des Bestreitens zu beweisen war, muss nun der Schuldner die ihm günstige Tatsache beweisen, dass das Schuldanerkenntnis „ohne Rechtsgrund“ abgegeben wurde, d.h. der ursprüngliche und anerkannte Anspruch nicht bestand. Für eine spätere gerichtliche Auseinandersetzung kommt es also zu einer faktischen Beweislastumkehr.

     

    • Die Verselbstständigung in diesem Sinne bedeutet nicht, dass die bisherige Schuld erlischt und an deren Stelle eine neue Schuld tritt (Novation). Es findet also keine Umwandlung des Grundgeschäfts statt (OLG München NJW-RR 88, 951). Vielmehr bleibt die alte Verpflichtung bestehen und das abstrakte Schuldanerkenntnis tritt schuldverstärkend hinzu.

     

    • Aufgrund der Selbstständigkeit der Verpflichtungen kann der Schuldner dem Anspruch aus dem abstrakten Schuldverhältnis seine Einwendungen aus dem Kausalgeschäft nicht entgegenhalten.

     

    • Da es sich um eine neue Verbindlichkeit handelt, können auch mehrere materielle Ansprüche in einem einheitlichen Schuldanerkenntnis zusammengefasst werden.

     

    Beispiel: Gläubiger G. hat gegen Schuldner S. eine Forderung aus einem Kaufvertrag über einen Fernseher von 999 EUR und aus einem Kaufvertrag über eine Hifi-Anlage von weiteren 798 EUR. Bis zum Abschluss des Ratenzahlungs- und Schuldanerkenntnisvertrags sind Rechtsverfolgungskosten von 250 EUR entstanden. Hier können die drei Positionen addiert werden, sodass S. im Wege des abstrakten Schuldanerkenntnisses anerkennt, 2.047 EUR zu schulden.
     

    Praxishinweis: Dass das abstrakte Schuldanerkenntnis eine neue selbstständige Verbindlichkeit begründet, muss auch bei einer späteren gerichtlichen Geltendmachung des Anspruchs im gerichtlichen Mahnverfahren beachtet werden, d.h. wenn der Schuldner seinen Verpflichtungen aus der Ratenzahlungsvereinbarung nicht oder nicht mehr nachkommt. Wer die Vorteile des abstrakten Schuldanerkenntnisses nutzen will, muss seine Ansprüche auch hieraus geltend machen. Im Mahnverfahren ist deshalb die Katalogziffer 33 „abstraktes Schuldanerkenntnis“ als Bezeichnung des Schuldgrundes anzugeben. In der Klageschrift ist der Anspruch allein aus dem Schuldanerkenntnis zu begründen.  

     

    Deklaratorisches Schuldanerkenntnis

    Ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis liegt vor, wenn eine bereits bestehende Schuld nur bestätigt wird, um sie dem Streit der Parteien zu entziehen oder eine Beweiserleichterung zu erreichen. In diesem Fall geht es aber immer um den Streit im Grundgeschäft oder die Erleichterung des Beweises des Anspruchs aus dem Grundgeschäft. Es hat lediglich zur Folge, dass der Schuldner mit allen Einwendungen und Einreden aus dem Schuldverhältnis (etwa der Einrede der Verjährung oder von Gewährleistungsrechten) ausgeschlossen ist. Es entsteht kein neuer Schuldgrund.  

     

    Wegen der sehr unterschiedlichen Wirkung bedarf es einer strikten Feststellung, welche Form des Schuldanerkenntnisses gewollt ist. Fehlt es an einer ausdrücklichen Regelung, ist die Form durch Auslegung zu ermitteln. Entscheidend ist dabei, ob der Gläubiger nach dem Willen der Parteien wirklich einen neuen Anspruch erhalten sollte oder nicht. Auf dieses Risiko in der Rechtsverwirklichung sollte sich der Gläubiger nicht einlassen und deshalb eine eindeutige Regelung treffen.  

     

    Praxishinweis: Sowohl das abstrakte als auch das deklaratorische Schuld-anerkenntnis stellen ein Anerkenntnis im Sinne des § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB dar. Sie unterbrechen mithin die Verjährung, die ab diesem Zeitpunkt neu zu laufen beginnt.  

     

    Tatsachenanerkenntnis

    Das Tatsachenanerkenntnis bezieht sich nicht auf das Bestehen einer Schuld, sondern nur auf bestimmte Tatsachen. Es bewirkt lediglich eine Umkehr der Beweislast bezüglich der anerkannten Tatsache vor Gericht, aber keinen Ausschluss von Einwendungen.  

     

    Praxishinweis: Den größten Vorteil erhält der Gläubiger also mit einem konstitutiven Schuldanerkenntnis, da er einen zweiten Schuldgrund bei faktischer Beweislastumkehr und Ausschluss von Einwendungen aus dem Grundgeschäft erhält.  

     

    Formzwang beachten

    Ein abstraktes Schuldanerkenntnis kann allerdings nur wirksam geschlossen werden, wenn eine schriftliche Anerkennungserklärung erteilt wird, § 782 BGB, während ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis auch formlos möglich ist. Der Gläubiger kann und muss also mehrstufig vorgehen:  

     

    Checkliste: Mehrstufiges Vorgehen des Gläubigers
    • Zunächst einmal ist es wesentlich, dass der Schuldner den geltend gemachten Anspruch nebst Zinsen und weiteren Nebenkosten überhaupt anerkennt.

     

    • Für ein bisherige Einwendungen abschneidendes deklaratorisches Anerkenntnis reicht es dabei auch, wenn der Schuldner die Ansprüche anlässlich eines Telefongesprächs (Telefoninkasso) oder persönlichen Gesprächs anerkennt. Dies gilt auch, wenn er sich später weigert, sein Anerkenntnis schriftlich zu bestätigen.

     

    • In der nächsten Stufe sollte der Gläubiger den Versuch unternehmen das Anerkenntnis in der Form (s.o.) des abstrakten Schuldanerkenntnisses zu erhalten.

     

    • Die höchste Form kann der Gläubiger erreichen, wenn das abstrakte Schuldanerkenntnis vor einem Notar abgegeben wird und der Schuldner sich zugleich wegen seiner Zahlungsverpflichtungen der sofortigen Zwangsvollstreckung aus der Urkunde in sein gesamtes Vermögen unterwirft. In dieser Form bedarf es gar keiner gerichtlichen Auseinandersetzung mehr, weil aus dem notariellen Schuldanerkenntnis mit Vollstreckungsunterwerfung unmittelbar die Zwangsvollstreckung nach § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO betrieben werden kann.

     

    Praxishinweis: Die Motivation für den Schuldner, ein notarielles Schuldanerkenntnis abzugeben, kann einerseits darin liegen, dass der Gläubiger dies als Sicherheit dafür verlangt, dass er dem Schuldner mit einer Ratenzahlungsvereinbarung entgegenkommt, andererseits darin, dass ein notarielles Schuldanerkenntnis deutlich kostengünstiger sein kann, als etwa eine Titulierung im gerichtlichen Mahnverfahren oder gar in einem zivilprozessualen Erkenntnisverfahren.
     

    Möglichkeit des Einwendungsausschlusses bedenken

    Im Rahmen eines notariellen Schuldanerkenntnisses kann dabei auch ein gänzlicher Einwendungsausschluss für die Vergangenheit vereinbart werden. Ebenso wie bei der Vollstreckungsgegenklage gegen eine Vollstreckung aus einem Urteil nur Einwendungen Berücksichtigung finden können, die nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung im Verfahren zur Schaffung des Vollstreckungstitels entstanden sind, § 767 Abs. 2 ZPO, können dann auch hier nur Einwendungen geltend gemacht werden, die nach dem Abschluss der notariellen Vereinbarung entstanden sind.  

     

    Musterformulierung: Schuldanerkenntnis

    Der Schuldner erkennt an, dem Gläubiger … vertreten durch Rechtsanwalt/die Inkasso-GmbH …, (Straße, PLZ, Ort, Bearbeitungsnummer), diese vertreten durch den Geschäftsführer, … (Straße, PLZ, Ort, Bearbeitungsnummer)  

     

    einen Betrag von … EUR (in Worten: … EUR) zu schulden. Der Betrag ist fällig. Er ist mit jährlich … Prozent Zinsen, mindestens jedoch 5 (8) Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem … zu verzinsen.  

     

    Dieses Schuldanerkenntnis begründet eine selbstständige Zahlungsverpflichtung. Die Schuld ist fällig.  

     

    (Ergänzen Sie beim notariellen Schuldanerkenntnis):  

    Alle bekannten und unbekannten Einwendungen, die sich nicht aus der Urkunde selbst ergeben, sind ausgeschlossen. Dem Ausschluss soll zugleich entgegen § 797 Abs. 4 ZPO die Sperrwirkung des § 767 Abs. 2 ZPO zukommen.  

     

    Die Erschienenen unterwerfen sich wegen der in dieser Urkunde übernommenen Zahlungsverpflichtungen im Hauptanspruch sowie wegen der Zinsen und Kosten der sofortigen Zwangsvollstreckung aus dieser Urkunde in ihr gesamtes Vermögen.  

     

    Weitere Regelungen treffen

    Kann eine Vereinbarung mit dem Schuldner erzielt werden, sollte diese möglichst umfassend sein. Hierzu haben wir in „Forderungsmanagement professionell“ bereits auf die Möglichkeit und Notwendigkeit von Vereinbarungen zur Verjährung hingewiesen und Ihnen eine Musterformulierung als Arbeitshilfe vorgeschlagen (FMP 08, 222).  

     

    Ziel des Gläubigers ist es aber regelmäßig nicht nur, dass der Schuldner den verfolgten Anspruch anerkennt, sondern auch, dass hierauf Zahlungen geleistet werden. Deshalb sollte das Schuldanerkenntnis, soweit möglich, auch mit einer Ratenzahlungsvereinbarung verbunden werden. Diese kann regelmäßige und/oder unregelmäßige Zahlungen umfassen.  

     

    Klar geregelt werden muss auch, welche Folgen die Nichtzahlung einer oder mehrerer Raten hat und ob diese Folgen automatisch eintreten oder von einem aktiven Vorgehen des Gläubigers abhängig sind. Einzelheiten hierzu erläutern wir Ihnen in einer der nächsten Ausgaben von „Forderungsmanagement professionell“.  

     

    Quelle: Ausgabe 02 / 2009 | Seite 30 | ID 124522