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  • 15.04.2009 | Mahnverfahren

    Anspruchsbegründende Unterlagen: Weniger kann mehr sein

    Ein Mahnantrag, dem die anspruchsbegründenden Unterlagen zur Zustellung beigefügt sind, kann als unzulässig zurückgewiesen werden. Der Mahnantrag verliert durch die beigefügten Anlagen den Charakter der nur maschinell lesbaren Form (AG Hagen 12.2.09, 08-5555627-05-N, Abruf-Nr. 091182).

     

    Entscheidungsgründe

    Nach § 703c ZPO besteht für den Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids Vordruckzwang. Für einen Antrag, der durch einen Rechtsanwalt oder eine registrierte Person nach § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 RDG gestellt wird, besteht darüber hinaus nach § 690 Abs. 3 S. 2 ZPO die Verpflichtung, diesen in „nur maschinell lesbarer Form“ zu stellen. Der Mahnbescheids-Antrag wurde hier mittels des Barcodeverfahrens an das Gericht übermittelt. Der Barcodeantrag ist ein nur in maschinell lesbarer Form übermittelter Antrag im Sinne des § 690 Abs. 3 S. 2 ZPO. Die nach § 690 Abs. 1 ZPO erforderlichen Angaben sind dabei zwingend in dem vorgesehenen Format der gewählten zulässigen Antragsform anzugeben. Hier waren dem Antrag Anlagen beigefügt, die unter Bezugnahme auf das Urteil des BGH zum Inhalt des Mahnbescheids gemacht werden sollten (10.7.08, IX ZR 160/07, Abruf-Nr. FMP 09, 25). Der Antrag hat durch diese Anlagen, die in dem zu erlassenden Mahnbescheid berücksichtigt werden sollten, den Charakter der nur maschinell lesbaren Form verloren und erscheint dem Gericht für die maschinelle Bearbeitung ungeeignet.  

     

    Zudem ist der durch einen Rechtsanwalt gestellte Antrag durch den Verlust der nur maschinell lesbaren Form unzulässig geworden. Das maschinelle Mahnverfahren stellt ein vereinfachtes Verfahren zur Erlangung eines Vollstreckungstitels dar. Dem Gläubiger soll ein einfacherer, kostengünstigerer und schnellerer Weg zur Durchsetzung seiner Forderungen ermöglicht werden. Nur die strengen Formvorgaben im Mahnverfahren ermöglichen den Gerichten eine weitestgehend maschinelle, schnelle und daher kostengünstige Verfahrensabwicklung. Jeder notwendige Eingriff in die automatisierten Verfahrensabläufe bedeutet Zeitverlust und manuellen Aufwand, den die Zentralen Mahngerichte - nicht zuletzt auch aus Kostengründen - nicht uneingeschränkt mehr in der Lage sind, zu erbringen. Die Verbindung von Anlagen mit dem Mahnbescheid ist im Rahmen der maschinellen Bearbeitung nicht möglich und läuft somit dem Grundgedanken des maschinellen Mahnverfahrens zuwider. Dies ergibt sich auch aus den Gesetzesmaterialien. Soweit der BGH festgestellt hat, dass zur Bezeichnung des geltend gemachten Anspruchs auch auf Rechnungen oder andere Schriftstücke Bezug genommen werden kann und dass diese Schriftstücke, sofern sie vom Gläubiger stammen, nur nicht dem Mahnbescheid beigefügt zu werden brauchen, wenn sie dem Schuldner bereits bekannt sind und damit die Möglichkeit der Beifügung von Anlagen zum Mahnbescheid zu suggerieren scheint, kann nicht davon ausgegangen werden, dass eine generelle Prüfung der Zulässigkeit von Anlagen im maschinellen Mahnverfahren erfolgt ist. In dem Verfahren vor dem BGH war allein über die Frage der ausreichend vorhandenen Individualisierung der Forderungsbezeichnung zu entscheiden. Der BGH macht in dem Urteil keinerlei Ausführungen dazu, ob bei der Geltendmachung von Forderungen, bei denen die zu-grunde liegenden Schriftstücke, die vom Gläubiger stammen, gleichzeitig noch zuzustellen sind, das Mahnverfahren der geeignete Weg ist. Es dürfte kaum davon auszugehen sein, dass der BGH generelle abweichende Möglichkeiten der Forderungsbezeichnung aufzeigen wollte.  

     

    Der Gläubiger, der sich die Vorzüge des gerichtlichen Mahnverfahrens zu Nutze machen will, muss sich notwendigerweise auch den Einschränkungen des Verfahrens unterwerfen (BGH 21.10.08, XI ZR 466/07, Abruf-Nr. 083700). Die Nutzung des gerichtlichen Mahnverfahrens setzt folglich für den Antragsteller und seinen verantwortungsbewussten Prozessbevollmächtigten die Beurteilung voraus, ob diese schnelle, kostengünstige und formalisierte Verfahrensform im Einzelfall überhaupt geeignet ist, den offen stehenden Anspruch in geeigneter Weise geltend zu machen. Kommt diese Prüfung im Vorfeld des Verfahrens zu dem Ergebnis, dass die formalen Möglichkeiten des Mahnverfahrens die Geltendmachung zu sehr einschränken, ist das Mahnverfahren offensichtlich nicht der geeignete Weg zur Geltendmachung dieser Forderung. Dass das Mahnverfahren insoweit nicht zur Verfügung steht, stellt im Einzelfall auch keine unangemessene Benachteiligung des Gläubigers dar, da es ihm insoweit frei steht - mit identischen Rechtsfolgen in Bezug auf die evtl. drohende Verjährung eines Anspruchs - das Klageverfahren zu beschreiten (§ 204 BGB i.V.m. § 167 ZPO). Das Mahngericht ist nicht befugt, die maßgeblichen Vorteile und Absichten der Verfahrensautomation zur Realisierung einer rationellen, schnellen und kostengünstigen Bearbeitung der Mahnverfahren für die Allgemeinheit wegen der vorgerichtlichen Versäumnisse einzelner Antragsteller innerhalb der Verjährungsfrist zu opfern. Die Gesetzesänderung zum 1.12.08 (§ 690 Abs. 3, S. 2 ZPO; Verpflichtung zur „nur maschinell lesbaren Antragstellung“) dürfte in dem o.g. Urteil des BGH auch noch nicht berücksichtigt sein.