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  • 12.01.2011 | Informationsbeschaffung

    Akteneinsichtsrecht hat Grenzen

    Der Auskunftsanspruch des Gläubigers gegen den Schuldner aus § 836 Abs. 3 ZPO begründet kein Einsichtsrecht in die PKH-Unterlagen des - ein Klageverfahren nach § 767 ZPO gegen die Vollstreckung aus einem Unterhaltstitel betreibenden - Gegners nach § 117 Abs. 2 ZPO (OLG Brandenburg 1.9.10, 9 WF 222/10, Abruf-Nr. 103547).

     

    Sachverhalt/Entscheidungsgründe

    Der Beklagte begehrt Einsicht in die im PKH-Verfahren vom Kläger vorgelegte Erklärung über dessen persönliche und wirtschaftliche Verhältnisse. Das AG hat dem Antrag unter Hinweis auf den Unterrichtungsanspruch des Beklagten nach § 836 Abs. 3 ZPO stattgegeben. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Klägers.  

     

    Das OLG Brandenburg überwindet zunächst Bedenken gegen die Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde: Zwar ist in § 117 Abs. 2 S. 4 ZPO geregelt, dass die um PKH nachsuchende Partei über die Übermittlung der Erklärung nach § 117 Abs. 2 S. 1 ZPO an den Gegner „lediglich“ zu unterrichten ist. Daraus könnte der Schluss gezogen werden, dass die der Übermittlung zugrunde liegende Entscheidung des Gerichts gar nicht förmlich im Beschlusswege ergehen müsste und jedenfalls nicht anfechtbar ist. Derartige Überlegungen greifen allerdings nicht für den hier vorliegenden Fall, dass eine förmliche Entscheidung - wenn auch ohne Rechtsbehelfsbelehrung nach § 39 FamFG - ergangen ist. Im Übrigen birgt die Frage, ob die Voraussetzungen des § 117 Abs. 2 S. 2, 2. HS im Einzelfall vorliegen, erhebliches Streitpotenzial, wie der vorliegende Fall zeigt. Schließlich gebietet der Umstand, dass die Unterlagen nach § 117 Abs. 2 S. 1 ZPO mit Blick auch auf das mit Verfassungsrang ausgestattete Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 GG) grundsätzlich vor unbefugter Einsichtnahme durch Dritte zu schützen sind, die Möglichkeit der Anfechtung. Im Übrigen ergibt sich aus § 127 Abs. 2 ZPO keinerlei Einschränkung der Anfechtbarkeit von Entscheidungen insoweit; es wird nach der hier vertretenen Auffassung auch für die Frage des Einsichtsrechts des Prozessgegners uneingeschränkt das Rechtsmittel der (sofortigen) Beschwerde eröffnet.  

     

    In der Sache widerspricht das OLG dem AG und verweigert die Akteneinsicht: Es bedarf zur Einsichtnahme in die Erklärung der Partei über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und die Belege nicht in jedem Fall der ausdrücklichen Zustimmung der Partei, sondern nur grundsätzlich. Der Gesetzgeber hat im Zuge des zum 1.9.09 in Kraft getretenen FGG-Reformgesetzes nämlich in § 117 Abs. 2 S. 2 2. HS ZPO eine Ausnahme von der Zustimmungspflicht für den Fall, dass der Gegner (hier der Beklagte) gegen den Antragsteller (hier den Kläger) nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts einen Anspruch auf Auskunft über Einkünfte und Vermögen des Antragstellers hat. Diese Vorschrift ist im Verfahrenskostenhilfeprüfungsverfahren nach § 76 Abs. 1 FamFG entsprechend anzuwenden, da in den §§ 76 bis 78 FamFG insoweit nichts Abweichendes bestimmt ist.