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  • · Fachbeitrag · Verzug

    Forderungsdurchsetzung im Geschäftsverkehr

    | Nachdem die Umsetzungsfrist schon am 16.3.13 abgelaufen ist und ein erster Versuch im Frühjahr 2013 scheiterte, legt die Bundesregierung jetzt den Entwurf eines „Gesetzes zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr“ (BR-Drucksache 0154/14) erneut vor. Mit ihm soll die Richtlinie (2011/7/EU) des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.2.11 zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr (ABI 2001, L 48/1) in nationales Recht umgesetzt werden. |

    1. Das Wichtigste in Kürze

    Die Richtlinie sieht die Anhebung des gesetzlichen Verzugszinses vor und führt einen Anspruch auf Zahlung eines Pauschalbetrags bei Zahlungsverzug ein. Darüber hinaus sieht sie Höchstgrenzen für vertraglich festgelegte Zahlungsfristen, für vertraglich festgelegten Verzugseintritt sowie für die Dauer von vertraglich vereinbarten Abnahme- und Überprüfungsverfahren vor. Alle neuen Regeln gelten aber nur für den Zahlungsverkehr im Geschäftsverkehr. Eine Umsetzung erfolgt durch eine Änderung des BGB, EGBGB und UKlaG.

    2. Vereinbarungen zu Zahlungsfristen

    Die Möglichkeit, im Geschäftsverkehr Vereinbarungen über abschließende Zahlungsfristen über Entgeltforderungen durch AGB zu treffen, soll durch die neu einzufügenden § 271a BGB sowie §§ 308 Nr. 1a und 1b BGB beschränkt werden. Abschlags- und Ratenzahlungen werden davon nicht berührt. Eine längere Zahlungsfrist als 60 Tage ab dem Empfang der Gegenleistung oder der Rechnung ist nur möglich, wenn sie ausdrücklich und damit individuell vereinbart wurde und zugleich die Belange des Gläubigers dadurch nicht grob unbillig außer Betracht bleiben. Bei öffentlichen Auftraggebern wird die Frist auf 30 Tage verkürzt und jegliche ‒ auch individuelle ‒ Vereinbarung von mehr als 60 Tagen für unwirksam erklärt.

     

    Auch die Frist für Überprüfungen oder Abnahmen darf nicht über einen Zeitraum von 30 Tagen hinaus erstreckt werden. Abnahme ist dabei nicht im Sinne der Billigung als im Wesentlichen vertragsgerecht zu verstehen, sondern im Sinne von übergeben.

    MERKE | Dies darf nicht dahin missverstanden werden, dass Regelungen, die den genannten Fristen entsprechen, stets wirksam sind. Vielmehr unterliegen sie der Überprüfung nach § 307 BGB. Die Regelung darf also den Vertragspartner des Verwenders nicht unangemessen benachteiligen, § 271a Abs. 6 BGB.

     

    Auch wenn eine entsprechende Vereinbarung unwirksam ist, bleibt der Vertrag im Übrigen unberührt. Es gelten dann die gesetzlichen Fristen. Durch die Ergänzungen des UKlaG können auch danach legitimierte Verbände ein entsprechendes Unterlassungsbegehren gerichtlich verfolgen und entgegenstehende Klauseln in Verträgen allgemein für unwirksam erklären lassen.

    3. Verzug hat nachhaltige Folgen

    § 288 BGB verschärft die Folgen des Verzugs im Geschäftsverkehr nachhaltig:

     

    • Zum einen steigt der gesetzliche Verzugszins von 8 auf 9 Prozentpunkte über dem jeweiligen Basiszinssatz;

     

    • Kommt der Schuldner, der kein Verbraucher ist, mit seiner vertraglichen Leistung, einer Abschlags- oder Ratenzahlung in Verzug, kann der Gläubiger eine Aufwandspauschale von 40 EUR geltend machen. Dabei bleibt unerheblich, ob überhaupt oder jedenfalls in dieser Höhe ein Aufwand entstanden ist.

     

    MERKE | Diese Pauschale muss sich der Gläubiger allerdings auf die späteren Rechtsverfolgungskosten anrechnen lassen, § 288 Abs. 5 BGB. Darauf muss auch der Rechtsdienstleister achten. Der Mandant muss aufgefordert werden, die Pauschale weiterzureichen bzw. darauf hingewiesen werden, dass er in dieser Höhe die Vergütung des Rechtsdienstleisters tragen muss.

     

    Ein vertraglicher Ausschluss dieser Regelungen ist weitgehend unwirksam (§ 138 BGB). Die Regeln sind nur nicht anwendbar, wenn ein Verbraucher Schuldner ist, was bedeutet, dass nicht nur Kaufleute im Sinne des HGB betroffen sind, sondern jeder Unternehmer, insbesondere auch Freiberufler.

    4. Richtlinie erkennt Inkassokosten an

    Die EU-Richtlinie hält in Art. 6 Abs. 3 fest: Der Gläubiger hat gegenüber dem Schuldner zusätzlich zu dem genannten Pauschalbetrag einen Anspruch auf angemessenen Ersatz aller durch den Zahlungsverzug des Schuldners bedingten Beitreibungskosten, die diesen Pauschalbetrag überschreiten. Hierzu können nach dem eindeutigen Wortlaut auch Ausgaben zählen, die durch die Beauftragung eines Anwalts oder Inkassounternehmens entstehen. Damit ist der Ansicht, dass Inkassokosten grundsätzlich nicht erstattungsfähig seien, jedenfalls für den Geschäftsverkehr europarechtlich jede Grundlage entzogen!

     

    Dies wird aber keinen Eingang in das BGB finden. Der Gesetzgeber sieht keinen Umsetzungsbedarf, weil die Erstattung der Rechtsverfolgungskosten schon heute über §§ 280, 286 BGB gesichert sei (BR-Drucksache 0154/14, S. 19).

     

    PRAXISHINWEIS | Auf die Anforderungen der Richtlinie und die Ausführungen der Bundesregierung in ihrem Gesetzentwurf, kann der Bevollmächtigte bei der Geltendmachung von Inkassokosten auch im Übrigen hinweisen.

     

    5. Umsetzung

    Der Bundestag will den Gesetzentwurf über den Sommer beraten und soll ihn wegen der bereits versäumten Umsetzungsfrist sehr schnell verabschieden. Das Gesetz soll demnach auch am Tage nach der Verkündung in Kraft treten.

    Quelle: Ausgabe 06 / 2014 | Seite 101 | ID 42683051