Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Fachbeitrag · Mahnverfahren

    Mehrere Auftraggeber: So rechnen Sie richtig ab

    von Claudia Wagener-Neef, Frankenberg

    | Wird der Rechtsdienstleister nicht nur von einem, sondern von mehreren Auftraggebern mit der Einziehung einer Forderung beauftragt, ist darauf zu achten, dass die sich daraus ergebenden Gebühren auch vollständig geltend gemacht werden. Der folgende Beitrag hilft, immer wieder in der Praxis vorkommende Fehler zu vermeiden. |

    1. Ausgangslage

    Ein typischer Fall: Inkassounternehmen U. sollte wegen einer Forderung in der niedrigsten Streitwertgruppe eine Arztforderung für eine Gemeinschafts-praxis von zwei Ärzten geltend machen. Zwischen dem U. und den Auftraggebern ist vereinbart, dass die Leistungen des U. analog dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) abgerechnet werden. Das U. wurde zunächst vorgerichtlich tätig. Nachdem der Schuldner S. nicht gezahlt hat, musste das Mahnverfahren eingeleitet werden. Es stellt sich die Frage, welche Gebühren für die vorgerichtliche Forderungsbeitreibung geltend gemacht werden können.

    2. Gebührenberechnung

    Ausgehend davon, dass das Inkassounternehmen nach dem RVG-Satz 
abrechnen darf, ist hier zunächst die vorgerichtliche Geschäftsgebühr im Rahmen von 0,5 bis 2,5 nach Nr. 2300 VV RVG zu berücksichtigen. Dabei ist zu sehen, dass die Schwellengebühr von 1,3 überschritten werden darf, wenn die Angelegenheit umfangreich oder schwierig ist.

     

    Davon war im vorliegenden Fall nicht auszugehen. Wie der BGH im letzten Jahr entschieden hat, kann die Schwellengebühr auch nicht unter Ausnutzung der Toleranzrechtsprechung auf eine 1,5 Geschäftsgebühr erhöht werden (PAK 12, 208 = NJW 12, 2813). Damit war also eine Geschäftsgebühr in Höhe von 32,50 EUR zu berücksichtigen.

     

    In der Praxis immer wieder übersehen wird, dass das Inkassounternehmen - bei einem Rechtsanwalt wäre die Rechtslage nicht abweichend zu beurteilen - die Forderung einer Gemeinschaftspraxis, bestehend aus zwei Ärzten, eintreiben musste. Forderungsinhaber ist deshalb einerseits die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, bestehend aus den beiden Ärzten, als auch jeder der beiden Ärzte als Gesellschafter.

     

    Anders wäre der Sachverhalt nur zu beurteilen, wenn der ärztliche Behandlungsvertrag ausdrücklich nur mit einem der Ärzte abgeschlossen wurde. Dies wird bei einer Gemeinschaftspraxis allerdings der Ausnahmefall sein, während die äußeren Umstände dafür sprechen, dass der Vertrag mit der GbR und damit auch mit ihren Gesellschaftern geschlossen wurde. Für eine abweichende Sichtweise trägt der Patient als Schuldner die Darlegungs- und 
Beweislast.

     

    Bei mehreren Auftraggebern erhöhen sich nach Nr. 1008 VV RVG nicht nur die Verfahrensgebühren nach dem RVG, sondern auch die Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG. Die Erhöhung umfasst für jeden weiteren Auftraggeber eine 0,3-Gebühr. Da insgesamt drei Auftraggeber vorhanden sind, ergeben sich also zwei weitere Auftraggeber, mithin eine Erhöhung der Geschäftsgebühr um 0,6. Im niedrigsten Streitwertbereich ergibt sich damit ein weiterer 
Gebührenanspruch nach Nrn. 1008, 2300 VV RVG von 15 EUR.

     

    Insgesamt ergibt sich damit ein Anspruch von 47,50 EUR aus dem wiederum die allgemeine Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV RVG in Höhe von 20 Prozent des Anspruchs, höchstens 20 EUR, zu berechnen ist, sofern nicht die konkret entstandenen Auslagen nach Nr. 7001 VV RVG geltend gemacht werden. Die Auslagenpauschale beträgt damit im vorliegenden Fall 9,50 EUR. Die Nettovergütung ist damit in Höhe von 57,00 EUR entstanden, der bei nicht vorsteuerabzugsberechtigten Ärzten die Umsatzsteuer mit 10,83 EUR hinzuzufügen ist, sodass ein brutto Vergütungsanspruch in Höhe von 67,83 EUR besteht.

    3. Achtung: Monierung kommt!

    Werden diese Vergütungen im Mahnverfahren geltend gemacht, ist sicher davon auszugehen, dass der Mahnantrag moniert wird. Das muss den 
Antragsteller-Vertreter allerdings nicht irritieren.

     

    Grund für die Monierung ist es, dass bei den zentralen Mahngerichten für die vorgerichtlichen Inkassokosten eine Plausibilitätsgrenze eingezogen ist, die je nach zentralem Mahngericht bei einer 1,3- bzw. einer 1,5-Geschäftsgebühr liegt. Das Überschreiten der Plausibilitätsgrenze führt dazu, dass der Mahnbescheid nicht maschinell erlassen wird, sondern der Antrag einem Rechtspfleger zur individuellen Prüfung vorgelegt wird. Kann dieser die Berechnung nicht ohne Weiteres nachvollziehen, wird er die vorgerichtliche Inkassovergütung schriftlich beanstanden.

     

    Auf die Monierung ist die die Plausibilitätsgrenze übersteigende Vergütung mithin zu erläutern. Hierfür kann auf die folgende Musterformulierung 
(s.u., S. 108) zurückgegriffen werden.

     

    PRAXISHINWEIS | Sofern der vorstehende Sachverhalt regelmäßig vorkommt, weil das Inkassounternehmen oder der Rechtsanwalt die Arztpraxis fortlaufend mit einer nicht nur unerheblichen Fallzahl vertritt, kann es sinnvoll sein, die Rechtspfleger des zentralen Mahngerichts unabhängig von einem Einzelfall über den Sachverhalt wie aus dem nachfolgenden Musterschreiben ersichtlich, zu 
informieren.

     

    Dies vermeidet zwar nicht, dass der Mahnantrag aus dem maschinellen Ablauf ausscheidet und individuell geprüft wird. In der Praxis lässt sich allerdings feststellen, dass die Rechtspfleger dann keine Monierungen übersenden, sondern den Mahnbescheid unmittelbar, wie beantragt, erlassen.

     

    Musterformulierung / Rechtsverfolgungskosten erläutern

    In dem Mahnverfahren

     

    Antragsteller :/. Antragsgegner, Az. ...

     

    wird auf die Monierung vom ... mitgeteilt, dass der Schuldner grundsätzlich 
gemäß §§ 280, 286 BGB die den Antragstellern aus seiner Pflichtverletzung entstandenen Rechtsverfolgungskosten als Verzugsschaden tragen muss.

     

    Die Pflichtverletzung des Antragsgegners ergibt sich daraus, dass er die ärztlichen Leistungen der Antragsteller entgegengenommen, die hierfür anfallende Vergütung jedoch trotz ordnungsgemäßer Rechnungsstellung und Mahnung nicht ausgeglichen hat. Er befindet sich damit seit dem aus dem Mahnbescheidsantrag ersichtlichen Zeitpunkt in Verzug. Die Antragsteller waren damit berechtigt, nach dem Verzugseintritt die Unterzeichnerin als registrierte Rechtsdienstleisterin (§ 10 RDG) mit der Beitreibung der offenen Forderung zu beauftragen. Auftragsgemäß hat die Unterzeichnerin entsprechende Beitreibungsmaßnahmen vorgerichtlich unternommen.

     

    Die Antragsteller, nämlich die aus den Ärzten ... bestehende ...-GbR, ebenso wie die beiden Gesellschafter der GbR, haben mit der Unterzeichnerin vereinbart, dass diese analog den Bestimmungen des RVG vergütet wird. Der Vergütungsanspruch wurde durch die Antragsteller erfüllt, sodass ihnen ein entsprechender Schaden entstanden ist, den der Antragsgegner ausgleichen muss. Ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht gemäß § 254 Abs. 2 BGB liegt nicht vor, da bei der Beauftragung eines Rechtsanwalts identische Kosten entstanden wären. Da es sich um mehr als einen Auftraggeber handelt, war neben der Geschäftsgebühr auch die Erhöhungsgebühr für zwei weitere Auftraggeber analog Nr. 1008, 2300 VV RVG mit einer weiteren 2 × 0,3 = 0,6-Gebühr zu berücksichtigen. Die Kostenrechnung ergibt sich danach wie folgt:

     

    Streitwert: bis 300 EUR

    Inkassogeschäftsgebühr analog Nr. 2300 VV RVG

    32,50 EUR

    Erhöhungsgebühr für 2 weitere Auftraggeber analog

    Nr. 1008, 2300 VV RVG 2 x 0,3 = 0,6

    15,00 EUR

    Post- und Telekommunikationspauschale analog

    Nr. 7002 VV RVG

    9,50 EUR

    57,00 EUR

    zuzüglich 19 Prozent Umsatzsteuer

    10,83 EUR

    67,83 EUR

    Vor dem Hintergrund der vorstehenden Ausführungen wird gebeten, den Mahnbescheid, wie beantragt, zu erlassen.

     

    Sollten nach den vorstehenden Ausführungen dann noch Rückfragen bestehen, steht die Unterzeichnerin unter der Rufnummer ... zur Verfügung.

     

    Mit freundlichen Grüßen

     

    Unterschrift

    Quelle: Ausgabe 06 / 2013 | Seite 106 | ID 39621650