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  • · Fachbeitrag · Elektronischer Rechtsverkehr

    Das ändert sich im gerichtlichen Mahnverfahren

    | Der 1.1.18 ist ein Meilenstein auf dem Weg zum elektronischen Rechtsverkehr. Die Länderregelungsvorbehalte sind weitgehend entfallen und die elektronische Kommunikation mit der Justiz ist nun bundeseinheitlich geregelt. Damit einher gehen eine Reihe von Änderungen, die sich auch auf die Bearbeitung des gerichtlichen Mahnverfahrens auswirken. Da das gerichtliche Mahnverfahren die Forderungseinziehung beschleunigen soll und zugleich häufig die Verjährung kurzfristig gehemmt werden muss, ist die Kenntnis der neuen Rechtslage für den Rechtsanwalt wie den Inkassounternehmer zwingend, um Haftungsfälle zu vermeiden. |

    1. Übermittlung eines elektronischen Dokuments

    Schriftsätze und deren Anlagen, schriftlich einzureichende Anträge sowie Erklärungen der Parteien können nach dem neuen § 130a Abs. 1 ZPO als elektronisches Dokument bei Gericht eingereicht werden.

     

    Zu solchen Schriftsätzen, Anträgen und Erklärungen gehört nicht nur der heute schon elektronisch einzureichende Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids. Es sind auch der Antrag auf Erlass des Vollstreckungsbescheids oder eines Kostenfestsetzungsbeschlusses oder auch jede Antwort auf eine gerichtliche Monierung der Anträge betroffen.

     

    PRAXISHINWEIS | Zunächst handelt es sich um eine Möglichkeit, die die Kommunikation erheblich vereinfachen und beschleunigen kann und dazu kostengünstiger ist.

     

    Zum 1.1.20 oder 1.1.21 können sie für Rechtsanwälte und Inkassodienstleister aufgrund von Landesrecht verbindlich werden, ab dem 1.1.22 sind sie bundeseinheitlich verbindlich. Insoweit sollten Sie sich hierauf möglichst frühzeitig einstellen.

     

    Allerdings muss das elektronisches Dokument für die Verarbeitung durch das Gericht geeignet sein. Die Einzelheiten dazu sind in der Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung geregelt (hierzu FMP 18, 15).

     

    Inzwischen ist auch die elektronische Bekanntmachung dazu erfolgt (ERVB 2018). Danach sind zulässige Dateiformate:

     

    • PDF einschließlich PDF 2.0, PDF/A-1, PDF/A-2, PDF/UA und
    • TIFF Version 6;

     

    Zugleich darf die Zahl elektronischer Dokumente in einer Nachricht nicht mehr als 100 Dateien umfassen und insgesamt nicht größer als 60 MB sein.

     

    Für die Übermittlung stehen dann diese zwei grundsätzlichen Wege zur Verfügung:

     

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    • MERKE | Die bewährten Infrastrukturkomponenten für die Kommunikation per EGVP (die Postfächer und die Eintragungen im Verzeichnisdienst SAFE) werden für Nutzer, die weder Rechtsanwalt noch Notar sind, weiterhin unverändert zur Verfügung gestellt. Die Bereitstellungen einer Sende- und Empfangskomponente (EGVP-Classic-Client-Software) wird künftig allerdings den Softwareherstellern überlassen.

       

      Der durch die Justiz bis zum 1.1.18 zum Download bereitgestellte EGVP-Classic-Client (EGVP-Installer) wurde deshalb abgekündigt. Er steht nicht mehr zum Download bereit. Nutzer, die den EGVP-Classic-Client bereits vor dem 1.1.18 installiert haben, können ihn noch bis zum 14.2.18 nutzen. Der Support wurde zum 31.12.16 eingestellt. Rechtsanwälte nutzen das beA, sobald es wieder zur Verfügung steht. Nähere Informationen gibt es auf der folgenden Webseite: www.egvp.de.

       

     

    • oder Übersendung mit einer elektronischen Signatur.

    2. Sondervorschrift: Das maschinell lesbare Dokument

    Von dem elektronischen Dokument nach § 130a ZPO zu unterscheiden ist der maschinell lesbare Antrag. Hier werden letztlich strukturierte Daten in einer Datei auf der Grundlage eines vorgegebenen Formulars übermittelt.

     

    Die Ermächtigung in § 703c ZPO wurde durch die „Verordnung zur Einführung von Vordrucken für das Mahnverfahren bei Gerichten, die das Verfahren maschinell bearbeiten“ ausgefüllt. Nach der Verordnung müssen folgende Anträge als maschinenlesbares Dokument übermittelt werden:

     

     

    Auch wenn dies weder gesetzlich ausdrücklich geregelt ist, noch Rechtsprechung existiert, dürfte davon auszugehen sein, dass § 702 Abs. 2 ZPO als lex spezialis die Regelung des § 130a ZPO verdrängt. Dort, wo ein maschinell lesbares Dokument verlangt wird, kann es nicht durch ein elektronische Dokument ersetzt werden.

     

    Bisher war in § 690 Abs. 3 ZPO a.F. geregelt, dass allein der Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids von einem Rechtsdienstleister (Rechtsanwalt oder Inkassodienstleister) nur in einer maschinell lesbaren Form übermittelt werden durfte.

     

    Diese Regelung ist nun in § 702 Abs. 2 S. 1 und 2 ZPO aufgegangen. Sie ist zugleich aber dahin erweitert worden, dass alle Anträge und Erklärungen in dieser Form zu übermitteln sind

     

    • Im Wortlaut: § 702 Abs. 2 S. 1 und 2 ZPO

    Anträge und Erklärungen können in einer nur maschinell lesbaren Form übermittelt werden, wenn diese dem Gericht für seine maschinelle Bearbeitung geeignet erscheint. Werden Anträge und Erklärungen, für die maschinell bearbeitbare Formulare nach § 703c Abs. 1 S. 2 Nr. 1 eingeführt sind, von einem Rechtsanwalt oder einer registrierten Person nach § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 des Rechtsdienstleistungsgesetzes übermittelt, ist nur diese Form der Übermittlung zulässig; hiervon ausgenommen ist der Widerspruch.

     

    Die Neufassung bedeutet also: Rechtsanwälte und Inkassounternehmen als Rechtsdienstleister haben keine Wahl mehr. Vielmehr hängt sogar die Zulässigkeit ihrer Anträge von der Einreichung als maschinenlesbares Dokument ab. Noch vorhandene Vordrucke dürfen nicht mehr verwendet werden!

     

    PRAXISHINWEIS | Fehler können hier also dazu führen, dass die nach § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB gewollte Hemmung der Verjährungsfrist nicht erreicht werden kann. Das kann wiederum für den Rechtsdienstleister schnell zum Haftungsfall werden.

     

    Wichtig | Vordrucke, insbesondere für den Antrag auf erneute Zustellung eines Mahn- oder Vollstreckungsbescheids nach einer Adressermittlung, werden also nicht mehr versandt. Sie müssen vielmehr online gestellt werden (über www.online-mahnantrag.de), wenn die eingesetzte Software hier keine Lösung anbietet.

     

    Demgegenüber ist davon auszugehen, dass die Gerichte eingereichte elektronische Dokumente nach § 130a ZPO zurückweisen werden.

     

    Weiterführender Hinweis

    • Elektronischer Rechtsverkehr: Neu ‒ bundeseinheitliche Verordnung, FMP 18, 15
    Quelle: Ausgabe 02 / 2018 | Seite 32 | ID 45072145