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  • · Fachbeitrag · Namensänderung im Grundbuch

    BGH wahrt Offenbarungsverbot bei Eintrag einer Namensänderung im Grundbuch

    von RAin Dr. Gudrun Möller, FAin Familienrecht, Münster

    | Der BGH hat geklärt, wie eine Richtigstellung eines Vornamens im Grundbuch erfolgen kann, ohne die Namensänderung zu erwähnen, dies aber mit dem Grundbuchrecht zu vereinen, wonach bei der Änderung einer Eintragung die nicht mehr gültige Eintragung weiter sichtbar bleiben muss. |

     

    Sachverhalt

    Die Beteiligte C war mit ihren männlichen Vornamen im Grundbuch als Eigentümer eines Teileigentumsrechts eingetragen. Sie hat beim Grundbuchamt (GBA) Namensberichtigung beantragt. Hierzu hat sie den Beschluss eines AG vorgelegt, wonach sie als dem weiblichen Geschlecht zugehörig anzusehen ist und künftig den angegebenen weiblichen Vornamen C trägt. Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat im Grundbuch vermerkt, dass sie nun aufgrund des Beschlusses den weiblichen Vornamen C führt. Hiergegen hat die C Erinnerung eingelegt und beantragt, mit ihrem neuen Namen unter Bezugnahme auf den Beschluss des AG als Eigentümerin eingetragen zu werden, ohne dass die Namensänderung ausdrücklich erwähnt wird. Der Rechtspfleger hat die Erinnerung, die sich auch auf weitere Grundbuchblätter bezog, zurückgewiesen. Die auf das verfahrensgegenständliche Grundbuchblatt beschränkte Beschwerde der C blieb erfolglos. Ihre Rechtsbeschwerde ist dagegen erfolgreich.

     

    Beantragt eine im Grundbuch eingetragene Person gestützt auf einen nach den §§ 1 ff. TSG ergangenen Beschluss die Richtigstellung ihres Namens, hat das Grundbuchamt die Namensänderung in dem bisherigen Grundbuchblatt zu ver-merken. Anschließend ist das Grundbuch in entsprechender Anwendung der §§ 28 ff. GBV umzuschreiben, d.h., das bisherige Grundbuchblatt wird geschlossen und ein neues Grundbuchblatt wird eröffnet.

    GBO § 12 Abs. 1

    Die Einsicht in das wegen eines Offenbarungsverbots gem. § 5 Abs. 1 TSG geschlossene Grundbuchblatt ist nur solchen Personen zu gestatten, die ein berechtigtes Interesse hieran, d. h. (auch) an den früheren Eintragungen dargelegt haben.

    (Abruf-Nr. 209123)

     

    Entscheidungsgründe

    Gem. § 15 Abs. 1a VO zur Durchführung der Grundbuchordnung (Grundbuchverfügung ‒ GBV) sind bei natürlichen Personen u. a. Vor- und Familienname anzugeben, um den Berechtigten im Grundbuch zu bezeichnen. Ändert sich der Name, ist dies richtigzustellen. Da sich an der Identität nichts ändert, wird das Grundbuch nicht unrichtig i. S. d. § 22 GBO, sodass diese Bestimmung nicht greift (vgl. nur Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl., Rn. 239). Hier hat sich der Vorname der Beteiligten geändert, sodass die Voraussetzungen für dessen Richtigstellung gegeben sind.

     

    Ändert sich der Vorname auf der Grundlage des Gesetzes über die Änderung der Vornamen und die Feststellung der Geschlechtszugehörigkeit in besonderen Fällen (Transsexuellengesetz ‒ TSG), ist das Offenbarungsverbot (§ 5 Abs. 1 TSG) zu beachten. Ist die Entscheidung über die Namensänderung rechtskräftig, dürfen die zur Zeit der Entscheidung geführten Vornamen ohne Zustimmung des Antragstellers nicht offenbart oder ausgeforscht werden. Ausnahme: Besondere Gründe des öffentlichen Interesses erfordern dies oder es wird ein rechtliches Interesse glaubhaft gemacht. Entsprechendes gilt von der Rechtskraft der Entscheidung an, dass der Antragsteller als dem anderen Geschlecht zugehörig anzusehen ist, § 10 Abs. 1 und 2 TSG.

     

    Bei der Änderung eines Grundbucheintrags bleibt aber die nicht mehr gültige Eintragung weiter sichtbar. Gem. § 21 Abs. 1 S. 2 GBV darf im Grundbuch nichts radiert und unleserlich gemacht werden. Löschungen werden ‒ neben der Eintragung eines Löschungsvermerks (§ 46 GBO) ‒ dadurch gekennzeichnet, dass die Eintragungen „gerötet“ werden (§§ 16, 17, 17a GBV). Beim maschinell geführten Grundbuch sind die Kennzeichnungen schwarz darstellbar, § 91 S. 2 GBV.

     

    Würde der Hinweis auf die Namensänderung nicht aufgenommen, bestünden Zweifel, ob die als Eigentümer eingetragene Person mit der nun eingetragenen Person identisch ist. Zwar wird ein Eigentümerwechsel durch den Eintrag unter einer neuen laufenden Nummer dokumentiert, § 9 Abs. 1a GBV. Die irrtümliche Annahme eines Eigentumswechsels ist aber nicht auszuschließen, wenn im neuen Eintrag ein anderer Name aufgeführt wird. Das Grundbuch muss aber über die privatrechtlichen Verhältnisse eines Grundstücks zuverlässig Auskunft geben (vgl. Demharter, GBO, 31. Aufl., § 44 Rn. 13).

     

    Das GBA muss die Namensänderung im Grundbuchblatt vermerken. Anschließend ist es entsprechend §§ 28 ff. GBV umzuschreiben, d. h. es wird geschlossen (§ 30 Abs. 2 GBV) und ein neues Grundbuchblatt wird eröffnet, § 30 Abs. 1 GBV. Im Schließungsvermerk wird die Bezeichnung des neuen Blatts sowie der Grund der Schließung angegeben, § 36b GBV. Im neuen Grundbuchblatt sind nur die aktuellen Daten aufzunehmen, § 30 Abs. 1c und d GBV.

     

    MERKE | Der Zweck des Offenbarungsverbots wird auch nicht verfehlt, weil aus dem alten Grundbuchblatt der frühere Vorname ebenso ersichtlich ist wie aus Urkunden, die sich in der Grundakte befinden. Anders als die Einsicht in das Handelsregister ist die Einsicht in das Grundbuch nur zulässig, wenn ein berechtigtes Interesse dargelegt wird, § 12 Abs. 1 S. 1 und 2 GBO. Dieses muss an der Einsicht in das Grundbuch sowie hinsichtlich der Teile bestehen, in die Einsicht genommen werden soll. Die Einsicht in das wegen eines Offenbarungsverbots (§ 5 Abs. 1 TSG) geschlossene Grundbuchblatt ist nur solchen Personen zu gestatten, die ein berechtigtes Interesse hieran, d. h. (auch) an den früheren Eintragungen dargelegt haben. Die Offenbarung des früheren Vornamens ist in diesem Fall aus besonderen Gründen des öffentlichen Interesses i. S. d. § 5 Abs. 1 TSG gerechtfertigt.

     

    Die Umschreibung erfordert einen Antrag. Hiervon ist auszugehen, wenn der Betroffene das GBA unter Hinweis auf einen Beschluss gem. §§ 1 ff. TSG bittet, eine Namensänderung einzutragen. Darin ist konkludent der Antrag auf Umschreibung enthalten. C hat konkludent ‒ jedenfalls auch (hilfsweise) ‒ eine Umschreibung des Grundbuchs beantragt.

     

    Relevanz für die Praxis

    Sinn und Zweck des Offenbarungsverbots des § 5 Abs. 1 TSG ist es, den von der Namensänderung Betroffenen vor einer grundlosen Aufdeckung der von ihm vor der Entscheidung geführten Vornamen (vgl. BT-Drucksache 8/2947, 14) und der Gründe, die zu dieser Namensänderung geführt haben, zu schützen. Ein mit § 5 Abs. 1 TSG vergleichbares Offenbarungsverbot besteht bei der Adoption (vgl. § 1758, § 1767 Abs. 2 S 1 BGB).

     

    Dass in dem neuen Grundbuchblatt auf das alte Grundbuchblatt hingewiesen werden muss (§ 30 Abs. 1b und h GBV), lässt das schutzwürdige Interesse einer gem. § 5 Abs. 1 TSG geschützten Person an einer Umschreibung nicht entfallen. Im Umschreibungsvermerk wird als Grund für die Neuanlegung des Grundbuchblatts nicht die Namensänderung angegeben, sondern nur die entsprechende Anwendung des § 28 GBV („Dieses Blatt ist an die Stelle des in entsprechender Anwendung des § 28 GBV geschlossenen Blattes … getreten“; vgl. zur Fassung des Umschreibungsvermerks im unmittelbaren Anwendungsbereich des § 28 GBV Muster gemäß Anlage 2b zu § 31 GBV , abgedruckt bei Demharter, GBO, 31. Aufl., GBV Anlage 2b, Seite 1166).

     

    Unter welchen Voraussetzungen ein berechtigtes Interesse i. S. d. § 12 Abs. 1 GBO an der Einsicht (auch) in das geschlossene Grundbuchblatt und an der damit verbundenen Offenbarung der Namensänderung besteht, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. I. d. R. wird sich das Einsichtsinteresse auf den neuesten Grundbuchstand beschränken. Wenn z. B. eine Bank einen Immobilienkredit gewährt und sie gegen den ihr unter dem neuen Namen bekannten Darlehensnehmer Anspruch auf Bestellung eines Grundpfandrechts hat, wird ihrem Informationsinteresse i. d. R. durch die Vorlage eines aktuellen Grundbuchauszugs Rechnung getragen.

     

    Anders ist es aber, wenn ein Gläubiger einen Vollstreckungstitel gegen den Schuldner noch unter dessen früheren Namen erstritten hat und die Zwangsvollstreckung (ZV) in dessen Grundbesitz (§ 866 ZPO) betreiben möchte. Beantragt der Gläubiger einen Grundbuchauszug, um die ZV unter Vorlage des ZV-Titels vorzubereiten, und würde er nur einen Auszug des neuen Grundbuchblatts mit dem neuen Namen des Schuldners ohne Hinweis auf die Namensänderung erhalten, könnte ihn dies von einer Rechtsverfolgung abhalten. Der Gläubiger könnte davon ausgehen, der in dem Titel ausgewiesene Schuldner sei ein anderer als derjenige, der im Grundbuch als Eigentümer ausgewiesen ist, und er deshalb die ZV unterlässt. Der Gläubiger muss nicht damit rechnen, dass es sich um einen Fall des § 5 Abs. 1 TSG handelt. Ihm ist auch Einsicht in das geschlossene Grundbuchblatt zu gewähren, damit er die Identität des ZV-Schuldners mit dem im Grundbuch eingetragenen Eigentümer feststellen kann.

     

    MERKE | Ist für das GBA erkennbar, dass bei einer grundsätzlich berechtigten Grundbucheinsicht gem. § 12 Abs. 1 GBO die Beschränkung der Einsicht auf das neue Grundbuchblatt zu Rechtsverlusten des Einsichtnehmenden führen kann, muss die Einsicht auch auf das alte Grundbuchblatt erstreckt werden.

     
    Quelle: Ausgabe 09 / 2019 | Seite 155 | ID 45961705